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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Strömungen innerhalb der Zentrumspartei

in Betracht kommen. Zweifelsohne sind die dahinter stehenden Kreise von den
besten Absichten beseelt. Sie wollen lediglich der katholischen Weltanschauung
zum Siege verhelfen, die nach ihrer Meinung von einem Teile des Zentrums und
der maßgebenden Persönlichkeiten innerhalb der Zentrumspartei nicht gebührend
berücksichtigt wird. Aber abgesehen davon, daß sie sich in diesem Kampfe
um die katholische Weltanschauung wiederholt von ungerechten Urteilen und
von Maßlosigkeiten nicht fern gehalten haben, die nur allzu berechtigten Wider¬
spruch herausfordern müssen, und abgesehen davon, daß sie einseitig nur das
in ihren Augen Tadelnswerte der von ihnen bekämpften Richtung, nicht aber
auch das zweifelsohne Verdienstvolle erwähnen und so schon dadurch allein
vielfach ein falsches, der Wirklichkeit nicht entsprechendes Bild in ihrem Leser¬
kreise hervorrufen, muß auch an die alte Wahrheit erinnert werden, daß das
Bessere vielfach ein Feind des Guten ist. Das Zentrum hat in seiner vierzig¬
jährigen Tätigkeit bewiesen, daß es stets für die Interessen des katholischen
Volksteils eingetreten ist, daß es stets der katholischen Weltanschauung auch im
öffentlichen Leben den ihr zukommenden Platz gewahrt wissen will. Es besteht
daher auch für das katholische Volk absolut kein Anlaß, den erprobten Grund¬
sätzen des Zentrums untreu zu werden und sich zu einer katholisch-konfessionellen
Partei zusammen zu schließen. Eine solche aber erstrebt Das katholische Deutsch¬
land, wie es in seiner Ur. 7 vom 7. April 1912 ausdrücklich betont, indem
es das Zentrum ster "eine katholische politische Partei" erklärt. Daher lehnt
das Zentrum, und daher lehnen die Katholiken Deutschlands in ihrer Gesamtheit
die katholische Aktion als schädlich und die Einheit der Katholiken Deutschlands
gefährdend ab. Damit befinden sie sich auch in Übereinstimmung mit den
höchsten kirchlichen Würdenträgern Deutschlands, dem katholischen Episkopate.
Hat doch auch Kardinal Kopp laut Schlestscher Volkszeitung (Ur. 104 vom
5. März 1912) ausdrücklich erklärt, daß er "überhaupt keine Politik, die sich
gegen das Zentrum richtet", vertrete, und die Schlesische Volkszeitung bemerkte
dazu noch, sie sei "von berufener Seite" besonders ermächtigt zu erklären, "daß
von der maßgebenden Stelle die Neugründung des Wochenblattes der katholischen
Aktion, diese selbst und ihre Propagierung aufs schärfste verurteilt werden".
Die im März dieses Jahres in Berlin stattgehabte Generalversammlung des
Augustinusvereins, der auch zahlreiche Zentrumsabgeordnete beiwohnten, hat
bekanntlich denselben Standpunkt eingenommen.

Damit dürfte diese Angelegenheit sür die deutschen Katholiken erledigt sein.
Im übrigen darf diesen Dingen keine zu große Wichtigkeit beigelegt werden.
Dem Zentrum wird dadurch kein auch nur irgendwie nennenswerter Abbruch
geschehen; dagegen dürften sie insofern ihr Gutes haben, als sie ein Gegen¬
gewicht zu den hie und da in die Erscheinung tretenden Jnterkonfessionalisierungs-
bestrebungen bilden. Auch hier wird, wie immer, schließlich die gesunde Mitte
den Sieg behalten.




Strömungen innerhalb der Zentrumspartei

in Betracht kommen. Zweifelsohne sind die dahinter stehenden Kreise von den
besten Absichten beseelt. Sie wollen lediglich der katholischen Weltanschauung
zum Siege verhelfen, die nach ihrer Meinung von einem Teile des Zentrums und
der maßgebenden Persönlichkeiten innerhalb der Zentrumspartei nicht gebührend
berücksichtigt wird. Aber abgesehen davon, daß sie sich in diesem Kampfe
um die katholische Weltanschauung wiederholt von ungerechten Urteilen und
von Maßlosigkeiten nicht fern gehalten haben, die nur allzu berechtigten Wider¬
spruch herausfordern müssen, und abgesehen davon, daß sie einseitig nur das
in ihren Augen Tadelnswerte der von ihnen bekämpften Richtung, nicht aber
auch das zweifelsohne Verdienstvolle erwähnen und so schon dadurch allein
vielfach ein falsches, der Wirklichkeit nicht entsprechendes Bild in ihrem Leser¬
kreise hervorrufen, muß auch an die alte Wahrheit erinnert werden, daß das
Bessere vielfach ein Feind des Guten ist. Das Zentrum hat in seiner vierzig¬
jährigen Tätigkeit bewiesen, daß es stets für die Interessen des katholischen
Volksteils eingetreten ist, daß es stets der katholischen Weltanschauung auch im
öffentlichen Leben den ihr zukommenden Platz gewahrt wissen will. Es besteht
daher auch für das katholische Volk absolut kein Anlaß, den erprobten Grund¬
sätzen des Zentrums untreu zu werden und sich zu einer katholisch-konfessionellen
Partei zusammen zu schließen. Eine solche aber erstrebt Das katholische Deutsch¬
land, wie es in seiner Ur. 7 vom 7. April 1912 ausdrücklich betont, indem
es das Zentrum ster „eine katholische politische Partei" erklärt. Daher lehnt
das Zentrum, und daher lehnen die Katholiken Deutschlands in ihrer Gesamtheit
die katholische Aktion als schädlich und die Einheit der Katholiken Deutschlands
gefährdend ab. Damit befinden sie sich auch in Übereinstimmung mit den
höchsten kirchlichen Würdenträgern Deutschlands, dem katholischen Episkopate.
Hat doch auch Kardinal Kopp laut Schlestscher Volkszeitung (Ur. 104 vom
5. März 1912) ausdrücklich erklärt, daß er „überhaupt keine Politik, die sich
gegen das Zentrum richtet", vertrete, und die Schlesische Volkszeitung bemerkte
dazu noch, sie sei „von berufener Seite" besonders ermächtigt zu erklären, „daß
von der maßgebenden Stelle die Neugründung des Wochenblattes der katholischen
Aktion, diese selbst und ihre Propagierung aufs schärfste verurteilt werden".
Die im März dieses Jahres in Berlin stattgehabte Generalversammlung des
Augustinusvereins, der auch zahlreiche Zentrumsabgeordnete beiwohnten, hat
bekanntlich denselben Standpunkt eingenommen.

