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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

zu haben scheinen, haben in Wirklichkeit nur
das Kostüm geändert; der Mensch, auch der
Rassenmensch, ist in allem Wesentlichen der¬
selbe geblieben. Ein weiteres Element euro¬
päischer Überlegenheit ist das Familienleben,
und das finden wir in der Odyssee so rein
und so traut wie im deutschen Bürgerhause,
"Die Dame" mag das dem Asiaten Unver¬
ständlichste am europäischen Geschlechtsleben
sein, das Charakteristische ist sie nicht, denn
die Ideen und Sitten des französischen Ritter¬
tums sind zwar auch in den deutschen Adel,
aber nirgends in Europa ins Volk ein¬
gedrungen. Erst die heutige Nivelliermaschine
hat auch dem Fabrikarbeiter -- glücklicherweise
noch nicht den? bayerischen Holzknechte -- seine
Dame beschert. Das charakteristisch Euro¬
päische ist das gesunde Verhältnis und die
würdige Stellung von Mann, Frau und Kind
zueinander im germanischen Hause, das dem
schlichten Christen durch daS Bild der heiligen
Familie im Stalle zu Bethlehem und in der
Zimmerwerkstatt zu Nazareth geheiligt wird.
Dieseni Bilde entspricht zwar das Haus des
Odysseus auf Ithaka, nimmermehr aber der
irrende Ritter, der zu Ehren seiner Dulcinea
auf Abenteuer auszieht. Auch Brunhild und
Chriemhild sind keine Damen, sondern Frauen
gewesen. Ihr Kulturwert soll damit den beiden
Spielarten der europäischen Frau nicht bestritten
werden. (Um zwei Nuancen handelt es sich, weil
doch die moderne Dame, die wirkliche Dame,
etwas ganz anderes ist als ein Ritterliebchen.)

Daß die Perioden der Geschichte, die uns
bisher als Weltgeschichte gegolten hat, durch
den Wechsel der führenden Völker und ihrer
Kulturen gegeneinander abgegrenzt werden,
ist richtig; nur möchte ich besonders betont
haben, daß die Babylonier, die den Reigen
eröffnen, Semiten gewesen sind. Die Semiten
gehören also in unseren, nicht in einen der
asiatischen Kulturkreise, wie sie ja auch Kau"
rasier sind, wenngleich dem Blute mehrerer
ihrer Stämme das Blut von Schwarzen bei¬
gemischt ist und demgemäß die meisten Se¬
miten einzelne Charakterzüge tragen, die sie
vom europäisch-arischen Typus, nicht zu ihrem
Vorteil, auffällig unterscheiden. Der Gegensatz
von Weiß und Farbig ist doch, genau gesehen,
der einzige Rassenunterschied, der eine tiefe
Kluft zwischen den Völkern reißt.

[Spaltenumbruch]

