Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Internationale Telegraphenverein

oder durch längere Kabel verbundnen Länder ergibt in dem Mehr von
7^/2 Centimes eine Vergütung für die Transitleistungen oder für Kabelaus¬
lagen. Eine Mindestgebühr für jedes Telegramm erscheint gerechtfertigt, weil
mit jedem Telegramm, abgesehen von seiner Länge, eine bestimmte Leistung
verbunden ist, die einen Anspruch auf Vergütung begründet. Die Abrechnung
zwischen Abgangs- und Ankunftsland fällt weg; jede Verwaltung behält
vielmehr die von ihr erhobnen Gebühren. Das Abgangsland hat jedoch an
das etwaige Zwischenland eine Transitgebühr von 50 Centimes für jedes
Telegramm zu zahlen. Die Einzelberechnung unterbleibt auch hier; der zu
zahlenden Pauschsumme wird das Verkehrsergebnis eines Tages in jedem
Monat zugrunde gelegt.

Die Lissaboner Konferenz ist auseinandergegangen, ohne in diesem Tarif-
reformwerk vorwärts gekommen zu sein. Das muß im Interesse der internationalen
Verkehrseinheit beklagt werden. Es ist doch offenbar, daß sich der Haupt¬
verkehr des Telegraphen im eignen Lande nur mit den naheliegenden Ländern
abwickelt, und daß die Einnahmen aus diesem Verkehr die allgemeine finanzielle
Grundlage der Telegraphenverwaltungen bilden. Da der Verkehr auf weitere
Entfernungen für die Finanzen einer Verwaltung nicht besonders ins Gewicht
fällt, ist die Möglichkeit gegeben, im Interesse des allgemeinen Vermittlungs¬
bedürfnisses und im Interesse der Vereinfachung die entferntem Verkehrs¬
beziehungen von besondern Gebührenerhöhungen zu befreien. Mit der kalku¬
latorischen Gewissenhaftigkeit, die es nicht verträgt, daß ein Telegramm von
Warschau nach Basel soviel kosten soll wie ein Telegramm von Petersburg
"ach Lissabon, hat das Tarifwesen des modernen Verkehrs zum größten Teil
schon längst gebrochen. Wer sich damit abfinden kann, daß ein Telegramm
Mischen Königsberg und Metz zu demselben Preise befördert wird wie
zwischen Berlin und Brandenburg, der braucht auch keine Scheu zu tragen,
"och einen Schritt weiter zu tun. Zu diesem Schritt muß auch der inter¬
nationale Teleqraphenvcrein die innere Kraft finden und die ängstlich wider¬
strebenden in den Bann der Idee zwingen, daß die Gemeinsamkeit der
Verkehrsinteressen aller zivilisierten Völker vor den kleinen Interessen des
einzelnen stehn.

Rascher und glatter als auf dem Gebiete des Tarif- und Abrechnungs-
wesens sind die Arbeiten der Telegraphenkonferenzen auf dem Verwaltungs¬
und technischen Gebiete des internationalen Telegraphendienstes vorwärts
geschritten. Hier ist im innern und im internationalen Verkehr ,n der
Hauptsache eine vollständige Gleichmäßigkeit erreicht worden. So wichtig diese
Gleichmäßigkeit in der Benutzungsweise der Telegraphen für die Verwaltungen
und für das telegraphierende Publikum auch ist. auf Einzelheiten kann hier
'Acht eingegangen werden. Die Bedürfnisse des öffentlichen Lebens entwickeln
fortlaufend neue Formen und Gestaltungen und verlangen in ihren Be¬
ziehungen zum Nachrichtenschnellverkehr ein beobachtendes Auge. Aus dem


Der Internationale Telegraphenverein

oder durch längere Kabel verbundnen Länder ergibt in dem Mehr von
7^/2 Centimes eine Vergütung für die Transitleistungen oder für Kabelaus¬
lagen. Eine Mindestgebühr für jedes Telegramm erscheint gerechtfertigt, weil
mit jedem Telegramm, abgesehen von seiner Länge, eine bestimmte Leistung
verbunden ist, die einen Anspruch auf Vergütung begründet. Die Abrechnung
zwischen Abgangs- und Ankunftsland fällt weg; jede Verwaltung behält
vielmehr die von ihr erhobnen Gebühren. Das Abgangsland hat jedoch an
das etwaige Zwischenland eine Transitgebühr von 50 Centimes für jedes
Telegramm zu zahlen. Die Einzelberechnung unterbleibt auch hier; der zu
zahlenden Pauschsumme wird das Verkehrsergebnis eines Tages in jedem
Monat zugrunde gelegt.

