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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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zugleich die des Monarchen war. Der Reichskanzler hat diesen Sieg über seine
Gegner erfochten. Graf Posadowsky und Herr von Stube sind gegangen, und
dem Nachfolger des Staatssekretärs, dem bisherigen Minister des Innern, Herrn
von Bethmann-Hollweg, ist das Vizepräsidium des preußischen Staatsministeriums
übertragen worden. Deutlicher konnte die Absicht dieser Entscheidungen nicht gezeigt
werden. Fürst Bülow steht jetzt an der Spitze eines preußischen Staatsministeriums,
das durchaus homogen seine Politik zu unterstützen geneigt ist, und der Vizepräsident
dieses Ministeriums, in Preußen ohne Portefeuille, ist zugleich der Leiter des wich¬
tigsten Reichsamts, mit dessen Staatssekretariat die allgemeine Stellvertretung des
Reichskanzlers verbunden ist. Damit ist die Grundlage hergestellt, die Fürst Bülow
brauchte, und die er erstrebt hat.

Die Parteien urteilen natürlich von ihrem Standpunkt aus anders. Sie fragen,
was sie von den neuen Männern im Sinne ihrer besondern Bestrebungen zu erwarten
haben. Die Konservativen können der ganzen Sachlage nach keine besondre Un¬
zufriedenheit zeigen; sie müssen sich um die Tntsache halten, daß die neuen Minister,
die alle keine ausgesprochnen Parteimänner sind, im allgemeinen von einer kon¬
servativen Anschauungsweise ausgehn. Freilich trauern sie Herrn von Stube auf¬
richtig nach, aber sie müssen abwarten, wie sich sein Nachfolger, Minister Holle,
mit den besondern Fragen, die ihnen am Herzen liegen, abfinden wird. Auch das
Zentrum kann gegen die neuen Männer nichts Wesentliches vorbringen, es kann
mir den Weggang ihrer Vorgänger möglichst für sich ausnutzen, und so sieht es
denn gegenwärtig nach der klerikalen Presse beinahe so aus, als sei Graf Posadowsky
ein echter und rechter Zentrumsmann gewesen, eine Auffassung, die nicht nur für
den cmsgeschiednen Minister selbst, sondern auch für die ganze politische Welt, soweit
sie sich noch nicht das Denken abgewöhnt hat, höchlich überraschend sein muß.

Bleibt noch die Stellung der Liberalen. Man sollte meinen, der Liberalismus
müßte erkennen, daß der Ministerwechsel ihm einen Weg bahnt, seine Lebensfähig¬
keit und Überzeugungskraft aufs neue zu zeigen. Dazu gehört freilich, daß man
aus einem großen Zusammenhange heraus die Richtung einer Entwicklung zu er¬
kennen vermag. Und tatsächlich scheu wir, daß die Liberalen, die diese Fähigkeit
haben, zufrieden sind und sich bereit zeigen, in Zukunft ihre Kräfte nach Möglich¬
keit einzusetzen, um ein liberales Regiment vorzubereiten. Daneben stehn freilich noch
die Schattierungen des Liberalismus, die nur zu vergleichen vermögen, ob die An¬
sichten der neuen Männer mit dem Parteikatechismus übereinstimmen, und danach
ihr Urteil sprechen. Für sie steht es natürlich fest, daß der Rücktritt des Grafen
Posadowsky die Abkehr von einer freiheitlichen Sozialpolitik bedeutet, und daß im
übrigen alles beim alten bleibt, weil die neuen Mitglieder des Ministeriums "kon¬
servativ" seien. Solchen Meinungen gegenüber bemerkte ein freisinniges, gut na¬
tionales Blatt mit Recht, daß es lieber eine liberale Politik durch konservative
Minister gemacht sähe, als eine konservative Politik, zu der sich liberale Minister
gezwungen sähen. Ein teilweise liberales Ministerium würde jetzt nur Verwirrung
schaffen und die Voraussetzungen der Blockpolitik zerstören. Nicht um eine liberale
Schwenkung, sondern um Festhalten der Blockpolitik handelt es sich. Diese aber
ist nur möglich, wenn zwar die konservative Grundrichtung beibehalten wird, aber
die starre Einseitigkett einer verbitternden, rückständigen, von Mißtrauen ans die
sich regenden neuen Kräfte erfüllten Regierungsweise vermieden wird, bestimmte,
Wohl erfüllbare Forderungen der Liberalen Berücksichtigung finden. Dieses Zurück¬
drängen der Strömungen, die im Volke mit einem viel gemißbrauchten Schlagwort
als "Reaktion" empfunden werden -- ein Zurückdrängen, das durchaus noch im
Rahmen eines vernünftigen Konservatismus liegt --, ist allerdings die Bedingung
für das Zusammenwirken der Liberalen mit den Konservativen in allen den Fragen,


