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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

noch nicht sind, nicht erst von ihm gefangen
nehmen zu lassen.

Jeder Stand will seine eigene Vertretung
im politischen Leben haben. Das ist auch
durchaus berechtigt, denn wenn ein Teil des
Volkes keine Vertretung hat, so wird er stets
zu kurz wegkommen, und das wird dem Staate,
der Gesamtheit zum Vorteil nicht gereichen.
Es ist also ein durchaus berechtigtes Streben,
wenn auch die Arbeiter eine eigene Vertretung,
in den Parlamenten besonders, erstreben. Ein
kleiner Teil der Arbeiter Deutschlands hat ja
nun schon eine Vertretung in der sozialdemo¬
kratischen Partei, aber es ist nur ein ganz
verschwindend kleiner Teil. ES kann auch kein
vernünftiger Mensch wünschen, daß der Teil
größer werde. Selbst ein großer Teil der
Arbeiter wünscht es nicht, da diese sogenannte
Partei der Freiheit, Gleichheit und Brüder¬
lichkeit in der tollsten Weise jede Selbstän¬
digkeit im Handeln und Denken unterdrückt,
da sie Hoffnungen macht, die nicht zu erfüllen
sind. Es gilt also im Interesse der Arbeiter
ganz besonders, eine Arbeiterpartei zu schaffen,
die auf dem Boden der Verfassung steht und
ihren Zweck, den Arbeitern zu nützen, nicht
durch wüstes Gesetze, sondern durch friedliche,
ernste Arbeit mit den anderen Parteien zu¬
sammen zu erreichen sucht. Wie aber eine
solche Partei, eine nationale Arbeiterpartei
schaffen? Wer hat die Sozialdemokratie ge¬
schaffen? Die freien Gewerkschaften. Wenn
sie auch wirtschaftlicher Natur waren, so haben
sie doch gleichzeitig die Arbeiter, indem- sie sie
wirtschaftlich einem, auch Politisch geeint, und
aus den Gewerkschaftsführern sind damit gleich¬
zeitig auch politische Führer geworden. Einzig
und allein auf dieselbe Weise kann auch mir
die nationale Arbeiterpartei gegründet werden.
Sie kann nicht aus Luft entstehen, sondern
sie muß eine feste Grundlage haben, und das
können nur nationale Gewerkschaften sein.
Mit reichlichen Mitteln ausgestattet, müssen sie,
ohne vom Arbeiter allzu hohe Beiträge ein¬
zuziehen, den Arbeitern für alle möglichen

[Spaltenumbruch]

Zwecke große Leistungen gewähren. Im An¬
fang werden sie, um gleich mit den freien
Gewerkschaften in Konkurrenz treten zu können,
Zuschüsse von feiten der Besitzenden bedürfen.
Je eher sie aufhören können, um so besser,
denn dann sieht der Arbeiter bald, daß es
sein eigenes, von keinen: Arbeitgeber mehr
der Unterstützung bedürfendes Unternehmen
ist, und das gibt ihn: ein größeres Vertrauen
zu der Sache. Unter demselben Gesichtswinkel
betrachtet ist es auch absolut notwendig, daß
die Arbeiter die Leitung der nationalen Ge¬
werkschaften selbst in die Hand nehmen. Die
gelben Verbände sind ein warnendes Beispiel.
Aus diesen nationalen Gewerkschaften wird
dann ziemlich von selbst auch die nationale
Arbeiterpartei hervorgehen. Je mehr sie
wachsen, uni so größer und einflußreicher
wird auch die Partei werden. Mit der Zu¬
nahme der nationalen Gewerkschaften werden
die freien um Mitgliederzahl verlieren, und
mit dem Zunehmen der Partei wird die Stärke
und der Einfluß der sozialdemokratischen Partei
abnehmen.

[Ende Spaltensatz]

Um das ganze Werk zustande zu bringen,
ist eins vor allem notwendig: Einheit. Wir
haben schon Hirsch-Dunkersche und christliche
Gewerkschaften, vaterländische Arbeitervereine
u. a. in. Warum haben sie alle den freien
Gewerkschaften gegenüber auf wirtschaftlichem
Gebiete geringe, auf Politischen fast gar keine
Bedeutung? Weil die Macht, die sie hätten,
wenn sie alle eins wären, verzettelt ist. Klein¬
liche Parteigegensätze u. a. haben sie teil¬
weise zu ärgsten Feinden gemacht, und die
freien Gewerkschaften haben natürlich das
Lachen. Weg mit allen den kleinen Gegen¬
sätzen, weg mit allen den verschiedenen Ver¬
einen, hinein in eine riesige nationale Organi¬
sation! Nur so wird man zum Ziele kommen.
Nur so wird durch eine riesige nationale
Arbeiterorganisation die Grundlage für eine
einflußreiche, die sozialdemokratische Partei
vernichtende nationale Arbeiterpartei geschaffen.
Albrecht Graf zu Stolberg IVernigerode




Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

noch nicht sind, nicht erst von ihm gefangen
nehmen zu lassen.

