Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

tun einem starken Rückschlag in dem nicht sozialdemokratisch beeinflußten Teil der
öffentlichen Meinung enden würde. Denn so stark auch in sonst loyalen Kreisen
die Erregung gegen den Kaiser sein mochte, der Weg von diesen Sorgen und
dieser Unzufriedenheit zu einem Vertrauensvotum für den Reichstag war doch
immer noch sehr weit; selbst der verbitterte und angeärgerte deutsche Reichsbürger
wird doch, wenn er die Wahl hat zwischen einem selbständigen und autoritativen
Kaisertum auf der einen Seite und einem Scheinkaisertum unter dem Schatten des
Reichstags auf der andern, für die Rechte des Kaisers eintreten.

Für die freisinnigen Parteien blieb unter diesen Umständen nur der Ausweg,
an den schon in der Verfassung enthaltnen Begriff der Verantwortlichkeit des
Reichskanzlers anzuknüpfen und diesen Begriff weiter auszubauen und zu erläutern.
Es ist schon in den Anfängen der deutschen Reichsverfassung die Frage aufge¬
worfen worden, ob es nicht ratsam sei, über die Verantwortlichkeit des Reichs¬
kanzlers nähere Bestimmungen zu treffen, nötigenfalls in einem besondern Gesetz.
Damals ist mau sehr bald davon zurückgekommen, weil man die allgemeine Fest¬
stellung der politischen Verantwortlichkeit des höchsten Reichsbeamten für praktischer
und dem Charakter der Reichseinrichtungen angemessner hielt, als die Anerkennung
und weitergehende Ausgestaltung einer politischen und juristischen Haftbarkeit, die
den Reichskanzler in eine ganz andre Stellung rückt, als ursprünglich geplant war,
und leicht zur Folge habe" könnte, daß als Voraussetzung für diese umfassende
Verantwortlichkeit eiues einzigen Reichsministers das Vorhandensein einer ent¬
sprechenden souveränen monarchischen Gewalt im Reiche angesehen wird. Das würde
mit andern Worten die Herabdrückung des Bundesrath zu einer Art von Ober¬
haus und die Erhebung des Kaisers zu einem über den deutschen Fürsten stehenden
lSouverän bedeuten. Das entspricht aber nicht der Reichsverfassung, wonach
die Souveränität des Reichs bei der Gesamtheit der Verbündeten Regierungen liegt
und der Kaiser nur "das Präsidium" dieses Bundes darstellt, allerdings ausge¬
stattet mit den persönlichen Rechten und Befugnissen, die im gemeinsamen Interesse
aller Bundesglieder und um der Vertretung des Reichs nach außen willen nicht
einer Kollektiventscheidung überantwortet werden können. Für diese Verhältnisse
genügt es allerdings, wenn für den ersten preußischen Bevollmächtigten zum
Bundesrat, der den Vorsitz führt und die Ausführung der Reichsgesetze zu ver¬
mitteln hat -- das ist der Reichskanzler ursprünglich --, eine allgemeine Ver¬
antwortlichkeit gegenüber den gesetzgebenden Gewalten des Reichs festgelegt wird.

Es ist nicht zu leugne", daß sich die Verhältnisse im Laufe der Entwicklung
etwas verschoben haben, obwohl die Reichsverfassung in dieser Beziehung unver¬
ändert geblieben ist. Im Volksbewußtsein ist der Kaiser mehr als "das Präsidium"
einer Bundesregierung,' man fragt nicht nach staatsrechtlichen Feinheiten, sondern
hält sich, da sich das Reich als staatliche Form eines einheitlich empfindenden
Volks völlig eingelebt hat, an die einfache Tatsache, daß der Kaiser der monarchische
Repräsentant dieses Reichs ist, mag er viel oder wenig Rechte haben. Wenn so
auf der einen Seite die Idee des Kaisertums tiefe Wurzeln geschlagen hat, so ist
auf der andern Seite die zur Zeit der Reichsgründung ziemlich starke unitarische
Strömung jetzt völlig bedeutungslos geworden. Sie hat einem ausgesprochnen
Föderalismus Platz gemacht -- so sehr, daß manchem reichstreuen Manne ge¬
legentlich schon die Sorge aufgestiege" ist, ob nicht das Wiedererstarken eines mit¬
unter sogar recht schroffen Partikularismus dem Reichsgedanken Gefahr drohe.
Diese Sorge scheint uns auf einem Mißverständnis des deutschen Volkscharakters
zu beruhen. Aber mit der Tatsache müssen wir allerdings rechnen, daß die Ent¬
wicklung des Reichs nicht die Richtung nehmen wird, die vor vierzig Jahren von
zahlreichen Vorkämpfern der deutschen Einheit erhofft wurde, daß es sich nicht