Damit dürfte diese Angelegenheit sür die deutschen Katholiken erledigt sein.
Im übrigen darf diesen Dingen keine zu große Wichtigkeit beigelegt werden.
Dem Zentrum wird dadurch kein auch nur irgendwie nennenswerter Abbruch
geschehen; dagegen dürften sie insofern ihr Gutes haben, als sie ein Gegen¬
gewicht zu den hie und da in die Erscheinung tretenden Jnterkonfessionalisierungs-
bestrebungen bilden. Auch hier wird, wie immer, schließlich die gesunde Mitte
den Sieg behalten.




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[0539] Strömungen innerhalb der Zentrumspartei in Betracht kommen. Zweifelsohne sind die dahinter stehenden Kreise von den besten Absichten beseelt. Sie wollen lediglich der katholischen Weltanschauung zum Siege verhelfen, die nach ihrer Meinung von einem Teile des Zentrums und der maßgebenden Persönlichkeiten innerhalb der Zentrumspartei nicht gebührend berücksichtigt wird. Aber abgesehen davon, daß sie sich in diesem Kampfe um die katholische Weltanschauung wiederholt von ungerechten Urteilen und von Maßlosigkeiten nicht fern gehalten haben, die nur allzu berechtigten Wider¬ spruch herausfordern müssen, und abgesehen davon, daß sie einseitig nur das in ihren Augen Tadelnswerte der von ihnen bekämpften Richtung, nicht aber auch das zweifelsohne Verdienstvolle erwähnen und so schon dadurch allein vielfach ein falsches, der Wirklichkeit nicht entsprechendes Bild in ihrem Leser¬ kreise hervorrufen, muß auch an die alte Wahrheit erinnert werden, daß das Bessere vielfach ein Feind des Guten ist. Das Zentrum hat in seiner vierzig¬ jährigen Tätigkeit bewiesen, daß es stets für die Interessen des katholischen Volksteils eingetreten ist, daß es stets der katholischen Weltanschauung auch im öffentlichen Leben den ihr zukommenden Platz gewahrt wissen will. Es besteht daher auch für das katholische Volk absolut kein Anlaß, den erprobten Grund¬ sätzen des Zentrums untreu zu werden und sich zu einer katholisch-konfessionellen Partei zusammen zu schließen. Eine solche aber erstrebt Das katholische Deutsch¬ land, wie es in seiner Ur. 7 vom 7. April 1912 ausdrücklich betont, indem es das Zentrum ster „eine katholische politische Partei" erklärt. Daher lehnt das Zentrum, und daher lehnen die Katholiken Deutschlands in ihrer Gesamtheit die katholische Aktion als schädlich und die Einheit der Katholiken Deutschlands gefährdend ab. Damit befinden sie sich auch in Übereinstimmung mit den höchsten kirchlichen Würdenträgern Deutschlands, dem katholischen Episkopate. Hat doch auch Kardinal Kopp laut Schlestscher Volkszeitung (Ur. 104 vom 5. März 1912) ausdrücklich erklärt, daß er „überhaupt keine Politik, die sich gegen das Zentrum richtet", vertrete, und die Schlesische Volkszeitung bemerkte dazu noch, sie sei „von berufener Seite" besonders ermächtigt zu erklären, „daß von der maßgebenden Stelle die Neugründung des Wochenblattes der katholischen Aktion, diese selbst und ihre Propagierung aufs schärfste verurteilt werden". Die im März dieses Jahres in Berlin stattgehabte Generalversammlung des Augustinusvereins, der auch zahlreiche Zentrumsabgeordnete beiwohnten, hat bekanntlich denselben Standpunkt eingenommen. Damit dürfte diese Angelegenheit sür die deutschen Katholiken erledigt sein. Im übrigen darf diesen Dingen keine zu große Wichtigkeit beigelegt werden. Dem Zentrum wird dadurch kein auch nur irgendwie nennenswerter Abbruch geschehen; dagegen dürften sie insofern ihr Gutes haben, als sie ein Gegen¬ gewicht zu den hie und da in die Erscheinung tretenden Jnterkonfessionalisierungs- bestrebungen bilden. Auch hier wird, wie immer, schließlich die gesunde Mitte den Sieg behalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/539>, abgerufen am 17.06.2024.