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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

bei Hofe, im Parlament, in der Verwaltung, in Kirche und Schule auf Schritt
und Tritt verraten. Einer der merkwürdigsten Perückenstöcke, die noch gegenwärtig
eine Rolle spielen, zuweilen wie ein Schreckgespenst in die Höhe fahren und dann
auf das frische, pulsierende Leben geradezu lähmend einwirken, ist der Theaterzensor,
^xarmusr ok I>1^8. Die Kontrolle der Bühnenstücke und der Theateraufführungen
ist in England nicht Sache der Polizeibehörde, wie in andern Ländern, sondern
gehört zu den Aufgaben des Hofmarschalls, der den Titel Lord Chamberlain führt.
Da dieser Herr nicht wegen seiner literarischen und künstlerischen Vorzüge ein solches
Hofamt erhält, muß er noch einen Hofbeamten anstellen, der die von den Theater¬
direktoren eingereichten Bühnenstücke zu lesen und zu begutachten hat. Auf Grund
eines solchen Gutachtens entscheidet dann der Lord Chamberlain, ob das Stück auf¬
geführt werden darf oder nicht. Eine höhere Instanz gibt es nicht. Dieses
absolutistische Privilegium, das zu der parlamentarischen Regierungsform wie die
Faust aufs Auge paßt, ist eine merkwürdige Erscheinung. Schon zur Zeit der
Königin Elisabeth hat es in der Gestalt des Nastsi' c>k tus Rsvsls, einer Art von
Zeremonienmeister, einen solchen Zensor gegeben, und durch die ganze Geschichte der
englischen Bühne geht, wie Watson Nicholson in seinem Buche StruWls lor
a ?rss Ltsg's (London, 1907) nachgewiesen hat, ein beständiges Klagelied über die
tyrannische Wirtschaft des Zensors, der sich jederzeit durch sein Amt eine hübsche
Einnahme zu verschaffen wußte. Schon 1833 wies Bulwer in seinem Vorschlage
zu einem Theatergesetz (Ora>ma,t,lo ?srtorraanos8 Bill) auf die Überflüssigkeit und
Schädlichkeit eines Zensors hin; der einzige wahre Zensor der Zeit sei der Geist
der Zeit, das Publikum und die Presse seien bessere Kunstrichter als ein im Hof¬
amt stehender Ignorant und Pfuscher. Im Jahre 1343 wurde die Gründung
neuer Bühnen in London durch die ?Iisg.t.rs RsAulation, Bill zwar freigegeben,
aber die Oberaufsicht über die Stücke und damit das Schicksal der dramatischen
Literatur blieben doch in der Hand des Hofbeamten, der seltsamerweise keiner
Behörde, auch nicht dem Parlament für seine Maßregeln verantwortlich war. Es
ist klar, daß bei den Entscheidungen des Zensors viele Mißgriffe vorkommen mußten.
Besondre Entrüstung erregte in diesem Jahre das Verbot, die Operette "Der
Mikado" von Gilbert und Sullivan aufzuführen, da sich die in England weilenden
Japaner verletzt fühlen könnten. Die englische Kritik wußte anfangs nicht recht,
was sie zu dieser sentimentalen Rücksicht sagen sollte; erst als sich die Japaner
selbst über dieses Verbot lustig machten, ging der Lärm in der Presse los, und
selbst ruhige und vorsichtige Zeitschriften, wie llrs ^o^äsen^ hielten es doch für
ihre Pflicht, nunmehr gegen dieses die englische Nation lächerlich machende Verbot
Ku Protestieren und dem Lord Chamberlain sowohl wie dem Zensor gehörig die
Wahrheit zu sagen. "Die Aufgabe, darüber zu entscheiden, was auf irgendeinem
Gebiete der Moral oder der Kunst zuzulassen oder zu verbieten ist, erscheint fast
unlösbar, und das ist tatsächlich ein großes Argument gegen alle Zensorenwirtschaft.
Aber wenn diese Pflicht einem Departement übertragen wird, das keine Kenntnis
von dem vorliegenden Gegenstande und kein Interesse daran hat, so muß das Er¬
gebnis unvermeidlich zu einer heillosen Verwirrung führen." In den letzten Jahren
hat der englische Zensor die Aufführung folgender Stücke untersagt: Norm-i. Varmg.
und Sistsr ?fre-W von Maeterlinck, Slrosts (Gespenster) von Ibsen, ^ Nees, Um-es
von d'Annunzio, ^d.s vsnoi von Shelley, dreier Stücke von Brieux: ^iis rin-so
^auAktsrs ok U. vuxont, Natsrnitö und Lss ZÄ-instons, ferner Ars. ^Varrsn's
^wkEWioii von Bernard Shaw und Lalcnris von Oskar Wilde. Als Grund für
die Ablehnung von Norma Varin wird angegeben, der Zensor habe in der Regie-
bemerkung anstatt nus sans mis-ntsarl gelesen nus sans rür ir^ntsau, er sei
darüber heftig errötet und habe die Aufführung untersagt.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

bei Hofe, im Parlament, in der Verwaltung, in Kirche und Schule auf Schritt
und Tritt verraten. Einer der merkwürdigsten Perückenstöcke, die noch gegenwärtig
eine Rolle spielen, zuweilen wie ein Schreckgespenst in die Höhe fahren und dann
auf das frische, pulsierende Leben geradezu lähmend einwirken, ist der Theaterzensor,
^xarmusr ok I>1^8. Die Kontrolle der Bühnenstücke und der Theateraufführungen
ist in England nicht Sache der Polizeibehörde, wie in andern Ländern, sondern
gehört zu den Aufgaben des Hofmarschalls, der den Titel Lord Chamberlain führt.
