Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zsamarkand

mit Koranversen beschrieben. Auch Ulug-beg und schir-dor sehen aus, wie
wenn sie ganz aus Porzellan geformt wären. Aber jedes Minaret, jedes Stück
der sonderbar gegliederten Wände hat seiue eigne Ausschmückung, an der sich
der Beschauer nicht sattsehen kann. schir-dor. die "Löwenträgerm". die über
dem Bogen des Haupteingangs Bilder des persischen Löwen und der Sonne
in etwas roher Darstellung trägt, ist vielleicht die charakteristischste und schon te
der Medresen; sie trägt auch uoch zwei völlig erhaltne Kuppeln von typisch
orientalischer Form. Ulug-beg. die älteste, hat schon am meisten gelitten und
droht zu verfallen. Nisse durchzieh" die Registauwand. die mit alten Feuchten
orientalischer Baukunst verziert ist. Orientalisch ruhmredig besagt die aus blauen
und weißen Buchstaben bestehende Zierschrift über dem Eingang zum Schluß:
"Und es sei hiermit gesagt: Dies Gebände ist das vortrefflichste und großartigste
der Welt, das vollkommenste in Kunst und Arbeit; es weist die Grundzüge der
Wissenschaft und leitet auf den Weg des Heils; seine Bewohner sind Männer
des Schariat und der Fatwa; darum heißt diese hohe Schule: "Gelehrtenstatte".
Früher trug die Ulug-beg einen Turm, der als im ganzen Orient berühmtes
Observatorium für die Astronomie diente. Verfall überall!

Timur und seine Nachfolger haben sich nicht begnügt, ihr Ssaniarkand zu
schmücken, sondern auch in der Umgegend für ihren Bedarf und zum Nutzen des
Volkes sehenswerte Bauten geschaffen. Manches Heiligen Grabmal wird ver¬
ehrt, und mitten in der Zitadelle, die sich uns auf Gouverneurs Geheiß erschloß,liegt neben Artillerieschuppen ein mohammedanisches Heiligtum, der Grabstein
^nes frommen Mannes, der zeitweise die Pilger scharenweis anzieht.

Bei beschränkter Zeit muß man leider zu früh für die Lust am
Schauen ins reale Leben zurückkehren. Der kleine Jude in der. Franzusskya-
N°mera hatte noch manches zu empfehlen und hätte uus wohl gern semerm-
äereiften politischen Ansichten weiter vorgetragen, wie ers versuchte^ Zwei Nach
haben wirs bei ihm ausgehalten und die Konflikte über die Beuutzun e
Wenigen Möbel und des beschränkten Raums durch weise Einteilung ^Kommandobefehl zu vermeiden gesucht. Der Trausportgesell chastN^der "Hoffnung--, überantworteten wir am dritten Tage un/re uberflusstgeu Ko^zur Beförderung nach Taschkend und rollten wesentlich erleichtert, für Fr.s so g-
loses Gemüt zu frieh. fiir den geplagten Kommandoführer gerade zur eckM
Zeit, durch die fruchtbare Umgebung Ssamarkands an Parks Garten und
Feldern vorüber, z. einem neuen sechsundzwanzigstündigen Eisenbahnv-rgnugen
nach dem Bahnhof.




Zsamarkand

mit Koranversen beschrieben. Auch Ulug-beg und schir-dor sehen aus, wie
wenn sie ganz aus Porzellan geformt wären. Aber jedes Minaret, jedes Stück
der sonderbar gegliederten Wände hat seiue eigne Ausschmückung, an der sich
der Beschauer nicht sattsehen kann. schir-dor. die „Löwenträgerm". die über
dem Bogen des Haupteingangs Bilder des persischen Löwen und der Sonne
in etwas roher Darstellung trägt, ist vielleicht die charakteristischste und schon te
der Medresen; sie trägt auch uoch zwei völlig erhaltne Kuppeln von typisch
orientalischer Form. Ulug-beg. die älteste, hat schon am meisten gelitten und
droht zu verfallen. Nisse durchzieh« die Registauwand. die mit alten Feuchten
orientalischer Baukunst verziert ist. Orientalisch ruhmredig besagt die aus blauen
und weißen Buchstaben bestehende Zierschrift über dem Eingang zum Schluß:
»Und es sei hiermit gesagt: Dies Gebände ist das vortrefflichste und großartigste
der Welt, das vollkommenste in Kunst und Arbeit; es weist die Grundzüge der
Wissenschaft und leitet auf den Weg des Heils; seine Bewohner sind Männer
des Schariat und der Fatwa; darum heißt diese hohe Schule: »Gelehrtenstatte«.
Früher trug die Ulug-beg einen Turm, der als im ganzen Orient berühmtes
Observatorium für die Astronomie diente. Verfall überall!