Maßgebliches und Unmaßgebliches

tun einem starken Rückschlag in dem nicht sozialdemokratisch beeinflußten Teil der
öffentlichen Meinung enden würde. Denn so stark auch in sonst loyalen Kreisen
die Erregung gegen den Kaiser sein mochte, der Weg von diesen Sorgen und
dieser Unzufriedenheit zu einem Vertrauensvotum für den Reichstag war doch
immer noch sehr weit; selbst der verbitterte und angeärgerte deutsche Reichsbürger
wird doch, wenn er die Wahl hat zwischen einem selbständigen und autoritativen
Kaisertum auf der einen Seite und einem Scheinkaisertum unter dem Schatten des
Reichstags auf der andern, für die Rechte des Kaisers eintreten.

Für die freisinnigen Parteien blieb unter diesen Umständen nur der Ausweg,
an den schon in der Verfassung enthaltnen Begriff der Verantwortlichkeit des
Reichskanzlers anzuknüpfen und diesen Begriff weiter auszubauen und zu erläutern.
Es ist schon in den Anfängen der deutschen Reichsverfassung die Frage aufge¬
worfen worden, ob es nicht ratsam sei, über die Verantwortlichkeit des Reichs¬
kanzlers nähere Bestimmungen zu treffen, nötigenfalls in einem besondern Gesetz.
Damals ist mau sehr bald davon zurückgekommen, weil man die allgemeine Fest¬
stellung der politischen Verantwortlichkeit des höchsten Reichsbeamten für praktischer
und dem Charakter der Reichseinrichtungen angemessner hielt, als die Anerkennung
und weitergehende Ausgestaltung einer politischen und juristischen Haftbarkeit, die
den Reichskanzler in eine ganz andre Stellung rückt, als ursprünglich geplant war,
und leicht zur Folge habe» könnte, daß als Voraussetzung für diese umfassende
Verantwortlichkeit eiues einzigen Reichsministers das Vorhandensein einer ent¬
sprechenden souveränen monarchischen Gewalt im Reiche angesehen wird. Das würde
mit andern Worten die Herabdrückung des Bundesrath zu einer Art von Ober¬
haus und die Erhebung des Kaisers zu einem über den deutschen Fürsten stehenden
lSouverän bedeuten. Das entspricht aber nicht der Reichsverfassung, wonach
die Souveränität des Reichs bei der Gesamtheit der Verbündeten Regierungen liegt
und der Kaiser nur „das Präsidium" dieses Bundes darstellt, allerdings ausge¬
stattet mit den persönlichen Rechten und Befugnissen, die im gemeinsamen Interesse
aller Bundesglieder und um der Vertretung des Reichs nach außen willen nicht
einer Kollektiventscheidung überantwortet werden können. Für diese Verhältnisse
genügt es allerdings, wenn für den ersten preußischen Bevollmächtigten zum
Bundesrat, der den Vorsitz führt und die Ausführung der Reichsgesetze zu ver¬
mitteln hat — das ist der Reichskanzler ursprünglich —, eine allgemeine Ver¬
antwortlichkeit gegenüber den gesetzgebenden Gewalten des Reichs festgelegt wird.