Jeder Stand will seine eigene Vertretung
im politischen Leben haben. Das ist auch
durchaus berechtigt, denn wenn ein Teil des
Volkes keine Vertretung hat, so wird er stets
zu kurz wegkommen, und das wird dem Staate,
der Gesamtheit zum Vorteil nicht gereichen.
Es ist also ein durchaus berechtigtes Streben,
wenn auch die Arbeiter eine eigene Vertretung,
in den Parlamenten besonders, erstreben. Ein
kleiner Teil der Arbeiter Deutschlands hat ja
nun schon eine Vertretung in der sozialdemo¬
kratischen Partei, aber es ist nur ein ganz
verschwindend kleiner Teil. ES kann auch kein
vernünftiger Mensch wünschen, daß der Teil
größer werde. Selbst ein großer Teil der
Arbeiter wünscht es nicht, da diese sogenannte
Partei der Freiheit, Gleichheit und Brüder¬
lichkeit in der tollsten Weise jede Selbstän¬
digkeit im Handeln und Denken unterdrückt,
da sie Hoffnungen macht, die nicht zu erfüllen
sind. Es gilt also im Interesse der Arbeiter
ganz besonders, eine Arbeiterpartei zu schaffen,
die auf dem Boden der Verfassung steht und
ihren Zweck, den Arbeitern zu nützen, nicht
durch wüstes Gesetze, sondern durch friedliche,
ernste Arbeit mit den anderen Parteien zu¬
sammen zu erreichen sucht. Wie aber eine
solche Partei, eine nationale Arbeiterpartei
schaffen? Wer hat die Sozialdemokratie ge¬
schaffen? Die freien Gewerkschaften. Wenn
sie auch wirtschaftlicher Natur waren, so haben
sie doch gleichzeitig die Arbeiter, indem- sie sie
wirtschaftlich einem, auch Politisch geeint, und
aus den Gewerkschaftsführern sind damit gleich¬
zeitig auch politische Führer geworden. Einzig
und allein auf dieselbe Weise kann auch mir
die nationale Arbeiterpartei gegründet werden.
Sie kann nicht aus Luft entstehen, sondern
sie muß eine feste Grundlage haben, und das
können nur nationale Gewerkschaften sein.
Mit reichlichen Mitteln ausgestattet, müssen sie,
ohne vom Arbeiter allzu hohe Beiträge ein¬
zuziehen, den Arbeitern für alle möglichen

[Spaltenumbruch]

Zwecke große Leistungen gewähren. Im An¬
fang werden sie, um gleich mit den freien
Gewerkschaften in Konkurrenz treten zu können,
Zuschüsse von feiten der Besitzenden bedürfen.
Je eher sie aufhören können, um so besser,
denn dann sieht der Arbeiter bald, daß es
sein eigenes, von keinen: Arbeitgeber mehr
der Unterstützung bedürfendes Unternehmen
ist, und das gibt ihn: ein größeres Vertrauen
zu der Sache. Unter demselben Gesichtswinkel
betrachtet ist es auch absolut notwendig, daß
die Arbeiter die Leitung der nationalen Ge¬
werkschaften selbst in die Hand nehmen. Die
gelben Verbände sind ein warnendes Beispiel.
Aus diesen nationalen Gewerkschaften wird
dann ziemlich von selbst auch die nationale
Arbeiterpartei hervorgehen. Je mehr sie
wachsen, uni so größer und einflußreicher
wird auch die Partei werden. Mit der Zu¬
nahme der nationalen Gewerkschaften werden
die freien um Mitgliederzahl verlieren, und
mit dem Zunehmen der Partei wird die Stärke
und der Einfluß der sozialdemokratischen Partei
abnehmen.

[Ende Spaltensatz]

Um das ganze Werk zustande zu bringen,
ist eins vor allem notwendig: Einheit. Wir
haben schon Hirsch-Dunkersche und christliche
Gewerkschaften, vaterländische Arbeitervereine
u. a. in. Warum haben sie alle den freien
Gewerkschaften gegenüber auf wirtschaftlichem
Gebiete geringe, auf Politischen fast gar keine
Bedeutung? Weil die Macht, die sie hätten,
wenn sie alle eins wären, verzettelt ist. Klein¬
liche Parteigegensätze u. a. haben sie teil¬
weise zu ärgsten Feinden gemacht, und die
freien Gewerkschaften haben natürlich das
Lachen. Weg mit allen den kleinen Gegen¬
sätzen, weg mit allen den verschiedenen Ver¬
einen, hinein in eine riesige nationale Organi¬
sation! Nur so wird man zum Ziele kommen.
Nur so wird durch eine riesige nationale
Arbeiterorganisation die Grundlage für eine
einflußreiche, die sozialdemokratische Partei
vernichtende nationale Arbeiterpartei geschaffen.
Albrecht Graf zu Stolberg IVernigerode