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zugleich die des Monarchen war. Der Reichskanzler hat diesen Sieg über seine
Gegner erfochten. Graf Posadowsky und Herr von Stube sind gegangen, und
dem Nachfolger des Staatssekretärs, dem bisherigen Minister des Innern, Herrn
von Bethmann-Hollweg, ist das Vizepräsidium des preußischen Staatsministeriums
übertragen worden. Deutlicher konnte die Absicht dieser Entscheidungen nicht gezeigt
werden. Fürst Bülow steht jetzt an der Spitze eines preußischen Staatsministeriums,
das durchaus homogen seine Politik zu unterstützen geneigt ist, und der Vizepräsident
dieses Ministeriums, in Preußen ohne Portefeuille, ist zugleich der Leiter des wich¬
tigsten Reichsamts, mit dessen Staatssekretariat die allgemeine Stellvertretung des
Reichskanzlers verbunden ist. Damit ist die Grundlage hergestellt, die Fürst Bülow
brauchte, und die er erstrebt hat.

Die Parteien urteilen natürlich von ihrem Standpunkt aus anders. Sie fragen,
was sie von den neuen Männern im Sinne ihrer besondern Bestrebungen zu erwarten
haben. Die Konservativen können der ganzen Sachlage nach keine besondre Un¬
zufriedenheit zeigen; sie müssen sich um die Tntsache halten, daß die neuen Minister,
die alle keine ausgesprochnen Parteimänner sind, im allgemeinen von einer kon¬
servativen Anschauungsweise ausgehn. Freilich trauern sie Herrn von Stube auf¬
richtig nach, aber sie müssen abwarten, wie sich sein Nachfolger, Minister Holle,
mit den besondern Fragen, die ihnen am Herzen liegen, abfinden wird. Auch das
Zentrum kann gegen die neuen Männer nichts Wesentliches vorbringen, es kann
mir den Weggang ihrer Vorgänger möglichst für sich ausnutzen, und so sieht es
denn gegenwärtig nach der klerikalen Presse beinahe so aus, als sei Graf Posadowsky
ein echter und rechter Zentrumsmann gewesen, eine Auffassung, die nicht nur für
den cmsgeschiednen Minister selbst, sondern auch für die ganze politische Welt, soweit
sie sich noch nicht das Denken abgewöhnt hat, höchlich überraschend sein muß.

Bleibt noch die Stellung der Liberalen. Man sollte meinen, der Liberalismus
müßte erkennen, daß der Ministerwechsel ihm einen Weg bahnt, seine Lebensfähig¬
keit und Überzeugungskraft aufs neue zu zeigen. Dazu gehört freilich, daß man
aus einem großen Zusammenhange heraus die Richtung einer Entwicklung zu er¬
kennen vermag. Und tatsächlich scheu wir, daß die Liberalen, die diese Fähigkeit
haben, zufrieden sind und sich bereit zeigen, in Zukunft ihre Kräfte nach Möglich¬
keit einzusetzen, um ein liberales Regiment vorzubereiten. Daneben stehn freilich noch
die Schattierungen des Liberalismus, die nur zu vergleichen vermögen, ob die An¬
sichten der neuen Männer mit dem Parteikatechismus übereinstimmen, und danach
ihr Urteil sprechen. Für sie steht es natürlich fest, daß der Rücktritt des Grafen
Posadowsky die Abkehr von einer freiheitlichen Sozialpolitik bedeutet, und daß im
übrigen alles beim alten bleibt, weil die neuen Mitglieder des Ministeriums „kon¬
servativ" seien. Solchen Meinungen gegenüber bemerkte ein freisinniges, gut na¬
tionales Blatt mit Recht, daß es lieber eine liberale Politik durch konservative
Minister gemacht sähe, als eine konservative Politik, zu der sich liberale Minister
gezwungen sähen. Ein teilweise liberales Ministerium würde jetzt nur Verwirrung
schaffen und die Voraussetzungen der Blockpolitik zerstören. Nicht um eine liberale
Schwenkung, sondern um Festhalten der Blockpolitik handelt es sich. Diese aber
ist nur möglich, wenn zwar die konservative Grundrichtung beibehalten wird, aber
die starre Einseitigkett einer verbitternden, rückständigen, von Mißtrauen ans die
sich regenden neuen Kräfte erfüllten Regierungsweise vermieden wird, bestimmte,
Wohl erfüllbare Forderungen der Liberalen Berücksichtigung finden. Dieses Zurück¬
drängen der Strömungen, die im Volke mit einem viel gemißbrauchten Schlagwort
als „Reaktion" empfunden werden — ein Zurückdrängen, das durchaus noch im
Rahmen eines vernünftigen Konservatismus liegt —, ist allerdings die Bedingung
für das Zusammenwirken der Liberalen mit den Konservativen in allen den Fragen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/55>, abgerufen am 15.05.2024.