Die Lissaboner Konferenz ist auseinandergegangen, ohne in diesem Tarif-
reformwerk vorwärts gekommen zu sein. Das muß im Interesse der internationalen
Verkehrseinheit beklagt werden. Es ist doch offenbar, daß sich der Haupt¬
verkehr des Telegraphen im eignen Lande nur mit den naheliegenden Ländern
abwickelt, und daß die Einnahmen aus diesem Verkehr die allgemeine finanzielle
Grundlage der Telegraphenverwaltungen bilden. Da der Verkehr auf weitere
Entfernungen für die Finanzen einer Verwaltung nicht besonders ins Gewicht
fällt, ist die Möglichkeit gegeben, im Interesse des allgemeinen Vermittlungs¬
bedürfnisses und im Interesse der Vereinfachung die entferntem Verkehrs¬
beziehungen von besondern Gebührenerhöhungen zu befreien. Mit der kalku¬
latorischen Gewissenhaftigkeit, die es nicht verträgt, daß ein Telegramm von
Warschau nach Basel soviel kosten soll wie ein Telegramm von Petersburg
«ach Lissabon, hat das Tarifwesen des modernen Verkehrs zum größten Teil
schon längst gebrochen. Wer sich damit abfinden kann, daß ein Telegramm
Mischen Königsberg und Metz zu demselben Preise befördert wird wie
zwischen Berlin und Brandenburg, der braucht auch keine Scheu zu tragen,
"och einen Schritt weiter zu tun. Zu diesem Schritt muß auch der inter¬
nationale Teleqraphenvcrein die innere Kraft finden und die ängstlich wider¬
strebenden in den Bann der Idee zwingen, daß die Gemeinsamkeit der
Verkehrsinteressen aller zivilisierten Völker vor den kleinen Interessen des
einzelnen stehn.

Rascher und glatter als auf dem Gebiete des Tarif- und Abrechnungs-
wesens sind die Arbeiten der Telegraphenkonferenzen auf dem Verwaltungs¬
und technischen Gebiete des internationalen Telegraphendienstes vorwärts
geschritten. Hier ist im innern und im internationalen Verkehr ,n der
Hauptsache eine vollständige Gleichmäßigkeit erreicht worden. So wichtig diese
Gleichmäßigkeit in der Benutzungsweise der Telegraphen für die Verwaltungen
und für das telegraphierende Publikum auch ist. auf Einzelheiten kann hier
'Acht eingegangen werden. Die Bedürfnisse des öffentlichen Lebens entwickeln
fortlaufend neue Formen und Gestaltungen und verlangen in ihren Be¬
ziehungen zum Nachrichtenschnellverkehr ein beobachtendes Auge. Aus dem


