Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

die Autoren vorbehalten sind, die die Männer aus Maria-Lauch zu den ihrigen
zählen, dem katholischen Romanschriftsteller Paul Bourget und dem bekannten Pfarrer
Hnnsjakob. Auch später heißt es nach einigem Lob: "Das alles vermag jedoch nicht
darüber hinwegzutäuschen, daß neben Gutem oder Harmlosen auch massenhaft Schlechtes
oder Irreleitendes allen Kreisen der Jugend, der Urteilslosen, der Ungebildeten
unterschiedslos in die Hände gedrückt wird. Was sind auch ein paar Bändchen mit
dem Namen Chateaubriands oder de Maistres, wenn lange Listen von Volney,
Voltaire, Diderot, Rousseau, Musset, Manpassant, Renan und Zola daneben stehn.
Es mag nicht unschädlich sein, wenn sich einmal ein Halbgebildeter in die Philosophie
eines Leibniz oder Pufendorf verliert. Ob aber Schopenhauer oder Max Stirner,
Feuerbach oder Hegel nicht große Verheerungen anrichten können in solchen Köpfen?
Die Gestalten des deutschen Dichterparnasses, soweit sie für "Klassiker" oder für
fashionable Berühmtheiten gelten, sind bekannt genug, nach ihren Licht- und Schatten¬
seiten; man mag einen Vorteil darin sehn, daß Reclani nur die Werke einzeln gibt,
was immer eine große Auswahl mit sich bringt und manche üble oder minderwertige
Ingredienzen der Gesamtausgaben von selber fernhält. Wenn Börne und Heine
durch die roten Zwanzigpfennig-Hefte in den weitesten Kreisen volkstümlich gemacht
und Rosegger über seinen sonstigen Massenabsatz hinaus noch massenhafter verbreitet
wird, so bleibt wie bei andern anrüchigen Namen wenigstens der zweifelhafte Trost,
daß es noch ungleich Schlechteres, Ungesünderes und Sittenverderbliches gibt, was
statt dessen gleichfalls hätte verbreitet werden können. Daß aber ein Ausbund von
Geschmacklosigkeit und Blasphemie wie die vier "Jesus"stücke von Karl Weiser haben
Aufnahme finden können, bleibt ein Schandfleck und schließt die letzten matten Ent¬
schuldigungen aus, die man selbst für die Aufnahme von Wildes Salome geltend
machen könnte." Ohne das überschwengliche Urteil des Professors Lehmann-Hohenberg
über Weihers Dramenfolge zu unterschreiben, muß doch gegen solchen intoleranten
Ausfall protestiert werden. Die "Stimmen aus Mciria-Laach" möchten gern einen
"Giftzettel" an jedes der Heftchen geklebt haben, das in ihren Kram nicht paßt,
oder eine speziell katholische Auswahl hergestellt wissen, die nach dem, was wir oben
gelesen haben, die 5900 Bändchen voraussichtlich auf ein Minimum reduzieren müßte.




Im^äelstem
Krsucnt Iceine I^sssunx. ^.us <jein xleicnen Lrun^e ver6en Lslem/^leilcuin-
Lixsretten nur in einkscken Kartons rum Verlcsuke xebi-heut. ^Iles, oss su
aler ^usststtunx xespsrt wirä, Icornint eier (juslitst dieser LiAsrstten?uxuts.
Lslein ^leiKuin-Lixaretten: Keine ^usststtunx, nur Ouslitst:
Ur. 3 4 5 K S 10___k">-e>s: z'/y 4 S K 8 10 k"fg. ki"8 LtüvK.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

die Autoren vorbehalten sind, die die Männer aus Maria-Lauch zu den ihrigen
zählen, dem katholischen Romanschriftsteller Paul Bourget und dem bekannten Pfarrer
Hnnsjakob. Auch später heißt es nach einigem Lob: „Das alles vermag jedoch nicht
darüber hinwegzutäuschen, daß neben Gutem oder Harmlosen auch massenhaft Schlechtes
oder Irreleitendes allen Kreisen der Jugend, der Urteilslosen, der Ungebildeten
unterschiedslos in die Hände gedrückt wird. Was sind auch ein paar Bändchen mit
dem Namen Chateaubriands oder de Maistres, wenn lange Listen von Volney,
Voltaire, Diderot, Rousseau, Musset, Manpassant, Renan und Zola daneben stehn.
Es mag nicht unschädlich sein, wenn sich einmal ein Halbgebildeter in die Philosophie
eines Leibniz oder Pufendorf verliert. Ob aber Schopenhauer oder Max Stirner,
Feuerbach oder Hegel nicht große Verheerungen anrichten können in solchen Köpfen?
