Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Reichsspiegel

Beihilfe Deutschlands nicht mehr so leicht in die Wirklichkeit übertragen werden,
wie es vor zehn und fünfzehn Jahren möglich gewesen. Rechnet man noch
hinzu die Schwierigkeiten, die sich im Anschluß an den italienisch-türkischen
Krieg ergeben, und die hervorragende Rolle, die hierbei Deutschland durch die
Macht der Tatsachen zugefallen ist, so wird man verstehen, daß in England
eine Revision der deutsch-englischen Beziehungen als wünschenswert erscheint.

Diejenigen Blätter, die infolgedessen im Besuch des Kriegsministers Haldane,
eines alten Freundes deutsch-englischer Verständigung, ein Zeichen für die oben
angedeutete Stimmung sehen, scheinen daher durchaus auf richtiger Fährte.
Anders steht es mit den apodiktischen Behauptungen über bestimmte zur Sprache
gekommene Themen. Hier beruht alles auf Kombination, wenn auch die Themen
auf der Hand liegen. Ebenso beruht auf Mutmaßung die praktische Bedeutung,
die dem Besuch beigemessen wird. Man darf den halbamtlichen Organen
glauben, wenn sie von einem Privatbesuch sprechen. Minister Haldane scheint
in der Tat keinerlei gebundene Marschroute oder gar VerHandlungsvollmachten
mitgebracht zu haben. Er hat wohl lediglich seine Fühler ausgestreckt, um die
die Weltpolitik erregenden Fragen in persönlichen Auseinandersetzungen mit den
leitenden Staatsmännern in Deutschland zu besprechen, ohne sich und die deutsche
Regierung irgendwie festzulegen. Immerhin können wir mit dem Besuch
Haldanes durchaus einverstanden sein, denn er deutet tatsächlich auf eine ernstere
Würdigung der deutschen Macht, und wo ein Wille ist, diese Macht anzuerkennen,
G. <Li. wird ein Weg zur Verständigung auch gefunden werden.




Verantwortliche Schriftleiter: für den Politischen Teil der Herausgeber George Cleinow in Schöneberg, für
die Redaktion I. V,: M. Kelch ner in Wilmersdorf. -- Manustriptsendungen und Briefe werden erbeten
unter der Adresse:
An den Hcrauslicbcr der Grenzboten in Friedenau bei Berlin, Hedwinstr. 1".
Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg S71S. des Verlags- Amt Lützow SS1V,
Verlag- Verlag der Grenzboten G. in. b. H, in Berlin SV. 11.






Druck: "Der Reichsbote" G, in. b. H. in Berlin L>V> 11, Dessauer Strasze L6/S7,
Reichsspiegel

Beihilfe Deutschlands nicht mehr so leicht in die Wirklichkeit übertragen werden,
wie es vor zehn und fünfzehn Jahren möglich gewesen. Rechnet man noch
hinzu die Schwierigkeiten, die sich im Anschluß an den italienisch-türkischen
Krieg ergeben, und die hervorragende Rolle, die hierbei Deutschland durch die
Macht der Tatsachen zugefallen ist, so wird man verstehen, daß in England
eine Revision der deutsch-englischen Beziehungen als wünschenswert erscheint.

Diejenigen Blätter, die infolgedessen im Besuch des Kriegsministers Haldane,
eines alten Freundes deutsch-englischer Verständigung, ein Zeichen für die oben
angedeutete Stimmung sehen, scheinen daher durchaus auf richtiger Fährte.
Anders steht es mit den apodiktischen Behauptungen über bestimmte zur Sprache
gekommene Themen. Hier beruht alles auf Kombination, wenn auch die Themen
auf der Hand liegen. Ebenso beruht auf Mutmaßung die praktische Bedeutung,
die dem Besuch beigemessen wird. Man darf den halbamtlichen Organen
glauben, wenn sie von einem Privatbesuch sprechen. Minister Haldane scheint
in der Tat keinerlei gebundene Marschroute oder gar VerHandlungsvollmachten
mitgebracht zu haben. Er hat wohl lediglich seine Fühler ausgestreckt, um die
die Weltpolitik erregenden Fragen in persönlichen Auseinandersetzungen mit den
leitenden Staatsmännern in Deutschland zu besprechen, ohne sich und die deutsche
Regierung irgendwie festzulegen. Immerhin können wir mit dem Besuch
Haldanes durchaus einverstanden sein, denn er deutet tatsächlich auf eine ernstere
Würdigung der deutschen Macht, und wo ein Wille ist, diese Macht anzuerkennen,
G. <Li. wird ein Weg zur Verständigung auch gefunden werden.




Verantwortliche Schriftleiter: für den Politischen Teil der Herausgeber George Cleinow in Schöneberg, für
die Redaktion I. V,: M. Kelch ner in Wilmersdorf. — Manustriptsendungen und Briefe werden erbeten
unter der Adresse:
An den Hcrauslicbcr der Grenzboten in Friedenau bei Berlin, Hedwinstr. 1».
Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg S71S. des Verlags- Amt Lützow SS1V,
Verlag- Verlag der Grenzboten G. in. b. H, in Berlin SV. 11.






