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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die großen Flotten der Welt im Jahre 1.908

Flottengesetz angenommen, nach dem bis zum Jahre 1913/14 drei Linienschiffe,
zwei Panzerkreuzer und zwei kleine Kreuzer gebaut werden sollten. Aber schon
im vorigen Jahre kam die Regierung zu der Auffassung, daß dies Programm
lange nicht ausreiche, die Flotte auf den Stand zu bringen, den sie andern
großen Seemächten gegenüber unbedingt einnehmen müsse. Es wurde deshalb
1907 ein neues Flottengesetz eingebracht und von der Volksvertretung ge¬
nehmigt. Darin wurden die hohen Beträge von 367,5 Millionen Mark zum
Ersatz für im Kriege gegen Rußland verloren gegangnen Schiffe und weitere
160.8 Millionen für den Ersatz veralteter Schiffe gefordert. Diese Mittel
sollten sich auf die Jahre bis 1913/14 verteilen und dafür, außer den im
Programm von 1903 bewilligten und nahezu vollendeten Schiffen, noch zwei
Linienschiffe, zwei Panzerkreuzer, zwei Kreuzer zweiter Klasse, fünf Torpedoboots¬
zerstörer und zwei Unterseeboote gebaut werden. Zugleich wurde der Bau¬
beginn für diese Linienschiffe und Panzerkreuzer auf den Beginn dieses Jahres
festgesetzt und die Bestellung auf die beiden Unterseeboote an die englische
Firma Vickers vergeben. Wo die vier großen Schiffe gebaut werden sollen,
ist nicht bekannt. Nur soviel verlautete bisher, daß die Linienschiffe ein De¬
placement von 20500 Tonnen erhalten und mit zehn 30,5-, zehn 15,2- und
zwölf 12-Zentimeter-Geschützen bestückt werden sollten; für die beiden Panzer¬
kreuzer wurde ein Deplacement von 18650 Tonnen und eine Bestückung mit
vier 30,5-, acht 25.4-, acht 15- und zehn 12-Zentimeter-Geschützen genannt.
Auch das ist bekannt, daß die beiden Unterseeboote schon fertig und auf dein
Wege nach Japan sind. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, daß Japan
die ihm durch das Staatsbudget auferlegten hohen Lasten nicht tragen kann,
und daß eine Verminderung eintreten muß, wenn das Land nicht in eine ernste
Notlage gebracht werden soll. Es ist deshalb von der Regierung ein jährlicher
Abschlag von 85 Millionen Mark beschlossen worden, wovon zwölf Millionen
auf das Marinebudget von 1908/09 entfallen. Dieses bleibt dann immer noch
in der Höhe von 105 Millionen Mark bestehn. Damit ist auch das neue
Flottengesetz, das wir vorhin erwähnt haben, nicht etwa aufgegeben, sondern
nur der Endtermin wird auf mehrere Jahre hinausgeschoben. Was aber auf¬
fallend an diesen Nachrichten ist, das ist. daß zugleich verbreitet wird, das
Flottengesetz von 1907 sei wesentlich erweitert worden, denn es sollten vier
Linienschiffe von 20800 Tonnen und 20 Knoten Fahrgeschwindigkeit, fünf
Panzerkreuzer von 18500 Tonnen und 25 Knoten, zwei Aufklärungsschiffe
von 4800 Tonnen und 26 Knoten und vier Zerstörer von 890 Tonnen und
26 Knoten gebaut werden. Die neun großen Schiffe sollten Turbinenantrieb
erhalten. Bestätigen sich diese Angaben aus guter Quelle, dann rückt Japan
mit einem neuen Zuwachs an sieben Linienschiffen und sieben Panzerkreuzern
schon an die dritte Stelle unter den Hauptseemächten.

