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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Der Beichtvater eines llaiserpacires

Was nun jenes "Konkordat" anbetrifft, so hatte Fischer unter Berück¬
sichtigung der Überalls schwierigen Lage mit großem Geschick die Basis sür ein
solches zustande gebracht. Ein gutes Einvernehmen zwischen Staat und Kirche
sollte nämlich durch solch ein formelles Abkommen mit dem Vatikan wieder¬
hergestellt werden. Die Unsicherheit in bezug auf konfisziertes Kircheneigentum
sollte dadurch beseitigt und das Recht der Erwerbung von Kircheneigentum fest¬
gestellt werden. Auch sollten die Mittel zur Unterhaltung des Klerus sicher¬
gestellt werden. Endlich sollten Priesterseminare gegründet werden, um eine
bessere Erziehung und höhere Bildung für den Priesternachwuchs zu erzielen.

Während der Kaiser von Orizaba aus auf dem Umwege über Puebla nach
der Hauptstadt zurückkehrte, begab sich Cura Fischer in dessen Auftrage nach
Rom, um auf der angedeuteten Basis mit dem Papste Pius dein Neunten über
das Konkordat zu unterhandeln. Es scheint aber, als ob man in Rom nicht
das richtige Verständnis für die Sachlage in Mexiko gehabt hätte, denn --
anstatt sich mit dem angebotenen Kompromiß zu begnügen -- verlangte man
alles, so daß Fischer unverrichteter Sache nach Mexiko zurückkehren mußte, wo er
dann -- wie der oben angeführte Ausspruch des Kaisers in Queretaro zeigt -- auch
noch obendrein sür den Mißerfolg seiner Sendung verantwortlich gemacht wurde!

Jedenfalls machte sich von dieser Zeit an eine merkliche Entfremdung
zwischen dem Kaiser und Fischer bemerkbar.

Trotz seiner hohen Vertrauensstellung lebte Fischer finanziell durchaus nicht
im Überfluß. Nicht, daß es der Kaiser an der ausgiebigsten Besoldung für
seinen Ratgeber hätte fehlen lassen -- durchaus nicht, aber das Geld schien für
diesen nicht den geringsten Wert zu haben. Es floß ihm wie Sand durch die
Finger. So kam es, daß er sich von Julius Monreau, der damals als Chef
an der Spitze einer großen Exportfirma in San Luis Potosi stand, zu jener
Romfahrt erst das Reisegeld borgen mußte, welches Darlehn von 1000 Dollar
er dann nachher aber auch prompt wieder zurückgezahlt hat. Mit diesem Herrn
Monreau stand Cura Fischer überhaupt -- trotz der großen Verschiedenheit in den
Anschauungen beider -- auf bestem Fuße. Nur einmal drohte dies gute Ein¬
vernehmen in die Brüche zu gehen. Und das kam so. Als Herr Monreau den
Cura Fischer einst in seinem schmucken Mula-Viergespann spazieren fuhr, klopfte
der Herr Kabinettschef bei dem Kaufmann an, ob es ihm wohl erwünscht sei, wenn
er ihn für die Verleihung des erst unlängst gegründeten Ordens der Santa Maria
de Guadalupe in Vorschlag brächte, und zwar für das Konthurkreuz. "Ja, warum
denn nicht, lieber Cura", lautete prompt die Antwort, "aber ich muß vier davon
habenI" "Vier?" fragte Fischer und sah den Freund verständnislos an. "Na
freilich, jeder von meinen Mauleseln will doch einen haben!" Aber dieser Witz
war nicht mehr nach dem Geschmack des Cura und Kabinettschefs Fischer. Der
war mehr nach dem Geschmacke des texanischen I^aw^er Fischer gewesen!

