Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
An der Wiege des Königreichs Rumänien

Abschiedsaudienz der Kommission werden sich die Mitglieder derselben in
beliebiger Weise und nach den Instruktionen ihrer Regierung von hier weg¬
begeben, um sich demnächst zum 30. März d. I. in Bukarest wieder zusammen¬
zufinden.

Euer p. Präsidenten habe ich daher durch eine telegraphische Depesche vom
heutigen Tage ebenfalls um Verhaltungsbefehle hinsichtlich meiner Abreise gebeten.

Hiermit ist der erste, man kann nicht einmal sagen Vortakt, sondern nur
ein Vorspiel zum Vorakt der Wahlen für die Diwans in den Fürstentümern
vollendet worden. Es hat etwa sechs Monate gekostet, und wäre sicherlich heute
noch nicht zustande gebracht, wenn Lord Stratford nicht seine Zögerungspoliiik
aus den eingangs gedachten Gründen aufgegeben hätte.

Euer Königliche Majestät werden daher die Schwierigkeiten allergnädigst
ermessen, die der Aufgabe an sich und an Ort und Stelle entgegenstehen werden,
und wenn die Erfüllung derselben nicht zu rasch und in der Weise vorwärts¬
gehe, als Allerhöchstdieselben im Interesse der Sache selbst es wünschen, dies in
Allerhöchster Nachsicht auf Rechnung dieser Schwierigkeiten setzen.

Nachdem Sir Henry Bulwer erklärt hat, daß er den Inhalt des Firmans,
besonders soweit derselbe sich auf die Form der Zusammensetzung der Klassen
bezieht, in denen die verschiedenen Stände der Fürstentümer zum Ausdruck ihrer
Wünsche gelangen sollen, nicht für zweckmäßig erachte, und er in dieser Hinsicht
viele Schwierigkeiten voraussehe, ist zu fürchten, daß er selbst dahinneigen
werde, diese seine Voraussicht wahrzumachen. Es wäre daher wünschenswert,
wenn die englische Regierung ihn durch eine andere Persönlichkeit ersetzte, obwohl
nicht zu leugnen ist, daß die Kommission dadurch eines geistreichen Mitgliedes
verlustig ginge, freilich eines solchen, dessen diplomatisches Genie unproduktive
Seite überall mehr in der Schaffung von Hindernissen und Schwierigkeiten, als
in deren Überwindung Geltung gefunden hat. Sir Henry Bulwer selbst hat
sich hierüber noch nicht ausgesprochen, er hat aber mir und seinen übrigen
Kollegen von dem Inhalt einer telegraphischen Depesche Kenntnis gegeben, die
er seiner Negierung über die Vorgänge in der Konferenz vom 13. d. M.
gesendet und deren Inhalt vollkommen der Wahrheit entspricht. Es wäre zu
erwarten, daß die britische Negierung selbst die Jnkonvenienz fühlen müßte,
Sir Henry Bulwer in der Kommission zu belassen, wenn an die Auffassungen
dieser Regierung selbst immer der gewöhnliche Maßstab des Schicklichen und
Angemessenen, und nicht oft der des Außergewöhnlichem und manchmal selbst
des Unnatürlichen anzulegen wäre." (Weitere Berichte folgen)




An der Wiege des Königreichs Rumänien

Abschiedsaudienz der Kommission werden sich die Mitglieder derselben in
beliebiger Weise und nach den Instruktionen ihrer Regierung von hier weg¬
begeben, um sich demnächst zum 30. März d. I. in Bukarest wieder zusammen¬
zufinden.

Euer p. Präsidenten habe ich daher durch eine telegraphische Depesche vom
heutigen Tage ebenfalls um Verhaltungsbefehle hinsichtlich meiner Abreise gebeten.

Hiermit ist der erste, man kann nicht einmal sagen Vortakt, sondern nur
ein Vorspiel zum Vorakt der Wahlen für die Diwans in den Fürstentümern
vollendet worden. Es hat etwa sechs Monate gekostet, und wäre sicherlich heute
noch nicht zustande gebracht, wenn Lord Stratford nicht seine Zögerungspoliiik
aus den eingangs gedachten Gründen aufgegeben hätte.

Euer Königliche Majestät werden daher die Schwierigkeiten allergnädigst
ermessen, die der Aufgabe an sich und an Ort und Stelle entgegenstehen werden,
und wenn die Erfüllung derselben nicht zu rasch und in der Weise vorwärts¬
gehe, als Allerhöchstdieselben im Interesse der Sache selbst es wünschen, dies in
Allerhöchster Nachsicht auf Rechnung dieser Schwierigkeiten setzen.

