Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Reichsspiegel

typisch für unsere wirtschaftliche Situation: 1908 beteiligt sich das Privatkapital
mit 331/2 Millionen Mark an der Erschließung dieser Industrie, 1909 ist unter
der Einwirkung der langen Syndikatswirren und der dadurch hervorgerufenen
Unsicherheit in der Zukunft und Rentabilität des Kaliabsatzes eine stärkere Zurück¬
haltung wahrnehmbar; kaum ist aber -- seit Mai 1910 -- das neue Reichs¬
kaligesetz unter Dach und Fach, so schießen die Neugründungen, die Feldcr-
teilungen und die Finanzierung älterer Unternehmungen wie die Pilze nach einem
warmen Regen aus dem Boden, und das Ergebnis sehen wir in der Investition
von 53 Millionen Mark, die doch zu einem sehr erheblichen Teil aus den Taschen
des Privatpublikums fließen, das also über genügend disponible Mittel verfilzen
muß, um eine vielleicht lohnende, aber jedenfalls nicht risikolose Anlage zu suchen.
Diesem allgemeinen Wetteifer kann sich auch der Staat nicht entziehen, wenn
er seine Machtstellung und seinen Einfluß in, Kalibergbau behaupten will, und
so werden wir wohl in nicht allzu ferner Zeit mit der Kunde überrascht werden,
daß auch der preußische Fiskus neue Schächte baut oder fertige Unternehmungen
sich angliedert. Ist er doch erst feit kurzem auch der mächtigste Kohlenfelder-
besttzer in Preußen geworden durch die vor einigen Wochen erfolgte Verleihung
von Bergwerkseigentum über 250 preußische Maximalfelder 457^ Millionen
G polydor eviertmeter Flächeninhalt!




Reichsspiegel

typisch für unsere wirtschaftliche Situation: 1908 beteiligt sich das Privatkapital
mit 331/2 Millionen Mark an der Erschließung dieser Industrie, 1909 ist unter
der Einwirkung der langen Syndikatswirren und der dadurch hervorgerufenen
Unsicherheit in der Zukunft und Rentabilität des Kaliabsatzes eine stärkere Zurück¬
haltung wahrnehmbar; kaum ist aber — seit Mai 1910 — das neue Reichs¬
kaligesetz unter Dach und Fach, so schießen die Neugründungen, die Feldcr-
teilungen und die Finanzierung älterer Unternehmungen wie die Pilze nach einem
warmen Regen aus dem Boden, und das Ergebnis sehen wir in der Investition
von 53 Millionen Mark, die doch zu einem sehr erheblichen Teil aus den Taschen
des Privatpublikums fließen, das also über genügend disponible Mittel verfilzen
muß, um eine vielleicht lohnende, aber jedenfalls nicht risikolose Anlage zu suchen.
Diesem allgemeinen Wetteifer kann sich auch der Staat nicht entziehen, wenn
er seine Machtstellung und seinen Einfluß in, Kalibergbau behaupten will, und
so werden wir wohl in nicht allzu ferner Zeit mit der Kunde überrascht werden,
daß auch der preußische Fiskus neue Schächte baut oder fertige Unternehmungen
sich angliedert. Ist er doch erst feit kurzem auch der mächtigste Kohlenfelder-
besttzer in Preußen geworden durch die vor einigen Wochen erfolgte Verleihung
von Bergwerkseigentum über 250 preußische Maximalfelder 457^ Millionen
G polydor eviertmeter Flächeninhalt!




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317682"/>
            <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_332" prev="#ID_331"> typisch für unsere wirtschaftliche Situation: 1908 beteiligt sich das Privatkapital<lb/>
mit 331/2 Millionen Mark an der Erschließung dieser Industrie, 1909 ist unter<lb/>
der Einwirkung der langen Syndikatswirren und der dadurch hervorgerufenen<lb/>
Unsicherheit in der Zukunft und Rentabilität des Kaliabsatzes eine stärkere Zurück¬<lb/>
haltung wahrnehmbar; kaum ist aber &#x2014; seit Mai 1910 &#x2014; das neue Reichs¬<lb/>
kaligesetz unter Dach und Fach, so schießen die Neugründungen, die Feldcr-<lb/>
teilungen und die Finanzierung älterer Unternehmungen wie die Pilze nach einem<lb/>
warmen Regen aus dem Boden, und das Ergebnis sehen wir in der Investition<lb/>
von 53 Millionen Mark, die doch zu einem sehr erheblichen Teil aus den Taschen<lb/>
des Privatpublikums fließen, das also über genügend disponible Mittel verfilzen<lb/>
muß, um eine vielleicht lohnende, aber jedenfalls nicht risikolose Anlage zu suchen.<lb/>
Diesem allgemeinen Wetteifer kann sich auch der Staat nicht entziehen, wenn<lb/>
er seine Machtstellung und seinen Einfluß in, Kalibergbau behaupten will, und<lb/>
so werden wir wohl in nicht allzu ferner Zeit mit der Kunde überrascht werden,<lb/>
daß auch der preußische Fiskus neue Schächte baut oder fertige Unternehmungen<lb/>
sich angliedert. Ist er doch erst feit kurzem auch der mächtigste Kohlenfelder-<lb/>
besttzer in Preußen geworden durch die vor einigen Wochen erfolgte Verleihung<lb/>
von Bergwerkseigentum über 250 preußische Maximalfelder 457^ Millionen<lb/>
G<note type="byline"> polydor</note> eviertmeter Flächeninhalt! </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0069] Reichsspiegel typisch für unsere wirtschaftliche Situation: 1908 beteiligt sich das Privatkapital mit 331/2 Millionen Mark an der Erschließung dieser Industrie, 1909 ist unter der Einwirkung der langen Syndikatswirren und der dadurch hervorgerufenen Unsicherheit in der Zukunft und Rentabilität des Kaliabsatzes eine stärkere Zurück¬ haltung wahrnehmbar; kaum ist aber — seit Mai 1910 — das neue Reichs¬ kaligesetz unter Dach und Fach, so schießen die Neugründungen, die Feldcr- teilungen und die Finanzierung älterer Unternehmungen wie die Pilze nach einem warmen Regen aus dem Boden, und das Ergebnis sehen wir in der Investition von 53 Millionen Mark, die doch zu einem sehr erheblichen Teil aus den Taschen des Privatpublikums fließen, das also über genügend disponible Mittel verfilzen muß, um eine vielleicht lohnende, aber jedenfalls nicht risikolose Anlage zu suchen. Diesem allgemeinen Wetteifer kann sich auch der Staat nicht entziehen, wenn er seine Machtstellung und seinen Einfluß in, Kalibergbau behaupten will, und so werden wir wohl in nicht allzu ferner Zeit mit der Kunde überrascht werden, daß auch der preußische Fiskus neue Schächte baut oder fertige Unternehmungen sich angliedert. Ist er doch erst feit kurzem auch der mächtigste Kohlenfelder- besttzer in Preußen geworden durch die vor einigen Wochen erfolgte Verleihung von Bergwerkseigentum über 250 preußische Maximalfelder 457^ Millionen G polydor eviertmeter Flächeninhalt!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/69
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/69>, abgerufen am 22.05.2024.