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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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kurrenz Verleger und Herausgeber neu an¬
getrieben werden, ihr bestes zu leisten.

Neben der wissenschaftlichen Weimarer
Goethe-Ausgabe waren bereits einige Goethe-
Editionen vorhanden, die sich dem gebildeten
Publikum recht wohl als "vollständige" an¬
bieten durften. Die besten darunter, die
Cottasche Jubiläumsausgabe und die des
Bibliographischen Instituts, werden aber
durch Billigkeit von der eben in Bongs
Goldener Klassikerbibliothek erscheinen¬
den übertroffen; und in dem, was diese an
Aufsätzen und naturwissenschaftlichen Schriften
bietet, ist sie vor allem der Cottaschen Aus¬
gabe auch an Vollständigkeit voraus. Dafür
weisen freilich jene anderen Sammlungen
größeren Druck auf; doch wirkt auch das
Seitenbild der Goldenen Klassikerbibliothek
noch durchaus angenehm und klar. Was der
Bongschen Goethe-Ausgabe erst ihre rechte
Nundung geben wird, steht noch aus: zwei
volle Bände Anmerkungen und ein Band
Register. Die Arbeit der Herausgeber wird
sich erst dann ganz beurteilen lassen, wenn
diese Bände vorliegen; und es wird dann
naheliegen, das Register mit dem der Cotta¬
schen Ausgabe, das überall Anklang gefunden
hat, zu vergleichen. Bisher ist erschienen in
siebzehn Bänden der vollständige Text der
Ausgabe nebst Einleitungen und Biographie.
Geleitet und organisiert wird die Edition
von Karl Alt, der die Biographie geschrieben
und den "Faust" sowie die erzählenden Dich¬
tungen übernommen Hai. Der "Faust" wird
nicht allein in der endgültigen Fassung ge¬
boten; sondern unter den "Dramen in ur¬
sprünglicher Gestalt" kommen in vollem Um¬
fange der sogenannte Urfaust, das Fragment
von 1790 und die "Helena"-Fassung von
1800 zum Abdruck, so daß jeder Vergleich
ermöglicht ist. Besonders hervorgehoben zu
werden verdient die Herausgabe der Kunst¬
schriften Goethes durch Wilhelm Niemeyerz
eine einhundertundvierzig Seiten lange Ein¬
leitung, in der auf den Zusammenhang dieser
Schriften mit Goethes naturwissenschaftlichen
Arbeiten hingewiesen wird, geht diesem einen
Bande voraus. Neugeordnet erscheinen die
Gedichte aus dem Nachlaß (herausgegeben
von Scheidemantel), ebenso die Sprüche und
die Schriften über Literatur und Theater

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(herausgegeben von Ermatinger). Autobio¬
graphische Arbeiten wie die Kampagne in
Frankreich (herausgegeben von Maas) sind
durch Beigabe von Karten erläutert. Für
naturwissenschaftliche Schriften sind zwei
Bände reserviert; ihre Einleitungen stammen
von S. Kalischer, der diese Arbeiten Goethes
schon in der alten Hempelschen Ausgabe be¬
sorgt hat. In zwanzig guten Bibliotheks¬
bänden kostet die Ausgabe (einschließlich der
in Kürze zu erwartenden Anmerkungen und
des Registers) 40 Mark; sie ist, trotz der vielen
vorhandenen Goethe - Editionen, gewiß nicht
überflüssig.