Da dieser Herr nicht wegen seiner literarischen und künstlerischen Vorzüge ein solches
Hofamt erhält, muß er noch einen Hofbeamten anstellen, der die von den Theater¬
direktoren eingereichten Bühnenstücke zu lesen und zu begutachten hat. Auf Grund
eines solchen Gutachtens entscheidet dann der Lord Chamberlain, ob das Stück auf¬
geführt werden darf oder nicht. Eine höhere Instanz gibt es nicht. Dieses
absolutistische Privilegium, das zu der parlamentarischen Regierungsform wie die
Faust aufs Auge paßt, ist eine merkwürdige Erscheinung. Schon zur Zeit der
Königin Elisabeth hat es in der Gestalt des Nastsi' c>k tus Rsvsls, einer Art von
Zeremonienmeister, einen solchen Zensor gegeben, und durch die ganze Geschichte der
englischen Bühne geht, wie Watson Nicholson in seinem Buche StruWls lor
a ?rss Ltsg's (London, 1907) nachgewiesen hat, ein beständiges Klagelied über die
tyrannische Wirtschaft des Zensors, der sich jederzeit durch sein Amt eine hübsche
Einnahme zu verschaffen wußte. Schon 1833 wies Bulwer in seinem Vorschlage
zu einem Theatergesetz (Ora>ma,t,lo ?srtorraanos8 Bill) auf die Überflüssigkeit und
Schädlichkeit eines Zensors hin; der einzige wahre Zensor der Zeit sei der Geist
der Zeit, das Publikum und die Presse seien bessere Kunstrichter als ein im Hof¬
amt stehender Ignorant und Pfuscher. Im Jahre 1343 wurde die Gründung
neuer Bühnen in London durch die ?Iisg.t.rs RsAulation, Bill zwar freigegeben,
aber die Oberaufsicht über die Stücke und damit das Schicksal der dramatischen
Literatur blieben doch in der Hand des Hofbeamten, der seltsamerweise keiner
Behörde, auch nicht dem Parlament für seine Maßregeln verantwortlich war. Es
ist klar, daß bei den Entscheidungen des Zensors viele Mißgriffe vorkommen mußten.
Besondre Entrüstung erregte in diesem Jahre das Verbot, die Operette „Der
Mikado" von Gilbert und Sullivan aufzuführen, da sich die in England weilenden
Japaner verletzt fühlen könnten. Die englische Kritik wußte anfangs nicht recht,
was sie zu dieser sentimentalen Rücksicht sagen sollte; erst als sich die Japaner
selbst über dieses Verbot lustig machten, ging der Lärm in der Presse los, und
selbst ruhige und vorsichtige Zeitschriften, wie llrs ^o^äsen^ hielten es doch für
ihre Pflicht, nunmehr gegen dieses die englische Nation lächerlich machende Verbot
Ku Protestieren und dem Lord Chamberlain sowohl wie dem Zensor gehörig die
Wahrheit zu sagen. „Die Aufgabe, darüber zu entscheiden, was auf irgendeinem
Gebiete der Moral oder der Kunst zuzulassen oder zu verbieten ist, erscheint fast
unlösbar, und das ist tatsächlich ein großes Argument gegen alle Zensorenwirtschaft.
Aber wenn diese Pflicht einem Departement übertragen wird, das keine Kenntnis
von dem vorliegenden Gegenstande und kein Interesse daran hat, so muß das Er¬
gebnis unvermeidlich zu einer heillosen Verwirrung führen." In den letzten Jahren
hat der englische Zensor die Aufführung folgender Stücke untersagt: Norm-i. Varmg.
und Sistsr ?fre-W von Maeterlinck, Slrosts (Gespenster) von Ibsen, ^ Nees, Um-es
von d'Annunzio, ^d.s vsnoi von Shelley, dreier Stücke von Brieux: ^iis rin-so
^auAktsrs ok U. vuxont, Natsrnitö und Lss ZÄ-instons, ferner Ars. ^Varrsn's
^wkEWioii von Bernard Shaw und Lalcnris von Oskar Wilde. Als Grund für
die Ablehnung von Norma Varin wird angegeben, der Zensor habe in der Regie-
bemerkung anstatt nus sans mis-ntsarl gelesen nus sans rür ir^ntsau, er sei
darüber heftig errötet und habe die Aufführung untersagt.


