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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Große Berliner Kunstausstellung ^9^9

aufweist. Die Landschaft ist durch Voß, Meingold, Lcuteritz und O'Lynch of
Towu mustergiltig vertreten. Auch einige Plastiker, wie die Bronzebüste des
Zeichners Heine von Behrer und eine Portratbüste von Dasio, fesseln die Auf¬
merksamkeit der Besucher.

Wohl mit das Erfreulichste in der Ausstellung bietet der Künstlerbund
Karlsruhe, besonders in der Landschaft. Hier ist so viel intimes Eingehn auf
die feinsten Schönheiten, so viel individuelles Leben, so viel Helligkeit und
Wärme, daß man seine helle Freude daran haben kann. Nagel und Kampmann,
v. Volkmann, Leiter und Conz mögen von den vielen Tüchtigen genannt sein.
Schönlebers große Kunst wird an einer Reihe von Studien sichtbar, die die
Eigenart des Meisters zeigen.

Von den Sonderausstellungen einzelner Künstler macht sich die Oskar
Zwintschers (Meißen) bemerkbar. Unzweifelhaft ein ganz starkes Talent, das
eigne Wege geht, dabei aber die Sonderbarkeiten des einsam Schaffenden nicht
vermeidet. Zwintschcr ist ein eminenter Zeichner und versteht auch zu malen,
aber wenn er einen unschönen, nackten Frauenkörper neben einem Perlmutter-
kästchen malt, so weiß man nicht recht, warum das überhaupt gemalt wird.
Hier ist viel tüchtiges Können nutzlos vertan. Ganz vortrefflich sind einige
einer Porträts, deren minutiöse Durchführung doch den Gesamteindruck nicht
stört. In unmittelbarer Berührung mit Mitschaffenden würde Zwintschcr vielleicht
manches Unerquickliche abschleifen und einen reineren Genuß gewähren.

Auch der vielseitige und bewegliche Ludwig Dettmann ist mit einer kleinen
Soilderausstcllung vertreten. Sein Mädchen aus Friesland, sein Picknick, aus
früherer Zeit stammend, sowie eine Reihe kleinerer Arbeiten fesseln durch die
Unmittelbarkeit der Anschauung ebenso wie durch die technische Beherrschung
der Mittel. Dettmann ist ein Künstler, der immer interessiert, auch da, wo er
sich, wie in der Heiligen Nacht, einmal vergreift.

Ebenfalls aus Friesland und Föhr holt sich Otto Engel zum Teil seine
Motive. Die kleine Ausstellung seiner Arbeiten beweist, mit welcher Liebe er
sich in das Stückchen Erde vertieft hat, zu dem er allsommerlich wieder zieht,
um sich neue Anregung zu holen. Seine Sturmflut zeigt ihn auch als hervor¬
ragenden Landschaftsmaler, seine Grablegung mit dem feinen Kopf des Joseph
von Arimathia, zu dem der Vater des Künstlers, der Chefredakteur des Neichs-
bvten, als Modell gedient hat, zeigt ihn auch solchen Aufgaben gewachsen.
Es ist, wie die Sturmflut, eine ältere Arbeit, während das Kinderfest, wo es
galt, eine Fülle von Figuren zu bewältigen, neuern Datums ist.

In den sonstigen Sälen sind fast alle Namen, die in der deutsche" Kunst
einen Klang haben, vertreten, aber die Fülle ist zu groß, um auf Einzelheiten
einzugehn. Nur einige Auslnuder, die uns mehr oder weniger etwas zu sagen
haben, mögen noch erwähnt sein: einige Dameuporträts des Amerikaners
John Sargcnt, der schon durch seine Ausstellungen in den Sälen der Akademie
am Pariser Platz den Berlinern bekannt ist. Er nähert sich den großen englischen
Porträtmalern und bringt neben allem eleganten Schliff doch in der Haupt-


Große Berliner Kunstausstellung ^9^9

aufweist. Die Landschaft ist durch Voß, Meingold, Lcuteritz und O'Lynch of
Towu mustergiltig vertreten. Auch einige Plastiker, wie die Bronzebüste des
Zeichners Heine von Behrer und eine Portratbüste von Dasio, fesseln die Auf¬
merksamkeit der Besucher.

Wohl mit das Erfreulichste in der Ausstellung bietet der Künstlerbund
Karlsruhe, besonders in der Landschaft. Hier ist so viel intimes Eingehn auf
die feinsten Schönheiten, so viel individuelles Leben, so viel Helligkeit und
Wärme, daß man seine helle Freude daran haben kann. Nagel und Kampmann,
v. Volkmann, Leiter und Conz mögen von den vielen Tüchtigen genannt sein.
Schönlebers große Kunst wird an einer Reihe von Studien sichtbar, die die
Eigenart des Meisters zeigen.

Von den Sonderausstellungen einzelner Künstler macht sich die Oskar
Zwintschers (Meißen) bemerkbar. Unzweifelhaft ein ganz starkes Talent, das
eigne Wege geht, dabei aber die Sonderbarkeiten des einsam Schaffenden nicht
vermeidet. Zwintschcr ist ein eminenter Zeichner und versteht auch zu malen,
aber wenn er einen unschönen, nackten Frauenkörper neben einem Perlmutter-
kästchen malt, so weiß man nicht recht, warum das überhaupt gemalt wird.
Hier ist viel tüchtiges Können nutzlos vertan. Ganz vortrefflich sind einige
einer Porträts, deren minutiöse Durchführung doch den Gesamteindruck nicht
stört. In unmittelbarer Berührung mit Mitschaffenden würde Zwintschcr vielleicht
manches Unerquickliche abschleifen und einen reineren Genuß gewähren.