Eine erstaunlich billige Goethe-Auswahl
bietet der Verlag Hesse u. Becker (achtzehn
Teile in fünf umfangreichen Leinenbänden
3 Mark). Der Herausgeber Eduard Engel
nennt sie ausdrücklich "Volksausgabe". Einen
Volks-Goethe besitzen wir ja nun schon in
den sechs hübschen Bänden des Jnselverlags
(zusammen 6 Mark), die Erich Schmidt zu¬
sammengestellt hat. Eduard Engel läßt es
sich nicht entgehen, die von Erich Schmidt
geleiteten Bände gründlich zu tadeln und die
seinen geradezu als Volks - Goethe an ihre
Stelle zu setzen. Nun braucht man nicht zu
leugnen, daß die Jnselausgabe ihre Schwächen
hat; Erich Schmidt war kein volkstümlich
schreibender Gelehrter, und über seine Aus¬
wahl der Gedichte konnte man sich hier und
da wundern. Ein Volks - Goethe neben dem
seinen ist an sich noch kein Unding, und
Eduard Engel ist als Herausgeber geschickt
vorgegangen: er bietet in seiner Auswahl
sogar Briefe, Tagebuchstellen und Gespräche
und hat es sich wie der Verlag zum Leitsatz
gemacht, mit dem Raum in keiner Weise zu
geizen. Doch es kommt noch ein Aber: in
dieser für das Volk bestimmten Ausgabe
wiederholt Engel den weitesten Kreisen die
Meinungen über Goethes Leben, die er
schon in seinem "Goethe, der Mann und
das Werk" vertreten hat. Nicht alles, was
dort gesagt werden durfte, mußte auch in die
Volksausgabe hinein.

Die im gleichen Verlag von Hesse und
Becker erschienene Neuausgabe von Eckcr-
manns Gesprächen mit Goethe (Herausgeber
C. Höfer) zeichnet sich durch sehr reichen
JllustrationSschmuck und billigen Preis (3 Mark

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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kurrenz Verleger und Herausgeber neu an¬
getrieben werden, ihr bestes zu leisten.

Neben der wissenschaftlichen Weimarer
Goethe-Ausgabe waren bereits einige Goethe-
Editionen vorhanden, die sich dem gebildeten
Publikum recht wohl als „vollständige" an¬
bieten durften. Die besten darunter, die
Cottasche Jubiläumsausgabe und die des
Bibliographischen Instituts, werden aber
durch Billigkeit von der eben in Bongs
Goldener Klassikerbibliothek erscheinen¬
den übertroffen; und in dem, was diese an
Aufsätzen und naturwissenschaftlichen Schriften
bietet, ist sie vor allem der Cottaschen Aus¬
gabe auch an Vollständigkeit voraus. Dafür
weisen freilich jene anderen Sammlungen
größeren Druck auf; doch wirkt auch das
Seitenbild der Goldenen Klassikerbibliothek
noch durchaus angenehm und klar. Was der
Bongschen Goethe-Ausgabe erst ihre rechte
Nundung geben wird, steht noch aus: zwei
volle Bände Anmerkungen und ein Band
Register. Die Arbeit der Herausgeber wird
sich erst dann ganz beurteilen lassen, wenn
diese Bände vorliegen; und es wird dann
naheliegen, das Register mit dem der Cotta¬
schen Ausgabe, das überall Anklang gefunden
hat, zu vergleichen. Bisher ist erschienen in
siebzehn Bänden der vollständige Text der
Ausgabe nebst Einleitungen und Biographie.
Geleitet und organisiert wird die Edition
von Karl Alt, der die Biographie geschrieben
und den „Faust" sowie die erzählenden Dich¬
tungen übernommen Hai. Der „Faust" wird
nicht allein in der endgültigen Fassung ge¬
boten; sondern unter den „Dramen in ur¬
sprünglicher Gestalt" kommen in vollem Um¬
fange der sogenannte Urfaust, das Fragment
von 1790 und die „Helena"-Fassung von
1800 zum Abdruck, so daß jeder Vergleich
ermöglicht ist. Besonders hervorgehoben zu
werden verdient die Herausgabe der Kunst¬
schriften Goethes durch Wilhelm Niemeyerz
eine einhundertundvierzig Seiten lange Ein¬
leitung, in der auf den Zusammenhang dieser
Schriften mit Goethes naturwissenschaftlichen
Arbeiten hingewiesen wird, geht diesem einen
Bande voraus. Neugeordnet erscheinen die
Gedichte aus dem Nachlaß (herausgegeben
von Scheidemantel), ebenso die Sprüche und
die Schriften über Literatur und Theater

