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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die asiatische Linwandrung

durfte jeder Dampfer nur einen Chinesen auf je 100 Tonnen seines einge¬
tragnen Tonnengehalts einführen. Die Goldminen übten jedoch eine bedeutende
Anziehung aus. Der Zuzug von Chinesen war bedeutend, und vor zwanzig
Jahren gab die Chineseneinwandrung Anlaß zu einer großen parlamentarischen
Schlacht, in der gewisse Grundsätze in dieser Beziehung niedergelegt wurden.

Im Namen von Neu-Südwales, das mehr Chinesen als alle Staaten
hatte, richtete Lord Carrington an die britische Regierung im April 1888 einen
Bericht, in dem er sieben Gründe für die Beschränkung der Chineseneinwandrung
anführte. Diese Darlegung ist bezeichnend für die ganze Lage, wie sie durch
unbeschränkte Einwandrung von Asiaten geschaffen wird, und ist in gleichem
Maße heute noch zutreffend bei Beurteilung der jüngsten Vorgänge an der
pazifischen Küste der Vereinigten Staaten und in Britisch-Kolumbien. Sie
lautet im Auszuge: "Wir wünschen den Ratgebern Ihrer Majestät eine Dar¬
stellung der chinesischen Frage in ihren Hauptzügen zu geben und zu zeigen,
wie sie auf die britischen Bestandteile der australischen Bevölkerung wirkt:
erstens sind die australischen Häfen leicht von den Hafen Chinas aus zu
erreichen; zweitens üben das Klima und gewisse Zweige des Handels und des
Erwerbsleben, wie zum Beispiel die Bestellung des Bodens mit Markt¬
bedürfnissen und die Zinn- und Goldförderung, eine besondre Anziehungskraft
auf die Chinesen aus; drittens sind die arbeitenden Klassen britischen Ursprungs
aus Rassengemeinschaft stark gegen die chinesischen Wettbewerber eingenommen;
viertens wird es nie zu irgendwelcher Sympathie zwischen den beiden Rassen
kommen, im Gegenteil, es ist stete Feindschaft in Zukunft zu befürchten;
fünftens läßt die enorme Zahl der Bevölkerung Chinas die Einwandrung dieser
Rasse im Vergleich mit der Einwandrung irgendwelcher andrer Nationen be¬
sonders bedrohlich erscheinen; Sechstens ist es das ausgesprochenste Bestreben
aller australischen Gemeinwesen, sich den britischen Typus in der Bevölkerung
zu bewahren. Siebentens kann weder von einer Gemeinsamkeit der Idee oder
einem Austausch von Anschauungen über Religion oder bürgerliche Rechte
noch von einer Vermischung durch Heirat usw. von Briten und Chinesen die
Rede sein.

Hiermit ist untertänigst klargestellt, daß die Prüfung dieser Hauptpunkte
nur zu einem Schluß führen kann, nämlich dem, daß die chinesische Einwandrung
von allen Teilen Australiens ferngehalten werden muß."




Die asiatische Linwandrung

durfte jeder Dampfer nur einen Chinesen auf je 100 Tonnen seines einge¬
tragnen Tonnengehalts einführen. Die Goldminen übten jedoch eine bedeutende
Anziehung aus. Der Zuzug von Chinesen war bedeutend, und vor zwanzig
Jahren gab die Chineseneinwandrung Anlaß zu einer großen parlamentarischen
Schlacht, in der gewisse Grundsätze in dieser Beziehung niedergelegt wurden.

