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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

in der Türkei nur darauf zurückführen, daß der Sultan Abdul Hamid durch diesen
Rückhalt eine moralische Stütze für die Aufrechterhaltung seines persönlichen Regiments
gefunden habe. Dabei könnten die Verbreiter dieser Meinung sehr gut wissen,
daß Deutschland seinen Einfluß beim Sultan immer in dem Sinne geltend gemacht
hat, ihm zu zeitgemäßen Reformen und zur Beseitigung der Korruption zu raten,
und daß die jüngste Umwälzung nur deshalb gelungen ist, weil in die Armee der
durch deutsche Lehrmeister gepflegte Ehr- und Disziplinbegriff eingezogen war. Nur
dadurch konnte die Auflehnung gegen die Willkür und das schmähliche Spionier-
und Überwachungssystem in Bahnen gehalten werden, in denen ein gesundes National-
gefühl gezeigt werden konnte, ohne daß die Pflichten der Loyalität gegen den
Sultan persönlich verletzt wurden, und nur durch diesen starken Eindruck konnte der
Sultan so schnell zu der Überzeugung gebracht werden, daß das von ihm bis dahin fest-
gehaltne System wirklich zusammengebrochen und innerlich unmöglich geworden war.

Das sind Betrachtungen, die manchen elegisch stimmen könnten. Aber wer
sich von sentimentalen Erwägungen bei der Beobachtung des Völkerlebens freigemacht
hat -- und dahin zu gelangen, sollte jeder sich bemühen --, wird den geschilderten
Erscheinungen gegenüber völlige Gelassenheit bewahren, sich vielleicht sogar das
Ange offen halten für die humoristische Seite der Sache. Es gibt fast kein Volk,
das nicht in seiner parlamentarischen Kindheit diese theoretische Begeisterung für
das Mutter- und Musterland politischer Freiheit zur Schau getragen hätte. Wir
scheinen vergessen zu haben, daß es auch in Deutschland Zeiten dieser Art gegeben
hat. Daß die englische Politik sich diese ihr nachgerade bekannte Erscheinung zu¬
nutze macht und das Eisen zu schmieden sucht, solange es heiß ist, wird man
nicht eben wunderbar finden dürfen, besonders wenn man daran denkt, daß die
öffentliche Meinung in England für die Rolle eines Beschützers der Völkerfreiheit
sehr empfänglich ist. Der englische Privatmann begeistert sich dafür aufrichtig und
unbefangen, und er kann das um so mehr, als er ziemlich sicher sein kann, daß
die verantwortlichen Leiter der auswärtigen Politik von dieser Begeisterung des
Volks immer nur so weit Gebrauch uneben, als ein materieller Nutzen dabei heraus¬
springt. Wir brauchen darüber nicht die Fassung zu verlieren, wenn wir ruhig
beobachtend und vorsichtig deu Augenblick abwarten, der notwendig kommen muß,
den Augenblick, wo die türkischen Machthaber, an den Genuß der neuen Freiheit
besser gewöhnt und der Volksstimmung mehr Herr werdend, die Frage der Inter¬
essengemeinschaften kühler abzuwägen und den Wert früherer Erfahrungen un¬
befangner festzustellen vermögen. Dann wird und muß Deutschland in seinen natür¬
lichen Beziehungen zur Türkei wieder zu seinem Rechte kommen, besonders wenn
auch wir inzwischen gelernt haben, gewisse Superlative zu vermeiden, die früher
bei der öffentlichen Erörterung dieser Frage oft genug untergelaufen sind und
jetzt unser Konto belasten, weil wir damit nur Mißtrauen geerntet haben. Mi߬
trauen bei andern Mächten, als ob unser politischer Ehrgeiz im nahen Orient doch
auf höhere Ziele gerichtet sei, als wir eingestehn wollen -- Mißtrauen bei der
Türkei, da wir nugeregten Erwartungen nicht gerecht werden.

Mit Österreich-Ungarn hat die Türkei nun glücklich Unterhandlungen ange¬
knüpft, wozu freilich das weite Entgegenkommen der österreichisch-ungarischen Re¬
gierung viel beigetragen hat. Vou dem Ergebnis dieser Verhandlungen wird es
abhängen, ob der Gedanke einer Konferenz, die die orientalischen Wirren zum Ab¬
schluß bringen soll, bald verwirklicht wird. Man wird sich aber wohl daran ge¬
wöhnen müssen, daß die erwünschte Beruhigung in der europäischen Lage noch nicht
so schnell eintritt.

