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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wir auch dann bekämpft werden würden, wenn wir den Polen die Hand zur Ver¬
söhnung hinstrecken wollten. Das ist schon so oft erprobt worden, daß wir den
Sirenenstimmen, die jetzt wieder aus dem polnischen Lager herüberschallen, unter
keinen Umständen folgen dürfen. Eben jetzt nämlich wird von einigen Seiten, in
richtiger Kenntnis des deutschen Charakters, ein großes Friedensbedürfnis zur Schau
getragen; mitten unter den erbitterten Deklamationen der polnischen Heißsporne
hören wir elegische Hinweise auf die verwüstenden Wirkungen der solange genährten
Kampfstimmung und die Mahnung zum Frieden. Es ist tief zu beklagen, daß es
verhältnismäßig wenige Deutsche gibt, die eine ausreichende Kenntnis der slawischen
Natur haben, um die innere UnWahrhaftigkeit und Hinterhältigkeit dieser Mahnungen
durchschauen zu können und zu wissen, daß die wilde Leidenschaftlichkeit der Polen
doch niemals standhalten kann vor einem starken und festen Willen, der bis ans
Ende durchhält. So erhalten die Polen Gelegenheit, ihre Hoffnung doch immer
wieder auf die falschen Ratgeber im deutschen Lager zu setzen, die über die Dinge
urteilen, ohne sie wirklich zu kennen. Aber wir dürfen hoffen, daß die preußische
Staatsregierung sich jetzt nicht wieder irre machen lassen wird.

In Österreich-Ungarn sind jetzt die Vereinbarungen über den Ausgleich ver¬
öffentlicht und die dazu gehörenden Gesetzvorlagen den beiden Parlamenten übergeben
worden. Wir haben die Bedeutung dieses Ausgleichs im allgemeinen schon früher
gewürdigt und brauchen hier auf seine Einzelheiten, besonders die zahlreichen Ab¬
machungen wirtschaftlicher Natur nicht einzugehen. Manche der staatsrechtlichen
Feinheiten, die in den neuen Vereinbarungen enthalten sind, haben auch nach außen
hin wenig praktische Bedeutung. Es war freilich ein Kunststück, den zollpolitischen
Wünschen Ungarns Rechnung zu tragen und doch Bestimmungen zu vermeiden, die
den mit dem Ausland abgeschlossenen Verträgen und den von der wirklichen Lage
geforderten Rücksichten nicht entgegenliefen. So hat man denn den Ausdruck
"Österreichisch-Ungarisches Zollgebiet" beseitigt, weil es zu sehr nach staatsrecht¬
licher Einheit schmeckt. Wohlgemerkt, den Ausdruck konnte man beseitigen, die
Sache natürlich nicht, weil man die Handelsverträge nicht einfach umwerfen konnte.
Nun heißt es also: "Die von einer einheitlichen Grenze umzogenen Gebiete der
beiden vertragsschließenden Teile" -- ein Ausdruck, der der Geschicklichkeit, womit
man die Klippen umschifft hat, alle Ehre macht. Die Zugeständnisse sind diesmal,
mehr als bei frühern Ausgleichsverhandlungen, gegenseitige gewesen, und die Öster¬
reicher haben wenigstens eine geringe Erhöhung der ungarischen Quote durchgesetzt.
Aber der Ausgleich ist wiederum nur auf zehn Jahre abgeschlossen worden, und eine
gewisse weitre Lockerung der Verbindung der beiden Reichshälften ist doch nicht zu
verkennen, so wenig sie auch vorerst nach außen hin praktische Bedeutung erlangen
wird. Bei künftigen Handelsvertragsverhandlungen soll die Führung nicht mehr
in der Hand des gemeinsamen Ministers des Auswärtigen allein liegen, sondern
es sollen besondre Vertreter der beiden Staaten mitwirken. Das ist ein bemerkens¬
wertes Symptom der neuen Lage hinsichtlich der Beziehungen zum Auslande.
Trotzdem wird man sich freuen dürfen, daß die Verständigung so weit gesichert ist.

