Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ale Zukunft Australiens

asiatische Cholera hier nicht aufkommen können. Diese Behauptung entspricht
allerdings den Tatsachen, da die Ausdünstung der Eukalyptuswälder auf
epidemische Kraukheitskeime zerstörend wirkt, aber die plötzlichen, manchmal
zwei- bis dreimal an einem Tage auftretenden Witterungswechsel verursachen
organische Beschwerden aller Art, namentlich Lungen- und Verdauuugskrank-
heiteu, und besonders sind es feiner organisierte Naturen, die darunter um
meisten leiden.

Während dieser Artikel geschrieben wurde, erschien folgender Brief, den
ich in der Übersetzung folgen lasse, in den australischen Zeitungen: "Professor
Herbert strong an der Liverpooler Universität hat in einem an den Präsi¬
denten der Immigration-League Dr. Arthur in Sydney gerichteten Briefe
folgende Warnung an Australien ergehn lassen: Das freundschaftliche Gefühl
der Engländer gegen Australien hat sich bedeutend abgekühlt. Die Kaufleute
verhalten sich Ihrem neuen Zolltarif gegenüber sehr ablehnend, und das aus-
wandrungslustige Volk gewinnt die Überzeugung, daß es besser ist, nach dem
die günstigsten Bedingungen gewährenden Kanada zu gehn als nach Australien.
Ich bin fest davon überzeugt, daß die Australier in kurzer Zeit für ihre
Existenz zu kämpfen haben werden, entweder gegen Japan oder Deutschland.
Ich bin mir der Verantwortlichkeit dieser Behauptung wohl bewußt; ich habe
in Deutschland gelebt, und daher weiß ich, daß die Deutschen beabsichtigen,
uns anzugreifen, um uns unsrer Kolonien zu berauben. Die Australier sind
die größten Narren, wenn sie nicht die größten Anstrengungen machen, die
Frage der "Gelben Gefahr" "MIov ?<zrü) dadurch zu lösen, indem sie ihr
Land mit Weißen bevölkern. Ein großer Teil des englischen Volkes war
einst imperialistisch gesinnt, als sie aber hörten, daß die Kolonien nicht ge¬
sonnen sind, ihren Teil zur Verteidigung Englands und seiner Besitzungen
beizutragen, so haben sie ihre Ansichten wesentlich geändert. Die meisten
Leute glauben hier, daß sich Australien bald von England losmachen wird,
vennruhigen sich aber weiter nicht darüber. Professor Pearsons Prophezeiungen
sind leider nur zu bald eingetroffen. Die Australier haben ihn gekreuzigt,
wie andre Propheten vor ihm, aber seine Stimme tönt aus dem Grabe herauf
zu denen, die Ohren haben zu hören. Es ist Ihre Pflicht und Schuldigkeit,
dem australischen Arbeiter klarzulegen, daß eine große militärische Monarchie
für den Egoismus einer kurzsichtigen Demokratie nur Verachtung hat."

Ergänzend möchte ich zu diesem Briefe bemerken, daß die Frage der
"Gelben Gefahr" für Australien eine weit größere Bedeutung hat als für
Europa. Die einsichtsvollen Politiker hier sind fest davou überzeugt, daß
Japan in absehbarer Zeit wenigstens den Norden Australiens besetzen wird.
Wer könnte es auch davon abhalten? England sicher nicht, denn ehe es daran
denken konnte, dieses zu verhindern, würde die Fahne der aufgehenden Sonne
schon über Australien lochen. Eine deutsche Invasion hingegen würde für
Deutschland selbst derartige Schwierigkeiten bieten, da es erst England ver-


Ale Zukunft Australiens

asiatische Cholera hier nicht aufkommen können. Diese Behauptung entspricht
allerdings den Tatsachen, da die Ausdünstung der Eukalyptuswälder auf
epidemische Kraukheitskeime zerstörend wirkt, aber die plötzlichen, manchmal
zwei- bis dreimal an einem Tage auftretenden Witterungswechsel verursachen
organische Beschwerden aller Art, namentlich Lungen- und Verdauuugskrank-
heiteu, und besonders sind es feiner organisierte Naturen, die darunter um
meisten leiden.