Timur und seine Nachfolger haben sich nicht begnügt, ihr Ssaniarkand zu
schmücken, sondern auch in der Umgegend für ihren Bedarf und zum Nutzen des
Volkes sehenswerte Bauten geschaffen. Manches Heiligen Grabmal wird ver¬
ehrt, und mitten in der Zitadelle, die sich uns auf Gouverneurs Geheiß erschloß,liegt neben Artillerieschuppen ein mohammedanisches Heiligtum, der Grabstein
^nes frommen Mannes, der zeitweise die Pilger scharenweis anzieht.

Bei beschränkter Zeit muß man leider zu früh für die Lust am
Schauen ins reale Leben zurückkehren. Der kleine Jude in der. Franzusskya-
N°mera hatte noch manches zu empfehlen und hätte uus wohl gern semerm-
äereiften politischen Ansichten weiter vorgetragen, wie ers versuchte^ Zwei Nach
haben wirs bei ihm ausgehalten und die Konflikte über die Beuutzun e
Wenigen Möbel und des beschränkten Raums durch weise Einteilung ^Kommandobefehl zu vermeiden gesucht. Der Trausportgesell chastN^der „Hoffnung--, überantworteten wir am dritten Tage un/re uberflusstgeu Ko^zur Beförderung nach Taschkend und rollten wesentlich erleichtert, für Fr.s so g-
loses Gemüt zu frieh. fiir den geplagten Kommandoführer gerade zur eckM
Zeit, durch die fruchtbare Umgebung Ssamarkands an Parks Garten und
Feldern vorüber, z. einem neuen sechsundzwanzigstündigen Eisenbahnv-rgnugen
nach dem Bahnhof.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0475" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302463"/>
          <fw type="header" place="top"> Zsamarkand</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1978" prev="#ID_1977"> mit Koranversen beschrieben. Auch Ulug-beg und schir-dor sehen aus, wie<lb/>
wenn sie ganz aus Porzellan geformt wären. Aber jedes Minaret, jedes Stück<lb/>
der sonderbar gegliederten Wände hat seiue eigne Ausschmückung, an der sich<lb/>
der Beschauer nicht sattsehen kann. schir-dor. die &#x201E;Löwenträgerm". die über<lb/>
dem Bogen des Haupteingangs Bilder des persischen Löwen und der Sonne<lb/>
in etwas roher Darstellung trägt, ist vielleicht die charakteristischste und schon te<lb/>
der Medresen; sie trägt auch uoch zwei völlig erhaltne Kuppeln von typisch<lb/>
orientalischer Form. Ulug-beg. die älteste, hat schon am meisten gelitten und<lb/>
droht zu verfallen. Nisse durchzieh« die Registauwand. die mit alten Feuchten<lb/>
orientalischer Baukunst verziert ist. Orientalisch ruhmredig besagt die aus blauen<lb/>
und weißen Buchstaben bestehende Zierschrift über dem Eingang zum Schluß:<lb/>
»Und es sei hiermit gesagt: Dies Gebände ist das vortrefflichste und großartigste<lb/>
der Welt, das vollkommenste in Kunst und Arbeit; es weist die Grundzüge der<lb/>
Wissenschaft und leitet auf den Weg des Heils; seine Bewohner sind Männer<lb/>
des Schariat und der Fatwa; darum heißt diese hohe Schule: »Gelehrtenstatte«.<lb/>
Früher trug die Ulug-beg einen Turm, der als im ganzen Orient berühmtes<lb/>
Observatorium für die Astronomie diente.  Verfall überall!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1979"> Timur und seine Nachfolger haben sich nicht begnügt, ihr Ssaniarkand zu<lb/>
schmücken, sondern auch in der Umgegend für ihren Bedarf und zum Nutzen des<lb/>
Volkes sehenswerte Bauten geschaffen. Manches Heiligen Grabmal wird ver¬<lb/>
ehrt, und mitten in der Zitadelle, die sich uns auf Gouverneurs Geheiß erschloß,liegt neben Artillerieschuppen ein mohammedanisches Heiligtum, der Grabstein<lb/>
^nes frommen Mannes, der zeitweise die Pilger scharenweis anzieht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1980"> Bei beschränkter Zeit muß man leider zu früh für die Lust am<lb/>
Schauen ins reale Leben zurückkehren.  Der kleine Jude in der. Franzusskya-<lb/>