Auch der vielseitige und bewegliche Ludwig Dettmann ist mit einer kleinen
Soilderausstcllung vertreten. Sein Mädchen aus Friesland, sein Picknick, aus
früherer Zeit stammend, sowie eine Reihe kleinerer Arbeiten fesseln durch die
Unmittelbarkeit der Anschauung ebenso wie durch die technische Beherrschung
der Mittel. Dettmann ist ein Künstler, der immer interessiert, auch da, wo er
sich, wie in der Heiligen Nacht, einmal vergreift.

Ebenfalls aus Friesland und Föhr holt sich Otto Engel zum Teil seine
Motive. Die kleine Ausstellung seiner Arbeiten beweist, mit welcher Liebe er
sich in das Stückchen Erde vertieft hat, zu dem er allsommerlich wieder zieht,
um sich neue Anregung zu holen. Seine Sturmflut zeigt ihn auch als hervor¬
ragenden Landschaftsmaler, seine Grablegung mit dem feinen Kopf des Joseph
von Arimathia, zu dem der Vater des Künstlers, der Chefredakteur des Neichs-
bvten, als Modell gedient hat, zeigt ihn auch solchen Aufgaben gewachsen.
Es ist, wie die Sturmflut, eine ältere Arbeit, während das Kinderfest, wo es
galt, eine Fülle von Figuren zu bewältigen, neuern Datums ist.

In den sonstigen Sälen sind fast alle Namen, die in der deutsche» Kunst
einen Klang haben, vertreten, aber die Fülle ist zu groß, um auf Einzelheiten
einzugehn. Nur einige Auslnuder, die uns mehr oder weniger etwas zu sagen
haben, mögen noch erwähnt sein: einige Dameuporträts des Amerikaners
John Sargcnt, der schon durch seine Ausstellungen in den Sälen der Akademie
am Pariser Platz den Berlinern bekannt ist. Er nähert sich den großen englischen
Porträtmalern und bringt neben allem eleganten Schliff doch in der Haupt-


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[0425] Große Berliner Kunstausstellung ^9^9 aufweist. Die Landschaft ist durch Voß, Meingold, Lcuteritz und O'Lynch of Towu mustergiltig vertreten. Auch einige Plastiker, wie die Bronzebüste des Zeichners Heine von Behrer und eine Portratbüste von Dasio, fesseln die Auf¬ merksamkeit der Besucher. Wohl mit das Erfreulichste in der Ausstellung bietet der Künstlerbund Karlsruhe, besonders in der Landschaft. Hier ist so viel intimes Eingehn auf die feinsten Schönheiten, so viel individuelles Leben, so viel Helligkeit und Wärme, daß man seine helle Freude daran haben kann. Nagel und Kampmann, v. Volkmann, Leiter und Conz mögen von den vielen Tüchtigen genannt sein. Schönlebers große Kunst wird an einer Reihe von Studien sichtbar, die die Eigenart des Meisters zeigen. Von den Sonderausstellungen einzelner Künstler macht sich die Oskar Zwintschers (Meißen) bemerkbar. Unzweifelhaft ein ganz starkes Talent, das eigne Wege geht, dabei aber die Sonderbarkeiten des einsam Schaffenden nicht vermeidet. Zwintschcr ist ein eminenter Zeichner und versteht auch zu malen, aber wenn er einen unschönen, nackten Frauenkörper neben einem Perlmutter- kästchen malt, so weiß man nicht recht, warum das überhaupt gemalt wird. Hier ist viel tüchtiges Können nutzlos vertan. Ganz vortrefflich sind einige einer Porträts, deren minutiöse Durchführung doch den Gesamteindruck nicht stört. In unmittelbarer Berührung mit Mitschaffenden würde Zwintschcr vielleicht manches Unerquickliche abschleifen und einen reineren Genuß gewähren. Auch der vielseitige und bewegliche Ludwig Dettmann ist mit einer kleinen Soilderausstcllung vertreten. Sein Mädchen aus Friesland, sein Picknick, aus früherer Zeit stammend, sowie eine Reihe kleinerer Arbeiten fesseln durch die Unmittelbarkeit der Anschauung ebenso wie durch die technische Beherrschung der Mittel. Dettmann ist ein Künstler, der immer interessiert, auch da, wo er sich, wie in der Heiligen Nacht, einmal vergreift. Ebenfalls aus Friesland und Föhr holt sich Otto Engel zum Teil seine Motive. Die kleine Ausstellung seiner Arbeiten beweist, mit welcher Liebe er sich in das Stückchen Erde vertieft hat, zu dem er allsommerlich wieder zieht, um sich neue Anregung zu holen. Seine Sturmflut zeigt ihn auch als hervor¬ ragenden Landschaftsmaler, seine Grablegung mit dem feinen Kopf des Joseph von Arimathia, zu dem der Vater des Künstlers, der Chefredakteur des Neichs- bvten, als Modell gedient hat, zeigt ihn auch solchen Aufgaben gewachsen. Es ist, wie die Sturmflut, eine ältere Arbeit, während das Kinderfest, wo es galt, eine Fülle von Figuren zu bewältigen, neuern Datums ist. In den sonstigen Sälen sind fast alle Namen, die in der deutsche» Kunst einen Klang haben, vertreten, aber die Fülle ist zu groß, um auf Einzelheiten einzugehn. Nur einige Auslnuder, die uns mehr oder weniger etwas zu sagen haben, mögen noch erwähnt sein: einige Dameuporträts des Amerikaners John Sargcnt, der schon durch seine Ausstellungen in den Sälen der Akademie am Pariser Platz den Berlinern bekannt ist. Er nähert sich den großen englischen Porträtmalern und bringt neben allem eleganten Schliff doch in der Haupt-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/425>, abgerufen am 13.05.2024.