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[0291] Maßgebliches und Unmaßgebliches noch nicht sind, nicht erst von ihm gefangen nehmen zu lassen. Jeder Stand will seine eigene Vertretung im politischen Leben haben. Das ist auch durchaus berechtigt, denn wenn ein Teil des Volkes keine Vertretung hat, so wird er stets zu kurz wegkommen, und das wird dem Staate, der Gesamtheit zum Vorteil nicht gereichen. Es ist also ein durchaus berechtigtes Streben, wenn auch die Arbeiter eine eigene Vertretung, in den Parlamenten besonders, erstreben. Ein kleiner Teil der Arbeiter Deutschlands hat ja nun schon eine Vertretung in der sozialdemo¬ kratischen Partei, aber es ist nur ein ganz verschwindend kleiner Teil. ES kann auch kein vernünftiger Mensch wünschen, daß der Teil größer werde. Selbst ein großer Teil der Arbeiter wünscht es nicht, da diese sogenannte Partei der Freiheit, Gleichheit und Brüder¬ lichkeit in der tollsten Weise jede Selbstän¬ digkeit im Handeln und Denken unterdrückt, da sie Hoffnungen macht, die nicht zu erfüllen sind. Es gilt also im Interesse der Arbeiter ganz besonders, eine Arbeiterpartei zu schaffen, die auf dem Boden der Verfassung steht und ihren Zweck, den Arbeitern zu nützen, nicht durch wüstes Gesetze, sondern durch friedliche, ernste Arbeit mit den anderen Parteien zu¬ sammen zu erreichen sucht. Wie aber eine solche Partei, eine nationale Arbeiterpartei schaffen? Wer hat die Sozialdemokratie ge¬ schaffen? Die freien Gewerkschaften. Wenn sie auch wirtschaftlicher Natur waren, so haben sie doch gleichzeitig die Arbeiter, indem- sie sie wirtschaftlich einem, auch Politisch geeint, und aus den Gewerkschaftsführern sind damit gleich¬ zeitig auch politische Führer geworden. Einzig und allein auf dieselbe Weise kann auch mir die nationale Arbeiterpartei gegründet werden. Sie kann nicht aus Luft entstehen, sondern sie muß eine feste Grundlage haben, und das können nur nationale Gewerkschaften sein. Mit reichlichen Mitteln ausgestattet, müssen sie, ohne vom Arbeiter allzu hohe Beiträge ein¬ zuziehen, den Arbeitern für alle möglichen Zwecke große Leistungen gewähren. Im An¬ fang werden sie, um gleich mit den freien Gewerkschaften in Konkurrenz treten zu können, Zuschüsse von feiten der Besitzenden bedürfen. Je eher sie aufhören können, um so besser, denn dann sieht der Arbeiter bald, daß es sein eigenes, von keinen: Arbeitgeber mehr der Unterstützung bedürfendes Unternehmen ist, und das gibt ihn: ein größeres Vertrauen zu der Sache. Unter demselben Gesichtswinkel betrachtet ist es auch absolut notwendig, daß die Arbeiter die Leitung der nationalen Ge¬ werkschaften selbst in die Hand nehmen. Die gelben Verbände sind ein warnendes Beispiel. Aus diesen nationalen Gewerkschaften wird dann ziemlich von selbst auch die nationale Arbeiterpartei hervorgehen. Je mehr sie wachsen, uni so größer und einflußreicher wird auch die Partei werden. Mit der Zu¬ nahme der nationalen Gewerkschaften werden die freien um Mitgliederzahl verlieren, und mit dem Zunehmen der Partei wird die Stärke und der Einfluß der sozialdemokratischen Partei abnehmen. Um das ganze Werk zustande zu bringen, ist eins vor allem notwendig: Einheit. Wir haben schon Hirsch-Dunkersche und christliche Gewerkschaften, vaterländische Arbeitervereine u. a. in. Warum haben sie alle den freien Gewerkschaften gegenüber auf wirtschaftlichem Gebiete geringe, auf Politischen fast gar keine Bedeutung? Weil die Macht, die sie hätten, wenn sie alle eins wären, verzettelt ist. Klein¬ liche Parteigegensätze u. a. haben sie teil¬ weise zu ärgsten Feinden gemacht, und die freien Gewerkschaften haben natürlich das Lachen. Weg mit allen den kleinen Gegen¬ sätzen, weg mit allen den verschiedenen Ver¬ einen, hinein in eine riesige nationale Organi¬ sation! Nur so wird man zum Ziele kommen. Nur so wird durch eine riesige nationale Arbeiterorganisation die Grundlage für eine einflußreiche, die sozialdemokratische Partei vernichtende nationale Arbeiterpartei geschaffen. Albrecht Graf zu Stolberg IVernigerode

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/291>, abgerufen am 10.06.2024.