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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

dazu geführt haben, Elsaß-Lothringen die Stellung als Reichsland anzuweisen,
im Lauf der Entwicklung nicht die Frucht getragen haben, die man im Jahre 1871
erwarten durfte. Gedanken, die heute im Zusammenhang mit großen Eindrücken
der Zeit die richtigste und glücklichste Lösung einer Frage bedeuten können, sind
nach einem Menschenalter vielleicht etwas ganz andres geworden. Wir glauben
freilich nicht, daß sich die Regierung jetzt mit radikalen Ideen trägt. Man wird
voraussichtlich dem Reichsland eine freiere Stellung gegenüber dem Bundesrat
geben, in verschiednen Beziehungen sein Selbstbestimmungsrecht erweitern und
die Verwaltung reformieren, auch vielleicht das Wahlrecht ändern. Aber die
elsaß-lothringische Frage wird damit nicht gelöst sein, und deshalb wird jede
weitere Arbeit an der völligen Klärung und Lösung auch ferner noch sehr
wünschenswert bleiben.






Maßgebliches und Unmaßgebliches

dazu geführt haben, Elsaß-Lothringen die Stellung als Reichsland anzuweisen,
im Lauf der Entwicklung nicht die Frucht getragen haben, die man im Jahre 1871
erwarten durfte. Gedanken, die heute im Zusammenhang mit großen Eindrücken
der Zeit die richtigste und glücklichste Lösung einer Frage bedeuten können, sind
nach einem Menschenalter vielleicht etwas ganz andres geworden. Wir glauben
freilich nicht, daß sich die Regierung jetzt mit radikalen Ideen trägt. Man wird
voraussichtlich dem Reichsland eine freiere Stellung gegenüber dem Bundesrat
geben, in verschiednen Beziehungen sein Selbstbestimmungsrecht erweitern und
die Verwaltung reformieren, auch vielleicht das Wahlrecht ändern. Aber die
elsaß-lothringische Frage wird damit nicht gelöst sein, und deshalb wird jede
weitere Arbeit an der völligen Klärung und Lösung auch ferner noch sehr
wünschenswert bleiben.






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[0163] Maßgebliches und Unmaßgebliches dazu geführt haben, Elsaß-Lothringen die Stellung als Reichsland anzuweisen, im Lauf der Entwicklung nicht die Frucht getragen haben, die man im Jahre 1871 erwarten durfte. Gedanken, die heute im Zusammenhang mit großen Eindrücken der Zeit die richtigste und glücklichste Lösung einer Frage bedeuten können, sind nach einem Menschenalter vielleicht etwas ganz andres geworden. Wir glauben freilich nicht, daß sich die Regierung jetzt mit radikalen Ideen trägt. Man wird voraussichtlich dem Reichsland eine freiere Stellung gegenüber dem Bundesrat geben, in verschiednen Beziehungen sein Selbstbestimmungsrecht erweitern und die Verwaltung reformieren, auch vielleicht das Wahlrecht ändern. Aber die elsaß-lothringische Frage wird damit nicht gelöst sein, und deshalb wird jede weitere Arbeit an der völligen Klärung und Lösung auch ferner noch sehr wünschenswert bleiben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/163>, abgerufen am 10.06.2024.