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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliche- und Unmaßgebliches

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saimneu, so daß die Gewähr dafür gegeben
ist, daß überflüssiges Beiwerk ausgeschaltet
wird. , Was dann noch übrig bleibt, ist so
vielseitig nud zu fruchtbarer Anregung ge¬
eignet, daß es sich seinen Weg durch seine
Bedeutuug bahnt. Nicht besser konnte das
Unternehmen eingeleitet werden als durch
die feingeistiger Untersuchungen Prof. Josef
Köhlers, die einen "Querschnitt" durch die
Rechtsgebiete machen, um überall die Luft-
sahrtsätze darzustellen.

Die Untersuchung geht von den bestehenden
Rechtsgrundsätzen aus und verlangt deren
Ausgestaltung mit einem so warmherzigen
Eintrete" für die Erfordernisse des Luftfahrt¬
wesens, daß es sich verlohnt, einige Stich¬
proben wiederzugeben:

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helfen. Ähnlich würde wegen Feuerver¬
sicherung von Luftfahrzeugen und "Häfen" vor¬
zugehen sein. Die Betrachtungen über die frei¬
willige Gerichtsbarkeit (Gewerbe- und Verkehrs¬
polizei) lassen gewisse Übereinstimmungen mit
andern Transportmitteln, aber auch gewisse
Abweichungen erkennen. Der Luftverkehr selbst
bedarf auch des Schutzes, z. B. gegen ober¬
irdische Starkstromleitungen, Luftdrähte von
gefesselten Ballons usw. Für das Strafrecht
wird auf die Analogien im Seerecht hin¬
gewiesen. Die schwierige Frage des Delikts¬
ortes wird geistvoll beleuchtet. Nicht ganz ein¬
verstanden werden die unbemittelten Erfinder
und Konstrukteure mit dein Satze sein: "Wer
Lustfahrzeuge führt, der wird schon die nötigen
internationalen Beziehungen haben, um bei
dem Heimatorte des anderen Fahrzeuges
klagen zu können." Hier erkennt man den
Mangel einer staatlichen Organisation des
Luftfahrtwesens und der staatlichen Interessen¬
vertretung der Luftfahrer. Die Sätze über
das Staats- und Völkerrecht lassen sich
ohne Versündigung an dem Geiste des
Dargebotenen nicht kürzen. Sie lassen aber
erkennen, wie ungemein schwierig es ist, diese
Fragen von der bestehenden Rechtslage aus
zu beurteilen -- wenn man nicht der
Entwicklung des neuen Kulturfaktors Zwang
antun will.

Mit so fürsorglichein Herzen hat jedenfalls
wohl noch kein anderer Rechtsgelehrter die
komplizierte Materie gemeistert. So viele
schöpferische Anregungen finden sich selten
auf dreißig Druckseiten vereinigt. Das
deutsche Lustfahrtwesen wird den schuldigen
Dank zollen. Wer der Luftverkehrsfrage so
warmherzig gegenübersteht wie Professor
Kohler, der wird die Bitte nicht verübeln, seine
Abhandlung fortzusetzen und zu untersuchen, ob
man von dem Standpunkte eines neu zu
schaffenden gemeinsamen Lustrechtes der Einzel¬
stanten und von einem Luftvölkerrecht aus
nicht zu Ergebnissen kommen könnte, die dem
Kulturfnktor "Luftfahrt" noch weitschauender
Rechnung tragen würden. Dieses Gebiet
kann nur von einer Persönlichkeit bearbeitet
werden, die sich wie Professor Kohler des
LnftfahrweseuS mit Liebe annimmt.