Nun ist auch die Haager Konferenz endlich nach vier Monaten auseinander
gegangen. Wenn man davon ausgeht, daß große Aktionen im Sinne der inter¬
nationalen Friedensbestrebungen von vornherein nicht erwartet werden konnten, daß
es sich vielmehr nur um einzelne völkerrechtliche Abmachungen handelte, die aller¬
dings von Wert sein konnten, so darf man der Konferenz kein allzuschlechtes Zeugnis
ausstellen. Es ist wirklich manches Nützliche geleistet worden. Aber doch wenig
im Verhältnis zu dem großen Apparat, der dabei entfaltet worden ist. Das Unter¬
nehmen krankte daran, daß zu viele Staaten beteiligt waren, während es sich um
Fragen handelte, die in Wahrheit von einer beschränkten Zahl von Weltmächten,
die den kleinern Staaten in internationalen Fragen doch ihren Willen aufzwingen,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wir auch dann bekämpft werden würden, wenn wir den Polen die Hand zur Ver¬
söhnung hinstrecken wollten. Das ist schon so oft erprobt worden, daß wir den
Sirenenstimmen, die jetzt wieder aus dem polnischen Lager herüberschallen, unter
keinen Umständen folgen dürfen. Eben jetzt nämlich wird von einigen Seiten, in
richtiger Kenntnis des deutschen Charakters, ein großes Friedensbedürfnis zur Schau
getragen; mitten unter den erbitterten Deklamationen der polnischen Heißsporne
hören wir elegische Hinweise auf die verwüstenden Wirkungen der solange genährten
Kampfstimmung und die Mahnung zum Frieden. Es ist tief zu beklagen, daß es
verhältnismäßig wenige Deutsche gibt, die eine ausreichende Kenntnis der slawischen
Natur haben, um die innere UnWahrhaftigkeit und Hinterhältigkeit dieser Mahnungen
durchschauen zu können und zu wissen, daß die wilde Leidenschaftlichkeit der Polen
doch niemals standhalten kann vor einem starken und festen Willen, der bis ans
Ende durchhält. So erhalten die Polen Gelegenheit, ihre Hoffnung doch immer
wieder auf die falschen Ratgeber im deutschen Lager zu setzen, die über die Dinge
urteilen, ohne sie wirklich zu kennen. Aber wir dürfen hoffen, daß die preußische
Staatsregierung sich jetzt nicht wieder irre machen lassen wird.

In Österreich-Ungarn sind jetzt die Vereinbarungen über den Ausgleich ver¬
öffentlicht und die dazu gehörenden Gesetzvorlagen den beiden Parlamenten übergeben
worden. Wir haben die Bedeutung dieses Ausgleichs im allgemeinen schon früher
gewürdigt und brauchen hier auf seine Einzelheiten, besonders die zahlreichen Ab¬
machungen wirtschaftlicher Natur nicht einzugehen. Manche der staatsrechtlichen
Feinheiten, die in den neuen Vereinbarungen enthalten sind, haben auch nach außen
hin wenig praktische Bedeutung. Es war freilich ein Kunststück, den zollpolitischen
Wünschen Ungarns Rechnung zu tragen und doch Bestimmungen zu vermeiden, die
den mit dem Ausland abgeschlossenen Verträgen und den von der wirklichen Lage
geforderten Rücksichten nicht entgegenliefen. So hat man denn den Ausdruck
„Österreichisch-Ungarisches Zollgebiet" beseitigt, weil es zu sehr nach staatsrecht¬
licher Einheit schmeckt. Wohlgemerkt, den Ausdruck konnte man beseitigen, die
Sache natürlich nicht, weil man die Handelsverträge nicht einfach umwerfen konnte.
Nun heißt es also: „Die von einer einheitlichen Grenze umzogenen Gebiete der
beiden vertragsschließenden Teile" — ein Ausdruck, der der Geschicklichkeit, womit
man die Klippen umschifft hat, alle Ehre macht. Die Zugeständnisse sind diesmal,
mehr als bei frühern Ausgleichsverhandlungen, gegenseitige gewesen, und die Öster¬
reicher haben wenigstens eine geringe Erhöhung der ungarischen Quote durchgesetzt.
Aber der Ausgleich ist wiederum nur auf zehn Jahre abgeschlossen worden, und eine
gewisse weitre Lockerung der Verbindung der beiden Reichshälften ist doch nicht zu
verkennen, so wenig sie auch vorerst nach außen hin praktische Bedeutung erlangen
wird. Bei künftigen Handelsvertragsverhandlungen soll die Führung nicht mehr
in der Hand des gemeinsamen Ministers des Auswärtigen allein liegen, sondern
es sollen besondre Vertreter der beiden Staaten mitwirken. Das ist ein bemerkens¬
wertes Symptom der neuen Lage hinsichtlich der Beziehungen zum Auslande.
Trotzdem wird man sich freuen dürfen, daß die Verständigung so weit gesichert ist.

Nun ist auch die Haager Konferenz endlich nach vier Monaten auseinander
gegangen. Wenn man davon ausgeht, daß große Aktionen im Sinne der inter¬
nationalen Friedensbestrebungen von vornherein nicht erwartet werden konnten, daß
es sich vielmehr nur um einzelne völkerrechtliche Abmachungen handelte, die aller¬
dings von Wert sein konnten, so darf man der Konferenz kein allzuschlechtes Zeugnis
ausstellen. Es ist wirklich manches Nützliche geleistet worden. Aber doch wenig
im Verhältnis zu dem großen Apparat, der dabei entfaltet worden ist. Das Unter¬
nehmen krankte daran, daß zu viele Staaten beteiligt waren, während es sich um
Fragen handelte, die in Wahrheit von einer beschränkten Zahl von Weltmächten,
die den kleinern Staaten in internationalen Fragen doch ihren Willen aufzwingen,