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0423" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310834"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Internationale Telegraphenverein</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2371" prev="#ID_2370"> oder durch längere Kabel verbundnen Länder ergibt in dem Mehr von<lb/>
7^/2 Centimes eine Vergütung für die Transitleistungen oder für Kabelaus¬<lb/>
lagen. Eine Mindestgebühr für jedes Telegramm erscheint gerechtfertigt, weil<lb/>
mit jedem Telegramm, abgesehen von seiner Länge, eine bestimmte Leistung<lb/>
verbunden ist, die einen Anspruch auf Vergütung begründet. Die Abrechnung<lb/>
zwischen Abgangs- und Ankunftsland fällt weg; jede Verwaltung behält<lb/>
vielmehr die von ihr erhobnen Gebühren. Das Abgangsland hat jedoch an<lb/>
das etwaige Zwischenland eine Transitgebühr von 50 Centimes für jedes<lb/>
Telegramm zu zahlen. Die Einzelberechnung unterbleibt auch hier; der zu<lb/>
zahlenden Pauschsumme wird das Verkehrsergebnis eines Tages in jedem<lb/>
Monat zugrunde gelegt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2372"> Die Lissaboner Konferenz ist auseinandergegangen, ohne in diesem Tarif-<lb/>
reformwerk vorwärts gekommen zu sein. Das muß im Interesse der internationalen<lb/>
Verkehrseinheit beklagt werden. Es ist doch offenbar, daß sich der Haupt¬<lb/>
verkehr des Telegraphen im eignen Lande nur mit den naheliegenden Ländern<lb/>
abwickelt, und daß die Einnahmen aus diesem Verkehr die allgemeine finanzielle<lb/>
Grundlage der Telegraphenverwaltungen bilden. Da der Verkehr auf weitere<lb/>
Entfernungen für die Finanzen einer Verwaltung nicht besonders ins Gewicht<lb/>
fällt, ist die Möglichkeit gegeben, im Interesse des allgemeinen Vermittlungs¬<lb/>
bedürfnisses und im Interesse der Vereinfachung die entferntem Verkehrs¬<lb/>
beziehungen von besondern Gebührenerhöhungen zu befreien. Mit der kalku¬<lb/>
latorischen Gewissenhaftigkeit, die es nicht verträgt, daß ein Telegramm von<lb/>
Warschau nach Basel soviel kosten soll wie ein Telegramm von Petersburg<lb/>
«ach Lissabon, hat das Tarifwesen des modernen Verkehrs zum größten Teil<lb/>
schon längst gebrochen. Wer sich damit abfinden kann, daß ein Telegramm<lb/>
Mischen Königsberg und Metz zu demselben Preise befördert wird wie<lb/>
zwischen Berlin und Brandenburg, der braucht auch keine Scheu zu tragen,<lb/>
"och einen Schritt weiter zu tun. Zu diesem Schritt muß auch der inter¬<lb/>
nationale Teleqraphenvcrein die innere Kraft finden und die ängstlich wider¬<lb/>
strebenden in den Bann der Idee zwingen, daß die Gemeinsamkeit der<lb/>
Verkehrsinteressen aller zivilisierten Völker vor den kleinen Interessen des<lb/>
einzelnen stehn.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2373" next="#ID_2374"> Rascher und glatter als auf dem Gebiete des Tarif- und Abrechnungs-<lb/>
wesens sind die Arbeiten der Telegraphenkonferenzen auf dem Verwaltungs¬<lb/>
und technischen Gebiete des internationalen Telegraphendienstes vorwärts<lb/>
geschritten. Hier ist im innern und im internationalen Verkehr ,n der<lb/>
Hauptsache eine vollständige Gleichmäßigkeit erreicht worden. So wichtig diese<lb/>
Gleichmäßigkeit in der Benutzungsweise der Telegraphen für die Verwaltungen<lb/>
und für das telegraphierende Publikum auch ist. auf Einzelheiten kann hier<lb/>
'Acht eingegangen werden. Die Bedürfnisse des öffentlichen Lebens entwickeln<lb/>
fortlaufend neue Formen und Gestaltungen und verlangen in ihren Be¬<lb/>
ziehungen zum Nachrichtenschnellverkehr ein beobachtendes Auge. Aus dem</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0423] Der Internationale Telegraphenverein oder durch längere Kabel verbundnen Länder ergibt in dem Mehr von 7^/2 Centimes eine Vergütung für die Transitleistungen oder für Kabelaus¬ lagen. Eine Mindestgebühr für jedes Telegramm erscheint gerechtfertigt, weil mit jedem Telegramm, abgesehen von seiner Länge, eine bestimmte Leistung verbunden ist, die einen Anspruch auf Vergütung begründet. Die Abrechnung zwischen Abgangs- und Ankunftsland fällt weg; jede Verwaltung behält vielmehr die von ihr erhobnen Gebühren. Das Abgangsland hat jedoch an das etwaige Zwischenland eine Transitgebühr von 50 Centimes für jedes Telegramm zu zahlen. Die Einzelberechnung unterbleibt auch hier; der zu zahlenden Pauschsumme wird das Verkehrsergebnis eines Tages in jedem Monat zugrunde gelegt. Die Lissaboner Konferenz ist auseinandergegangen, ohne in diesem Tarif- reformwerk vorwärts gekommen zu sein. Das muß im Interesse der internationalen Verkehrseinheit beklagt werden. Es ist doch offenbar, daß sich der Haupt¬ verkehr des Telegraphen im eignen Lande nur mit den naheliegenden Ländern abwickelt, und daß die Einnahmen aus diesem Verkehr die allgemeine finanzielle Grundlage der Telegraphenverwaltungen bilden. Da der Verkehr auf weitere Entfernungen für die Finanzen einer Verwaltung nicht besonders ins Gewicht fällt, ist die Möglichkeit gegeben, im Interesse des allgemeinen Vermittlungs¬ bedürfnisses und im Interesse der Vereinfachung die entferntem Verkehrs¬ beziehungen von besondern Gebührenerhöhungen zu befreien. Mit der kalku¬ latorischen Gewissenhaftigkeit, die es nicht verträgt, daß ein Telegramm von Warschau nach Basel soviel kosten soll wie ein Telegramm von Petersburg «ach Lissabon, hat das Tarifwesen des modernen Verkehrs zum größten Teil schon längst gebrochen. Wer sich damit abfinden kann, daß ein Telegramm Mischen Königsberg und Metz zu demselben Preise befördert wird wie zwischen Berlin und Brandenburg, der braucht auch keine Scheu zu tragen, "och einen Schritt weiter zu tun. Zu diesem Schritt muß auch der inter¬ nationale Teleqraphenvcrein die innere Kraft finden und die ängstlich wider¬ strebenden in den Bann der Idee zwingen, daß die Gemeinsamkeit der Verkehrsinteressen aller zivilisierten Völker vor den kleinen Interessen des einzelnen stehn. Rascher und glatter als auf dem Gebiete des Tarif- und Abrechnungs- wesens sind die Arbeiten der Telegraphenkonferenzen auf dem Verwaltungs¬ und technischen Gebiete des internationalen Telegraphendienstes vorwärts geschritten. Hier ist im innern und im internationalen Verkehr ,n der Hauptsache eine vollständige Gleichmäßigkeit erreicht worden. So wichtig diese Gleichmäßigkeit in der Benutzungsweise der Telegraphen für die Verwaltungen und für das telegraphierende Publikum auch ist. auf Einzelheiten kann hier 'Acht eingegangen werden. Die Bedürfnisse des öffentlichen Lebens entwickeln fortlaufend neue Formen und Gestaltungen und verlangen in ihren Be¬ ziehungen zum Nachrichtenschnellverkehr ein beobachtendes Auge. Aus dem

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/423
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/423>, abgerufen am 22.05.2024.