Die Gestalten des deutschen Dichterparnasses, soweit sie für »Klassiker« oder für
fashionable Berühmtheiten gelten, sind bekannt genug, nach ihren Licht- und Schatten¬
seiten; man mag einen Vorteil darin sehn, daß Reclani nur die Werke einzeln gibt,
was immer eine große Auswahl mit sich bringt und manche üble oder minderwertige
Ingredienzen der Gesamtausgaben von selber fernhält. Wenn Börne und Heine
durch die roten Zwanzigpfennig-Hefte in den weitesten Kreisen volkstümlich gemacht
und Rosegger über seinen sonstigen Massenabsatz hinaus noch massenhafter verbreitet
wird, so bleibt wie bei andern anrüchigen Namen wenigstens der zweifelhafte Trost,
daß es noch ungleich Schlechteres, Ungesünderes und Sittenverderbliches gibt, was
statt dessen gleichfalls hätte verbreitet werden können. Daß aber ein Ausbund von
Geschmacklosigkeit und Blasphemie wie die vier »Jesus«stücke von Karl Weiser haben
Aufnahme finden können, bleibt ein Schandfleck und schließt die letzten matten Ent¬
schuldigungen aus, die man selbst für die Aufnahme von Wildes Salome geltend
machen könnte." Ohne das überschwengliche Urteil des Professors Lehmann-Hohenberg
über Weihers Dramenfolge zu unterschreiben, muß doch gegen solchen intoleranten
Ausfall protestiert werden. Die „Stimmen aus Mciria-Laach" möchten gern einen
„Giftzettel" an jedes der Heftchen geklebt haben, das in ihren Kram nicht paßt,
oder eine speziell katholische Auswahl hergestellt wissen, die nach dem, was wir oben
gelesen haben, die 5900 Bändchen voraussichtlich auf ein Minimum reduzieren müßte.




Im^äelstem
Krsucnt Iceine I^sssunx. ^.us <jein xleicnen Lrun^e ver6en Lslem/^leilcuin-
Lixsretten nur in einkscken Kartons rum Verlcsuke xebi-heut. ^Iles, oss su
aler ^usststtunx xespsrt wirä, Icornint eier (juslitst dieser LiAsrstten?uxuts.
Lslein ^leiKuin-Lixaretten: Keine ^usststtunx, nur Ouslitst:
Ur. 3 4 5 K S 10___k»>-e>s: z'/y 4 S K 8 10 k»fg. ki»8 LtüvK.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310575"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_847" prev="#ID_846"> die Autoren vorbehalten sind, die die Männer aus Maria-Lauch zu den ihrigen<lb/>
zählen, dem katholischen Romanschriftsteller Paul Bourget und dem bekannten Pfarrer<lb/>
Hnnsjakob. Auch später heißt es nach einigem Lob: &#x201E;Das alles vermag jedoch nicht<lb/>
darüber hinwegzutäuschen, daß neben Gutem oder Harmlosen auch massenhaft Schlechtes<lb/>
oder Irreleitendes allen Kreisen der Jugend, der Urteilslosen, der Ungebildeten<lb/>
unterschiedslos in die Hände gedrückt wird. Was sind auch ein paar Bändchen mit<lb/>
dem Namen Chateaubriands oder de Maistres, wenn lange Listen von Volney,<lb/>
Voltaire, Diderot, Rousseau, Musset, Manpassant, Renan und Zola daneben stehn.<lb/>
Es mag nicht unschädlich sein, wenn sich einmal ein Halbgebildeter in die Philosophie<lb/>
eines Leibniz oder Pufendorf verliert. Ob aber Schopenhauer oder Max Stirner,<lb/>
Feuerbach oder Hegel nicht große Verheerungen anrichten können in solchen Köpfen?<lb/>
Die Gestalten des deutschen Dichterparnasses, soweit sie für »Klassiker« oder für<lb/>
fashionable Berühmtheiten gelten, sind bekannt genug, nach ihren Licht- und Schatten¬<lb/>
seiten; man mag einen Vorteil darin sehn, daß Reclani nur die Werke einzeln gibt,<lb/>
was immer eine große Auswahl mit sich bringt und manche üble oder minderwertige<lb/>
Ingredienzen der Gesamtausgaben von selber fernhält. Wenn Börne und Heine<lb/>
durch die roten Zwanzigpfennig-Hefte in den weitesten Kreisen volkstümlich gemacht<lb/>
und Rosegger über seinen sonstigen Massenabsatz hinaus noch massenhafter verbreitet<lb/>
wird, so bleibt wie bei andern anrüchigen Namen wenigstens der zweifelhafte Trost,<lb/>
daß es noch ungleich Schlechteres, Ungesünderes und Sittenverderbliches gibt, was<lb/>
statt dessen gleichfalls hätte verbreitet werden können. Daß aber ein Ausbund von<lb/>
Geschmacklosigkeit und Blasphemie wie die vier »Jesus«stücke von Karl Weiser haben<lb/>
Aufnahme finden können, bleibt ein Schandfleck und schließt die letzten matten Ent¬<lb/>
schuldigungen aus, die man selbst für die Aufnahme von Wildes Salome geltend<lb/>