Daß Europa seine Herrscherstellung ein¬
mal in einem großen Entscheidungskriege
gegen Asien zu verteidigen haben werde, ist
Wohl möglich, aber keineswegs gewiß, und
an dem siegreichen Ausgange dieses Kampfes,
glaube ich im Gegensatze zu Goldstein, brauchen
wir nicht zu zweifeln. Voraussetzung des
Sieges ist natürlich die Einigkeit der Euro¬
päer -- d. h. der Bewohner Mittel- und West¬
europas --, an der aber wird es, darin bin
ich wieder mit Goldstein einig, im entschei¬
denden Augenblick nicht fehlen. Von den
Konflikten zwischen den europäischen Gro߬
mächten meint er: "eigentlich ist das alles
Unsinn", und ich habe andernorts zu be¬
weisen versucht, daß die Feindschaften zwischen
Deutschen, Engländern und Franzosen nicht
Interessengegensätzen, sondern kindischen Ein¬
bildungen entspringen, und daß die wirt¬
schaftliche Entwicklung den Staatenbund an¬
bahnt, auf den Goldstein hofft. Dagegen
halte ich eine gemeinsame Aktion der Asiaten
für undenkbar, weil die Japaner, die Chinesen
und die Inder -- nur diese drei Völker
kommen in Betracht -- grundverschieden von¬
einander sind. Und was ihre Europäisierung
betrifft: mögen sie uns immerhin alle
unsere technischen Künste abgucken, den Geist,
der diese Künste erfunden hat, und der fort¬
fahren wird, zu erfinden, können sie uns nicht
abzapfen. Die Wurzel unserer hohen ma¬
teriellen Kultur, unserer Zivilisation, ist idealer
Natur; sie ist der eine der drei Triebe der
Europäerseele, die zuerst Plato erkannt hat:
der Wcchrheits- und Forscherdrang. Ein an¬
derer: die Liebe zum Schönen und die
Schönheit selbst, macht den Unterschied zwischen
Weißen und Farbigen dem Auge deutlich
sichtbar. Die Mongolen können eS so wenig
wie die Neger zur Ästhetik bringen, weil sie
keine schönen Gesichter haben. Ginge ihnen
die Idee der Schönheit auf, dann würde die
Erkenntnis ihrer Unschönheit sie unglücklich
machen, niederdrücken und lahmen. Mit der
Schönheit steht die Reinsele und Reinlichkeit
in engster Wechselwirkung, und deren Ent¬
faltung ist an die Weiße Haut gebunden.
Der Schmutz der Chinesen allein schon ver¬
bietet, ihre Kultur der unseren gleichwertig
zu achten. Mag der dritte Stern des Pla¬
tonischen Dreigestirns, mag Güte und Ge-

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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zu haben scheinen, haben in Wirklichkeit nur
das Kostüm geändert; der Mensch, auch der
Rassenmensch, ist in allem Wesentlichen der¬
selbe geblieben. Ein weiteres Element euro¬
päischer Überlegenheit ist das Familienleben,
und das finden wir in der Odyssee so rein
und so traut wie im deutschen Bürgerhause,
„Die Dame" mag das dem Asiaten Unver¬
ständlichste am europäischen Geschlechtsleben
sein, das Charakteristische ist sie nicht, denn
die Ideen und Sitten des französischen Ritter¬
tums sind zwar auch in den deutschen Adel,
aber nirgends in Europa ins Volk ein¬
gedrungen. Erst die heutige Nivelliermaschine
hat auch dem Fabrikarbeiter — glücklicherweise
noch nicht den? bayerischen Holzknechte — seine
Dame beschert. Das charakteristisch Euro¬
päische ist das gesunde Verhältnis und die
würdige Stellung von Mann, Frau und Kind
zueinander im germanischen Hause, das dem
schlichten Christen durch daS Bild der heiligen
Familie im Stalle zu Bethlehem und in der
Zimmerwerkstatt zu Nazareth geheiligt wird.
Dieseni Bilde entspricht zwar das Haus des
Odysseus auf Ithaka, nimmermehr aber der
irrende Ritter, der zu Ehren seiner Dulcinea
auf Abenteuer auszieht. Auch Brunhild und
Chriemhild sind keine Damen, sondern Frauen
gewesen. Ihr Kulturwert soll damit den beiden
Spielarten der europäischen Frau nicht bestritten
werden. (Um zwei Nuancen handelt es sich, weil
doch die moderne Dame, die wirkliche Dame,
etwas ganz anderes ist als ein Ritterliebchen.)

Daß die Perioden der Geschichte, die uns
bisher als Weltgeschichte gegolten hat, durch
den Wechsel der führenden Völker und ihrer
Kulturen gegeneinander abgegrenzt werden,
ist richtig; nur möchte ich besonders betont
haben, daß die Babylonier, die den Reigen
eröffnen, Semiten gewesen sind. Die Semiten
gehören also in unseren, nicht in einen der
asiatischen Kulturkreise, wie sie ja auch Kau«
rasier sind, wenngleich dem Blute mehrerer
ihrer Stämme das Blut von Schwarzen bei¬
gemischt ist und demgemäß die meisten Se¬
miten einzelne Charakterzüge tragen, die sie
vom europäisch-arischen Typus, nicht zu ihrem
Vorteil, auffällig unterscheiden. Der Gegensatz
von Weiß und Farbig ist doch, genau gesehen,
der einzige Rassenunterschied, der eine tiefe
Kluft zwischen den Völkern reißt.

