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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Förderung des Handels zwischen Kolonie und Mutterland

stände, wenn sie sich darauf verlegen würde, und auch die Lieferung der bis
jetzt von der amerikanischen Industrie eingeführten landwirtschaftlichen Maschinen
und Geräte könnte seitens der deutschen Industrie übernommen werden.

Um allen diesen Mängeln abzuhelfen, empfiehlt sich dringend die In¬
stitution von Handelsreferenten, welche die Handelsbeziehungen zwischen dem
Mutterlande und den Kolonien zu fördern und die finanziellen Unter¬
nehmungen in unseren Kolonien zu beobachten hätten, um so eine sichere Basis
M schaffen und an der Vorprüfung solcher Unternehmungen und der ein¬
gebrachten Werte mitzuwirken.

Zunächst müßte die Kolonie Ostafrika und dann Südmestafrika in Betracht
gezogen werden, während Kamerun und Togo vorläufig nicht in Frage kommen
dürsten. Da im übrigen die Tätigkeit der Handelsbetriebe der Allgemeinheit
zugute kommen soll, so würde darauf verzichtet werden müssen, aktive deutsche
Kaufleute und deren Beauftragte mit dieser Funktion zu betrauen, um nicht
für einzelne Kolonialinteressen besondere Vorteile zu schaffen.

Die vorstehende Anregung ist durchaus nicht neu; denn sie ist vor längerer
Zeit bereits vom Kolonialwirtschaftlichen Komitee sowie vom Bund der In¬
dustriellen gegeben worden, auf dessen Eingabe der Staatssekretär des Reichs¬
kolonialamts in der Reichstagssitzung vom 24. März 1911 folgendes erwiderte:
"Die Frage ist mir an sich sehr sympathisch. Ich halte es auch für wesentlich,
daß wir recht detaillierte und sachverständige Berichte aus den Schutzgebieten
bekommen, und zwar sowohl über den dortigen Absatzmarkt für Industrie-
Produkte, die gerade in Ostafrika bekanntlich zu einem großen Teil aus Ost¬
indien und nicht aus Deutschland kommen, als auch über die Rohprodukte, die
von dort hierher gelangen. In dieser Beziehung kann noch viel geschehen.
Nun haben wir gerade in Deutsch-Ostafrika sehr gute und detaillierte Berichte,
allerdings in dieser Ausführlichkeit nur von dort. Für mich ist es lediglich
eine Finanzfrage, ob wir das Geld daran wenden wollen, um derartige Sach¬
verständige einzustellen, vielleicht einen für den Osten und einen für den
Westen; zwei würden zunächst wohl genügen. An und für sich würde ich das
für nützlich halten, und ich stehe insofern dieser Petition durchaus sympathisch
gegenüber."

Seit dieser Anregung ist nun wieder eine geraume Zeit verflossen, ohne
daß diese so dringend nötige Institution errichtet und damit der heimischen und
kolonialen Volkswirtschaft ohne erhebliche Ausgaben dauernd Förderung zuteil
geworden wäre. Immerhin darf man eine Besserung der bestehenden Ver¬
hältnisse erwarten von der ständigen Wirtschaftlichen Kommission der Kolonial¬
verwaltung, die in ihrer erweiterten, vom Staatssekretär Dr. Sols geschaffenen
Gestalt zum ersten Male am 23. Juni d. I. zusammentrat.




Die Förderung des Handels zwischen Kolonie und Mutterland

stände, wenn sie sich darauf verlegen würde, und auch die Lieferung der bis
jetzt von der amerikanischen Industrie eingeführten landwirtschaftlichen Maschinen
und Geräte könnte seitens der deutschen Industrie übernommen werden.

Um allen diesen Mängeln abzuhelfen, empfiehlt sich dringend die In¬
stitution von Handelsreferenten, welche die Handelsbeziehungen zwischen dem
Mutterlande und den Kolonien zu fördern und die finanziellen Unter¬
nehmungen in unseren Kolonien zu beobachten hätten, um so eine sichere Basis
M schaffen und an der Vorprüfung solcher Unternehmungen und der ein¬
gebrachten Werte mitzuwirken.

Zunächst müßte die Kolonie Ostafrika und dann Südmestafrika in Betracht
gezogen werden, während Kamerun und Togo vorläufig nicht in Frage kommen
dürsten. Da im übrigen die Tätigkeit der Handelsbetriebe der Allgemeinheit
zugute kommen soll, so würde darauf verzichtet werden müssen, aktive deutsche
Kaufleute und deren Beauftragte mit dieser Funktion zu betrauen, um nicht
für einzelne Kolonialinteressen besondere Vorteile zu schaffen.

Die vorstehende Anregung ist durchaus nicht neu; denn sie ist vor längerer
Zeit bereits vom Kolonialwirtschaftlichen Komitee sowie vom Bund der In¬
dustriellen gegeben worden, auf dessen Eingabe der Staatssekretär des Reichs¬
kolonialamts in der Reichstagssitzung vom 24. März 1911 folgendes erwiderte:
„Die Frage ist mir an sich sehr sympathisch. Ich halte es auch für wesentlich,
daß wir recht detaillierte und sachverständige Berichte aus den Schutzgebieten
bekommen, und zwar sowohl über den dortigen Absatzmarkt für Industrie-
Produkte, die gerade in Ostafrika bekanntlich zu einem großen Teil aus Ost¬
indien und nicht aus Deutschland kommen, als auch über die Rohprodukte, die
von dort hierher gelangen. In dieser Beziehung kann noch viel geschehen.
Nun haben wir gerade in Deutsch-Ostafrika sehr gute und detaillierte Berichte,
allerdings in dieser Ausführlichkeit nur von dort. Für mich ist es lediglich
eine Finanzfrage, ob wir das Geld daran wenden wollen, um derartige Sach¬
verständige einzustellen, vielleicht einen für den Osten und einen für den
Westen; zwei würden zunächst wohl genügen. An und für sich würde ich das
für nützlich halten, und ich stehe insofern dieser Petition durchaus sympathisch
gegenüber."

Seit dieser Anregung ist nun wieder eine geraume Zeit verflossen, ohne
daß diese so dringend nötige Institution errichtet und damit der heimischen und
kolonialen Volkswirtschaft ohne erhebliche Ausgaben dauernd Förderung zuteil
geworden wäre. Immerhin darf man eine Besserung der bestehenden Ver¬
hältnisse erwarten von der ständigen Wirtschaftlichen Kommission der Kolonial¬
verwaltung, die in ihrer erweiterten, vom Staatssekretär Dr. Sols geschaffenen
Gestalt zum ersten Male am 23. Juni d. I. zusammentrat.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/375>, abgerufen am 13.05.2024.