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[0439] Maßgebliches und Unmaßgebliches bei Hofe, im Parlament, in der Verwaltung, in Kirche und Schule auf Schritt und Tritt verraten. Einer der merkwürdigsten Perückenstöcke, die noch gegenwärtig eine Rolle spielen, zuweilen wie ein Schreckgespenst in die Höhe fahren und dann auf das frische, pulsierende Leben geradezu lähmend einwirken, ist der Theaterzensor, ^xarmusr ok I>1^8. Die Kontrolle der Bühnenstücke und der Theateraufführungen ist in England nicht Sache der Polizeibehörde, wie in andern Ländern, sondern gehört zu den Aufgaben des Hofmarschalls, der den Titel Lord Chamberlain führt. Da dieser Herr nicht wegen seiner literarischen und künstlerischen Vorzüge ein solches Hofamt erhält, muß er noch einen Hofbeamten anstellen, der die von den Theater¬ direktoren eingereichten Bühnenstücke zu lesen und zu begutachten hat. Auf Grund eines solchen Gutachtens entscheidet dann der Lord Chamberlain, ob das Stück auf¬ geführt werden darf oder nicht. Eine höhere Instanz gibt es nicht. Dieses absolutistische Privilegium, das zu der parlamentarischen Regierungsform wie die Faust aufs Auge paßt, ist eine merkwürdige Erscheinung. Schon zur Zeit der Königin Elisabeth hat es in der Gestalt des Nastsi' c>k tus Rsvsls, einer Art von Zeremonienmeister, einen solchen Zensor gegeben, und durch die ganze Geschichte der englischen Bühne geht, wie Watson Nicholson in seinem Buche StruWls lor a ?rss Ltsg's (London, 1907) nachgewiesen hat, ein beständiges Klagelied über die tyrannische Wirtschaft des Zensors, der sich jederzeit durch sein Amt eine hübsche Einnahme zu verschaffen wußte. Schon 1833 wies Bulwer in seinem Vorschlage zu einem Theatergesetz (Ora>ma,t,lo ?srtorraanos8 Bill) auf die Überflüssigkeit und Schädlichkeit eines Zensors hin; der einzige wahre Zensor der Zeit sei der Geist der Zeit, das Publikum und die Presse seien bessere Kunstrichter als ein im Hof¬ amt stehender Ignorant und Pfuscher. Im Jahre 1343 wurde die Gründung neuer Bühnen in London durch die ?Iisg.t.rs RsAulation, Bill zwar freigegeben, aber die Oberaufsicht über die Stücke und damit das Schicksal der dramatischen Literatur blieben doch in der Hand des Hofbeamten, der seltsamerweise keiner Behörde, auch nicht dem Parlament für seine Maßregeln verantwortlich war. Es ist klar, daß bei den Entscheidungen des Zensors viele Mißgriffe vorkommen mußten. Besondre Entrüstung erregte in diesem Jahre das Verbot, die Operette „Der Mikado" von Gilbert und Sullivan aufzuführen, da sich die in England weilenden Japaner verletzt fühlen könnten. Die englische Kritik wußte anfangs nicht recht, was sie zu dieser sentimentalen Rücksicht sagen sollte; erst als sich die Japaner selbst über dieses Verbot lustig machten, ging der Lärm in der Presse los, und selbst ruhige und vorsichtige Zeitschriften, wie llrs ^o^äsen^ hielten es doch für ihre Pflicht, nunmehr gegen dieses die englische Nation lächerlich machende Verbot Ku Protestieren und dem Lord Chamberlain sowohl wie dem Zensor gehörig die Wahrheit zu sagen. „Die Aufgabe, darüber zu entscheiden, was auf irgendeinem Gebiete der Moral oder der Kunst zuzulassen oder zu verbieten ist, erscheint fast unlösbar, und das ist tatsächlich ein großes Argument gegen alle Zensorenwirtschaft. Aber wenn diese Pflicht einem Departement übertragen wird, das keine Kenntnis von dem vorliegenden Gegenstande und kein Interesse daran hat, so muß das Er¬ gebnis unvermeidlich zu einer heillosen Verwirrung führen." In den letzten Jahren hat der englische Zensor die Aufführung folgender Stücke untersagt: Norm-i. Varmg. und Sistsr ?fre-W von Maeterlinck, Slrosts (Gespenster) von Ibsen, ^ Nees, Um-es von d'Annunzio, ^d.s vsnoi von Shelley, dreier Stücke von Brieux: ^iis rin-so ^auAktsrs ok U. vuxont, Natsrnitö und Lss ZÄ-instons, ferner Ars. ^Varrsn's ^wkEWioii von Bernard Shaw und Lalcnris von Oskar Wilde. Als Grund für die Ablehnung von Norma Varin wird angegeben, der Zensor habe in der Regie- bemerkung anstatt nus sans mis-ntsarl gelesen nus sans rür ir^ntsau, er sei darüber heftig errötet und habe die Aufführung untersagt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/439>, abgerufen am 14.05.2024.