Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.Förderung des Handwerks auf Kosten der Industrie? 129 bis 132a getroffen. Diese Bestimmungen sind geschaffen durch das In der Begründung zum Entwürfe dieses Gesetzes heißt es zu W 129 Demgegenüber wurde von einem Regierungsvertreter betont, daß die Novelle Nachdem auf Grund dieser Ausführungen noch von verschiedenen Seiten ") t2, Legislaturperiode. I. Session 1907.
Förderung des Handwerks auf Kosten der Industrie? 129 bis 132a getroffen. Diese Bestimmungen sind geschaffen durch das In der Begründung zum Entwürfe dieses Gesetzes heißt es zu W 129 Demgegenüber wurde von einem Regierungsvertreter betont, daß die Novelle Nachdem auf Grund dieser Ausführungen noch von verschiedenen Seiten ") t2, Legislaturperiode. I. Session 1907.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0180" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321263"/> <fw type="header" place="top"> Förderung des Handwerks auf Kosten der Industrie?</fw><lb/> <p xml:id="ID_703" prev="#ID_702"> 129 bis 132a getroffen. Diese Bestimmungen sind geschaffen durch das<lb/> Gesetz vom 30. Mai 1903 und bilden, wie bereits eingangs erwähnt wurde,<lb/> den Abschluß der Handwerkergesetzgebung. Da gerade auch diese Vorschriften<lb/> mehrfach zu Streitigkeiten Anlaß gegeben haben, so darf ihre Entstehungs¬<lb/> geschichte hier kurz gestreift werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_704"> In der Begründung zum Entwürfe dieses Gesetzes heißt es zu W 129<lb/> bis 133: „Wie sich Z 129 nach seiner Überschrift und seinen Eingangsworten<lb/> gleich den nächstfolgenden Paragraphen ausschließlich auf die Verhältnisse im<lb/> Handwerke bezieht, so wird auch der gegenwärtige Entwurf die nach den ver¬<lb/> schiedensten Richtungen hin anders gestalteten Verhältnisse in den Fabrikbetrieben<lb/> unberührt lassen. Die Anleitungsbefugnis derjenigen Personen, welche ihre<lb/> Ausbildung in Fabriken genossen haben, kommt daher hier überhaupt nur für<lb/> den Fall ihres späteren Übertritts zu einer handwerksmäßigen Tätigkeit in<lb/> Betracht""). In der XXV. Kommission zur Vorberatung des vorbezeichneten Gesetz¬<lb/> entwurfes war nun beantragt worden, in Z 129, Abs. 1, statt „in Handwerks¬<lb/> betrieben" zu setzen „in Betrieben, welche Handwerkslehrlinge ausbilden". Es<lb/> wurde geltend gemacht, daß es sich hier um die wichtige Frage der Unter¬<lb/> scheidung von Fabrik und Handwerk handele. Wenn also die Regierungsvorlage<lb/> die neuen Vorschriften für die Anleitung von Lehrlingen auf Handwerksbetriebe<lb/> beschränke, so bestehe die Gefahr, daß man alle größeren Handwerksbetriebe als<lb/> Fabrikbetriebe auffassen und von den speziell für das Handwerk erlassenen<lb/> Vorschriften über das Lehrlingswesen ausnehmen werde. Hierdurch werde aber<lb/> der Geltungsbereich des Gesetzes allzu sehr eingeschränkt. Gerade in den Fabriken<lb/> sei die Lehrlingsausbildung sehr wichtig, da hier der Lehrling keine Gewähr<lb/> für eine tüchtige sachliche Ausbildung habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_705"> Demgegenüber wurde von einem Regierungsvertreter betont, daß die Novelle<lb/> in Übereinstimmung mit den bei der Beratung der Gewerbeordnungsnovelle<lb/> vom 7. Januar 1907 seitens des damaligen Staatssekretärs des Innern abgegebenen<lb/> Erklärungen sich ausdrücklich auf die Regelung der Verhältnisse im Handwerk<lb/> beschränke, wie dies übrigens für die ZZ 129 bis 132 a der Gewerbeordnung<lb/> schon durch deren Stellung im System der Gewerbeordnung gekennzeichnet sei.<lb/> Der Abschnitt III (Lehrlingsverhältnisse) zerfalle erstens in den die 126<lb/> bis 128 umfassenden Unterabschnitt Allgemeine Bestimmungen, welche neben<lb/> dem Handwerk auf den fabrikmäßigen Gewerbebetrieb und die nicht zum Hand¬<lb/> werk gehörigen Gewerbe Anwendung zu finden hätten, und zweitens in den die<lb/> §Z 129 bis 132 a umfassenden Unterabschnitt IZ, welcher nur für diejenigen<lb/> Personen gelte, welche ein Gewerbe handwerksmäßig betreiben. Auch die<lb/> vorliegende Novelle wolle und könne die Lehrlingshaltung in Fabriken<lb/> nicht regeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_706" next="#ID_707"> Nachdem auf Grund dieser Ausführungen noch von verschiedenen Seiten<lb/> für und wider die Ausdehnung des Z 129 auf Fabrikbetriebe Stellung genommen</p><lb/> <note xml:id="FID_26" place="foot"> ") t2, Legislaturperiode. I. Session 1907.</note><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0180]
Förderung des Handwerks auf Kosten der Industrie?