[Spaltenumbruch]

Daß Europa seine Herrscherstellung ein¬
mal in einem großen Entscheidungskriege
gegen Asien zu verteidigen haben werde, ist
Wohl möglich, aber keineswegs gewiß, und
an dem siegreichen Ausgange dieses Kampfes,
glaube ich im Gegensatze zu Goldstein, brauchen
wir nicht zu zweifeln. Voraussetzung des
Sieges ist natürlich die Einigkeit der Euro¬
päer — d. h. der Bewohner Mittel- und West¬
europas —, an der aber wird es, darin bin
ich wieder mit Goldstein einig, im entschei¬
denden Augenblick nicht fehlen. Von den
Konflikten zwischen den europäischen Gro߬
mächten meint er: „eigentlich ist das alles
Unsinn", und ich habe andernorts zu be¬
weisen versucht, daß die Feindschaften zwischen
Deutschen, Engländern und Franzosen nicht
Interessengegensätzen, sondern kindischen Ein¬
bildungen entspringen, und daß die wirt¬
schaftliche Entwicklung den Staatenbund an¬
bahnt, auf den Goldstein hofft. Dagegen
halte ich eine gemeinsame Aktion der Asiaten
für undenkbar, weil die Japaner, die Chinesen
und die Inder — nur diese drei Völker
kommen in Betracht — grundverschieden von¬
einander sind. Und was ihre Europäisierung
betrifft: mögen sie uns immerhin alle
unsere technischen Künste abgucken, den Geist,
der diese Künste erfunden hat, und der fort¬
fahren wird, zu erfinden, können sie uns nicht
abzapfen. Die Wurzel unserer hohen ma¬
teriellen Kultur, unserer Zivilisation, ist idealer
Natur; sie ist der eine der drei Triebe der
Europäerseele, die zuerst Plato erkannt hat:
der Wcchrheits- und Forscherdrang. Ein an¬
derer: die Liebe zum Schönen und die
Schönheit selbst, macht den Unterschied zwischen
Weißen und Farbigen dem Auge deutlich
sichtbar. Die Mongolen können eS so wenig
wie die Neger zur Ästhetik bringen, weil sie
keine schönen Gesichter haben. Ginge ihnen
die Idee der Schönheit auf, dann würde die
Erkenntnis ihrer Unschönheit sie unglücklich
machen, niederdrücken und lahmen. Mit der
Schönheit steht die Reinsele und Reinlichkeit
in engster Wechselwirkung, und deren Ent¬
faltung ist an die Weiße Haut gebunden.
Der Schmutz der Chinesen allein schon ver¬
bietet, ihre Kultur der unseren gleichwertig
zu achten. Mag der dritte Stern des Pla¬
tonischen Dreigestirns, mag Güte und Ge-