Im Namen von Neu-Südwales, das mehr Chinesen als alle Staaten
hatte, richtete Lord Carrington an die britische Regierung im April 1888 einen
Bericht, in dem er sieben Gründe für die Beschränkung der Chineseneinwandrung
anführte. Diese Darlegung ist bezeichnend für die ganze Lage, wie sie durch
unbeschränkte Einwandrung von Asiaten geschaffen wird, und ist in gleichem
Maße heute noch zutreffend bei Beurteilung der jüngsten Vorgänge an der
pazifischen Küste der Vereinigten Staaten und in Britisch-Kolumbien. Sie
lautet im Auszuge: „Wir wünschen den Ratgebern Ihrer Majestät eine Dar¬
stellung der chinesischen Frage in ihren Hauptzügen zu geben und zu zeigen,
wie sie auf die britischen Bestandteile der australischen Bevölkerung wirkt:
erstens sind die australischen Häfen leicht von den Hafen Chinas aus zu
erreichen; zweitens üben das Klima und gewisse Zweige des Handels und des
Erwerbsleben, wie zum Beispiel die Bestellung des Bodens mit Markt¬
bedürfnissen und die Zinn- und Goldförderung, eine besondre Anziehungskraft
auf die Chinesen aus; drittens sind die arbeitenden Klassen britischen Ursprungs
aus Rassengemeinschaft stark gegen die chinesischen Wettbewerber eingenommen;
viertens wird es nie zu irgendwelcher Sympathie zwischen den beiden Rassen
kommen, im Gegenteil, es ist stete Feindschaft in Zukunft zu befürchten;
fünftens läßt die enorme Zahl der Bevölkerung Chinas die Einwandrung dieser
Rasse im Vergleich mit der Einwandrung irgendwelcher andrer Nationen be¬
sonders bedrohlich erscheinen; Sechstens ist es das ausgesprochenste Bestreben
aller australischen Gemeinwesen, sich den britischen Typus in der Bevölkerung
zu bewahren. Siebentens kann weder von einer Gemeinsamkeit der Idee oder
einem Austausch von Anschauungen über Religion oder bürgerliche Rechte
noch von einer Vermischung durch Heirat usw. von Briten und Chinesen die
Rede sein.

Hiermit ist untertänigst klargestellt, daß die Prüfung dieser Hauptpunkte
nur zu einem Schluß führen kann, nämlich dem, daß die chinesische Einwandrung
von allen Teilen Australiens ferngehalten werden muß."




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[0122] Die asiatische Linwandrung durfte jeder Dampfer nur einen Chinesen auf je 100 Tonnen seines einge¬ tragnen Tonnengehalts einführen. Die Goldminen übten jedoch eine bedeutende Anziehung aus. Der Zuzug von Chinesen war bedeutend, und vor zwanzig Jahren gab die Chineseneinwandrung Anlaß zu einer großen parlamentarischen Schlacht, in der gewisse Grundsätze in dieser Beziehung niedergelegt wurden. Im Namen von Neu-Südwales, das mehr Chinesen als alle Staaten hatte, richtete Lord Carrington an die britische Regierung im April 1888 einen Bericht, in dem er sieben Gründe für die Beschränkung der Chineseneinwandrung anführte. Diese Darlegung ist bezeichnend für die ganze Lage, wie sie durch unbeschränkte Einwandrung von Asiaten geschaffen wird, und ist in gleichem Maße heute noch zutreffend bei Beurteilung der jüngsten Vorgänge an der pazifischen Küste der Vereinigten Staaten und in Britisch-Kolumbien. Sie lautet im Auszuge: „Wir wünschen den Ratgebern Ihrer Majestät eine Dar¬ stellung der chinesischen Frage in ihren Hauptzügen zu geben und zu zeigen, wie sie auf die britischen Bestandteile der australischen Bevölkerung wirkt: erstens sind die australischen Häfen leicht von den Hafen Chinas aus zu erreichen; zweitens üben das Klima und gewisse Zweige des Handels und des Erwerbsleben, wie zum Beispiel die Bestellung des Bodens mit Markt¬ bedürfnissen und die Zinn- und Goldförderung, eine besondre Anziehungskraft auf die Chinesen aus; drittens sind die arbeitenden Klassen britischen Ursprungs aus Rassengemeinschaft stark gegen die chinesischen Wettbewerber eingenommen; viertens wird es nie zu irgendwelcher Sympathie zwischen den beiden Rassen kommen, im Gegenteil, es ist stete Feindschaft in Zukunft zu befürchten; fünftens läßt die enorme Zahl der Bevölkerung Chinas die Einwandrung dieser Rasse im Vergleich mit der Einwandrung irgendwelcher andrer Nationen be¬ sonders bedrohlich erscheinen; Sechstens ist es das ausgesprochenste Bestreben aller australischen Gemeinwesen, sich den britischen Typus in der Bevölkerung zu bewahren. Siebentens kann weder von einer Gemeinsamkeit der Idee oder einem Austausch von Anschauungen über Religion oder bürgerliche Rechte noch von einer Vermischung durch Heirat usw. von Briten und Chinesen die Rede sein. Hiermit ist untertänigst klargestellt, daß die Prüfung dieser Hauptpunkte nur zu einem Schluß führen kann, nämlich dem, daß die chinesische Einwandrung von allen Teilen Australiens ferngehalten werden muß."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/122>, abgerufen am 22.05.2024.