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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Flugwesen

gedrükt, das im Sturme wie ein unartikulierter Wutschrei aus verstaubten
Kehlen klingt, mit Tausenden von Kilogrammen Sprengstoffen antworten, die
Leiber der Stürmer zu unförmigen Massen zermalmend.

17 Millionen Franken werden in Frankreich für das Luftfahrwesen gefordert.
Die Begeisterung für die neue Waffe ist groß; so hat ein französischer Gemeinderat
angeregt, sämtliche sechsunddreißigtausend Gemeinden Frankreichs aufzufordern,
für das Militärflugwesen alljährlich einen ihrer Einwohnerzahl entsprechenden
Beitrag zu leisten. Der Gesamtbetrag dieser Spende wird auf 4 Millionen
veranschlagt.

Schon mit den jetzt eingesetzten Mitteln wird Frankreich im Ernstfalle eine
große Schar von Flugzeugen rin allen modernen Mitteln als Beigabe geschaffen
haben, die dazu ersehen sind, zu rekognoszieren, große Heeresmassen auf¬
zusuchen und in Verwirrung zu bringen.

Wir wollen uns darüber klar sein, und das haben zur Genüge der russisch-
japanische und der italienisch-türkische Krieg bewiesen, daß es, hüben und
drüben zu Hunderten Leute gibt, die in einem künftigen Kriege den Mut besitzen,
ihre Flugzeuge mit Sprengstoffen voll zu packen, und nur den einen Wunsch
haben, mit größter Geschwindigkeit an den Feind, an eine Stadt, Festung, an
Kriegsschiffe oder Geschwader heranzukommen, um zugleich mit ihren in Atome
zerfetzten Leibern den Gegner zu zermalmen.

Und wie steht es bei uns mit der Begeisterung für die vierte Waffe? und
mit der pekuniären Unterstützung?

Man spricht davon, daß in den diesjährigen Heeresetat etwa nur sechs
bis acht Millionen für Flugzeuge und Luftschiffe eingesetzt werden. Von seiten
einzelner Privatleute sind bisher zur Unterstützung der Flugzeugindustrie mehrere
Millionen aufgebracht worden. Es sind aber eben nur Opfer gewesen,
denn vou Gewinn kann man nur schlecht reden. Es werden sich wohl auch in
Deutschland private Mittel nicht mehr finden lassen, um mit ihnen in bisheriger
Weise, d. h. mit dauerndem Verluste, weiter arbeiten zu köunen.

Aufgabe des ganzen deutschen Volkes muß es sein, sich ernstlich mit der
für Deutschland ungeheuer wichtigen Frage der Bereitstellung großer Mittel für
das Luftfahrwesen zu befassen, um in keiner Weise mehr schlecht gerüstet zu sein.

Eine gründliche Lösung der Frage wird unseren englischen Vettern und
Frankreich höchst fatal sein. Zurück können wir nicht mehr, denn Frankreich
und England zwingen uns zu Abwehrmaßregeln. Dies ist bewiesen durch die
vielen Spionageaffären der letzten Zeit und durch die Haltung Englands
während des Marokkostreits.

Baut Schiffe! warder Wiederhall der Marokkoverhandlungen in Deutschland.
Ich möchte hinzufügen: Baut Flugzeuge! Das Reich muß umfangreiche Aufträge
erteilen und subventionieren, nur dann wird das Opfer an Gut und Blut, das
Deutschland in Begeisterung für eine große zukunftreiche Sache gebracht hat,
fruchtbringend wirken. _


Flugwesen

gedrükt, das im Sturme wie ein unartikulierter Wutschrei aus verstaubten
Kehlen klingt, mit Tausenden von Kilogrammen Sprengstoffen antworten, die
Leiber der Stürmer zu unförmigen Massen zermalmend.

17 Millionen Franken werden in Frankreich für das Luftfahrwesen gefordert.
Die Begeisterung für die neue Waffe ist groß; so hat ein französischer Gemeinderat
angeregt, sämtliche sechsunddreißigtausend Gemeinden Frankreichs aufzufordern,
für das Militärflugwesen alljährlich einen ihrer Einwohnerzahl entsprechenden
Beitrag zu leisten. Der Gesamtbetrag dieser Spende wird auf 4 Millionen
veranschlagt.

Schon mit den jetzt eingesetzten Mitteln wird Frankreich im Ernstfalle eine
große Schar von Flugzeugen rin allen modernen Mitteln als Beigabe geschaffen
haben, die dazu ersehen sind, zu rekognoszieren, große Heeresmassen auf¬
zusuchen und in Verwirrung zu bringen.

Wir wollen uns darüber klar sein, und das haben zur Genüge der russisch-
japanische und der italienisch-türkische Krieg bewiesen, daß es, hüben und
drüben zu Hunderten Leute gibt, die in einem künftigen Kriege den Mut besitzen,
ihre Flugzeuge mit Sprengstoffen voll zu packen, und nur den einen Wunsch
haben, mit größter Geschwindigkeit an den Feind, an eine Stadt, Festung, an
Kriegsschiffe oder Geschwader heranzukommen, um zugleich mit ihren in Atome
zerfetzten Leibern den Gegner zu zermalmen.

Und wie steht es bei uns mit der Begeisterung für die vierte Waffe? und
mit der pekuniären Unterstützung?

Man spricht davon, daß in den diesjährigen Heeresetat etwa nur sechs
bis acht Millionen für Flugzeuge und Luftschiffe eingesetzt werden. Von seiten
einzelner Privatleute sind bisher zur Unterstützung der Flugzeugindustrie mehrere
Millionen aufgebracht worden. Es sind aber eben nur Opfer gewesen,
denn vou Gewinn kann man nur schlecht reden. Es werden sich wohl auch in
Deutschland private Mittel nicht mehr finden lassen, um mit ihnen in bisheriger
Weise, d. h. mit dauerndem Verluste, weiter arbeiten zu köunen.

Aufgabe des ganzen deutschen Volkes muß es sein, sich ernstlich mit der
für Deutschland ungeheuer wichtigen Frage der Bereitstellung großer Mittel für
das Luftfahrwesen zu befassen, um in keiner Weise mehr schlecht gerüstet zu sein.

Eine gründliche Lösung der Frage wird unseren englischen Vettern und
Frankreich höchst fatal sein. Zurück können wir nicht mehr, denn Frankreich
und England zwingen uns zu Abwehrmaßregeln. Dies ist bewiesen durch die
vielen Spionageaffären der letzten Zeit und durch die Haltung Englands
während des Marokkostreits.

Baut Schiffe! warder Wiederhall der Marokkoverhandlungen in Deutschland.
Ich möchte hinzufügen: Baut Flugzeuge! Das Reich muß umfangreiche Aufträge
erteilen und subventionieren, nur dann wird das Opfer an Gut und Blut, das
Deutschland in Begeisterung für eine große zukunftreiche Sache gebracht hat,
fruchtbringend wirken. _


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/481>, abgerufen am 15.05.2024.