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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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und sonstige Sperren. Als erster aller Staaten hat das Deutsche Reich durch
Schaffung einer besonderen Inspektion des Minenwesens diese neue Waffe mit
allen Mitteln gefördert. Man wird aus dieser Tatsache den Schluß ziehen
dürfen, daß die deutsche Marine sich die Lehren aus dem letzten Kriege gerade
hinsichtlich der Mine als einer vorzüglich geeigneten Verteidigungswaffe, die
besonders für die deutschen Küstengewässer sehr geeignet ist, in weitgehendster
Weise wird zu Nutzen gemacht haben.

Ohne Kriegserklärung haben die Japaner die Russen in Port Arthur, die
-- vielleicht nicht ohne ihre Schuld -- in keiner Weise vorbereitet waren auf
Krieg und Angriff, nach genau ausgearbeitetem Plan überfallen. Kein Volk
versteht zu spionieren wie das japanische. Zu Hunderten haben ihre Offiziere
in verschiedenster Verkleidung an allen Orten Ostasiens, in Singapme und
Suez, in Kairo und Kapstadt gesessen. Was zu wissen wert war, haben sie
gewußt, haben sie benutzt zu ihrem Kriegsplan. Sie haben keine Mühe
gescheut und keine Arbeit und keine Dienstverrichtung und sind emsig gewesen
und gierig, zu hören und zu sehen. Und doch hat Port Arthur standgehalten
und der erste unerwartete Angriff auf die Landbefestigungen hat den Russen
nur unwesentlich geschadet.

Die in letzter Zeit von verschiedenen Zeitungen gebrachten Gerüchte, das
Emden als Kriegshafen eingerichtet werden solle, sind bisher unbestätigt
geblieben. Für die Einrichtung eines militärischen Stützpunktes in Emden
könnten mehrere Gründe sprechen: seine vorzügliche Lage an der Westecke
uuserer Nordseelinie, seine technischen und wirlschafilichen Hilfsquellen, der
Wunsch, Wilhelmshaven, das schon jetzt die drittgrößte Garnison des deutschen
Reiches ist, zu entlasten und anderes. Mancherlei Nachteile, vor allem die
Kohlenfrage, sprechen aber auch dagegen. Für die Entscheidung kann allein
die Bedürfnisfrage maßgebend sein. Rücksichten auf die Empfindlichkeit anderer
können dabei ebenso wenig in Betracht kommen, als England immer neue,
auf das modernste ausgerüstete Stützpunkte an seiner Nordseeküste errichtet.

Ob Emden später einmal als Kriegshafen wird ausgebaut werden, muß
also der Zukunft überlassen bleiben, ebenso ob wir einmal einen Ems-Elbe-
Kanal bekommen werden, wie ihn der Neichstagsabgeordnete Dr. Semmler
mit einem immer wiederkehrenden ceterum censeo seit Jahren befürwortet.
Man wird von der Reichsregierung erwarten dürfen, daß sie, wenn der
militärische und wirtschaftliche Wert eines solchen Kanals nach ihrer Ansicht in
einem angemessenen Verhältnis zu seinen Baukosten steht, vor der Forderung,
den Kaiser-Wilhelm-Kanal bis nach Emden zu verlängern, nicht zurück¬
schrecken würde.

Daß man die Ems für einen hervorragenden Stützpunkt leichterer Streit-
kräfte, im besonderen von Torpedobooten und Unterseeboten, hält, scheint daraus
hervorzugehen, daß man Borkum in letzter Zeit stark befestigt hat. Vielleicht
war der Gedanke hierbei bestimmend, auf alle Fälle ausschließen zu wollen,


und sonstige Sperren. Als erster aller Staaten hat das Deutsche Reich durch
Schaffung einer besonderen Inspektion des Minenwesens diese neue Waffe mit
allen Mitteln gefördert. Man wird aus dieser Tatsache den Schluß ziehen
dürfen, daß die deutsche Marine sich die Lehren aus dem letzten Kriege gerade
hinsichtlich der Mine als einer vorzüglich geeigneten Verteidigungswaffe, die
besonders für die deutschen Küstengewässer sehr geeignet ist, in weitgehendster
Weise wird zu Nutzen gemacht haben.

Ohne Kriegserklärung haben die Japaner die Russen in Port Arthur, die
— vielleicht nicht ohne ihre Schuld — in keiner Weise vorbereitet waren auf
Krieg und Angriff, nach genau ausgearbeitetem Plan überfallen. Kein Volk
versteht zu spionieren wie das japanische. Zu Hunderten haben ihre Offiziere
in verschiedenster Verkleidung an allen Orten Ostasiens, in Singapme und
Suez, in Kairo und Kapstadt gesessen. Was zu wissen wert war, haben sie
gewußt, haben sie benutzt zu ihrem Kriegsplan. Sie haben keine Mühe
gescheut und keine Arbeit und keine Dienstverrichtung und sind emsig gewesen
und gierig, zu hören und zu sehen. Und doch hat Port Arthur standgehalten
und der erste unerwartete Angriff auf die Landbefestigungen hat den Russen
nur unwesentlich geschadet.

Die in letzter Zeit von verschiedenen Zeitungen gebrachten Gerüchte, das
Emden als Kriegshafen eingerichtet werden solle, sind bisher unbestätigt
geblieben. Für die Einrichtung eines militärischen Stützpunktes in Emden
könnten mehrere Gründe sprechen: seine vorzügliche Lage an der Westecke
uuserer Nordseelinie, seine technischen und wirlschafilichen Hilfsquellen, der
Wunsch, Wilhelmshaven, das schon jetzt die drittgrößte Garnison des deutschen
Reiches ist, zu entlasten und anderes. Mancherlei Nachteile, vor allem die
Kohlenfrage, sprechen aber auch dagegen. Für die Entscheidung kann allein
die Bedürfnisfrage maßgebend sein. Rücksichten auf die Empfindlichkeit anderer
können dabei ebenso wenig in Betracht kommen, als England immer neue,
auf das modernste ausgerüstete Stützpunkte an seiner Nordseeküste errichtet.

Ob Emden später einmal als Kriegshafen wird ausgebaut werden, muß
also der Zukunft überlassen bleiben, ebenso ob wir einmal einen Ems-Elbe-
Kanal bekommen werden, wie ihn der Neichstagsabgeordnete Dr. Semmler
mit einem immer wiederkehrenden ceterum censeo seit Jahren befürwortet.
Man wird von der Reichsregierung erwarten dürfen, daß sie, wenn der
militärische und wirtschaftliche Wert eines solchen Kanals nach ihrer Ansicht in
einem angemessenen Verhältnis zu seinen Baukosten steht, vor der Forderung,
den Kaiser-Wilhelm-Kanal bis nach Emden zu verlängern, nicht zurück¬
schrecken würde.

Daß man die Ems für einen hervorragenden Stützpunkt leichterer Streit-
kräfte, im besonderen von Torpedobooten und Unterseeboten, hält, scheint daraus
hervorzugehen, daß man Borkum in letzter Zeit stark befestigt hat. Vielleicht
war der Gedanke hierbei bestimmend, auf alle Fälle ausschließen zu wollen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/117>, abgerufen am 29.05.2024.