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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen

pensionsfähiger Teuerungszulagen geschehen, die die Städte ihren Lehrern
unwiderruflich zubilligen können. Diese Teuerungszulagen werden natürlich
nach der Größe der Städte verschieden sein müssen; sie werden aber bei An¬
sehung der Pensionsbezüge, als nicht pensionsfähige Zulagen, außer Ansatz
bleiben müssen. Dies letzte deshalb, weil an der Gleichstellung aller Lehrer
in ihren Pensionen festzuhalten ist. Und weiter werden diese Teuerungs¬
zulagen in ihrem Maximum gesetzlich zu limitieren sein, um dem "Sichüber¬
bieten" der Städte in diesen Zulagen, der allseitig beklagten "Schraube ohne
Ende" eine Grenze zu setzen.

Mit dem Grundsatz der Gleichstellung aller Volksschullehrer und -lehrerinnen
in ihrem pensionsfähigen Diensteinkommen eng verbunden ist die Forderung:
Allen die gleiche Pension je nach ihrem Dienstalter!

Zurzeit steht die Sache so. daß der Stadtlehrer eine bei weitem höhere
Pension im Ruhestande bezieht als der Landlehrer, weil sein pensionsfähiges
Diensteinkommen bei weitem höher ist als das des Landlehrers. Das ist eine
Ungerechtigkeit, die mit Recht bitter von den Landschullehrern empfunden wird.
Haben beide, der Lehrer in der Stadt wie der Lehrer auf dem Lande, nicht
die gleichen Pflichten zu erfüllen? Tragen sie nicht die gleiche Verantwortung,
die gleichen Mühen und Lasten ihres Berufs? Man denke sich zwei fünfund¬
sechzig Jahre alte Volksschullehrer, die ihren Ruhestand in einer Landstadt,
vielleicht in demselben Hause, verleben. Der eine hat fünfundvierzig Jahre
lang die Dorfjugend, der andre fünfundvierzig Jahre lang die Stadtjugend
erzogen; beide sind alt und gran und müde geworden in der Erfüllung
gleicher Staatspflichten. Nun hat nach dem gegenwärtigen Lehrerpensions¬
gesetz der ehemalige Stadtschullehrer eine bedeutend höhere Pension als sein
Kollege, der ehemalige Landschullehrer. Der Unterschied in den Pensions¬
bezügen beider kann bis 1200 Mark jährlich betragen. Welche Härte, welche
Ungerechtigkeit für den Landschullehrer! Nein, alle Volksschullehrer, ob
städtische oder ländliche, sollen dieselbe Pension erhalten, bei deren Berechnung
das aus Grundgehalt und Alterszulagen bestehende Diensteinkommen zugrunde
zu legen ist. Der Wert der Dienstwohnung oder die Mietentschädigung, die
zurzeit mit bei der Festsetzung der Pension berücksichtigt werden, muß in Zu¬
kunft außer Betracht bleiben, da sonst die nun einmal zu vermeidende Ver¬
schiedenheit in den Pensionssätzen entstehn würde. Um nun aber die so ver¬
kürzte Pension auf ihre frühere Höhe zu bringen, erhalten alle Volksschullehrer
und -lehrerinnen bei ihrer Pensionierung einen gesetzlich zu fixierenden nach
Prozenten ihrer Pension zu berechnenden Pensionszuschuß, etwa so, daß nach
zehnjähriger Dienstzeit ein Pensionszuschuß von 5 Prozent der Pension ge¬
währt wird, und daß dieser alsdann von Jahr zu Jahr um 1 Prozent steigt
bis zu einem Maximum von 25 Prozent.

2. Die Volksschullehrer und -lehrerinnen sollen nach Vollendung des
fünfundzwanzigsten, spätestens des dreißigsten Dienstjahres in das Maximum


Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen

pensionsfähiger Teuerungszulagen geschehen, die die Städte ihren Lehrern
unwiderruflich zubilligen können. Diese Teuerungszulagen werden natürlich
nach der Größe der Städte verschieden sein müssen; sie werden aber bei An¬
sehung der Pensionsbezüge, als nicht pensionsfähige Zulagen, außer Ansatz
bleiben müssen. Dies letzte deshalb, weil an der Gleichstellung aller Lehrer
in ihren Pensionen festzuhalten ist. Und weiter werden diese Teuerungs¬
zulagen in ihrem Maximum gesetzlich zu limitieren sein, um dem „Sichüber¬
bieten" der Städte in diesen Zulagen, der allseitig beklagten „Schraube ohne
Ende" eine Grenze zu setzen.

Mit dem Grundsatz der Gleichstellung aller Volksschullehrer und -lehrerinnen
in ihrem pensionsfähigen Diensteinkommen eng verbunden ist die Forderung:
Allen die gleiche Pension je nach ihrem Dienstalter!

