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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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?le deutsche Rheinmimdnng

Es handelt sich hier um Dinge, die nicht nur unsere Abhängigkeit von Holland
beseitigen sollen, sondern auch um die Organisation unserer wichtigsten Export-
industrien und somit um deren Leistungsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Die
Konkurrenzfähigkeit wird aber beeinträchtigt, wenn die Mittel des Binnenverkehrs
versagen, wie solches jahraus jahrein gerade in Westdeutschland geschieht.
Mit der Vergrößerung des Wagenparks der Eisenbahn ist es nicht geschehen;
die Wagen müssen auch rollen können und jeder Wagen mehr bedeutet bei den
heutigen Verhältnissen eine Verringerung der Beweglichkeit. Nachdem das Gebiet
zwischen Niederrhein, Ruhr, Lippe in einen einzigen Güterbahnhof verwandelt
erscheint, ist die Grenze der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen überschritten. Mit
Recht schreibt Busz S. 59: "Die Frage, ob es nicht zweckmäßig ist, anstatt das Land
in immer wachsendem Umfange mit einem immer engeren und schwereren eisernen
Netz zu überspinnen, das zu einem Hauptteil nur bestimmt ist, den Verkehr
dieser Lande mit dem Weltmeer zu vermitteln, das Weltmeer selbst, die goldene
Straße des Welthandels, in das Herz des Landes zu führen, diese Frage spielt
neben jener eingangs erörterten nationalwirtschaftlichen Überlegung einer Be¬
freiung von der Abhängigkeit vom Auslande eine gewichtige, wenn nicht ent¬
scheidende Rolle."

Der Hauptpunkt wird aber immer die Vorfrage bleiben: wie ist die Ren¬
tabilität sichergestellt? Welche Systeme sind anzuwenden, um die Rentabilität
zu gewährleisten.

Man hat versucht Busz einen Strick daraus zu drehen, daß er das Heil
lediglich in der Anlage eines Seekanals sieht, der rund 970 Millionen Mark
kosten würde. Daran anknüpfend ist gesagt worden, die großen Schiffsgefäße seien
unrentabel für den Kanalweg, der langsam befahren werden müsse. Ich meine,
die rentabelsten Schiffsgrößen und infolgedessen auch das rentabelste Kanalprofil
zu finden, müßte eine verhältnismäßig leicht durchführbare Aufgabe sein. Hören
wir, was ein Gewährsmann der Kölnischen Zeitung in deren Nummer 433 vom
16. April d. I. dazu zu sagen hat. Er schreibt:

"Der Transport ans dem Kanal (Rhein-Nordsee) in einem Seeschiff von
6000 Tonnen ist unzweifelhaft billiger als der Transport in mehreren kleinen
Flußschiffen, wenngleich es danach oben hin auch eine Grenze gibt. 10000Tonnen-
Dampfer, die vielleicht auch noch für den Passagierdienst eingerichtet sind,
werden zu teuer, wie in der Kölnischen Zeitung am 28. März richtig aus¬
geführt ist.

Ein 6000 Tonnen-Dampfer kostet als Frachtdampfer etwa 800000 Mark.
Drei Flußschiffe, je 2000 Tonnen, kosten aber zusammen nur 400000 Mark.
3,5 Tage dauert nun die Kanalreise Duisburg-Emden und zurück, so daß
bei 12 Prozent für Amortisation und Verzinsung für den Secdampfer zu
6000 Tonnen 900 Mark, für die drei Flußschiffe Ä 2000 Tonnen aber nur
450 Mark umgesetzt zu werden braucht, d. h. der Seedampfer kostet 450 Mark
mehr. Hinzu kommen die Ausgaben für die zahlreichere Bemannung des


?le deutsche Rheinmimdnng

Es handelt sich hier um Dinge, die nicht nur unsere Abhängigkeit von Holland
beseitigen sollen, sondern auch um die Organisation unserer wichtigsten Export-
industrien und somit um deren Leistungsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Die
Konkurrenzfähigkeit wird aber beeinträchtigt, wenn die Mittel des Binnenverkehrs
versagen, wie solches jahraus jahrein gerade in Westdeutschland geschieht.
Mit der Vergrößerung des Wagenparks der Eisenbahn ist es nicht geschehen;
die Wagen müssen auch rollen können und jeder Wagen mehr bedeutet bei den
heutigen Verhältnissen eine Verringerung der Beweglichkeit. Nachdem das Gebiet
zwischen Niederrhein, Ruhr, Lippe in einen einzigen Güterbahnhof verwandelt
erscheint, ist die Grenze der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen überschritten. Mit
Recht schreibt Busz S. 59: „Die Frage, ob es nicht zweckmäßig ist, anstatt das Land
in immer wachsendem Umfange mit einem immer engeren und schwereren eisernen
Netz zu überspinnen, das zu einem Hauptteil nur bestimmt ist, den Verkehr
dieser Lande mit dem Weltmeer zu vermitteln, das Weltmeer selbst, die goldene
Straße des Welthandels, in das Herz des Landes zu führen, diese Frage spielt
neben jener eingangs erörterten nationalwirtschaftlichen Überlegung einer Be¬
freiung von der Abhängigkeit vom Auslande eine gewichtige, wenn nicht ent¬
scheidende Rolle."

Der Hauptpunkt wird aber immer die Vorfrage bleiben: wie ist die Ren¬
tabilität sichergestellt? Welche Systeme sind anzuwenden, um die Rentabilität
zu gewährleisten.

Man hat versucht Busz einen Strick daraus zu drehen, daß er das Heil
lediglich in der Anlage eines Seekanals sieht, der rund 970 Millionen Mark
kosten würde. Daran anknüpfend ist gesagt worden, die großen Schiffsgefäße seien
unrentabel für den Kanalweg, der langsam befahren werden müsse. Ich meine,
die rentabelsten Schiffsgrößen und infolgedessen auch das rentabelste Kanalprofil
zu finden, müßte eine verhältnismäßig leicht durchführbare Aufgabe sein. Hören
wir, was ein Gewährsmann der Kölnischen Zeitung in deren Nummer 433 vom
16. April d. I. dazu zu sagen hat. Er schreibt:

„Der Transport ans dem Kanal (Rhein-Nordsee) in einem Seeschiff von
6000 Tonnen ist unzweifelhaft billiger als der Transport in mehreren kleinen
Flußschiffen, wenngleich es danach oben hin auch eine Grenze gibt. 10000Tonnen-
Dampfer, die vielleicht auch noch für den Passagierdienst eingerichtet sind,
werden zu teuer, wie in der Kölnischen Zeitung am 28. März richtig aus¬
geführt ist.

Ein 6000 Tonnen-Dampfer kostet als Frachtdampfer etwa 800000 Mark.
Drei Flußschiffe, je 2000 Tonnen, kosten aber zusammen nur 400000 Mark.
3,5 Tage dauert nun die Kanalreise Duisburg-Emden und zurück, so daß
bei 12 Prozent für Amortisation und Verzinsung für den Secdampfer zu
6000 Tonnen 900 Mark, für die drei Flußschiffe Ä 2000 Tonnen aber nur
450 Mark umgesetzt zu werden braucht, d. h. der Seedampfer kostet 450 Mark
mehr. Hinzu kommen die Ausgaben für die zahlreichere Bemannung des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/252>, abgerufen am 29.05.2024.