Nachdem Sir Henry Bulwer erklärt hat, daß er den Inhalt des Firmans,
besonders soweit derselbe sich auf die Form der Zusammensetzung der Klassen
bezieht, in denen die verschiedenen Stände der Fürstentümer zum Ausdruck ihrer
Wünsche gelangen sollen, nicht für zweckmäßig erachte, und er in dieser Hinsicht
viele Schwierigkeiten voraussehe, ist zu fürchten, daß er selbst dahinneigen
werde, diese seine Voraussicht wahrzumachen. Es wäre daher wünschenswert,
wenn die englische Regierung ihn durch eine andere Persönlichkeit ersetzte, obwohl
nicht zu leugnen ist, daß die Kommission dadurch eines geistreichen Mitgliedes
verlustig ginge, freilich eines solchen, dessen diplomatisches Genie unproduktive
Seite überall mehr in der Schaffung von Hindernissen und Schwierigkeiten, als
in deren Überwindung Geltung gefunden hat. Sir Henry Bulwer selbst hat
sich hierüber noch nicht ausgesprochen, er hat aber mir und seinen übrigen
Kollegen von dem Inhalt einer telegraphischen Depesche Kenntnis gegeben, die
er seiner Negierung über die Vorgänge in der Konferenz vom 13. d. M.
gesendet und deren Inhalt vollkommen der Wahrheit entspricht. Es wäre zu
erwarten, daß die britische Negierung selbst die Jnkonvenienz fühlen müßte,
Sir Henry Bulwer in der Kommission zu belassen, wenn an die Auffassungen
dieser Regierung selbst immer der gewöhnliche Maßstab des Schicklichen und
Angemessenen, und nicht oft der des Außergewöhnlichem und manchmal selbst
des Unnatürlichen anzulegen wäre." (Weitere Berichte folgen)