Es ist nicht zu leugne», daß sich die Verhältnisse im Laufe der Entwicklung
etwas verschoben haben, obwohl die Reichsverfassung in dieser Beziehung unver¬
ändert geblieben ist. Im Volksbewußtsein ist der Kaiser mehr als „das Präsidium"
einer Bundesregierung,' man fragt nicht nach staatsrechtlichen Feinheiten, sondern
hält sich, da sich das Reich als staatliche Form eines einheitlich empfindenden
Volks völlig eingelebt hat, an die einfache Tatsache, daß der Kaiser der monarchische
Repräsentant dieses Reichs ist, mag er viel oder wenig Rechte haben. Wenn so
auf der einen Seite die Idee des Kaisertums tiefe Wurzeln geschlagen hat, so ist
auf der andern Seite die zur Zeit der Reichsgründung ziemlich starke unitarische
Strömung jetzt völlig bedeutungslos geworden. Sie hat einem ausgesprochnen
Föderalismus Platz gemacht — so sehr, daß manchem reichstreuen Manne ge¬
legentlich schon die Sorge aufgestiege» ist, ob nicht das Wiedererstarken eines mit¬
unter sogar recht schroffen Partikularismus dem Reichsgedanken Gefahr drohe.
Diese Sorge scheint uns auf einem Mißverständnis des deutschen Volkscharakters
zu beruhen. Aber mit der Tatsache müssen wir allerdings rechnen, daß die Ent¬
wicklung des Reichs nicht die Richtung nehmen wird, die vor vierzig Jahren von
zahlreichen Vorkämpfern der deutschen Einheit erhofft wurde, daß es sich nicht


