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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Zur Psychologie des Nationalbewußtseins

kommen. Zusammengeschmiedet haben uns bisher und werden es von nun
an hoffentlich noch stärker unsere gemeinsamen nationalen Schicksale und Taten,
zusammenhält uns auch der in der Gestalt des Kaisers verkörperte gemeinsame
dynastisch-staatliche Gedanke, und diese Faktoren werden den Kern des künftigen
Nationalgefühls bilden müssen. Zurücktreten dagegen müssen stärker als es
bisher der Fall war, die Religion als politischer Faktor und die Sprache, die
man fälschlich als einziges nationales Bindemittel ansieht. Nicht "soweit die
deutsche Zunge klingt" ist Deutschland, nein "dein Vaterland muß größer sein".
Es hat sich als unumgängliche Notwendigkeit herausgestellt, daß wir auch nicht
deutschsprechende Elemente einbeziehen müssen in unser Reich. Es heißt jedoch
trennen, statt verbinden, wenn man sie gewaltsam zu einer andern Sprache
bekehren wollte. Dazu ist das Bewußtsein der sprachlichen Einheit heutzutage
zu stark. Aber wir müssen eben unser Nationalgefühl auf etwas bauen, das
stärker ist als die Sprache, und da wir nicht auf Grund der Sprache ein einheitliches
Deutschland schaffen können, so muß es ohne die Sprache, ja gegen die Sprache
gehen. Es ist ein historischer und psychologischer Fehler, daß man Sprach¬
einheit und Nationaleinheit gleichgesetzt hat.






Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsätze ""r uiid auödrticklicher Erlaubnis des Berlags ncftattct.
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werden erbeten unter der Adresse-
U" de" Herausgeber der Grenzboten i" Berlin-Friedenau, Hcdwigstr. t ".
Fernsprecher der Schrijtleitung- Amt Uhland MM, deS Verlags- Amt Lützow S5to>
Verlag: Verlag der Grenzdoien G. in, b. H, in Berlin LV II.
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Zur Psychologie des Nationalbewußtseins

kommen. Zusammengeschmiedet haben uns bisher und werden es von nun
an hoffentlich noch stärker unsere gemeinsamen nationalen Schicksale und Taten,
zusammenhält uns auch der in der Gestalt des Kaisers verkörperte gemeinsame
dynastisch-staatliche Gedanke, und diese Faktoren werden den Kern des künftigen
Nationalgefühls bilden müssen. Zurücktreten dagegen müssen stärker als es
bisher der Fall war, die Religion als politischer Faktor und die Sprache, die
man fälschlich als einziges nationales Bindemittel ansieht. Nicht „soweit die
deutsche Zunge klingt" ist Deutschland, nein „dein Vaterland muß größer sein".
Es hat sich als unumgängliche Notwendigkeit herausgestellt, daß wir auch nicht
deutschsprechende Elemente einbeziehen müssen in unser Reich. Es heißt jedoch
trennen, statt verbinden, wenn man sie gewaltsam zu einer andern Sprache
bekehren wollte. Dazu ist das Bewußtsein der sprachlichen Einheit heutzutage
zu stark. Aber wir müssen eben unser Nationalgefühl auf etwas bauen, das
stärker ist als die Sprache, und da wir nicht auf Grund der Sprache ein einheitliches
Deutschland schaffen können, so muß es ohne die Sprache, ja gegen die Sprache
gehen. Es ist ein historischer und psychologischer Fehler, daß man Sprach¬
einheit und Nationaleinheit gleichgesetzt hat.






Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




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[0236] Zur Psychologie des Nationalbewußtseins kommen. Zusammengeschmiedet haben uns bisher und werden es von nun an hoffentlich noch stärker unsere gemeinsamen nationalen Schicksale und Taten, zusammenhält uns auch der in der Gestalt des Kaisers verkörperte gemeinsame dynastisch-staatliche Gedanke, und diese Faktoren werden den Kern des künftigen Nationalgefühls bilden müssen. Zurücktreten dagegen müssen stärker als es bisher der Fall war, die Religion als politischer Faktor und die Sprache, die man fälschlich als einziges nationales Bindemittel ansieht. Nicht „soweit die deutsche Zunge klingt" ist Deutschland, nein „dein Vaterland muß größer sein". Es hat sich als unumgängliche Notwendigkeit herausgestellt, daß wir auch nicht deutschsprechende Elemente einbeziehen müssen in unser Reich. Es heißt jedoch trennen, statt verbinden, wenn man sie gewaltsam zu einer andern Sprache bekehren wollte. Dazu ist das Bewußtsein der sprachlichen Einheit heutzutage zu stark. Aber wir müssen eben unser Nationalgefühl auf etwas bauen, das stärker ist als die Sprache, und da wir nicht auf Grund der Sprache ein einheitliches Deutschland schaffen können, so muß es ohne die Sprache, ja gegen die Sprache gehen. Es ist ein historischer und psychologischer Fehler, daß man Sprach¬ einheit und Nationaleinheit gleichgesetzt hat. Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann. Nachdruck sämtlicher Aufsätze »»r uiid auödrticklicher Erlaubnis des Berlags ncftattct. iSerant»»rtIich: der Herausgeber Georg Cleinow in Berlin-Schöneberg, — Manuslriptsendunge» und Bricke werden erbeten unter der Adresse- U» de» Herausgeber der Grenzboten i» Berlin-Friedenau, Hcdwigstr. t ». Fernsprecher der Schrijtleitung- Amt Uhland MM, deS Verlags- Amt Lützow S5to> Verlag: Verlag der Grenzdoien G. in, b. H, in Berlin LV II. »rock: .Der Reich«»»,«" B. in. b. H. in Berlin SV/ II, Dessau-r StraK« S6D7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/236>, abgerufen am 15.05.2024.