Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges

sich um ein besonderes Schutzmittel für die schwachen Staaten. Außer diesen
Mächten lehnten nur noch Frankreich und die Türkei den Antrag mit der
Begründung ab, die Unterseeboote seien zur Verteidigung nicht zu entbehren.
Dagegen stimmte Deutschland für ein Verbot der Tauchboote, aber unter der
ausdrücklichen Bedingung, daß alle anderen Mächte sich in derselben Weise
verpflichteten. Übereinstimmend äußerten sich die Vertreter von Italien, Japan,
Rußland und Dänemark. Auch England hatte nichts gegen ein Verbot, und
machte sogar nur die Bedingung, daß alle Großmächte auf die Tauchboote
verzichteten. Einige andere Staaten erhielten sich der Stimme, so die Vereinigten
Staaten von Amerika, Österreich-Ungarn und Siam. Der österreichisch¬
ungarische Bevollmächtigte führte aus. seine Marine habe zwar noch keine
Unterseebote, denn diese entbehrten noch der zur praktischen Indienststellung
notwendigen Vollendung. In Österreich beschränke man sich im Augenblick
darauf, die Fortschritte auf diesem Gebiete mit ernsthafter Aufmerksamkeit zu
verfolgen. Bei der Verteidigung der Häfen und Reeber könnten sie sehr
wertvolle Dienste leisten. Auch Siam meinte, Tauchboote seien vielleicht zur
Verteidigung der Kleinstaaten notwendig. Andere Staaten waren in der
Unterkommission nicht vertreten.

Schon nach dieser vorläufigen Meinungsäußerung war es klar, daß ein
Resultat kaum zu erzielen sei. Als daher der deutsche Kapitän zur See,
spätere Admiral Siegel anfragte, ob es noch nötig sei, zur Frage der Unter¬
seeboote weitere Informationen einzuholen, verneinte der Präsident diese Frage.
Bei der endgültigen Abstimmung der Kommission am 23. Juni war das Stimmen¬
verhältnis noch ungünstiger. Siam stimmte allerdings jetzt bedingungslos mit "ja";
desgleichen gaben Griechenland und Persien ihre vorbehaltlose Zustimmung. Aber
schon von den Mächten, die. unter der Voraussetzung der Einstimmigkeit dem
Verbote hatten zustimmen wollen, waren einige umgefallen. Rußland enthielt
sich, obwohl es selbst den Antrag eingebracht hatte, nunmehr der Stimme,
Dänemark war jetzt ein Gegner geworden. Statt dessen war nur Rumänien
dem Antrage unter der Voraussetzung einstimmiger Annahme geneigt worden.
Die Vereinigten Staaten von Amerika und Österreich-Ungarn bekannten sich
letzt offen als Gegner des Vorschlages, desgleichen Spanien und Portugal.
Außer Rußland enthielten sich noch Serbien und die Schweiz, also zwei Binnen¬
staaten, der Abstimmung. Der Antrag wurde demnach als endgültig gescheitert
angesehen. Auf der zweiten Haager Konferenz von 1907 kam die Rüstungs-
srage infolge des deutschen Widerspruchs nicht zur Beratung. Selbst wenn es
der Fall gewesen, so würde man den Vorschlag des Verbotes dieser Kriegswaffe
kaum erneuert haben. Die meisten Mariner hatten sich inzwischen eingehend
mit dem Tauchbootproblem befaßt, Deutschland mit am spätesten. Es ist
bekannt, daß noch vor dem Kriege über die Bedeutung dieses Zerstörungsmittels
große Meinungsverschiedenheiten bestanden. Im Oktoberheft 1910 (Seite 12 ff.)
der Deutschen Revue veröffentlichte Konteradmiral a. D. Kalau vom Hofe einen


versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges

sich um ein besonderes Schutzmittel für die schwachen Staaten. Außer diesen
Mächten lehnten nur noch Frankreich und die Türkei den Antrag mit der
Begründung ab, die Unterseeboote seien zur Verteidigung nicht zu entbehren.
Dagegen stimmte Deutschland für ein Verbot der Tauchboote, aber unter der
ausdrücklichen Bedingung, daß alle anderen Mächte sich in derselben Weise
verpflichteten. Übereinstimmend äußerten sich die Vertreter von Italien, Japan,
Rußland und Dänemark. Auch England hatte nichts gegen ein Verbot, und
machte sogar nur die Bedingung, daß alle Großmächte auf die Tauchboote
verzichteten. Einige andere Staaten erhielten sich der Stimme, so die Vereinigten
Staaten von Amerika, Österreich-Ungarn und Siam. Der österreichisch¬
ungarische Bevollmächtigte führte aus. seine Marine habe zwar noch keine
Unterseebote, denn diese entbehrten noch der zur praktischen Indienststellung
notwendigen Vollendung. In Österreich beschränke man sich im Augenblick
darauf, die Fortschritte auf diesem Gebiete mit ernsthafter Aufmerksamkeit zu
verfolgen. Bei der Verteidigung der Häfen und Reeber könnten sie sehr
wertvolle Dienste leisten. Auch Siam meinte, Tauchboote seien vielleicht zur
Verteidigung der Kleinstaaten notwendig. Andere Staaten waren in der
Unterkommission nicht vertreten.