Zurzeit steht die Sache so. daß der Stadtlehrer eine bei weitem höhere
Pension im Ruhestande bezieht als der Landlehrer, weil sein pensionsfähiges
Diensteinkommen bei weitem höher ist als das des Landlehrers. Das ist eine
Ungerechtigkeit, die mit Recht bitter von den Landschullehrern empfunden wird.
Haben beide, der Lehrer in der Stadt wie der Lehrer auf dem Lande, nicht
die gleichen Pflichten zu erfüllen? Tragen sie nicht die gleiche Verantwortung,
die gleichen Mühen und Lasten ihres Berufs? Man denke sich zwei fünfund¬
sechzig Jahre alte Volksschullehrer, die ihren Ruhestand in einer Landstadt,
vielleicht in demselben Hause, verleben. Der eine hat fünfundvierzig Jahre
lang die Dorfjugend, der andre fünfundvierzig Jahre lang die Stadtjugend
erzogen; beide sind alt und gran und müde geworden in der Erfüllung
gleicher Staatspflichten. Nun hat nach dem gegenwärtigen Lehrerpensions¬
gesetz der ehemalige Stadtschullehrer eine bedeutend höhere Pension als sein
Kollege, der ehemalige Landschullehrer. Der Unterschied in den Pensions¬
bezügen beider kann bis 1200 Mark jährlich betragen. Welche Härte, welche
Ungerechtigkeit für den Landschullehrer! Nein, alle Volksschullehrer, ob
städtische oder ländliche, sollen dieselbe Pension erhalten, bei deren Berechnung
das aus Grundgehalt und Alterszulagen bestehende Diensteinkommen zugrunde
zu legen ist. Der Wert der Dienstwohnung oder die Mietentschädigung, die
zurzeit mit bei der Festsetzung der Pension berücksichtigt werden, muß in Zu¬
kunft außer Betracht bleiben, da sonst die nun einmal zu vermeidende Ver¬
schiedenheit in den Pensionssätzen entstehn würde. Um nun aber die so ver¬
kürzte Pension auf ihre frühere Höhe zu bringen, erhalten alle Volksschullehrer
und -lehrerinnen bei ihrer Pensionierung einen gesetzlich zu fixierenden nach
Prozenten ihrer Pension zu berechnenden Pensionszuschuß, etwa so, daß nach
zehnjähriger Dienstzeit ein Pensionszuschuß von 5 Prozent der Pension ge¬
währt wird, und daß dieser alsdann von Jahr zu Jahr um 1 Prozent steigt
bis zu einem Maximum von 25 Prozent.

2. Die Volksschullehrer und -lehrerinnen sollen nach Vollendung des
fünfundzwanzigsten, spätestens des dreißigsten Dienstjahres in das Maximum


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[0024] Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen pensionsfähiger Teuerungszulagen geschehen, die die Städte ihren Lehrern unwiderruflich zubilligen können. Diese Teuerungszulagen werden natürlich nach der Größe der Städte verschieden sein müssen; sie werden aber bei An¬ sehung der Pensionsbezüge, als nicht pensionsfähige Zulagen, außer Ansatz bleiben müssen. Dies letzte deshalb, weil an der Gleichstellung aller Lehrer in ihren Pensionen festzuhalten ist. Und weiter werden diese Teuerungs¬ zulagen in ihrem Maximum gesetzlich zu limitieren sein, um dem „Sichüber¬ bieten" der Städte in diesen Zulagen, der allseitig beklagten „Schraube ohne Ende" eine Grenze zu setzen. Mit dem Grundsatz der Gleichstellung aller Volksschullehrer und -lehrerinnen in ihrem pensionsfähigen Diensteinkommen eng verbunden ist die Forderung: Allen die gleiche Pension je nach ihrem Dienstalter! Zurzeit steht die Sache so. daß der Stadtlehrer eine bei weitem höhere Pension im Ruhestande bezieht als der Landlehrer, weil sein pensionsfähiges Diensteinkommen bei weitem höher ist als das des Landlehrers. Das ist eine Ungerechtigkeit, die mit Recht bitter von den Landschullehrern empfunden wird. Haben beide, der Lehrer in der Stadt wie der Lehrer auf dem Lande, nicht die gleichen Pflichten zu erfüllen? Tragen sie nicht die gleiche Verantwortung, die gleichen Mühen und Lasten ihres Berufs? Man denke sich zwei fünfund¬ sechzig Jahre alte Volksschullehrer, die ihren Ruhestand in einer Landstadt, vielleicht in demselben Hause, verleben. Der eine hat fünfundvierzig Jahre lang die Dorfjugend, der andre fünfundvierzig Jahre lang die Stadtjugend erzogen; beide sind alt und gran und müde geworden in der Erfüllung gleicher Staatspflichten. Nun hat nach dem gegenwärtigen Lehrerpensions¬ gesetz der ehemalige Stadtschullehrer eine bedeutend höhere Pension als sein Kollege, der ehemalige Landschullehrer. Der Unterschied in den Pensions¬ bezügen beider kann bis 1200 Mark jährlich betragen. Welche Härte, welche Ungerechtigkeit für den Landschullehrer! Nein, alle Volksschullehrer, ob städtische oder ländliche, sollen dieselbe Pension erhalten, bei deren Berechnung das aus Grundgehalt und Alterszulagen bestehende Diensteinkommen zugrunde zu legen ist. Der Wert der Dienstwohnung oder die Mietentschädigung, die zurzeit mit bei der Festsetzung der Pension berücksichtigt werden, muß in Zu¬ kunft außer Betracht bleiben, da sonst die nun einmal zu vermeidende Ver¬ schiedenheit in den Pensionssätzen entstehn würde. Um nun aber die so ver¬ kürzte Pension auf ihre frühere Höhe zu bringen, erhalten alle Volksschullehrer und -lehrerinnen bei ihrer Pensionierung einen gesetzlich zu fixierenden nach Prozenten ihrer Pension zu berechnenden Pensionszuschuß, etwa so, daß nach zehnjähriger Dienstzeit ein Pensionszuschuß von 5 Prozent der Pension ge¬ währt wird, und daß dieser alsdann von Jahr zu Jahr um 1 Prozent steigt bis zu einem Maximum von 25 Prozent. 2. Die Volksschullehrer und -lehrerinnen sollen nach Vollendung des fünfundzwanzigsten, spätestens des dreißigsten Dienstjahres in das Maximum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/24>, abgerufen am 22.05.2024.