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(herausgegeben von Ermatinger). Autobio¬
graphische Arbeiten wie die Kampagne in
Frankreich (herausgegeben von Maas) sind
durch Beigabe von Karten erläutert. Für
naturwissenschaftliche Schriften sind zwei
Bände reserviert; ihre Einleitungen stammen
von S. Kalischer, der diese Arbeiten Goethes
schon in der alten Hempelschen Ausgabe be¬
sorgt hat. In zwanzig guten Bibliotheks¬
bänden kostet die Ausgabe (einschließlich der
in Kürze zu erwartenden Anmerkungen und
des Registers) 40 Mark; sie ist, trotz der vielen
vorhandenen Goethe - Editionen, gewiß nicht
überflüssig.

Eine erstaunlich billige Goethe-Auswahl
bietet der Verlag Hesse u. Becker (achtzehn
Teile in fünf umfangreichen Leinenbänden
3 Mark). Der Herausgeber Eduard Engel
nennt sie ausdrücklich „Volksausgabe". Einen
Volks-Goethe besitzen wir ja nun schon in
den sechs hübschen Bänden des Jnselverlags
(zusammen 6 Mark), die Erich Schmidt zu¬
sammengestellt hat. Eduard Engel läßt es
sich nicht entgehen, die von Erich Schmidt
geleiteten Bände gründlich zu tadeln und die
seinen geradezu als Volks - Goethe an ihre
Stelle zu setzen. Nun braucht man nicht zu
leugnen, daß die Jnselausgabe ihre Schwächen
hat; Erich Schmidt war kein volkstümlich
schreibender Gelehrter, und über seine Aus¬
wahl der Gedichte konnte man sich hier und
da wundern. Ein Volks - Goethe neben dem
seinen ist an sich noch kein Unding, und
Eduard Engel ist als Herausgeber geschickt
vorgegangen: er bietet in seiner Auswahl
sogar Briefe, Tagebuchstellen und Gespräche
und hat es sich wie der Verlag zum Leitsatz
gemacht, mit dem Raum in keiner Weise zu
geizen. Doch es kommt noch ein Aber: in
dieser für das Volk bestimmten Ausgabe
wiederholt Engel den weitesten Kreisen die
Meinungen über Goethes Leben, die er
schon in seinem „Goethe, der Mann und
das Werk" vertreten hat. Nicht alles, was
dort gesagt werden durfte, mußte auch in die
Volksausgabe hinein.

Die im gleichen Verlag von Hesse und
Becker erschienene Neuausgabe von Eckcr-
manns Gesprächen mit Goethe (Herausgeber
C. Höfer) zeichnet sich durch sehr reichen
JllustrationSschmuck und billigen Preis (3 Mark

