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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

sie zurückzuhalten und ein Bündnis der bürgerlichen Parteien gegen die Sozial¬
demokraten zustande zu bringen. Das scheint bei der Wahl in Halle der Fall zu
sein, wo nach vielen Fährlichkeiten eine Verständigung gelungen ist.

Mittlerweile hat die norddeutsche Allgemeine Zeitung -- wie alljährlich, wenn
der Entwurf des Reichshaushaltsetats den Bundesrat passiert hat -- das Wichtigste
aus dem neuen Etat zu veröffentlichen begonnen. Man erkennt aus den mitgeteilten
Ziffern das Bestreben, die äußerste Sparsamkeit walten zu lassen, aber es zeigt sich
auch, daß der Reichsverwaltung Aufgaben gestellt sind, die ohne steigenden Aufwand
nicht zu lösen sind. Wie sich die Gesnmllage der Finanzen dabei darstellt, wird
später wohl noch zu erörtern sein, wenn genauere Angaben darüber bekannt sind.

Noch immer hat der Prozeß wegen der Unterschleife an der Kieler Werft nicht
sein Ende erreicht, und es ist begreiflich, daß die Presse während dieser Verhand¬
lungen immer wieder zur Kritik der Verwaltung angeregt wird. Neuerdings scheint
sich diese Kritik zu Angriffen gegen die Reichsmarineverwaltung und den Admiral
von Tirpitz verdichten zu wollen. Was an dieser Auffassung berechtigt ist, läßt sich
aus den mangelhaften Einblicken, die die Berichterstattung über den Prozeß gewährt,
durchaus noch nicht übersehen. Wenn man aber einfach den Vergleich mit der Ver¬
waltung der Landarmee zieht, so muß denn doch gesagt werden, daß dieser Vergleich
nur mit Vorsicht durchzuführen ist. Ein modernes Schiff ist doch in einem ganz
besondern Sinn eine Welt für sich, gar nicht in eine Reihe zu stellen mit einer
Feldtruppe, auch nicht mit den kompliziertesten Kriegsmitteln, über die eine moderne
Armee verfügt. Die Bedingungen, unter denen ein in Dienst gestelltes Kriegsschiff
zu existieren und zu wirken hat, sind so eigenartig, daß dieses komplizierte und von
allen gewöhnlichen Zusammenhängen losgelöste Ineinandergreifen technischer und
wirtschaftlicher Bedürfnisse tatsächlich nirgends sonst eine Parallele findet. Die Werft
ist das große Reservoir, in das vom Lande alles zusammenfließen muß, was die
Schiffe zu ihrer Ausrüstung, Reparatur, Verproviantierung, und was es sonst noch
geben mag, brauchen. Aufgaben von so umfassender Art, die eine Verbindung mit
dem ganzen nationalen Markt fordern, gibt es in der Armee überhaupt nicht. Dort
kann das rein Technische viel sauberer abgetrennt werden; andrerseits verbindet sich
die Tätigkeit der Behörden, in denen die reinen Verwaltungszwecke mehr zentralisiert
sind, viel einfacher mit den praktischen wirtschaftlichen Aufgaben, die die Unterhaltung
und Ausbildung der Truppe fordert, und bei denen die untern Truppenbefehlshaber
mitwirken. Man stelle sich vor, daß alles, was eine Truppe braucht und jemals brauchen
kann, statt wie jetzt bei den Truppen verwaltet zu werden, an einzelnen Plätzen auf¬
gestapelt werden müßte, und daß nun von Zeit zu Zeit eine Anzahl von Truppenteilen so
ausgerüstet werden müßte, daß sie allein längere Zeit in einer Wüste Hausen und mit
allen Hilfsmitteln der Neuzeit Krieg führen sollte. Dann würde es vielleicht
möglich sein, die Tätigkeit der Werftverwaltung mit einer solchen Art von Armee-
Verwaltung zu vergleiche". Nun ist es ja möglich, daß die Verwaltung an ge¬
wissen Kardinalfehlern leidet. Die bisherigen Eindrücke scheinen der Vorstellung
recht zu geben, daß unsre Marineverwaltung vielleicht von vornherein zu sehr der
Neigung nachgegeben hat oder -- wohl richtiger -- hat nachgeben müssen, die
gewohnten Verwaltungssormen der Militärverwaltung zum Muster zu nehmen.
Im Staat und im Heere Preußens regiert eigentlich noch hente König Friedrich
Wilhelm I.; es sind seine -- natürlich in vielen Beziehungen praktisch und ver¬
nünftig gewandelten -- Grundsätze, auf denen das ganze System aufgebaut ist.
Das ist gewiß nicht zum Schaden des Staates gewesen. Aber in der modernen
Werftverwaltung geht das nicht. Da müssen andre Gesichtspunkte berücksichtigt
werden. Dieses Urteil muß freilich zunächst mit aller Vorsicht und jedem Vor¬
behalt ausgesprochen werden. Aber die Verfehlungen oder die Unfähigkeit einzelner


Grenzboten IV 1909 SS
Maßgebliches und Unmaßgebliches

sie zurückzuhalten und ein Bündnis der bürgerlichen Parteien gegen die Sozial¬
demokraten zustande zu bringen. Das scheint bei der Wahl in Halle der Fall zu
sein, wo nach vielen Fährlichkeiten eine Verständigung gelungen ist.

