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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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erwachsenden Aufgaben, daß der einzige große Kavalleriekörper fern der Grenze
mitten im Reiche garnisoniert. Die Verlegung der Gardekavalleriediviston nach
der Westgrenze ist aus Gründen der Kriegsbereitschaft dringend geboten.

Für die beiden neu aufzustellenden Armeekorps sind, um sie organisatorisch
den bereits bestehenden gleichwertig zu machen, fünf Regimenter nötig. Jedes
Korps bedarf deren vier; drei sind bereits überzählig vorhanden: eines bei der
11. Kavalleriebrigade, zwei bei der 35. Division (41. Kavalleriebrigade). Der
Regierungsvorschlag enthält nur ein Regiment zu fünf Schwadronen. Das
bedeutet für den Mobilmachungsfall die Neuaufstellung vou vier kompletten
Regimentern. Ist es schon bei der Infanterie mißlich, Regimenter von 8 auf
12 Kompagnien umstellen zu müssen (vgl. Ur. 13, Seite 642/643), so mich
es noch weit ungünstiger für die Kriegsbereitschaft bezeichnet werden, wenn
ganze Kavallerieregimenter, für die erste Linie bestimmt, der Neubildung im
Augenblick des Ernstfalles vorbehalten bleiben sollen. Welches Zerreißen
bestehender, festgefügter Verbände, welch einschneidende Veränderungen in der
Stellenbesetzung bedeutet dies! Führer, Mannschaft, Pferde -- alles aus ver¬
schiedenen Truppenteilen zusammengestoppelt, nicht zusammengeschult! Formiert
man die Korps -- und das ist ein dringendes Erfordernis --, so muß man
auch die zugehörige Kavallerie formieren. Es brauchen ja nicht gleich fünf
Vollregimenter zu sein. Aber die Brigadekommandos und Regimentskommandos
nebst den Katers für die im Mobilmachungsfalle zu bildenden Schwadronen
müssen aufgestellt werden, am besten wohl in der Weise, daß man vou bereits
bestehenden Regimentern die fünften Schwadronen abtrennt und zunächst eine
größere Anzahl von Regimentern zu je vier Eskadrons schafft, die innerhalb
eines bemessenen Zeitraums auf volle Stärke ergänzt werden.

Für die Feldartillerie sind die normalmäßig zur Organisation eines Korps
gehörigen Verbände durch die Wehrvorlage vorgesehen. Was die Etatserhöhungen
betrifft, so ist nicht bekannt, ob auch eine Mehrung des Pferdebestandes mit-
inbegriffen ist, um einen Fortschritt in der Batteriebespannung im Frieden zu
erzielen. Sowohl in: Interesse der Friedensausbildung wie hinsichtlich erleichterten
Überganges auf den Kriegsfuß muß solches dringend gewünscht werden. Sehr
zu erwägen wäre die von autoritativer Seite angeregte Ausstattung sämtlicher
leichter Haubitzabteilungen mit Batterien zu vier Geschützen. Es würde sich
hierdurch eine äußerst günstige und nie wiederkehrende Gelegenheit für die Feld¬
artillerie ergeben, aus allen Nöten inbezug auf Mangel an Offizieren und
berittenen Unteroffizieren für die Aufklärung. Erkundung, Befehlsgebung und
Verbindung und inbezug auf Mangel an Reit- und Zugpferden mit einem
Schlage herauszukommen. Allerdings besäße das deutsche Armeekorps bei Durch¬
führung jenes Vorschlages (vgl. Neue Militärische Blätter 1911 Ur. 19
Seite 306 ff.) nur 120 statt 144 Geschütze. Aber demgegenüber sei hier nur
kurz bemerkt, daß dieses Verhältnis jenem der Infanterie im Korpsverbande
besser entspräche, und daß die Franzosen unter ihren 144 Geschützen pro Armee-


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erwachsenden Aufgaben, daß der einzige große Kavalleriekörper fern der Grenze
mitten im Reiche garnisoniert. Die Verlegung der Gardekavalleriediviston nach
der Westgrenze ist aus Gründen der Kriegsbereitschaft dringend geboten.

Für die beiden neu aufzustellenden Armeekorps sind, um sie organisatorisch
den bereits bestehenden gleichwertig zu machen, fünf Regimenter nötig. Jedes
Korps bedarf deren vier; drei sind bereits überzählig vorhanden: eines bei der
11. Kavalleriebrigade, zwei bei der 35. Division (41. Kavalleriebrigade). Der
Regierungsvorschlag enthält nur ein Regiment zu fünf Schwadronen. Das
bedeutet für den Mobilmachungsfall die Neuaufstellung vou vier kompletten
Regimentern. Ist es schon bei der Infanterie mißlich, Regimenter von 8 auf
12 Kompagnien umstellen zu müssen (vgl. Ur. 13, Seite 642/643), so mich
es noch weit ungünstiger für die Kriegsbereitschaft bezeichnet werden, wenn
ganze Kavallerieregimenter, für die erste Linie bestimmt, der Neubildung im
Augenblick des Ernstfalles vorbehalten bleiben sollen. Welches Zerreißen
bestehender, festgefügter Verbände, welch einschneidende Veränderungen in der
Stellenbesetzung bedeutet dies! Führer, Mannschaft, Pferde — alles aus ver¬
schiedenen Truppenteilen zusammengestoppelt, nicht zusammengeschult! Formiert
man die Korps — und das ist ein dringendes Erfordernis —, so muß man
auch die zugehörige Kavallerie formieren. Es brauchen ja nicht gleich fünf
Vollregimenter zu sein. Aber die Brigadekommandos und Regimentskommandos
nebst den Katers für die im Mobilmachungsfalle zu bildenden Schwadronen
müssen aufgestellt werden, am besten wohl in der Weise, daß man vou bereits
bestehenden Regimentern die fünften Schwadronen abtrennt und zunächst eine
größere Anzahl von Regimentern zu je vier Eskadrons schafft, die innerhalb
eines bemessenen Zeitraums auf volle Stärke ergänzt werden.

Für die Feldartillerie sind die normalmäßig zur Organisation eines Korps
gehörigen Verbände durch die Wehrvorlage vorgesehen. Was die Etatserhöhungen
betrifft, so ist nicht bekannt, ob auch eine Mehrung des Pferdebestandes mit-
inbegriffen ist, um einen Fortschritt in der Batteriebespannung im Frieden zu
erzielen. Sowohl in: Interesse der Friedensausbildung wie hinsichtlich erleichterten
Überganges auf den Kriegsfuß muß solches dringend gewünscht werden. Sehr
zu erwägen wäre die von autoritativer Seite angeregte Ausstattung sämtlicher
leichter Haubitzabteilungen mit Batterien zu vier Geschützen. Es würde sich
hierdurch eine äußerst günstige und nie wiederkehrende Gelegenheit für die Feld¬
artillerie ergeben, aus allen Nöten inbezug auf Mangel an Offizieren und
berittenen Unteroffizieren für die Aufklärung. Erkundung, Befehlsgebung und
Verbindung und inbezug auf Mangel an Reit- und Zugpferden mit einem
Schlage herauszukommen. Allerdings besäße das deutsche Armeekorps bei Durch¬
führung jenes Vorschlages (vgl. Neue Militärische Blätter 1911 Ur. 19
Seite 306 ff.) nur 120 statt 144 Geschütze. Aber demgegenüber sei hier nur
kurz bemerkt, daß dieses Verhältnis jenem der Infanterie im Korpsverbande
besser entspräche, und daß die Franzosen unter ihren 144 Geschützen pro Armee-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/55>, abgerufen am 17.06.2024.