N°mera hatte noch manches zu empfehlen und hätte uus wohl gern semerm-<lb/>
äereiften politischen Ansichten weiter vorgetragen, wie ers versuchte^ Zwei Nach<lb/>
haben wirs bei ihm ausgehalten und die Konflikte über die Beuutzun e<lb/>
Wenigen Möbel und des beschränkten Raums durch weise Einteilung ^Kommandobefehl zu vermeiden gesucht. Der Trausportgesell chastN^der &#x201E;Hoffnung--, überantworteten wir am dritten Tage un/re uberflusstgeu Ko^zur Beförderung nach Taschkend und rollten wesentlich erleichtert, für Fr.s so g-<lb/>
loses Gemüt zu frieh. fiir den geplagten Kommandoführer gerade zur eckM<lb/>
Zeit, durch die fruchtbare Umgebung Ssamarkands an Parks Garten und<lb/>
Feldern vorüber, z. einem neuen sechsundzwanzigstündigen Eisenbahnv-rgnugen<lb/>
nach dem Bahnhof.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0475] Zsamarkand mit Koranversen beschrieben. Auch Ulug-beg und schir-dor sehen aus, wie wenn sie ganz aus Porzellan geformt wären. Aber jedes Minaret, jedes Stück der sonderbar gegliederten Wände hat seiue eigne Ausschmückung, an der sich der Beschauer nicht sattsehen kann. schir-dor. die „Löwenträgerm". die über dem Bogen des Haupteingangs Bilder des persischen Löwen und der Sonne in etwas roher Darstellung trägt, ist vielleicht die charakteristischste und schon te der Medresen; sie trägt auch uoch zwei völlig erhaltne Kuppeln von typisch orientalischer Form. Ulug-beg. die älteste, hat schon am meisten gelitten und droht zu verfallen. Nisse durchzieh« die Registauwand. die mit alten Feuchten orientalischer Baukunst verziert ist. Orientalisch ruhmredig besagt die aus blauen und weißen Buchstaben bestehende Zierschrift über dem Eingang zum Schluß: »Und es sei hiermit gesagt: Dies Gebände ist das vortrefflichste und großartigste der Welt, das vollkommenste in Kunst und Arbeit; es weist die Grundzüge der Wissenschaft und leitet auf den Weg des Heils; seine Bewohner sind Männer des Schariat und der Fatwa; darum heißt diese hohe Schule: »Gelehrtenstatte«. Früher trug die Ulug-beg einen Turm, der als im ganzen Orient berühmtes Observatorium für die Astronomie diente. Verfall überall! Timur und seine Nachfolger haben sich nicht begnügt, ihr Ssaniarkand zu schmücken, sondern auch in der Umgegend für ihren Bedarf und zum Nutzen des Volkes sehenswerte Bauten geschaffen. Manches Heiligen Grabmal wird ver¬ ehrt, und mitten in der Zitadelle, die sich uns auf Gouverneurs Geheiß erschloß,liegt neben Artillerieschuppen ein mohammedanisches Heiligtum, der Grabstein ^nes frommen Mannes, der zeitweise die Pilger scharenweis anzieht. Bei beschränkter Zeit muß man leider zu früh für die Lust am Schauen ins reale Leben zurückkehren. Der kleine Jude in der. Franzusskya- N°mera hatte noch manches zu empfehlen und hätte uus wohl gern semerm- äereiften politischen Ansichten weiter vorgetragen, wie ers versuchte^ Zwei Nach haben wirs bei ihm ausgehalten und die Konflikte über die Beuutzun e Wenigen Möbel und des beschränkten Raums durch weise Einteilung ^Kommandobefehl zu vermeiden gesucht. Der Trausportgesell chastN^der „Hoffnung--, überantworteten wir am dritten Tage un/re uberflusstgeu Ko^zur Beförderung nach Taschkend und rollten wesentlich erleichtert, für Fr.s so g- loses Gemüt zu frieh. fiir den geplagten Kommandoführer gerade zur eckM Zeit, durch die fruchtbare Umgebung Ssamarkands an Parks Garten und Feldern vorüber, z. einem neuen sechsundzwanzigstündigen Eisenbahnv-rgnugen nach dem Bahnhof.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/475
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/475>, abgerufen am 19.05.2024.