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[0488] Maßgebliches und Unmaßgebliches kurrenz Verleger und Herausgeber neu an¬ getrieben werden, ihr bestes zu leisten. Neben der wissenschaftlichen Weimarer Goethe-Ausgabe waren bereits einige Goethe- Editionen vorhanden, die sich dem gebildeten Publikum recht wohl als „vollständige" an¬ bieten durften. Die besten darunter, die Cottasche Jubiläumsausgabe und die des Bibliographischen Instituts, werden aber durch Billigkeit von der eben in Bongs Goldener Klassikerbibliothek erscheinen¬ den übertroffen; und in dem, was diese an Aufsätzen und naturwissenschaftlichen Schriften bietet, ist sie vor allem der Cottaschen Aus¬ gabe auch an Vollständigkeit voraus. Dafür weisen freilich jene anderen Sammlungen größeren Druck auf; doch wirkt auch das Seitenbild der Goldenen Klassikerbibliothek noch durchaus angenehm und klar. Was der Bongschen Goethe-Ausgabe erst ihre rechte Nundung geben wird, steht noch aus: zwei volle Bände Anmerkungen und ein Band Register. Die Arbeit der Herausgeber wird sich erst dann ganz beurteilen lassen, wenn diese Bände vorliegen; und es wird dann naheliegen, das Register mit dem der Cotta¬ schen Ausgabe, das überall Anklang gefunden hat, zu vergleichen. Bisher ist erschienen in siebzehn Bänden der vollständige Text der Ausgabe nebst Einleitungen und Biographie. Geleitet und organisiert wird die Edition von Karl Alt, der die Biographie geschrieben und den „Faust" sowie die erzählenden Dich¬ tungen übernommen Hai. Der „Faust" wird nicht allein in der endgültigen Fassung ge¬ boten; sondern unter den „Dramen in ur¬ sprünglicher Gestalt" kommen in vollem Um¬ fange der sogenannte Urfaust, das Fragment von 1790 und die „Helena"-Fassung von 1800 zum Abdruck, so daß jeder Vergleich ermöglicht ist. Besonders hervorgehoben zu werden verdient die Herausgabe der Kunst¬ schriften Goethes durch Wilhelm Niemeyerz eine einhundertundvierzig Seiten lange Ein¬ leitung, in der auf den Zusammenhang dieser Schriften mit Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten hingewiesen wird, geht diesem einen Bande voraus. Neugeordnet erscheinen die Gedichte aus dem Nachlaß (herausgegeben von Scheidemantel), ebenso die Sprüche und die Schriften über Literatur und Theater (herausgegeben von Ermatinger). Autobio¬ graphische Arbeiten wie die Kampagne in Frankreich (herausgegeben von Maas) sind durch Beigabe von Karten erläutert. Für naturwissenschaftliche Schriften sind zwei Bände reserviert; ihre Einleitungen stammen von S. Kalischer, der diese Arbeiten Goethes schon in der alten Hempelschen Ausgabe be¬ sorgt hat. In zwanzig guten Bibliotheks¬ bänden kostet die Ausgabe (einschließlich der in Kürze zu erwartenden Anmerkungen und des Registers) 40 Mark; sie ist, trotz der vielen vorhandenen Goethe - Editionen, gewiß nicht überflüssig. Eine erstaunlich billige Goethe-Auswahl bietet der Verlag Hesse u. Becker (achtzehn Teile in fünf umfangreichen Leinenbänden 3 Mark). Der Herausgeber Eduard Engel nennt sie ausdrücklich „Volksausgabe". Einen Volks-Goethe besitzen wir ja nun schon in den sechs hübschen Bänden des Jnselverlags (zusammen 6 Mark), die Erich Schmidt zu¬ sammengestellt hat. Eduard Engel läßt es sich nicht entgehen, die von Erich Schmidt geleiteten Bände gründlich zu tadeln und die seinen geradezu als Volks - Goethe an ihre Stelle zu setzen. Nun braucht man nicht zu leugnen, daß die Jnselausgabe ihre Schwächen hat; Erich Schmidt war kein volkstümlich schreibender Gelehrter, und über seine Aus¬ wahl der Gedichte konnte man sich hier und da wundern. Ein Volks - Goethe neben dem seinen ist an sich noch kein Unding, und Eduard Engel ist als Herausgeber geschickt vorgegangen: er bietet in seiner Auswahl sogar Briefe, Tagebuchstellen und Gespräche und hat es sich wie der Verlag zum Leitsatz gemacht, mit dem Raum in keiner Weise zu geizen. Doch es kommt noch ein Aber: in dieser für das Volk bestimmten Ausgabe wiederholt Engel den weitesten Kreisen die Meinungen über Goethes Leben, die er schon in seinem „Goethe, der Mann und das Werk" vertreten hat. Nicht alles, was dort gesagt werden durfte, mußte auch in die Volksausgabe hinein. Die im gleichen Verlag von Hesse und Becker erschienene Neuausgabe von Eckcr- manns Gesprächen mit Goethe (Herausgeber C. Höfer) zeichnet sich durch sehr reichen JllustrationSschmuck und billigen Preis (3 Mark

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/488>, abgerufen am 21.09.2024.