machen könnte." Ohne das überschwengliche Urteil des Professors Lehmann-Hohenberg<lb/>
über Weihers Dramenfolge zu unterschreiben, muß doch gegen solchen intoleranten<lb/>
Ausfall protestiert werden. Die &#x201E;Stimmen aus Mciria-Laach" möchten gern einen<lb/>
&#x201E;Giftzettel" an jedes der Heftchen geklebt haben, das in ihren Kram nicht paßt,<lb/>
oder eine speziell katholische Auswahl hergestellt wissen, die nach dem, was wir oben<lb/>
gelesen haben, die 5900 Bändchen voraussichtlich auf ein Minimum reduzieren müßte.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="advertisement">
                <p> Im^äelstem<lb/>
Krsucnt Iceine I^sssunx. ^.us &lt;jein xleicnen Lrun^e ver6en Lslem/^leilcuin-<lb/>
Lixsretten nur in einkscken Kartons rum Verlcsuke xebi-heut. ^Iles, oss su<lb/>
aler ^usststtunx xespsrt wirä, Icornint eier (juslitst dieser LiAsrstten?uxuts.<lb/>
Lslein ^leiKuin-Lixaretten: Keine ^usststtunx, nur Ouslitst:<lb/>
Ur. 3  4  5  K  S 10___k»&gt;-e&gt;s:   z'/y 4  S  K  8  10 k»fg. ki»8 LtüvK.</p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0164] Maßgebliches und Unmaßgebliches die Autoren vorbehalten sind, die die Männer aus Maria-Lauch zu den ihrigen zählen, dem katholischen Romanschriftsteller Paul Bourget und dem bekannten Pfarrer Hnnsjakob. Auch später heißt es nach einigem Lob: „Das alles vermag jedoch nicht darüber hinwegzutäuschen, daß neben Gutem oder Harmlosen auch massenhaft Schlechtes oder Irreleitendes allen Kreisen der Jugend, der Urteilslosen, der Ungebildeten unterschiedslos in die Hände gedrückt wird. Was sind auch ein paar Bändchen mit dem Namen Chateaubriands oder de Maistres, wenn lange Listen von Volney, Voltaire, Diderot, Rousseau, Musset, Manpassant, Renan und Zola daneben stehn. Es mag nicht unschädlich sein, wenn sich einmal ein Halbgebildeter in die Philosophie eines Leibniz oder Pufendorf verliert. Ob aber Schopenhauer oder Max Stirner, Feuerbach oder Hegel nicht große Verheerungen anrichten können in solchen Köpfen? Die Gestalten des deutschen Dichterparnasses, soweit sie für »Klassiker« oder für fashionable Berühmtheiten gelten, sind bekannt genug, nach ihren Licht- und Schatten¬ seiten; man mag einen Vorteil darin sehn, daß Reclani nur die Werke einzeln gibt, was immer eine große Auswahl mit sich bringt und manche üble oder minderwertige Ingredienzen der Gesamtausgaben von selber fernhält. Wenn Börne und Heine durch die roten Zwanzigpfennig-Hefte in den weitesten Kreisen volkstümlich gemacht und Rosegger über seinen sonstigen Massenabsatz hinaus noch massenhafter verbreitet wird, so bleibt wie bei andern anrüchigen Namen wenigstens der zweifelhafte Trost, daß es noch ungleich Schlechteres, Ungesünderes und Sittenverderbliches gibt, was statt dessen gleichfalls hätte verbreitet werden können. Daß aber ein Ausbund von Geschmacklosigkeit und Blasphemie wie die vier »Jesus«stücke von Karl Weiser haben Aufnahme finden können, bleibt ein Schandfleck und schließt die letzten matten Ent¬ schuldigungen aus, die man selbst für die Aufnahme von Wildes Salome geltend machen könnte." Ohne das überschwengliche Urteil des Professors Lehmann-Hohenberg über Weihers Dramenfolge zu unterschreiben, muß doch gegen solchen intoleranten Ausfall protestiert werden. Die „Stimmen aus Mciria-Laach" möchten gern einen „Giftzettel" an jedes der Heftchen geklebt haben, das in ihren Kram nicht paßt, oder eine speziell katholische Auswahl hergestellt wissen, die nach dem, was wir oben gelesen haben, die 5900 Bändchen voraussichtlich auf ein Minimum reduzieren müßte. Im^äelstem Krsucnt Iceine I^sssunx. ^.us <jein xleicnen Lrun^e ver6en Lslem/^leilcuin- Lixsretten nur in einkscken Kartons rum Verlcsuke xebi-heut. ^Iles, oss su aler ^usststtunx xespsrt wirä, Icornint eier (juslitst dieser LiAsrstten?uxuts. Lslein ^leiKuin-Lixaretten: Keine ^usststtunx, nur Ouslitst: Ur. 3 4 5 K S 10___k»>-e>s: z'/y 4 S K 8 10 k»fg. ki»8 LtüvK.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/164
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/164>, abgerufen am 18.05.2024.