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0560" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310971"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2972" prev="#ID_2971"> tun einem starken Rückschlag in dem nicht sozialdemokratisch beeinflußten Teil der<lb/>
öffentlichen Meinung enden würde. Denn so stark auch in sonst loyalen Kreisen<lb/>
die Erregung gegen den Kaiser sein mochte, der Weg von diesen Sorgen und<lb/>
dieser Unzufriedenheit zu einem Vertrauensvotum für den Reichstag war doch<lb/>
immer noch sehr weit; selbst der verbitterte und angeärgerte deutsche Reichsbürger<lb/>
wird doch, wenn er die Wahl hat zwischen einem selbständigen und autoritativen<lb/>
Kaisertum auf der einen Seite und einem Scheinkaisertum unter dem Schatten des<lb/>
Reichstags auf der andern, für die Rechte des Kaisers eintreten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2973"> Für die freisinnigen Parteien blieb unter diesen Umständen nur der Ausweg,<lb/>
an den schon in der Verfassung enthaltnen Begriff der Verantwortlichkeit des<lb/>
Reichskanzlers anzuknüpfen und diesen Begriff weiter auszubauen und zu erläutern.<lb/>
Es ist schon in den Anfängen der deutschen Reichsverfassung die Frage aufge¬<lb/>
worfen worden, ob es nicht ratsam sei, über die Verantwortlichkeit des Reichs¬<lb/>
kanzlers nähere Bestimmungen zu treffen, nötigenfalls in einem besondern Gesetz.<lb/>
Damals ist mau sehr bald davon zurückgekommen, weil man die allgemeine Fest¬<lb/>
stellung der politischen Verantwortlichkeit des höchsten Reichsbeamten für praktischer<lb/>
und dem Charakter der Reichseinrichtungen angemessner hielt, als die Anerkennung<lb/>
und weitergehende Ausgestaltung einer politischen und juristischen Haftbarkeit, die<lb/>
den Reichskanzler in eine ganz andre Stellung rückt, als ursprünglich geplant war,<lb/>
und leicht zur Folge habe» könnte, daß als Voraussetzung für diese umfassende<lb/>
Verantwortlichkeit eiues einzigen Reichsministers das Vorhandensein einer ent¬<lb/>
sprechenden souveränen monarchischen Gewalt im Reiche angesehen wird. Das würde<lb/>
mit andern Worten die Herabdrückung des Bundesrath zu einer Art von Ober¬<lb/>
haus und die Erhebung des Kaisers zu einem über den deutschen Fürsten stehenden<lb/>
lSouverän bedeuten. Das entspricht aber nicht der Reichsverfassung, wonach<lb/>
die Souveränität des Reichs bei der Gesamtheit der Verbündeten Regierungen liegt<lb/>
und der Kaiser nur &#x201E;das Präsidium" dieses Bundes darstellt, allerdings ausge¬<lb/>
stattet mit den persönlichen Rechten und Befugnissen, die im gemeinsamen Interesse<lb/>
aller Bundesglieder und um der Vertretung des Reichs nach außen willen nicht<lb/>
einer Kollektiventscheidung überantwortet werden können. Für diese Verhältnisse<lb/>
genügt es allerdings, wenn für den ersten preußischen Bevollmächtigten zum<lb/>
Bundesrat, der den Vorsitz führt und die Ausführung der Reichsgesetze zu ver¬<lb/>
mitteln hat &#x2014; das ist der Reichskanzler ursprünglich &#x2014;, eine allgemeine Ver¬<lb/>
antwortlichkeit gegenüber den gesetzgebenden Gewalten des Reichs festgelegt wird.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2974" next="#ID_2975"> Es ist nicht zu leugne», daß sich die Verhältnisse im Laufe der Entwicklung<lb/>
etwas verschoben haben, obwohl die Reichsverfassung in dieser Beziehung unver¬<lb/>
ändert geblieben ist. Im Volksbewußtsein ist der Kaiser mehr als &#x201E;das Präsidium"<lb/>
einer Bundesregierung,' man fragt nicht nach staatsrechtlichen Feinheiten, sondern<lb/>
hält sich, da sich das Reich als staatliche Form eines einheitlich empfindenden<lb/>
Volks völlig eingelebt hat, an die einfache Tatsache, daß der Kaiser der monarchische<lb/>
Repräsentant dieses Reichs ist, mag er viel oder wenig Rechte haben. Wenn so<lb/>
auf der einen Seite die Idee des Kaisertums tiefe Wurzeln geschlagen hat, so ist<lb/>
auf der andern Seite die zur Zeit der Reichsgründung ziemlich starke unitarische<lb/>
Strömung jetzt völlig bedeutungslos geworden. Sie hat einem ausgesprochnen<lb/>
Föderalismus Platz gemacht &#x2014; so sehr, daß manchem reichstreuen Manne ge¬<lb/>
legentlich schon die Sorge aufgestiege» ist, ob nicht das Wiedererstarken eines mit¬<lb/>
unter sogar recht schroffen Partikularismus dem Reichsgedanken Gefahr drohe.<lb/>
Diese Sorge scheint uns auf einem Mißverständnis des deutschen Volkscharakters<lb/>
zu beruhen. Aber mit der Tatsache müssen wir allerdings rechnen, daß die Ent¬<lb/>