Während dieser Artikel geschrieben wurde, erschien folgender Brief, den
ich in der Übersetzung folgen lasse, in den australischen Zeitungen: „Professor
Herbert strong an der Liverpooler Universität hat in einem an den Präsi¬
denten der Immigration-League Dr. Arthur in Sydney gerichteten Briefe
folgende Warnung an Australien ergehn lassen: Das freundschaftliche Gefühl
der Engländer gegen Australien hat sich bedeutend abgekühlt. Die Kaufleute
verhalten sich Ihrem neuen Zolltarif gegenüber sehr ablehnend, und das aus-
wandrungslustige Volk gewinnt die Überzeugung, daß es besser ist, nach dem
die günstigsten Bedingungen gewährenden Kanada zu gehn als nach Australien.
Ich bin fest davon überzeugt, daß die Australier in kurzer Zeit für ihre
Existenz zu kämpfen haben werden, entweder gegen Japan oder Deutschland.
Ich bin mir der Verantwortlichkeit dieser Behauptung wohl bewußt; ich habe
in Deutschland gelebt, und daher weiß ich, daß die Deutschen beabsichtigen,
uns anzugreifen, um uns unsrer Kolonien zu berauben. Die Australier sind
die größten Narren, wenn sie nicht die größten Anstrengungen machen, die
Frage der »Gelben Gefahr« «MIov ?<zrü) dadurch zu lösen, indem sie ihr
Land mit Weißen bevölkern. Ein großer Teil des englischen Volkes war
einst imperialistisch gesinnt, als sie aber hörten, daß die Kolonien nicht ge¬
sonnen sind, ihren Teil zur Verteidigung Englands und seiner Besitzungen
beizutragen, so haben sie ihre Ansichten wesentlich geändert. Die meisten
Leute glauben hier, daß sich Australien bald von England losmachen wird,
vennruhigen sich aber weiter nicht darüber. Professor Pearsons Prophezeiungen
sind leider nur zu bald eingetroffen. Die Australier haben ihn gekreuzigt,
wie andre Propheten vor ihm, aber seine Stimme tönt aus dem Grabe herauf
zu denen, die Ohren haben zu hören. Es ist Ihre Pflicht und Schuldigkeit,
dem australischen Arbeiter klarzulegen, daß eine große militärische Monarchie
für den Egoismus einer kurzsichtigen Demokratie nur Verachtung hat."