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322830"/>
          <fw type="header" place="top"> An der Wiege des Königreichs Rumänien</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2088" prev="#ID_2087"> Abschiedsaudienz der Kommission werden sich die Mitglieder derselben in<lb/>
beliebiger Weise und nach den Instruktionen ihrer Regierung von hier weg¬<lb/>
begeben, um sich demnächst zum 30. März d. I. in Bukarest wieder zusammen¬<lb/>
zufinden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2089"> Euer p. Präsidenten habe ich daher durch eine telegraphische Depesche vom<lb/>
heutigen Tage ebenfalls um Verhaltungsbefehle hinsichtlich meiner Abreise gebeten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2090"> Hiermit ist der erste, man kann nicht einmal sagen Vortakt, sondern nur<lb/>
ein Vorspiel zum Vorakt der Wahlen für die Diwans in den Fürstentümern<lb/>
vollendet worden. Es hat etwa sechs Monate gekostet, und wäre sicherlich heute<lb/>
noch nicht zustande gebracht, wenn Lord Stratford nicht seine Zögerungspoliiik<lb/>
aus den eingangs gedachten Gründen aufgegeben hätte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2091"> Euer Königliche Majestät werden daher die Schwierigkeiten allergnädigst<lb/>
ermessen, die der Aufgabe an sich und an Ort und Stelle entgegenstehen werden,<lb/>
und wenn die Erfüllung derselben nicht zu rasch und in der Weise vorwärts¬<lb/>
gehe, als Allerhöchstdieselben im Interesse der Sache selbst es wünschen, dies in<lb/>
Allerhöchster Nachsicht auf Rechnung dieser Schwierigkeiten setzen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2092"> Nachdem Sir Henry Bulwer erklärt hat, daß er den Inhalt des Firmans,<lb/>
besonders soweit derselbe sich auf die Form der Zusammensetzung der Klassen<lb/>
bezieht, in denen die verschiedenen Stände der Fürstentümer zum Ausdruck ihrer<lb/>
Wünsche gelangen sollen, nicht für zweckmäßig erachte, und er in dieser Hinsicht<lb/>
viele Schwierigkeiten voraussehe, ist zu fürchten, daß er selbst dahinneigen<lb/>
werde, diese seine Voraussicht wahrzumachen. Es wäre daher wünschenswert,<lb/>
wenn die englische Regierung ihn durch eine andere Persönlichkeit ersetzte, obwohl<lb/>
nicht zu leugnen ist, daß die Kommission dadurch eines geistreichen Mitgliedes<lb/>
verlustig ginge, freilich eines solchen, dessen diplomatisches Genie unproduktive<lb/>
Seite überall mehr in der Schaffung von Hindernissen und Schwierigkeiten, als<lb/>
in deren Überwindung Geltung gefunden hat. Sir Henry Bulwer selbst hat<lb/>
sich hierüber noch nicht ausgesprochen, er hat aber mir und seinen übrigen<lb/>
Kollegen von dem Inhalt einer telegraphischen Depesche Kenntnis gegeben, die<lb/>
er seiner Negierung über die Vorgänge in der Konferenz vom 13. d. M.<lb/>
gesendet und deren Inhalt vollkommen der Wahrheit entspricht. Es wäre zu<lb/>
erwarten, daß die britische Negierung selbst die Jnkonvenienz fühlen müßte,<lb/>
Sir Henry Bulwer in der Kommission zu belassen, wenn an die Auffassungen<lb/>
dieser Regierung selbst immer der gewöhnliche Maßstab des Schicklichen und<lb/>
Angemessenen, und nicht oft der des Außergewöhnlichem und manchmal selbst<lb/>
des Unnatürlichen anzulegen wäre." (Weitere Berichte folgen)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0428] An der Wiege des Königreichs Rumänien Abschiedsaudienz der Kommission werden sich die Mitglieder derselben in beliebiger Weise und nach den Instruktionen ihrer Regierung von hier weg¬ begeben, um sich demnächst zum 30. März d. I. in Bukarest wieder zusammen¬ zufinden. Euer p. Präsidenten habe ich daher durch eine telegraphische Depesche vom heutigen Tage ebenfalls um Verhaltungsbefehle hinsichtlich meiner Abreise gebeten. Hiermit ist der erste, man kann nicht einmal sagen Vortakt, sondern nur ein Vorspiel zum Vorakt der Wahlen für die Diwans in den Fürstentümern vollendet worden. Es hat etwa sechs Monate gekostet, und wäre sicherlich heute noch nicht zustande gebracht, wenn Lord Stratford nicht seine Zögerungspoliiik aus den eingangs gedachten Gründen aufgegeben hätte. Euer Königliche Majestät werden daher die Schwierigkeiten allergnädigst ermessen, die der Aufgabe an sich und an Ort und Stelle entgegenstehen werden, und wenn die Erfüllung derselben nicht zu rasch und in der Weise vorwärts¬ gehe, als Allerhöchstdieselben im Interesse der Sache selbst es wünschen, dies in Allerhöchster Nachsicht auf Rechnung dieser Schwierigkeiten setzen. Nachdem Sir Henry Bulwer erklärt hat, daß er den Inhalt des Firmans, besonders soweit derselbe sich auf die Form der Zusammensetzung der Klassen bezieht, in denen die verschiedenen Stände der Fürstentümer zum Ausdruck ihrer Wünsche gelangen sollen, nicht für zweckmäßig erachte, und er in dieser Hinsicht viele Schwierigkeiten voraussehe, ist zu fürchten, daß er selbst dahinneigen werde, diese seine Voraussicht wahrzumachen. Es wäre daher wünschenswert, wenn die englische Regierung ihn durch eine andere Persönlichkeit ersetzte, obwohl nicht zu leugnen ist, daß die Kommission dadurch eines geistreichen Mitgliedes verlustig ginge, freilich eines solchen, dessen diplomatisches Genie unproduktive Seite überall mehr in der Schaffung von Hindernissen und Schwierigkeiten, als in deren Überwindung Geltung gefunden hat. Sir Henry Bulwer selbst hat sich hierüber noch nicht ausgesprochen, er hat aber mir und seinen übrigen Kollegen von dem Inhalt einer telegraphischen Depesche Kenntnis gegeben, die er seiner Negierung über die Vorgänge in der Konferenz vom 13. d. M. gesendet und deren Inhalt vollkommen der Wahrheit entspricht. Es wäre zu erwarten, daß die britische Negierung selbst die Jnkonvenienz fühlen müßte, Sir Henry Bulwer in der Kommission zu belassen, wenn an die Auffassungen dieser Regierung selbst immer der gewöhnliche Maßstab des Schicklichen und Angemessenen, und nicht oft der des Außergewöhnlichem und manchmal selbst des Unnatürlichen anzulegen wäre." (Weitere Berichte folgen)

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/428
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/428>, abgerufen am 30.05.2024.