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[0226] Maßgebliches und Unmaßgebliches Wir auch dann bekämpft werden würden, wenn wir den Polen die Hand zur Ver¬ söhnung hinstrecken wollten. Das ist schon so oft erprobt worden, daß wir den Sirenenstimmen, die jetzt wieder aus dem polnischen Lager herüberschallen, unter keinen Umständen folgen dürfen. Eben jetzt nämlich wird von einigen Seiten, in richtiger Kenntnis des deutschen Charakters, ein großes Friedensbedürfnis zur Schau getragen; mitten unter den erbitterten Deklamationen der polnischen Heißsporne hören wir elegische Hinweise auf die verwüstenden Wirkungen der solange genährten Kampfstimmung und die Mahnung zum Frieden. Es ist tief zu beklagen, daß es verhältnismäßig wenige Deutsche gibt, die eine ausreichende Kenntnis der slawischen Natur haben, um die innere UnWahrhaftigkeit und Hinterhältigkeit dieser Mahnungen durchschauen zu können und zu wissen, daß die wilde Leidenschaftlichkeit der Polen doch niemals standhalten kann vor einem starken und festen Willen, der bis ans Ende durchhält. So erhalten die Polen Gelegenheit, ihre Hoffnung doch immer wieder auf die falschen Ratgeber im deutschen Lager zu setzen, die über die Dinge urteilen, ohne sie wirklich zu kennen. Aber wir dürfen hoffen, daß die preußische Staatsregierung sich jetzt nicht wieder irre machen lassen wird. In Österreich-Ungarn sind jetzt die Vereinbarungen über den Ausgleich ver¬ öffentlicht und die dazu gehörenden Gesetzvorlagen den beiden Parlamenten übergeben worden. Wir haben die Bedeutung dieses Ausgleichs im allgemeinen schon früher gewürdigt und brauchen hier auf seine Einzelheiten, besonders die zahlreichen Ab¬ machungen wirtschaftlicher Natur nicht einzugehen. Manche der staatsrechtlichen Feinheiten, die in den neuen Vereinbarungen enthalten sind, haben auch nach außen hin wenig praktische Bedeutung. Es war freilich ein Kunststück, den zollpolitischen Wünschen Ungarns Rechnung zu tragen und doch Bestimmungen zu vermeiden, die den mit dem Ausland abgeschlossenen Verträgen und den von der wirklichen Lage geforderten Rücksichten nicht entgegenliefen. So hat man denn den Ausdruck „Österreichisch-Ungarisches Zollgebiet" beseitigt, weil es zu sehr nach staatsrecht¬ licher Einheit schmeckt. Wohlgemerkt, den Ausdruck konnte man beseitigen, die Sache natürlich nicht, weil man die Handelsverträge nicht einfach umwerfen konnte. Nun heißt es also: „Die von einer einheitlichen Grenze umzogenen Gebiete der beiden vertragsschließenden Teile" — ein Ausdruck, der der Geschicklichkeit, womit man die Klippen umschifft hat, alle Ehre macht. Die Zugeständnisse sind diesmal, mehr als bei frühern Ausgleichsverhandlungen, gegenseitige gewesen, und die Öster¬ reicher haben wenigstens eine geringe Erhöhung der ungarischen Quote durchgesetzt. Aber der Ausgleich ist wiederum nur auf zehn Jahre abgeschlossen worden, und eine gewisse weitre Lockerung der Verbindung der beiden Reichshälften ist doch nicht zu verkennen, so wenig sie auch vorerst nach außen hin praktische Bedeutung erlangen wird. Bei künftigen Handelsvertragsverhandlungen soll die Führung nicht mehr in der Hand des gemeinsamen Ministers des Auswärtigen allein liegen, sondern es sollen besondre Vertreter der beiden Staaten mitwirken. Das ist ein bemerkens¬ wertes Symptom der neuen Lage hinsichtlich der Beziehungen zum Auslande. Trotzdem wird man sich freuen dürfen, daß die Verständigung so weit gesichert ist. Nun ist auch die Haager Konferenz endlich nach vier Monaten auseinander gegangen. Wenn man davon ausgeht, daß große Aktionen im Sinne der inter¬ nationalen Friedensbestrebungen von vornherein nicht erwartet werden konnten, daß es sich vielmehr nur um einzelne völkerrechtliche Abmachungen handelte, die aller¬ dings von Wert sein konnten, so darf man der Konferenz kein allzuschlechtes Zeugnis ausstellen. Es ist wirklich manches Nützliche geleistet worden. Aber doch wenig im Verhältnis zu dem großen Apparat, der dabei entfaltet worden ist. Das Unter¬ nehmen krankte daran, daß zu viele Staaten beteiligt waren, während es sich um Fragen handelte, die in Wahrheit von einer beschränkten Zahl von Weltmächten, die den kleinern Staaten in internationalen Fragen doch ihren Willen aufzwingen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/226>, abgerufen am 17.06.2024.