Von einer großen russischen Flotte kann man eigentlich nur in der
Vergangenheit sprechen. Denn nachdem Nußland im Kriege gegen Japan


Die großen Flotten der Welt im Jahre 1.908

Flottengesetz angenommen, nach dem bis zum Jahre 1913/14 drei Linienschiffe,
zwei Panzerkreuzer und zwei kleine Kreuzer gebaut werden sollten. Aber schon
im vorigen Jahre kam die Regierung zu der Auffassung, daß dies Programm
lange nicht ausreiche, die Flotte auf den Stand zu bringen, den sie andern
großen Seemächten gegenüber unbedingt einnehmen müsse. Es wurde deshalb
1907 ein neues Flottengesetz eingebracht und von der Volksvertretung ge¬
nehmigt. Darin wurden die hohen Beträge von 367,5 Millionen Mark zum
Ersatz für im Kriege gegen Rußland verloren gegangnen Schiffe und weitere
160.8 Millionen für den Ersatz veralteter Schiffe gefordert. Diese Mittel
sollten sich auf die Jahre bis 1913/14 verteilen und dafür, außer den im
Programm von 1903 bewilligten und nahezu vollendeten Schiffen, noch zwei
Linienschiffe, zwei Panzerkreuzer, zwei Kreuzer zweiter Klasse, fünf Torpedoboots¬
zerstörer und zwei Unterseeboote gebaut werden. Zugleich wurde der Bau¬
beginn für diese Linienschiffe und Panzerkreuzer auf den Beginn dieses Jahres
festgesetzt und die Bestellung auf die beiden Unterseeboote an die englische
Firma Vickers vergeben. Wo die vier großen Schiffe gebaut werden sollen,
ist nicht bekannt. Nur soviel verlautete bisher, daß die Linienschiffe ein De¬
placement von 20500 Tonnen erhalten und mit zehn 30,5-, zehn 15,2- und
zwölf 12-Zentimeter-Geschützen bestückt werden sollten; für die beiden Panzer¬
kreuzer wurde ein Deplacement von 18650 Tonnen und eine Bestückung mit
vier 30,5-, acht 25.4-, acht 15- und zehn 12-Zentimeter-Geschützen genannt.
Auch das ist bekannt, daß die beiden Unterseeboote schon fertig und auf dein
Wege nach Japan sind. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, daß Japan
die ihm durch das Staatsbudget auferlegten hohen Lasten nicht tragen kann,
und daß eine Verminderung eintreten muß, wenn das Land nicht in eine ernste
Notlage gebracht werden soll. Es ist deshalb von der Regierung ein jährlicher
Abschlag von 85 Millionen Mark beschlossen worden, wovon zwölf Millionen
auf das Marinebudget von 1908/09 entfallen. Dieses bleibt dann immer noch
in der Höhe von 105 Millionen Mark bestehn. Damit ist auch das neue
Flottengesetz, das wir vorhin erwähnt haben, nicht etwa aufgegeben, sondern
nur der Endtermin wird auf mehrere Jahre hinausgeschoben. Was aber auf¬
fallend an diesen Nachrichten ist, das ist. daß zugleich verbreitet wird, das
Flottengesetz von 1907 sei wesentlich erweitert worden, denn es sollten vier
Linienschiffe von 20800 Tonnen und 20 Knoten Fahrgeschwindigkeit, fünf
Panzerkreuzer von 18500 Tonnen und 25 Knoten, zwei Aufklärungsschiffe
von 4800 Tonnen und 26 Knoten und vier Zerstörer von 890 Tonnen und
26 Knoten gebaut werden. Die neun großen Schiffe sollten Turbinenantrieb
erhalten. Bestätigen sich diese Angaben aus guter Quelle, dann rückt Japan
mit einem neuen Zuwachs an sieben Linienschiffen und sieben Panzerkreuzern
schon an die dritte Stelle unter den Hauptseemächten.

Von einer großen russischen Flotte kann man eigentlich nur in der
Vergangenheit sprechen. Denn nachdem Nußland im Kriege gegen Japan


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/19>, abgerufen am 15.05.2024.