Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.Dstpreußenhilfe aber wenn auch hier und dort die Korbflechtern schon betrieben wird, so sehlt Dstpreußenhilfe aber wenn auch hier und dort die Korbflechtern schon betrieben wird, so sehlt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0422" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323961"/> <fw type="header" place="top"> Dstpreußenhilfe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1385" prev="#ID_1384" next="#ID_1386"> aber wenn auch hier und dort die Korbflechtern schon betrieben wird, so sehlt<lb/> es ihr an geschmackvollen Mustern, um ihre Erzeugnisse mit Gewinn abzusetzen.<lb/> Kleine Industrieausstellungen, die womöglich nur ein paar Kreise oder einen<lb/> Regierungsbezirk umfassen, können viel Gutes stiften und neben materiellen<lb/> Nutzen zu einer Bereicherung des geistigen Lebens führen. Denn diese Seite<lb/> darf die „Ostpreußenhilfe" nicht vernachlässigen. Sie muß darauf bedacht sein,<lb/> die Schulen mit guten Lehrmitteln zu versehen, Haushaltungsschulen für die<lb/> weibliche Jugend einzurichten und die kleinen Städte mit brauchbaren Bibliotheken<lb/> zu versorgen. Ist das für jeden einzelnen Ort nicht möglich, so können zunächst<lb/> Wanderschulen und Wanderbüchereien die Lücke ausfüllen. Auch ein Wander¬<lb/> theater würde segensreich wirken. Die „Ostpreußenhilfe" müßte dafür einen<lb/> Zuschuß bewilligen, da den Städten, trotz der hohen Kommunalsteuern. Mittel<lb/> für Luxusausgaben nicht zu Gebote stehen. Viele haben es, ungeachtet der<lb/> Zuschlage von 300 Prozent und darüber noch nicht einmal zu Gas, Wasser¬<lb/> leitung und Kanalisation gebracht. Die Kommunalsteuern sind das schwerste<lb/> Hindernis für eine gedeihliche Entwicklung der Provinz, da sie gerade die<lb/> wohlhabenderen Kreise zur Abwanderung veranlassen. Der Staat wird sich der<lb/> Verpflichtung einer gleichmäßigen Verteilung der Kommunallasten durch die<lb/> ganze Monarchie nicht entziehen können, aber ehe eine solche durchgeführt wird,<lb/> ist Ostpreußen sich selber und der ihm gespendeten freiwilligen Hilfe überlassen.<lb/> Gelingt es den allgemeinen Wohlstand zu heben, so wird die auch zu einer<lb/> Erleichterung der örtlichen Steuerkasten dienen. Und noch ein Mittel bietet sich,<lb/> Geld in das Land zu ziehen. Ostpreußen ist reich an 'landschaftlichen Schön¬<lb/> heiten, sowohl die Meeresküste als die masurischen Seen. Die Reisegebiete, die<lb/> der Deutsche nach dem Kriege mit Vergnügen aufsuchen wird, sind spärlich, das<lb/> Ausland fällt beinahe ganz weg, da wäre es von besonderer Wichtigkeit, den<lb/> Strom der Vergnügungsreisenden und Ausflügler nach Ostpreußen zu lenken,<lb/> wo neben Meer. Wäldern und Seen die Erinnerungsstätten der großen Hinden-<lb/> burgschlachten locken. Mancher beliebte Badeort bringt es auf 50000 Fremde<lb/> im Sommer, wenn jeder von ihnen auch nur die bescheidene Summe von<lb/> 100 Mark ausgibt, so wäre das ein jährlicher Zufluß von fünf Millionen, der.<lb/> den armen Ostpreußen schon zu statten käme.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0422]
Dstpreußenhilfe
aber wenn auch hier und dort die Korbflechtern schon betrieben wird, so sehlt
es ihr an geschmackvollen Mustern, um ihre Erzeugnisse mit Gewinn abzusetzen.
Kleine Industrieausstellungen, die womöglich nur ein paar Kreise oder einen
Regierungsbezirk umfassen, können viel Gutes stiften und neben materiellen
Nutzen zu einer Bereicherung des geistigen Lebens führen. Denn diese Seite
darf die „Ostpreußenhilfe" nicht vernachlässigen. Sie muß darauf bedacht sein,
die Schulen mit guten Lehrmitteln zu versehen, Haushaltungsschulen für die
weibliche Jugend einzurichten und die kleinen Städte mit brauchbaren Bibliotheken
zu versorgen. Ist das für jeden einzelnen Ort nicht möglich, so können zunächst
Wanderschulen und Wanderbüchereien die Lücke ausfüllen. Auch ein Wander¬
theater würde segensreich wirken. Die „Ostpreußenhilfe" müßte dafür einen
Zuschuß bewilligen, da den Städten, trotz der hohen Kommunalsteuern. Mittel
für Luxusausgaben nicht zu Gebote stehen. Viele haben es, ungeachtet der
Zuschlage von 300 Prozent und darüber noch nicht einmal zu Gas, Wasser¬
leitung und Kanalisation gebracht. Die Kommunalsteuern sind das schwerste
Hindernis für eine gedeihliche Entwicklung der Provinz, da sie gerade die
wohlhabenderen Kreise zur Abwanderung veranlassen. Der Staat wird sich der
Verpflichtung einer gleichmäßigen Verteilung der Kommunallasten durch die
ganze Monarchie nicht entziehen können, aber ehe eine solche durchgeführt wird,
ist Ostpreußen sich selber und der ihm gespendeten freiwilligen Hilfe überlassen.
Gelingt es den allgemeinen Wohlstand zu heben, so wird die auch zu einer
Erleichterung der örtlichen Steuerkasten dienen. Und noch ein Mittel bietet sich,
Geld in das Land zu ziehen. Ostpreußen ist reich an 'landschaftlichen Schön¬
heiten, sowohl die Meeresküste als die masurischen Seen. Die Reisegebiete, die
der Deutsche nach dem Kriege mit Vergnügen aufsuchen wird, sind spärlich, das
Ausland fällt beinahe ganz weg, da wäre es von besonderer Wichtigkeit, den
Strom der Vergnügungsreisenden und Ausflügler nach Ostpreußen zu lenken,
wo neben Meer. Wäldern und Seen die Erinnerungsstätten der großen Hinden-
burgschlachten locken. Mancher beliebte Badeort bringt es auf 50000 Fremde
im Sommer, wenn jeder von ihnen auch nur die bescheidene Summe von
100 Mark ausgibt, so wäre das ein jährlicher Zufluß von fünf Millionen, der.
den armen Ostpreußen schon zu statten käme.
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