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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegel


Die Aufwärtsbewegung von rund 53 Millionen Mark erstreckte sich im Jahre
1910 auf Ostafrika, Kamerun und Südwestafrika und teilweise die Südsee,
während in Togo bei im allgemeinen günstiger Wirtschaftslage ein vorüber¬
gehender Stillstand eingetreten ist. Über die einzelnen Kolonien nur ein paar
kurze Angaben. Der Außenhandel Ostafrikas belief sich 1910 ans rund 00 Millionen
Mark gegen 47 Millionen Mark im Jahre 1909. Bei der Einfuhr dieser Kolonie
ist bemerkenswert, daß der Wert der reinen Handelsgüter um fast 5 Millionen,
von rund 24 auf 29 Millionen sich erhöht hat. Eine steigende Rolle spielt bei
der Ausfuhr Ostafrikas und Kameruns der Kautschuk, dort der Plantagen¬
kautschuk, hier der wildgewachsene. Von 20 Millionen Mark Ausfuhr Ostafrikas
entfallen über 6 Millionen Mark auf Kautschuk, darunter 3,3 Millionen Plantagen-
kauschuk. In Kamerun ist die Ziffer für Kautschuk von 7^ Millionen auf
11 Millionen hinaufgeschwellt und hat sich in wenigen Jahren verdoppelt. In
Südwestafrika ist die Einfuhr von 34,7 Millionen Mark auf 44,3 Millionen
gestiegen, die Ausfuhr von rund 57 Millionen auf 79 Millionen Mark. Bei der
Ausfuhr spielten natürlich die Diamanten mit fast 27 Millionen Mark eine
ausschlaggebende Rolle -- ob dies im Jahre 1911 wieder der Fall ist, kann schon
heute bezweifelt werden, da eine Reihe von Diamantenfeldern aus mangelnder
Rentabilität den Betrieb eingestellt haben.

(Über den Diamantenzoll werden die Grenzboten in einer der nächsten
Hefte einen längeren Artikel veröffentlichen. Die Schriftltg.)

Die eben erwähnte Angelegenheit des südwestafrikanischen Diamantenzolls
ist außerordentlich wichtig für die ganze Wirtschaftslage der Kolonie. Es
herrscht im Lande schon seit mehreren Jahren ein starker Geldmangel, der nach¬
gerade die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu hemmen beginnt. Die
Verhältnisse schreien schon lange nach einer Kreditorganisation für die
Landwirtschaft. Das Kreditbedürfnis ist bereits von Dernburg, der doch
von solchen Dingen etwas verstand, anerkannt und Abhilfe versprochen worden;
geschehen ist aber nichts. Erst in neuster Zeit ist die Angelegenheit im Schoße
der Kolonialverwaltung aus dem Stadium der Erwägungen in das der ernsten
Erwägungen befördert worden, indem sie auf die Tagesordnung der ersten
Sitzung der ständigen wirtschaftlichen Kommission gesetzt wurde, deren Protokoll
jüngst veröffentlicht worden ist. Die Verhandlungen, die an einen sicherlich
außerordentlich interessanten Vortrag des volkswirtschaftlichen Referenten an¬
knüpften, sind ohne greifbares Ergebnis erkaufen. Man erkennt wohl, ums
nicht neu war, daß Abhilfe geschafft werden müsse, aber das Wie
liegt nach wie vor im Dunkel. Das Großkapital hat jedenfalls deutlich


Reichsspiegel


Die Aufwärtsbewegung von rund 53 Millionen Mark erstreckte sich im Jahre
1910 auf Ostafrika, Kamerun und Südwestafrika und teilweise die Südsee,
während in Togo bei im allgemeinen günstiger Wirtschaftslage ein vorüber¬
gehender Stillstand eingetreten ist. Über die einzelnen Kolonien nur ein paar
kurze Angaben. Der Außenhandel Ostafrikas belief sich 1910 ans rund 00 Millionen
Mark gegen 47 Millionen Mark im Jahre 1909. Bei der Einfuhr dieser Kolonie
ist bemerkenswert, daß der Wert der reinen Handelsgüter um fast 5 Millionen,
von rund 24 auf 29 Millionen sich erhöht hat. Eine steigende Rolle spielt bei
der Ausfuhr Ostafrikas und Kameruns der Kautschuk, dort der Plantagen¬
kautschuk, hier der wildgewachsene. Von 20 Millionen Mark Ausfuhr Ostafrikas
entfallen über 6 Millionen Mark auf Kautschuk, darunter 3,3 Millionen Plantagen-
kauschuk. In Kamerun ist die Ziffer für Kautschuk von 7^ Millionen auf
11 Millionen hinaufgeschwellt und hat sich in wenigen Jahren verdoppelt. In
Südwestafrika ist die Einfuhr von 34,7 Millionen Mark auf 44,3 Millionen
gestiegen, die Ausfuhr von rund 57 Millionen auf 79 Millionen Mark. Bei der
Ausfuhr spielten natürlich die Diamanten mit fast 27 Millionen Mark eine
ausschlaggebende Rolle — ob dies im Jahre 1911 wieder der Fall ist, kann schon
heute bezweifelt werden, da eine Reihe von Diamantenfeldern aus mangelnder
Rentabilität den Betrieb eingestellt haben.

(Über den Diamantenzoll werden die Grenzboten in einer der nächsten
Hefte einen längeren Artikel veröffentlichen. Die Schriftltg.)

Die eben erwähnte Angelegenheit des südwestafrikanischen Diamantenzolls
ist außerordentlich wichtig für die ganze Wirtschaftslage der Kolonie. Es
herrscht im Lande schon seit mehreren Jahren ein starker Geldmangel, der nach¬
gerade die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu hemmen beginnt. Die
Verhältnisse schreien schon lange nach einer Kreditorganisation für die
Landwirtschaft. Das Kreditbedürfnis ist bereits von Dernburg, der doch
von solchen Dingen etwas verstand, anerkannt und Abhilfe versprochen worden;
geschehen ist aber nichts. Erst in neuster Zeit ist die Angelegenheit im Schoße
der Kolonialverwaltung aus dem Stadium der Erwägungen in das der ernsten
Erwägungen befördert worden, indem sie auf die Tagesordnung der ersten
Sitzung der ständigen wirtschaftlichen Kommission gesetzt wurde, deren Protokoll
jüngst veröffentlicht worden ist. Die Verhandlungen, die an einen sicherlich
außerordentlich interessanten Vortrag des volkswirtschaftlichen Referenten an¬
knüpften, sind ohne greifbares Ergebnis erkaufen. Man erkennt wohl, ums
nicht neu war, daß Abhilfe geschafft werden müsse, aber das Wie
liegt nach wie vor im Dunkel. Das Großkapital hat jedenfalls deutlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/457>, abgerufen am 15.05.2024.