Mit der Kaiserherrlichkeit ging es nun bald zu Ende. Zu Anfang des
Jahres 1867 zog Maximilian noch einmal die Frage in Erwägung, ob die


Der Beichtvater eines llaiserpacires

Was nun jenes „Konkordat" anbetrifft, so hatte Fischer unter Berück¬
sichtigung der Überalls schwierigen Lage mit großem Geschick die Basis sür ein
solches zustande gebracht. Ein gutes Einvernehmen zwischen Staat und Kirche
sollte nämlich durch solch ein formelles Abkommen mit dem Vatikan wieder¬
hergestellt werden. Die Unsicherheit in bezug auf konfisziertes Kircheneigentum
sollte dadurch beseitigt und das Recht der Erwerbung von Kircheneigentum fest¬
gestellt werden. Auch sollten die Mittel zur Unterhaltung des Klerus sicher¬
gestellt werden. Endlich sollten Priesterseminare gegründet werden, um eine
bessere Erziehung und höhere Bildung für den Priesternachwuchs zu erzielen.

Während der Kaiser von Orizaba aus auf dem Umwege über Puebla nach
der Hauptstadt zurückkehrte, begab sich Cura Fischer in dessen Auftrage nach
Rom, um auf der angedeuteten Basis mit dem Papste Pius dein Neunten über
das Konkordat zu unterhandeln. Es scheint aber, als ob man in Rom nicht
das richtige Verständnis für die Sachlage in Mexiko gehabt hätte, denn —
anstatt sich mit dem angebotenen Kompromiß zu begnügen — verlangte man
alles, so daß Fischer unverrichteter Sache nach Mexiko zurückkehren mußte, wo er
dann — wie der oben angeführte Ausspruch des Kaisers in Queretaro zeigt — auch
noch obendrein sür den Mißerfolg seiner Sendung verantwortlich gemacht wurde!

Jedenfalls machte sich von dieser Zeit an eine merkliche Entfremdung
zwischen dem Kaiser und Fischer bemerkbar.

Trotz seiner hohen Vertrauensstellung lebte Fischer finanziell durchaus nicht
im Überfluß. Nicht, daß es der Kaiser an der ausgiebigsten Besoldung für
seinen Ratgeber hätte fehlen lassen — durchaus nicht, aber das Geld schien für
diesen nicht den geringsten Wert zu haben. Es floß ihm wie Sand durch die
Finger. So kam es, daß er sich von Julius Monreau, der damals als Chef
an der Spitze einer großen Exportfirma in San Luis Potosi stand, zu jener
Romfahrt erst das Reisegeld borgen mußte, welches Darlehn von 1000 Dollar
er dann nachher aber auch prompt wieder zurückgezahlt hat. Mit diesem Herrn
Monreau stand Cura Fischer überhaupt — trotz der großen Verschiedenheit in den
Anschauungen beider — auf bestem Fuße. Nur einmal drohte dies gute Ein¬
vernehmen in die Brüche zu gehen. Und das kam so. Als Herr Monreau den
Cura Fischer einst in seinem schmucken Mula-Viergespann spazieren fuhr, klopfte
der Herr Kabinettschef bei dem Kaufmann an, ob es ihm wohl erwünscht sei, wenn
er ihn für die Verleihung des erst unlängst gegründeten Ordens der Santa Maria
de Guadalupe in Vorschlag brächte, und zwar für das Konthurkreuz. „Ja, warum
denn nicht, lieber Cura", lautete prompt die Antwort, „aber ich muß vier davon
habenI" „Vier?" fragte Fischer und sah den Freund verständnislos an. „Na
freilich, jeder von meinen Mauleseln will doch einen haben!" Aber dieser Witz
war nicht mehr nach dem Geschmack des Cura und Kabinettschefs Fischer. Der
war mehr nach dem Geschmacke des texanischen I^aw^er Fischer gewesen!

Mit der Kaiserherrlichkeit ging es nun bald zu Ende. Zu Anfang des
Jahres 1867 zog Maximilian noch einmal die Frage in Erwägung, ob die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/89>, abgerufen am 20.09.2024.