[Ende Spaltensatz]

Im Privatrecht spielt der Luftraum über
dem Eigentum an Grund und Boden eine
gewichtige Rolle. Hier wird der Grundsatz
aufgestellt, das; die Benutzung der Luftsäule
um so weniger Interessen des Eigentümers
verletzen wird, je höher der Luftraum vom
Boden entfernt ist. Die Festlegung einer
"horizontalen Grenze in bestimmter Höhe"
wird von der Hand gewiesen, da man noch
nicht wissen kann, Wie sich bei den unbe¬
grenzten Möglichkeiten der Zukunft die Wir¬
kungen von oben nach unten und von unten
nach oben einschätzen lassen. Zum Vergleich
für das Fernwirken in eine andere Luftsäule
werden höchst lehrreich das Jagdrecht und der
freie Durchgang funkentelegrnphischer Wellen
herangezogen. Auch die Bestimmungen ver¬
schiedener Staaten, für die Gerechtsame "Luft-
Kabel" anzulegen, spielen eine Rolle. Die
Frage der möglichen "Belästigung" muß be¬
urteilt werden vom Standpunkte des Kultur¬
bedürfnisses aus, dem die Lustfahrt Rechnung
trägt. Jn> Schuldrecht wird die Schlu߬
folgerung durchsichtig, daß der Führer, mit
der erforderlichen Befehlsbefugnis ausgestattet,
zu den Mitfahrern in eine Art Gesellschafls-
verhältnis tritt. In der Haftpflicht wird auf
die Nechtsähnlichkeit mit dem Seerecht ver¬
wiesen. Ersatz für Schaden durch herbei¬
strömendes Publikum wird abgelehnt. Die
Bildung eines Concerns der Versicherungs¬
anstalten zu obligatorischer Haftpflichtver¬
sicherung soll einer bestehenden Notlage ab¬




Maßgebliche- und Unmaßgebliches

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saimneu, so daß die Gewähr dafür gegeben
ist, daß überflüssiges Beiwerk ausgeschaltet
wird. , Was dann noch übrig bleibt, ist so
vielseitig nud zu fruchtbarer Anregung ge¬
eignet, daß es sich seinen Weg durch seine
Bedeutuug bahnt. Nicht besser konnte das
Unternehmen eingeleitet werden als durch
die feingeistiger Untersuchungen Prof. Josef
Köhlers, die einen „Querschnitt" durch die
Rechtsgebiete machen, um überall die Luft-
sahrtsätze darzustellen.

Die Untersuchung geht von den bestehenden
Rechtsgrundsätzen aus und verlangt deren
Ausgestaltung mit einem so warmherzigen
Eintrete» für die Erfordernisse des Luftfahrt¬
wesens, daß es sich verlohnt, einige Stich¬
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helfen. Ähnlich würde wegen Feuerver¬
sicherung von Luftfahrzeugen und „Häfen" vor¬
zugehen sein. Die Betrachtungen über die frei¬
willige Gerichtsbarkeit (Gewerbe- und Verkehrs¬
polizei) lassen gewisse Übereinstimmungen mit
andern Transportmitteln, aber auch gewisse
Abweichungen erkennen. Der Luftverkehr selbst
bedarf auch des Schutzes, z. B. gegen ober¬
irdische Starkstromleitungen, Luftdrähte von
gefesselten Ballons usw. Für das Strafrecht
wird auf die Analogien im Seerecht hin¬
gewiesen. Die schwierige Frage des Delikts¬
ortes wird geistvoll beleuchtet. Nicht ganz ein¬
verstanden werden die unbemittelten Erfinder
und Konstrukteure mit dein Satze sein: „Wer
Lustfahrzeuge führt, der wird schon die nötigen
internationalen Beziehungen haben, um bei
dem Heimatorte des anderen Fahrzeuges
klagen zu können." Hier erkennt man den
Mangel einer staatlichen Organisation des
Luftfahrtwesens und der staatlichen Interessen¬
vertretung der Luftfahrer. Die Sätze über
das Staats- und Völkerrecht lassen sich
ohne Versündigung an dem Geiste des
Dargebotenen nicht kürzen. Sie lassen aber
erkennen, wie ungemein schwierig es ist, diese
Fragen von der bestehenden Rechtslage aus
zu beurteilen — wenn man nicht der
Entwicklung des neuen Kulturfaktors Zwang
antun will.