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[0304] Maßgebliches und Unmaßgebliches zu haben scheinen, haben in Wirklichkeit nur das Kostüm geändert; der Mensch, auch der Rassenmensch, ist in allem Wesentlichen der¬ selbe geblieben. Ein weiteres Element euro¬ päischer Überlegenheit ist das Familienleben, und das finden wir in der Odyssee so rein und so traut wie im deutschen Bürgerhause, „Die Dame" mag das dem Asiaten Unver¬ ständlichste am europäischen Geschlechtsleben sein, das Charakteristische ist sie nicht, denn die Ideen und Sitten des französischen Ritter¬ tums sind zwar auch in den deutschen Adel, aber nirgends in Europa ins Volk ein¬ gedrungen. Erst die heutige Nivelliermaschine hat auch dem Fabrikarbeiter — glücklicherweise noch nicht den? bayerischen Holzknechte — seine Dame beschert. Das charakteristisch Euro¬ päische ist das gesunde Verhältnis und die würdige Stellung von Mann, Frau und Kind zueinander im germanischen Hause, das dem schlichten Christen durch daS Bild der heiligen Familie im Stalle zu Bethlehem und in der Zimmerwerkstatt zu Nazareth geheiligt wird. Dieseni Bilde entspricht zwar das Haus des Odysseus auf Ithaka, nimmermehr aber der irrende Ritter, der zu Ehren seiner Dulcinea auf Abenteuer auszieht. Auch Brunhild und Chriemhild sind keine Damen, sondern Frauen gewesen. Ihr Kulturwert soll damit den beiden Spielarten der europäischen Frau nicht bestritten werden. (Um zwei Nuancen handelt es sich, weil doch die moderne Dame, die wirkliche Dame, etwas ganz anderes ist als ein Ritterliebchen.) Daß die Perioden der Geschichte, die uns bisher als Weltgeschichte gegolten hat, durch den Wechsel der führenden Völker und ihrer Kulturen gegeneinander abgegrenzt werden, ist richtig; nur möchte ich besonders betont haben, daß die Babylonier, die den Reigen eröffnen, Semiten gewesen sind. Die Semiten gehören also in unseren, nicht in einen der asiatischen Kulturkreise, wie sie ja auch Kau« rasier sind, wenngleich dem Blute mehrerer ihrer Stämme das Blut von Schwarzen bei¬ gemischt ist und demgemäß die meisten Se¬ miten einzelne Charakterzüge tragen, die sie vom europäisch-arischen Typus, nicht zu ihrem Vorteil, auffällig unterscheiden. Der Gegensatz von Weiß und Farbig ist doch, genau gesehen, der einzige Rassenunterschied, der eine tiefe Kluft zwischen den Völkern reißt. Daß Europa seine Herrscherstellung ein¬ mal in einem großen Entscheidungskriege gegen Asien zu verteidigen haben werde, ist Wohl möglich, aber keineswegs gewiß, und an dem siegreichen Ausgange dieses Kampfes, glaube ich im Gegensatze zu Goldstein, brauchen wir nicht zu zweifeln. Voraussetzung des Sieges ist natürlich die Einigkeit der Euro¬ päer — d. h. der Bewohner Mittel- und West¬ europas —, an der aber wird es, darin bin ich wieder mit Goldstein einig, im entschei¬ denden Augenblick nicht fehlen. Von den Konflikten zwischen den europäischen Gro߬ mächten meint er: „eigentlich ist das alles Unsinn", und ich habe andernorts zu be¬ weisen versucht, daß die Feindschaften zwischen Deutschen, Engländern und Franzosen nicht Interessengegensätzen, sondern kindischen Ein¬ bildungen entspringen, und daß die wirt¬ schaftliche Entwicklung den Staatenbund an¬ bahnt, auf den Goldstein hofft. Dagegen halte ich eine gemeinsame Aktion der Asiaten für undenkbar, weil die Japaner, die Chinesen und die Inder — nur diese drei Völker kommen in Betracht — grundverschieden von¬ einander sind. Und was ihre Europäisierung betrifft: mögen sie uns immerhin alle unsere technischen Künste abgucken, den Geist, der diese Künste erfunden hat, und der fort¬ fahren wird, zu erfinden, können sie uns nicht abzapfen. Die Wurzel unserer hohen ma¬ teriellen Kultur, unserer Zivilisation, ist idealer Natur; sie ist der eine der drei Triebe der Europäerseele, die zuerst Plato erkannt hat: der Wcchrheits- und Forscherdrang. Ein an¬ derer: die Liebe zum Schönen und die Schönheit selbst, macht den Unterschied zwischen Weißen und Farbigen dem Auge deutlich sichtbar. Die Mongolen können eS so wenig wie die Neger zur Ästhetik bringen, weil sie keine schönen Gesichter haben. Ginge ihnen die Idee der Schönheit auf, dann würde die Erkenntnis ihrer Unschönheit sie unglücklich machen, niederdrücken und lahmen. Mit der Schönheit steht die Reinsele und Reinlichkeit in engster Wechselwirkung, und deren Ent¬ faltung ist an die Weiße Haut gebunden. Der Schmutz der Chinesen allein schon ver¬ bietet, ihre Kultur der unseren gleichwertig zu achten. Mag der dritte Stern des Pla¬ tonischen Dreigestirns, mag Güte und Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/304>, abgerufen am 22.05.2024.