wicklung des Reichs nicht die Richtung nehmen wird, die vor vierzig Jahren von<lb/>
zahlreichen Vorkämpfern der deutschen Einheit erhofft wurde, daß es sich nicht</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0560] Maßgebliches und Unmaßgebliches tun einem starken Rückschlag in dem nicht sozialdemokratisch beeinflußten Teil der öffentlichen Meinung enden würde. Denn so stark auch in sonst loyalen Kreisen die Erregung gegen den Kaiser sein mochte, der Weg von diesen Sorgen und dieser Unzufriedenheit zu einem Vertrauensvotum für den Reichstag war doch immer noch sehr weit; selbst der verbitterte und angeärgerte deutsche Reichsbürger wird doch, wenn er die Wahl hat zwischen einem selbständigen und autoritativen Kaisertum auf der einen Seite und einem Scheinkaisertum unter dem Schatten des Reichstags auf der andern, für die Rechte des Kaisers eintreten. Für die freisinnigen Parteien blieb unter diesen Umständen nur der Ausweg, an den schon in der Verfassung enthaltnen Begriff der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers anzuknüpfen und diesen Begriff weiter auszubauen und zu erläutern. Es ist schon in den Anfängen der deutschen Reichsverfassung die Frage aufge¬ worfen worden, ob es nicht ratsam sei, über die Verantwortlichkeit des Reichs¬ kanzlers nähere Bestimmungen zu treffen, nötigenfalls in einem besondern Gesetz. Damals ist mau sehr bald davon zurückgekommen, weil man die allgemeine Fest¬ stellung der politischen Verantwortlichkeit des höchsten Reichsbeamten für praktischer und dem Charakter der Reichseinrichtungen angemessner hielt, als die Anerkennung und weitergehende Ausgestaltung einer politischen und juristischen Haftbarkeit, die den Reichskanzler in eine ganz andre Stellung rückt, als ursprünglich geplant war, und leicht zur Folge habe» könnte, daß als Voraussetzung für diese umfassende Verantwortlichkeit eiues einzigen Reichsministers das Vorhandensein einer ent¬ sprechenden souveränen monarchischen Gewalt im Reiche angesehen wird. Das würde mit andern Worten die Herabdrückung des Bundesrath zu einer Art von Ober¬ haus und die Erhebung des Kaisers zu einem über den deutschen Fürsten stehenden lSouverän bedeuten. Das entspricht aber nicht der Reichsverfassung, wonach die Souveränität des Reichs bei der Gesamtheit der Verbündeten Regierungen liegt und der Kaiser nur „das Präsidium" dieses Bundes darstellt, allerdings ausge¬ stattet mit den persönlichen Rechten und Befugnissen, die im gemeinsamen Interesse aller Bundesglieder und um der Vertretung des Reichs nach außen willen nicht einer Kollektiventscheidung überantwortet werden können. Für diese Verhältnisse genügt es allerdings, wenn für den ersten preußischen Bevollmächtigten zum Bundesrat, der den Vorsitz führt und die Ausführung der Reichsgesetze zu ver¬ mitteln hat — das ist der Reichskanzler ursprünglich —, eine allgemeine Ver¬ antwortlichkeit gegenüber den gesetzgebenden Gewalten des Reichs festgelegt wird. Es ist nicht zu leugne», daß sich die Verhältnisse im Laufe der Entwicklung etwas verschoben haben, obwohl die Reichsverfassung in dieser Beziehung unver¬ ändert geblieben ist. Im Volksbewußtsein ist der Kaiser mehr als „das Präsidium" einer Bundesregierung,' man fragt nicht nach staatsrechtlichen Feinheiten, sondern hält sich, da sich das Reich als staatliche Form eines einheitlich empfindenden Volks völlig eingelebt hat, an die einfache Tatsache, daß der Kaiser der monarchische Repräsentant dieses Reichs ist, mag er viel oder wenig Rechte haben. Wenn so auf der einen Seite die Idee des Kaisertums tiefe Wurzeln geschlagen hat, so ist auf der andern Seite die zur Zeit der Reichsgründung ziemlich starke unitarische Strömung jetzt völlig bedeutungslos geworden. Sie hat einem ausgesprochnen Föderalismus Platz gemacht — so sehr, daß manchem reichstreuen Manne ge¬ legentlich schon die Sorge aufgestiege» ist, ob nicht das Wiedererstarken eines mit¬ unter sogar recht schroffen Partikularismus dem Reichsgedanken Gefahr drohe. Diese Sorge scheint uns auf einem Mißverständnis des deutschen Volkscharakters zu beruhen. Aber mit der Tatsache müssen wir allerdings rechnen, daß die Ent¬ wicklung des Reichs nicht die Richtung nehmen wird, die vor vierzig Jahren von zahlreichen Vorkämpfern der deutschen Einheit erhofft wurde, daß es sich nicht

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/560
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/560>, abgerufen am 21.05.2024.