In der innern Politik schließt die parlamentarische Arbeitszeit vor dem Weih-
nachtsfest auch nicht gerade befriedigend ab. Für das Zustandekommen der Reichs-
finanzrefvrm hat der Reichstag bisher noch nichts geleistet; die Kommission versagt,
wie es scheint, vollständig. Freilich stehen diese Arbeiten noch im Anfangsstadiuni,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

in der Türkei nur darauf zurückführen, daß der Sultan Abdul Hamid durch diesen
Rückhalt eine moralische Stütze für die Aufrechterhaltung seines persönlichen Regiments
gefunden habe. Dabei könnten die Verbreiter dieser Meinung sehr gut wissen,
daß Deutschland seinen Einfluß beim Sultan immer in dem Sinne geltend gemacht
hat, ihm zu zeitgemäßen Reformen und zur Beseitigung der Korruption zu raten,
und daß die jüngste Umwälzung nur deshalb gelungen ist, weil in die Armee der
durch deutsche Lehrmeister gepflegte Ehr- und Disziplinbegriff eingezogen war. Nur
dadurch konnte die Auflehnung gegen die Willkür und das schmähliche Spionier-
und Überwachungssystem in Bahnen gehalten werden, in denen ein gesundes National-
gefühl gezeigt werden konnte, ohne daß die Pflichten der Loyalität gegen den
Sultan persönlich verletzt wurden, und nur durch diesen starken Eindruck konnte der
Sultan so schnell zu der Überzeugung gebracht werden, daß das von ihm bis dahin fest-
gehaltne System wirklich zusammengebrochen und innerlich unmöglich geworden war.

Das sind Betrachtungen, die manchen elegisch stimmen könnten. Aber wer
sich von sentimentalen Erwägungen bei der Beobachtung des Völkerlebens freigemacht
hat — und dahin zu gelangen, sollte jeder sich bemühen —, wird den geschilderten
Erscheinungen gegenüber völlige Gelassenheit bewahren, sich vielleicht sogar das
Ange offen halten für die humoristische Seite der Sache. Es gibt fast kein Volk,
das nicht in seiner parlamentarischen Kindheit diese theoretische Begeisterung für
das Mutter- und Musterland politischer Freiheit zur Schau getragen hätte. Wir
scheinen vergessen zu haben, daß es auch in Deutschland Zeiten dieser Art gegeben
hat. Daß die englische Politik sich diese ihr nachgerade bekannte Erscheinung zu¬
nutze macht und das Eisen zu schmieden sucht, solange es heiß ist, wird man
nicht eben wunderbar finden dürfen, besonders wenn man daran denkt, daß die
öffentliche Meinung in England für die Rolle eines Beschützers der Völkerfreiheit
sehr empfänglich ist. Der englische Privatmann begeistert sich dafür aufrichtig und
unbefangen, und er kann das um so mehr, als er ziemlich sicher sein kann, daß
die verantwortlichen Leiter der auswärtigen Politik von dieser Begeisterung des
Volks immer nur so weit Gebrauch uneben, als ein materieller Nutzen dabei heraus¬
springt. Wir brauchen darüber nicht die Fassung zu verlieren, wenn wir ruhig
beobachtend und vorsichtig deu Augenblick abwarten, der notwendig kommen muß,
den Augenblick, wo die türkischen Machthaber, an den Genuß der neuen Freiheit
besser gewöhnt und der Volksstimmung mehr Herr werdend, die Frage der Inter¬
essengemeinschaften kühler abzuwägen und den Wert früherer Erfahrungen un¬
befangner festzustellen vermögen. Dann wird und muß Deutschland in seinen natür¬
lichen Beziehungen zur Türkei wieder zu seinem Rechte kommen, besonders wenn
auch wir inzwischen gelernt haben, gewisse Superlative zu vermeiden, die früher
bei der öffentlichen Erörterung dieser Frage oft genug untergelaufen sind und
jetzt unser Konto belasten, weil wir damit nur Mißtrauen geerntet haben. Mi߬
trauen bei andern Mächten, als ob unser politischer Ehrgeiz im nahen Orient doch
auf höhere Ziele gerichtet sei, als wir eingestehn wollen — Mißtrauen bei der
Türkei, da wir nugeregten Erwartungen nicht gerecht werden.

Mit Österreich-Ungarn hat die Türkei nun glücklich Unterhandlungen ange¬
knüpft, wozu freilich das weite Entgegenkommen der österreichisch-ungarischen Re¬
gierung viel beigetragen hat. Vou dem Ergebnis dieser Verhandlungen wird es
abhängen, ob der Gedanke einer Konferenz, die die orientalischen Wirren zum Ab¬
schluß bringen soll, bald verwirklicht wird. Man wird sich aber wohl daran ge¬
wöhnen müssen, daß die erwünschte Beruhigung in der europäischen Lage noch nicht
so schnell eintritt.