Mittlerweile hat die norddeutsche Allgemeine Zeitung — wie alljährlich, wenn
der Entwurf des Reichshaushaltsetats den Bundesrat passiert hat — das Wichtigste
aus dem neuen Etat zu veröffentlichen begonnen. Man erkennt aus den mitgeteilten
Ziffern das Bestreben, die äußerste Sparsamkeit walten zu lassen, aber es zeigt sich
auch, daß der Reichsverwaltung Aufgaben gestellt sind, die ohne steigenden Aufwand
nicht zu lösen sind. Wie sich die Gesnmllage der Finanzen dabei darstellt, wird
später wohl noch zu erörtern sein, wenn genauere Angaben darüber bekannt sind.

Noch immer hat der Prozeß wegen der Unterschleife an der Kieler Werft nicht
sein Ende erreicht, und es ist begreiflich, daß die Presse während dieser Verhand¬
lungen immer wieder zur Kritik der Verwaltung angeregt wird. Neuerdings scheint
sich diese Kritik zu Angriffen gegen die Reichsmarineverwaltung und den Admiral
von Tirpitz verdichten zu wollen. Was an dieser Auffassung berechtigt ist, läßt sich
aus den mangelhaften Einblicken, die die Berichterstattung über den Prozeß gewährt,
durchaus noch nicht übersehen. Wenn man aber einfach den Vergleich mit der Ver¬
waltung der Landarmee zieht, so muß denn doch gesagt werden, daß dieser Vergleich
nur mit Vorsicht durchzuführen ist. Ein modernes Schiff ist doch in einem ganz
besondern Sinn eine Welt für sich, gar nicht in eine Reihe zu stellen mit einer
Feldtruppe, auch nicht mit den kompliziertesten Kriegsmitteln, über die eine moderne
Armee verfügt. Die Bedingungen, unter denen ein in Dienst gestelltes Kriegsschiff
zu existieren und zu wirken hat, sind so eigenartig, daß dieses komplizierte und von
allen gewöhnlichen Zusammenhängen losgelöste Ineinandergreifen technischer und
wirtschaftlicher Bedürfnisse tatsächlich nirgends sonst eine Parallele findet. Die Werft
ist das große Reservoir, in das vom Lande alles zusammenfließen muß, was die
Schiffe zu ihrer Ausrüstung, Reparatur, Verproviantierung, und was es sonst noch
geben mag, brauchen. Aufgaben von so umfassender Art, die eine Verbindung mit
dem ganzen nationalen Markt fordern, gibt es in der Armee überhaupt nicht. Dort
kann das rein Technische viel sauberer abgetrennt werden; andrerseits verbindet sich
die Tätigkeit der Behörden, in denen die reinen Verwaltungszwecke mehr zentralisiert
sind, viel einfacher mit den praktischen wirtschaftlichen Aufgaben, die die Unterhaltung
und Ausbildung der Truppe fordert, und bei denen die untern Truppenbefehlshaber
mitwirken. Man stelle sich vor, daß alles, was eine Truppe braucht und jemals brauchen
kann, statt wie jetzt bei den Truppen verwaltet zu werden, an einzelnen Plätzen auf¬
gestapelt werden müßte, und daß nun von Zeit zu Zeit eine Anzahl von Truppenteilen so
ausgerüstet werden müßte, daß sie allein längere Zeit in einer Wüste Hausen und mit
allen Hilfsmitteln der Neuzeit Krieg führen sollte. Dann würde es vielleicht
möglich sein, die Tätigkeit der Werftverwaltung mit einer solchen Art von Armee-
Verwaltung zu vergleiche». Nun ist es ja möglich, daß die Verwaltung an ge¬
wissen Kardinalfehlern leidet. Die bisherigen Eindrücke scheinen der Vorstellung
recht zu geben, daß unsre Marineverwaltung vielleicht von vornherein zu sehr der
Neigung nachgegeben hat oder — wohl richtiger — hat nachgeben müssen, die
gewohnten Verwaltungssormen der Militärverwaltung zum Muster zu nehmen.
Im Staat und im Heere Preußens regiert eigentlich noch hente König Friedrich
Wilhelm I.; es sind seine — natürlich in vielen Beziehungen praktisch und ver¬
nünftig gewandelten — Grundsätze, auf denen das ganze System aufgebaut ist.
Das ist gewiß nicht zum Schaden des Staates gewesen. Aber in der modernen
Werftverwaltung geht das nicht. Da müssen andre Gesichtspunkte berücksichtigt
werden. Dieses Urteil muß freilich zunächst mit aller Vorsicht und jedem Vor¬
behalt ausgesprochen werden. Aber die Verfehlungen oder die Unfähigkeit einzelner