129 bis 132a getroffen. Diese Bestimmungen sind geschaffen durch das
Gesetz vom 30. Mai 1903 und bilden, wie bereits eingangs erwähnt wurde,
den Abschluß der Handwerkergesetzgebung. Da gerade auch diese Vorschriften
mehrfach zu Streitigkeiten Anlaß gegeben haben, so darf ihre Entstehungs¬
geschichte hier kurz gestreift werden.
In der Begründung zum Entwürfe dieses Gesetzes heißt es zu W 129
bis 133: „Wie sich Z 129 nach seiner Überschrift und seinen Eingangsworten
gleich den nächstfolgenden Paragraphen ausschließlich auf die Verhältnisse im
Handwerke bezieht, so wird auch der gegenwärtige Entwurf die nach den ver¬
schiedensten Richtungen hin anders gestalteten Verhältnisse in den Fabrikbetrieben
unberührt lassen. Die Anleitungsbefugnis derjenigen Personen, welche ihre
Ausbildung in Fabriken genossen haben, kommt daher hier überhaupt nur für
den Fall ihres späteren Übertritts zu einer handwerksmäßigen Tätigkeit in
Betracht""). In der XXV. Kommission zur Vorberatung des vorbezeichneten Gesetz¬
entwurfes war nun beantragt worden, in Z 129, Abs. 1, statt „in Handwerks¬
betrieben" zu setzen „in Betrieben, welche Handwerkslehrlinge ausbilden". Es
wurde geltend gemacht, daß es sich hier um die wichtige Frage der Unter¬
scheidung von Fabrik und Handwerk handele. Wenn also die Regierungsvorlage
die neuen Vorschriften für die Anleitung von Lehrlingen auf Handwerksbetriebe
beschränke, so bestehe die Gefahr, daß man alle größeren Handwerksbetriebe als
Fabrikbetriebe auffassen und von den speziell für das Handwerk erlassenen
Vorschriften über das Lehrlingswesen ausnehmen werde. Hierdurch werde aber
der Geltungsbereich des Gesetzes allzu sehr eingeschränkt. Gerade in den Fabriken
sei die Lehrlingsausbildung sehr wichtig, da hier der Lehrling keine Gewähr
für eine tüchtige sachliche Ausbildung habe.
Demgegenüber wurde von einem Regierungsvertreter betont, daß die Novelle
in Übereinstimmung mit den bei der Beratung der Gewerbeordnungsnovelle
vom 7. Januar 1907 seitens des damaligen Staatssekretärs des Innern abgegebenen
Erklärungen sich ausdrücklich auf die Regelung der Verhältnisse im Handwerk
beschränke, wie dies übrigens für die ZZ 129 bis 132 a der Gewerbeordnung
schon durch deren Stellung im System der Gewerbeordnung gekennzeichnet sei.
Der Abschnitt III (Lehrlingsverhältnisse) zerfalle erstens in den die 126
bis 128 umfassenden Unterabschnitt Allgemeine Bestimmungen, welche neben
dem Handwerk auf den fabrikmäßigen Gewerbebetrieb und die nicht zum Hand¬
werk gehörigen Gewerbe Anwendung zu finden hätten, und zweitens in den die
§Z 129 bis 132 a umfassenden Unterabschnitt IZ, welcher nur für diejenigen
Personen gelte, welche ein Gewerbe handwerksmäßig betreiben. Auch die
vorliegende Novelle wolle und könne die Lehrlingshaltung in Fabriken
nicht regeln.
Nachdem auf Grund dieser Ausführungen noch von verschiedenen Seiten
für und wider die Ausdehnung des Z 129 auf Fabrikbetriebe Stellung genommen
") t2, Legislaturperiode. I. Session 1907.
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