Ergänzend möchte ich zu diesem Briefe bemerken, daß die Frage der
«Gelben Gefahr" für Australien eine weit größere Bedeutung hat als für
Europa. Die einsichtsvollen Politiker hier sind fest davou überzeugt, daß
Japan in absehbarer Zeit wenigstens den Norden Australiens besetzen wird.
Wer könnte es auch davon abhalten? England sicher nicht, denn ehe es daran
denken konnte, dieses zu verhindern, würde die Fahne der aufgehenden Sonne
schon über Australien lochen. Eine deutsche Invasion hingegen würde für
Deutschland selbst derartige Schwierigkeiten bieten, da es erst England ver-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0511" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312196"/>
          <fw type="header" place="top"> Ale Zukunft Australiens</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2023" prev="#ID_2022"> asiatische Cholera hier nicht aufkommen können. Diese Behauptung entspricht<lb/>
allerdings den Tatsachen, da die Ausdünstung der Eukalyptuswälder auf<lb/>
epidemische Kraukheitskeime zerstörend wirkt, aber die plötzlichen, manchmal<lb/>
zwei- bis dreimal an einem Tage auftretenden Witterungswechsel verursachen<lb/>
organische Beschwerden aller Art, namentlich Lungen- und Verdauuugskrank-<lb/>
heiteu, und besonders sind es feiner organisierte Naturen, die darunter um<lb/>
meisten leiden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2024"> Während dieser Artikel geschrieben wurde, erschien folgender Brief, den<lb/>
ich in der Übersetzung folgen lasse, in den australischen Zeitungen: &#x201E;Professor<lb/>
Herbert strong an der Liverpooler Universität hat in einem an den Präsi¬<lb/>
denten der Immigration-League Dr. Arthur in Sydney gerichteten Briefe<lb/>
folgende Warnung an Australien ergehn lassen: Das freundschaftliche Gefühl<lb/>
der Engländer gegen Australien hat sich bedeutend abgekühlt. Die Kaufleute<lb/>
verhalten sich Ihrem neuen Zolltarif gegenüber sehr ablehnend, und das aus-<lb/>
wandrungslustige Volk gewinnt die Überzeugung, daß es besser ist, nach dem<lb/>
die günstigsten Bedingungen gewährenden Kanada zu gehn als nach Australien.<lb/>
Ich bin fest davon überzeugt, daß die Australier in kurzer Zeit für ihre<lb/>
Existenz zu kämpfen haben werden, entweder gegen Japan oder Deutschland.<lb/>
Ich bin mir der Verantwortlichkeit dieser Behauptung wohl bewußt; ich habe<lb/>
in Deutschland gelebt, und daher weiß ich, daß die Deutschen beabsichtigen,<lb/>
uns anzugreifen, um uns unsrer Kolonien zu berauben. Die Australier sind<lb/>
die größten Narren, wenn sie nicht die größten Anstrengungen machen, die<lb/>
Frage der »Gelben Gefahr« «MIov ?&lt;zrü) dadurch zu lösen, indem sie ihr<lb/>
Land mit Weißen bevölkern. Ein großer Teil des englischen Volkes war<lb/>
einst imperialistisch gesinnt, als sie aber hörten, daß die Kolonien nicht ge¬<lb/>
sonnen sind, ihren Teil zur Verteidigung Englands und seiner Besitzungen<lb/>
beizutragen, so haben sie ihre Ansichten wesentlich geändert. Die meisten<lb/>
Leute glauben hier, daß sich Australien bald von England losmachen wird,<lb/>
vennruhigen sich aber weiter nicht darüber. Professor Pearsons Prophezeiungen<lb/>
sind leider nur zu bald eingetroffen. Die Australier haben ihn gekreuzigt,<lb/>
wie andre Propheten vor ihm, aber seine Stimme tönt aus dem Grabe herauf<lb/>
zu denen, die Ohren haben zu hören. Es ist Ihre Pflicht und Schuldigkeit,<lb/>
dem australischen Arbeiter klarzulegen, daß eine große militärische Monarchie<lb/>
für den Egoismus einer kurzsichtigen Demokratie nur Verachtung hat."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2025" next="#ID_2026"> Ergänzend möchte ich zu diesem Briefe bemerken, daß die Frage der<lb/>
«Gelben Gefahr" für Australien eine weit größere Bedeutung hat als für<lb/>
Europa. Die einsichtsvollen Politiker hier sind fest davou überzeugt, daß<lb/>
Japan in absehbarer Zeit wenigstens den Norden Australiens besetzen wird.<lb/>
Wer könnte es auch davon abhalten? England sicher nicht, denn ehe es daran<lb/>
denken konnte, dieses zu verhindern, würde die Fahne der aufgehenden Sonne<lb/>
schon über Australien lochen. Eine deutsche Invasion hingegen würde für<lb/>
Deutschland selbst derartige Schwierigkeiten bieten, da es erst England ver-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0511] Ale Zukunft Australiens asiatische Cholera hier nicht aufkommen können. Diese Behauptung entspricht allerdings den Tatsachen, da die Ausdünstung der Eukalyptuswälder auf epidemische Kraukheitskeime zerstörend wirkt, aber die plötzlichen, manchmal zwei- bis dreimal an einem Tage auftretenden Witterungswechsel verursachen organische Beschwerden aller Art, namentlich Lungen- und Verdauuugskrank- heiteu, und besonders sind es feiner organisierte Naturen, die darunter um meisten leiden. Während dieser Artikel geschrieben wurde, erschien folgender Brief, den ich in der Übersetzung folgen lasse, in den australischen Zeitungen: „Professor Herbert strong an der Liverpooler Universität hat in einem an den Präsi¬ denten der Immigration-League Dr. Arthur in Sydney gerichteten Briefe folgende Warnung an Australien ergehn lassen: Das freundschaftliche Gefühl der Engländer gegen Australien hat sich bedeutend abgekühlt. Die Kaufleute verhalten sich Ihrem neuen Zolltarif gegenüber sehr ablehnend, und das aus- wandrungslustige Volk gewinnt die Überzeugung, daß es besser ist, nach dem die günstigsten Bedingungen gewährenden Kanada zu gehn als nach Australien. Ich bin fest davon überzeugt, daß die Australier in kurzer Zeit für ihre Existenz zu kämpfen haben werden, entweder gegen Japan oder Deutschland. Ich bin mir der Verantwortlichkeit dieser Behauptung wohl bewußt; ich habe in Deutschland gelebt, und daher weiß ich, daß die Deutschen beabsichtigen, uns anzugreifen, um uns unsrer Kolonien zu berauben. Die Australier sind die größten Narren, wenn sie nicht die größten Anstrengungen machen, die Frage der »Gelben Gefahr« «MIov ?<zrü) dadurch zu lösen, indem sie ihr Land mit Weißen bevölkern. Ein großer Teil des englischen Volkes war einst imperialistisch gesinnt, als sie aber hörten, daß die Kolonien nicht ge¬ sonnen sind, ihren Teil zur Verteidigung Englands und seiner Besitzungen beizutragen, so haben sie ihre Ansichten wesentlich geändert. Die meisten Leute glauben hier, daß sich Australien bald von England losmachen wird, vennruhigen sich aber weiter nicht darüber. Professor Pearsons Prophezeiungen sind leider nur zu bald eingetroffen. Die Australier haben ihn gekreuzigt, wie andre Propheten vor ihm, aber seine Stimme tönt aus dem Grabe herauf zu denen, die Ohren haben zu hören. Es ist Ihre Pflicht und Schuldigkeit, dem australischen Arbeiter klarzulegen, daß eine große militärische Monarchie für den Egoismus einer kurzsichtigen Demokratie nur Verachtung hat." Ergänzend möchte ich zu diesem Briefe bemerken, daß die Frage der «Gelben Gefahr" für Australien eine weit größere Bedeutung hat als für Europa. Die einsichtsvollen Politiker hier sind fest davou überzeugt, daß Japan in absehbarer Zeit wenigstens den Norden Australiens besetzen wird. Wer könnte es auch davon abhalten? England sicher nicht, denn ehe es daran denken konnte, dieses zu verhindern, würde die Fahne der aufgehenden Sonne schon über Australien lochen. Eine deutsche Invasion hingegen würde für Deutschland selbst derartige Schwierigkeiten bieten, da es erst England ver-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/511
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/511>, abgerufen am 22.05.2024.