In der innern Politik schließt die parlamentarische Arbeitszeit vor dem Weih-
nachtsfest auch nicht gerade befriedigend ab. Für das Zustandekommen der Reichs-
finanzrefvrm hat der Reichstag bisher noch nichts geleistet; die Kommission versagt,
wie es scheint, vollständig. Freilich stehen diese Arbeiten noch im Anfangsstadiuni,


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[0661] Maßgebliches und Unmaßgebliches in der Türkei nur darauf zurückführen, daß der Sultan Abdul Hamid durch diesen Rückhalt eine moralische Stütze für die Aufrechterhaltung seines persönlichen Regiments gefunden habe. Dabei könnten die Verbreiter dieser Meinung sehr gut wissen, daß Deutschland seinen Einfluß beim Sultan immer in dem Sinne geltend gemacht hat, ihm zu zeitgemäßen Reformen und zur Beseitigung der Korruption zu raten, und daß die jüngste Umwälzung nur deshalb gelungen ist, weil in die Armee der durch deutsche Lehrmeister gepflegte Ehr- und Disziplinbegriff eingezogen war. Nur dadurch konnte die Auflehnung gegen die Willkür und das schmähliche Spionier- und Überwachungssystem in Bahnen gehalten werden, in denen ein gesundes National- gefühl gezeigt werden konnte, ohne daß die Pflichten der Loyalität gegen den Sultan persönlich verletzt wurden, und nur durch diesen starken Eindruck konnte der Sultan so schnell zu der Überzeugung gebracht werden, daß das von ihm bis dahin fest- gehaltne System wirklich zusammengebrochen und innerlich unmöglich geworden war. Das sind Betrachtungen, die manchen elegisch stimmen könnten. Aber wer sich von sentimentalen Erwägungen bei der Beobachtung des Völkerlebens freigemacht hat — und dahin zu gelangen, sollte jeder sich bemühen —, wird den geschilderten Erscheinungen gegenüber völlige Gelassenheit bewahren, sich vielleicht sogar das Ange offen halten für die humoristische Seite der Sache. Es gibt fast kein Volk, das nicht in seiner parlamentarischen Kindheit diese theoretische Begeisterung für das Mutter- und Musterland politischer Freiheit zur Schau getragen hätte. Wir scheinen vergessen zu haben, daß es auch in Deutschland Zeiten dieser Art gegeben hat. Daß die englische Politik sich diese ihr nachgerade bekannte Erscheinung zu¬ nutze macht und das Eisen zu schmieden sucht, solange es heiß ist, wird man nicht eben wunderbar finden dürfen, besonders wenn man daran denkt, daß die öffentliche Meinung in England für die Rolle eines Beschützers der Völkerfreiheit sehr empfänglich ist. Der englische Privatmann begeistert sich dafür aufrichtig und unbefangen, und er kann das um so mehr, als er ziemlich sicher sein kann, daß die verantwortlichen Leiter der auswärtigen Politik von dieser Begeisterung des Volks immer nur so weit Gebrauch uneben, als ein materieller Nutzen dabei heraus¬ springt. Wir brauchen darüber nicht die Fassung zu verlieren, wenn wir ruhig beobachtend und vorsichtig deu Augenblick abwarten, der notwendig kommen muß, den Augenblick, wo die türkischen Machthaber, an den Genuß der neuen Freiheit besser gewöhnt und der Volksstimmung mehr Herr werdend, die Frage der Inter¬ essengemeinschaften kühler abzuwägen und den Wert früherer Erfahrungen un¬ befangner festzustellen vermögen. Dann wird und muß Deutschland in seinen natür¬ lichen Beziehungen zur Türkei wieder zu seinem Rechte kommen, besonders wenn auch wir inzwischen gelernt haben, gewisse Superlative zu vermeiden, die früher bei der öffentlichen Erörterung dieser Frage oft genug untergelaufen sind und jetzt unser Konto belasten, weil wir damit nur Mißtrauen geerntet haben. Mi߬ trauen bei andern Mächten, als ob unser politischer Ehrgeiz im nahen Orient doch auf höhere Ziele gerichtet sei, als wir eingestehn wollen — Mißtrauen bei der Türkei, da wir nugeregten Erwartungen nicht gerecht werden. Mit Österreich-Ungarn hat die Türkei nun glücklich Unterhandlungen ange¬ knüpft, wozu freilich das weite Entgegenkommen der österreichisch-ungarischen Re¬ gierung viel beigetragen hat. Vou dem Ergebnis dieser Verhandlungen wird es abhängen, ob der Gedanke einer Konferenz, die die orientalischen Wirren zum Ab¬ schluß bringen soll, bald verwirklicht wird. Man wird sich aber wohl daran ge¬ wöhnen müssen, daß die erwünschte Beruhigung in der europäischen Lage noch nicht so schnell eintritt. In der innern Politik schließt die parlamentarische Arbeitszeit vor dem Weih- nachtsfest auch nicht gerade befriedigend ab. Für das Zustandekommen der Reichs- finanzrefvrm hat der Reichstag bisher noch nichts geleistet; die Kommission versagt, wie es scheint, vollständig. Freilich stehen diese Arbeiten noch im Anfangsstadiuni,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/661>, abgerufen am 22.05.2024.