Mit so fürsorglichein Herzen hat jedenfalls
wohl noch kein anderer Rechtsgelehrter die
komplizierte Materie gemeistert. So viele
schöpferische Anregungen finden sich selten
auf dreißig Druckseiten vereinigt. Das
deutsche Lustfahrtwesen wird den schuldigen
Dank zollen. Wer der Luftverkehrsfrage so
warmherzig gegenübersteht wie Professor
Kohler, der wird die Bitte nicht verübeln, seine
Abhandlung fortzusetzen und zu untersuchen, ob
man von dem Standpunkte eines neu zu
schaffenden gemeinsamen Lustrechtes der Einzel¬
stanten und von einem Luftvölkerrecht aus
nicht zu Ergebnissen kommen könnte, die dem
Kulturfnktor „Luftfahrt" noch weitschauender
Rechnung tragen würden. Dieses Gebiet
kann nur von einer Persönlichkeit bearbeitet
werden, die sich wie Professor Kohler des
LnftfahrweseuS mit Liebe annimmt.

[Ende Spaltensatz]

Im Privatrecht spielt der Luftraum über
dem Eigentum an Grund und Boden eine
gewichtige Rolle. Hier wird der Grundsatz
aufgestellt, das; die Benutzung der Luftsäule
um so weniger Interessen des Eigentümers
verletzen wird, je höher der Luftraum vom
Boden entfernt ist. Die Festlegung einer
„horizontalen Grenze in bestimmter Höhe"
wird von der Hand gewiesen, da man noch
nicht wissen kann, Wie sich bei den unbe¬
grenzten Möglichkeiten der Zukunft die Wir¬
kungen von oben nach unten und von unten
nach oben einschätzen lassen. Zum Vergleich
für das Fernwirken in eine andere Luftsäule
werden höchst lehrreich das Jagdrecht und der
freie Durchgang funkentelegrnphischer Wellen
herangezogen. Auch die Bestimmungen ver¬
schiedener Staaten, für die Gerechtsame „Luft-
Kabel" anzulegen, spielen eine Rolle. Die
Frage der möglichen „Belästigung" muß be¬
urteilt werden vom Standpunkte des Kultur¬
bedürfnisses aus, dem die Lustfahrt Rechnung
trägt. Jn> Schuldrecht wird die Schlu߬
folgerung durchsichtig, daß der Führer, mit
der erforderlichen Befehlsbefugnis ausgestattet,
zu den Mitfahrern in eine Art Gesellschafls-
verhältnis tritt. In der Haftpflicht wird auf
die Nechtsähnlichkeit mit dem Seerecht ver¬
wiesen. Ersatz für Schaden durch herbei¬
strömendes Publikum wird abgelehnt. Die
Bildung eines Concerns der Versicherungs¬
anstalten zu obligatorischer Haftpflichtver¬
sicherung soll einer bestehenden Notlage ab¬