Druck: „Der Reichsbote" G, in. b. H. in Berlin L>V> 11, Dessauer Strasze L6/S7,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0364" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320781"/>
            <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1542" prev="#ID_1541"> Beihilfe Deutschlands nicht mehr so leicht in die Wirklichkeit übertragen werden,<lb/>
wie es vor zehn und fünfzehn Jahren möglich gewesen. Rechnet man noch<lb/>
hinzu die Schwierigkeiten, die sich im Anschluß an den italienisch-türkischen<lb/>
Krieg ergeben, und die hervorragende Rolle, die hierbei Deutschland durch die<lb/>
Macht der Tatsachen zugefallen ist, so wird man verstehen, daß in England<lb/>
eine Revision der deutsch-englischen Beziehungen als wünschenswert erscheint.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1543"> Diejenigen Blätter, die infolgedessen im Besuch des Kriegsministers Haldane,<lb/>
eines alten Freundes deutsch-englischer Verständigung, ein Zeichen für die oben<lb/>
angedeutete Stimmung sehen, scheinen daher durchaus auf richtiger Fährte.<lb/>
Anders steht es mit den apodiktischen Behauptungen über bestimmte zur Sprache<lb/>
gekommene Themen. Hier beruht alles auf Kombination, wenn auch die Themen<lb/>
auf der Hand liegen. Ebenso beruht auf Mutmaßung die praktische Bedeutung,<lb/>
die dem Besuch beigemessen wird. Man darf den halbamtlichen Organen<lb/>
glauben, wenn sie von einem Privatbesuch sprechen. Minister Haldane scheint<lb/>
in der Tat keinerlei gebundene Marschroute oder gar VerHandlungsvollmachten<lb/>
mitgebracht zu haben. Er hat wohl lediglich seine Fühler ausgestreckt, um die<lb/>
die Weltpolitik erregenden Fragen in persönlichen Auseinandersetzungen mit den<lb/>
leitenden Staatsmännern in Deutschland zu besprechen, ohne sich und die deutsche<lb/>
Regierung irgendwie festzulegen. Immerhin können wir mit dem Besuch<lb/>
Haldanes durchaus einverstanden sein, denn er deutet tatsächlich auf eine ernstere<lb/>
Würdigung der deutschen Macht, und wo ein Wille ist, diese Macht anzuerkennen,<lb/><note type="byline"> G. &lt;Li.</note> wird ein Weg zur Verständigung auch gefunden werden. </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p xml:id="ID_1544"> Verantwortliche Schriftleiter: für den Politischen Teil der Herausgeber George Cleinow in Schöneberg, für<lb/>
die Redaktion I. V,: M. Kelch ner in Wilmersdorf. &#x2014; Manustriptsendungen und  Briefe werden erbeten<lb/>
unter der Adresse:<lb/>
An den Hcrauslicbcr der Grenzboten in Friedenau bei Berlin, Hedwinstr. 1».<lb/>
Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg S71S. des Verlags- Amt Lützow SS1V,<lb/>
Verlag- Verlag der Grenzboten G. in. b. H, in Berlin SV. 11.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Druck: &#x201E;Der Reichsbote" G, in. b. H. in Berlin L&gt;V&gt; 11, Dessauer Strasze L6/S7,</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0364] Reichsspiegel Beihilfe Deutschlands nicht mehr so leicht in die Wirklichkeit übertragen werden, wie es vor zehn und fünfzehn Jahren möglich gewesen. Rechnet man noch hinzu die Schwierigkeiten, die sich im Anschluß an den italienisch-türkischen Krieg ergeben, und die hervorragende Rolle, die hierbei Deutschland durch die Macht der Tatsachen zugefallen ist, so wird man verstehen, daß in England eine Revision der deutsch-englischen Beziehungen als wünschenswert erscheint. Diejenigen Blätter, die infolgedessen im Besuch des Kriegsministers Haldane, eines alten Freundes deutsch-englischer Verständigung, ein Zeichen für die oben angedeutete Stimmung sehen, scheinen daher durchaus auf richtiger Fährte. Anders steht es mit den apodiktischen Behauptungen über bestimmte zur Sprache gekommene Themen. Hier beruht alles auf Kombination, wenn auch die Themen auf der Hand liegen. Ebenso beruht auf Mutmaßung die praktische Bedeutung, die dem Besuch beigemessen wird. Man darf den halbamtlichen Organen glauben, wenn sie von einem Privatbesuch sprechen. Minister Haldane scheint in der Tat keinerlei gebundene Marschroute oder gar VerHandlungsvollmachten mitgebracht zu haben. Er hat wohl lediglich seine Fühler ausgestreckt, um die die Weltpolitik erregenden Fragen in persönlichen Auseinandersetzungen mit den leitenden Staatsmännern in Deutschland zu besprechen, ohne sich und die deutsche Regierung irgendwie festzulegen. Immerhin können wir mit dem Besuch Haldanes durchaus einverstanden sein, denn er deutet tatsächlich auf eine ernstere Würdigung der deutschen Macht, und wo ein Wille ist, diese Macht anzuerkennen, G. <Li. wird ein Weg zur Verständigung auch gefunden werden. Verantwortliche Schriftleiter: für den Politischen Teil der Herausgeber George Cleinow in Schöneberg, für die Redaktion I. V,: M. Kelch ner in Wilmersdorf. — Manustriptsendungen und Briefe werden erbeten unter der Adresse: An den Hcrauslicbcr der Grenzboten in Friedenau bei Berlin, Hedwinstr. 1». Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg S71S. des Verlags- Amt Lützow SS1V, Verlag- Verlag der Grenzboten G. in. b. H, in Berlin SV. 11. Druck: „Der Reichsbote" G, in. b. H. in Berlin L>V> 11, Dessauer Strasze L6/S7,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/364
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/364>, abgerufen am 15.05.2024.