Grenzboten IV 1909 SS
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[0437] Maßgebliches und Unmaßgebliches sie zurückzuhalten und ein Bündnis der bürgerlichen Parteien gegen die Sozial¬ demokraten zustande zu bringen. Das scheint bei der Wahl in Halle der Fall zu sein, wo nach vielen Fährlichkeiten eine Verständigung gelungen ist. Mittlerweile hat die norddeutsche Allgemeine Zeitung — wie alljährlich, wenn der Entwurf des Reichshaushaltsetats den Bundesrat passiert hat — das Wichtigste aus dem neuen Etat zu veröffentlichen begonnen. Man erkennt aus den mitgeteilten Ziffern das Bestreben, die äußerste Sparsamkeit walten zu lassen, aber es zeigt sich auch, daß der Reichsverwaltung Aufgaben gestellt sind, die ohne steigenden Aufwand nicht zu lösen sind. Wie sich die Gesnmllage der Finanzen dabei darstellt, wird später wohl noch zu erörtern sein, wenn genauere Angaben darüber bekannt sind. Noch immer hat der Prozeß wegen der Unterschleife an der Kieler Werft nicht sein Ende erreicht, und es ist begreiflich, daß die Presse während dieser Verhand¬ lungen immer wieder zur Kritik der Verwaltung angeregt wird. Neuerdings scheint sich diese Kritik zu Angriffen gegen die Reichsmarineverwaltung und den Admiral von Tirpitz verdichten zu wollen. Was an dieser Auffassung berechtigt ist, läßt sich aus den mangelhaften Einblicken, die die Berichterstattung über den Prozeß gewährt, durchaus noch nicht übersehen. Wenn man aber einfach den Vergleich mit der Ver¬ waltung der Landarmee zieht, so muß denn doch gesagt werden, daß dieser Vergleich nur mit Vorsicht durchzuführen ist. Ein modernes Schiff ist doch in einem ganz besondern Sinn eine Welt für sich, gar nicht in eine Reihe zu stellen mit einer Feldtruppe, auch nicht mit den kompliziertesten Kriegsmitteln, über die eine moderne Armee verfügt. Die Bedingungen, unter denen ein in Dienst gestelltes Kriegsschiff zu existieren und zu wirken hat, sind so eigenartig, daß dieses komplizierte und von allen gewöhnlichen Zusammenhängen losgelöste Ineinandergreifen technischer und wirtschaftlicher Bedürfnisse tatsächlich nirgends sonst eine Parallele findet. Die Werft ist das große Reservoir, in das vom Lande alles zusammenfließen muß, was die Schiffe zu ihrer Ausrüstung, Reparatur, Verproviantierung, und was es sonst noch geben mag, brauchen. Aufgaben von so umfassender Art, die eine Verbindung mit dem ganzen nationalen Markt fordern, gibt es in der Armee überhaupt nicht. Dort kann das rein Technische viel sauberer abgetrennt werden; andrerseits verbindet sich die Tätigkeit der Behörden, in denen die reinen Verwaltungszwecke mehr zentralisiert sind, viel einfacher mit den praktischen wirtschaftlichen Aufgaben, die die Unterhaltung und Ausbildung der Truppe fordert, und bei denen die untern Truppenbefehlshaber mitwirken. Man stelle sich vor, daß alles, was eine Truppe braucht und jemals brauchen kann, statt wie jetzt bei den Truppen verwaltet zu werden, an einzelnen Plätzen auf¬ gestapelt werden müßte, und daß nun von Zeit zu Zeit eine Anzahl von Truppenteilen so ausgerüstet werden müßte, daß sie allein längere Zeit in einer Wüste Hausen und mit allen Hilfsmitteln der Neuzeit Krieg führen sollte. Dann würde es vielleicht möglich sein, die Tätigkeit der Werftverwaltung mit einer solchen Art von Armee- Verwaltung zu vergleiche». Nun ist es ja möglich, daß die Verwaltung an ge¬ wissen Kardinalfehlern leidet. Die bisherigen Eindrücke scheinen der Vorstellung recht zu geben, daß unsre Marineverwaltung vielleicht von vornherein zu sehr der Neigung nachgegeben hat oder — wohl richtiger — hat nachgeben müssen, die gewohnten Verwaltungssormen der Militärverwaltung zum Muster zu nehmen. Im Staat und im Heere Preußens regiert eigentlich noch hente König Friedrich Wilhelm I.; es sind seine — natürlich in vielen Beziehungen praktisch und ver¬ nünftig gewandelten — Grundsätze, auf denen das ganze System aufgebaut ist. Das ist gewiß nicht zum Schaden des Staates gewesen. Aber in der modernen Werftverwaltung geht das nicht. Da müssen andre Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Dieses Urteil muß freilich zunächst mit aller Vorsicht und jedem Vor¬ behalt ausgesprochen werden. Aber die Verfehlungen oder die Unfähigkeit einzelner Grenzboten IV 1909 SS

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/437>, abgerufen am 21.05.2024.