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[0256] Maßgebliche- und Unmaßgebliches saimneu, so daß die Gewähr dafür gegeben ist, daß überflüssiges Beiwerk ausgeschaltet wird. , Was dann noch übrig bleibt, ist so vielseitig nud zu fruchtbarer Anregung ge¬ eignet, daß es sich seinen Weg durch seine Bedeutuug bahnt. Nicht besser konnte das Unternehmen eingeleitet werden als durch die feingeistiger Untersuchungen Prof. Josef Köhlers, die einen „Querschnitt" durch die Rechtsgebiete machen, um überall die Luft- sahrtsätze darzustellen. Die Untersuchung geht von den bestehenden Rechtsgrundsätzen aus und verlangt deren Ausgestaltung mit einem so warmherzigen Eintrete» für die Erfordernisse des Luftfahrt¬ wesens, daß es sich verlohnt, einige Stich¬ proben wiederzugeben: helfen. Ähnlich würde wegen Feuerver¬ sicherung von Luftfahrzeugen und „Häfen" vor¬ zugehen sein. Die Betrachtungen über die frei¬ willige Gerichtsbarkeit (Gewerbe- und Verkehrs¬ polizei) lassen gewisse Übereinstimmungen mit andern Transportmitteln, aber auch gewisse Abweichungen erkennen. Der Luftverkehr selbst bedarf auch des Schutzes, z. B. gegen ober¬ irdische Starkstromleitungen, Luftdrähte von gefesselten Ballons usw. Für das Strafrecht wird auf die Analogien im Seerecht hin¬ gewiesen. Die schwierige Frage des Delikts¬ ortes wird geistvoll beleuchtet. Nicht ganz ein¬ verstanden werden die unbemittelten Erfinder und Konstrukteure mit dein Satze sein: „Wer Lustfahrzeuge führt, der wird schon die nötigen internationalen Beziehungen haben, um bei dem Heimatorte des anderen Fahrzeuges klagen zu können." Hier erkennt man den Mangel einer staatlichen Organisation des Luftfahrtwesens und der staatlichen Interessen¬ vertretung der Luftfahrer. Die Sätze über das Staats- und Völkerrecht lassen sich ohne Versündigung an dem Geiste des Dargebotenen nicht kürzen. Sie lassen aber erkennen, wie ungemein schwierig es ist, diese Fragen von der bestehenden Rechtslage aus zu beurteilen — wenn man nicht der Entwicklung des neuen Kulturfaktors Zwang antun will. Mit so fürsorglichein Herzen hat jedenfalls wohl noch kein anderer Rechtsgelehrter die komplizierte Materie gemeistert. So viele schöpferische Anregungen finden sich selten auf dreißig Druckseiten vereinigt. Das deutsche Lustfahrtwesen wird den schuldigen Dank zollen. Wer der Luftverkehrsfrage so warmherzig gegenübersteht wie Professor Kohler, der wird die Bitte nicht verübeln, seine Abhandlung fortzusetzen und zu untersuchen, ob man von dem Standpunkte eines neu zu schaffenden gemeinsamen Lustrechtes der Einzel¬ stanten und von einem Luftvölkerrecht aus nicht zu Ergebnissen kommen könnte, die dem Kulturfnktor „Luftfahrt" noch weitschauender Rechnung tragen würden. Dieses Gebiet kann nur von einer Persönlichkeit bearbeitet werden, die sich wie Professor Kohler des LnftfahrweseuS mit Liebe annimmt. Im Privatrecht spielt der Luftraum über dem Eigentum an Grund und Boden eine gewichtige Rolle. Hier wird der Grundsatz aufgestellt, das; die Benutzung der Luftsäule um so weniger Interessen des Eigentümers verletzen wird, je höher der Luftraum vom Boden entfernt ist. Die Festlegung einer „horizontalen Grenze in bestimmter Höhe" wird von der Hand gewiesen, da man noch nicht wissen kann, Wie sich bei den unbe¬ grenzten Möglichkeiten der Zukunft die Wir¬ kungen von oben nach unten und von unten nach oben einschätzen lassen. Zum Vergleich für das Fernwirken in eine andere Luftsäule werden höchst lehrreich das Jagdrecht und der freie Durchgang funkentelegrnphischer Wellen herangezogen. Auch die Bestimmungen ver¬ schiedener Staaten, für die Gerechtsame „Luft- Kabel" anzulegen, spielen eine Rolle. Die Frage der möglichen „Belästigung" muß be¬ urteilt werden vom Standpunkte des Kultur¬ bedürfnisses aus, dem die Lustfahrt Rechnung trägt. Jn> Schuldrecht wird die Schlu߬ folgerung durchsichtig, daß der Führer, mit der erforderlichen Befehlsbefugnis ausgestattet, zu den Mitfahrern in eine Art Gesellschafls- verhältnis tritt. In der Haftpflicht wird auf die Nechtsähnlichkeit mit dem Seerecht ver¬ wiesen. Ersatz für Schaden durch herbei¬ strömendes Publikum wird abgelehnt. Die Bildung eines Concerns der Versicherungs¬ anstalten zu obligatorischer Haftpflichtver¬ sicherung soll einer bestehenden Notlage ab¬

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/256>, abgerufen am 17.06.2024.