Schon nach dieser vorläufigen Meinungsäußerung war es klar, daß ein
Resultat kaum zu erzielen sei. Als daher der deutsche Kapitän zur See,
spätere Admiral Siegel anfragte, ob es noch nötig sei, zur Frage der Unter¬
seeboote weitere Informationen einzuholen, verneinte der Präsident diese Frage.
Bei der endgültigen Abstimmung der Kommission am 23. Juni war das Stimmen¬
verhältnis noch ungünstiger. Siam stimmte allerdings jetzt bedingungslos mit „ja";
desgleichen gaben Griechenland und Persien ihre vorbehaltlose Zustimmung. Aber
schon von den Mächten, die. unter der Voraussetzung der Einstimmigkeit dem
Verbote hatten zustimmen wollen, waren einige umgefallen. Rußland enthielt
sich, obwohl es selbst den Antrag eingebracht hatte, nunmehr der Stimme,
Dänemark war jetzt ein Gegner geworden. Statt dessen war nur Rumänien
dem Antrage unter der Voraussetzung einstimmiger Annahme geneigt worden.
Die Vereinigten Staaten von Amerika und Österreich-Ungarn bekannten sich
letzt offen als Gegner des Vorschlages, desgleichen Spanien und Portugal.
Außer Rußland enthielten sich noch Serbien und die Schweiz, also zwei Binnen¬
staaten, der Abstimmung. Der Antrag wurde demnach als endgültig gescheitert
angesehen. Auf der zweiten Haager Konferenz von 1907 kam die Rüstungs-
srage infolge des deutschen Widerspruchs nicht zur Beratung. Selbst wenn es
der Fall gewesen, so würde man den Vorschlag des Verbotes dieser Kriegswaffe
kaum erneuert haben. Die meisten Mariner hatten sich inzwischen eingehend
mit dem Tauchbootproblem befaßt, Deutschland mit am spätesten. Es ist
bekannt, daß noch vor dem Kriege über die Bedeutung dieses Zerstörungsmittels
große Meinungsverschiedenheiten bestanden. Im Oktoberheft 1910 (Seite 12 ff.)
der Deutschen Revue veröffentlichte Konteradmiral a. D. Kalau vom Hofe einen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0165" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324138"/>
          <fw type="header" place="top"> versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_494" prev="#ID_493"> sich um ein besonderes Schutzmittel für die schwachen Staaten. Außer diesen<lb/>
Mächten lehnten nur noch Frankreich und die Türkei den Antrag mit der<lb/>
Begründung ab, die Unterseeboote seien zur Verteidigung nicht zu entbehren.<lb/>
Dagegen stimmte Deutschland für ein Verbot der Tauchboote, aber unter der<lb/>
ausdrücklichen Bedingung, daß alle anderen Mächte sich in derselben Weise<lb/>
verpflichteten. Übereinstimmend äußerten sich die Vertreter von Italien, Japan,<lb/>
Rußland und Dänemark. Auch England hatte nichts gegen ein Verbot, und<lb/>
machte sogar nur die Bedingung, daß alle Großmächte auf die Tauchboote<lb/>
verzichteten. Einige andere Staaten erhielten sich der Stimme, so die Vereinigten<lb/>
Staaten von Amerika, Österreich-Ungarn und Siam. Der österreichisch¬<lb/>
ungarische Bevollmächtigte führte aus. seine Marine habe zwar noch keine<lb/>
Unterseebote, denn diese entbehrten noch der zur praktischen Indienststellung<lb/>
notwendigen Vollendung. In Österreich beschränke man sich im Augenblick<lb/>
darauf, die Fortschritte auf diesem Gebiete mit ernsthafter Aufmerksamkeit zu<lb/>
verfolgen. Bei der Verteidigung der Häfen und Reeber könnten sie sehr<lb/>
wertvolle Dienste leisten. Auch Siam meinte, Tauchboote seien vielleicht zur<lb/>
Verteidigung der Kleinstaaten notwendig. Andere Staaten waren in der<lb/>
Unterkommission nicht vertreten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_495" next="#ID_496"> Schon nach dieser vorläufigen Meinungsäußerung war es klar, daß ein<lb/>
Resultat kaum zu erzielen sei.  Als daher der deutsche Kapitän zur See,<lb/>
spätere Admiral Siegel anfragte, ob es noch nötig sei, zur Frage der Unter¬<lb/>
seeboote weitere Informationen einzuholen, verneinte der Präsident diese Frage.<lb/>
Bei der endgültigen Abstimmung der Kommission am 23. Juni war das Stimmen¬<lb/>
verhältnis noch ungünstiger. Siam stimmte allerdings jetzt bedingungslos mit &#x201E;ja";<lb/>
desgleichen gaben Griechenland und Persien ihre vorbehaltlose Zustimmung. Aber<lb/>
schon von den Mächten, die. unter der Voraussetzung der Einstimmigkeit dem<lb/>
Verbote hatten zustimmen wollen, waren einige umgefallen.  Rußland enthielt<lb/>
sich, obwohl es selbst den Antrag eingebracht hatte, nunmehr der Stimme,<lb/>
Dänemark war jetzt ein Gegner geworden. Statt dessen war nur Rumänien<lb/>
dem Antrage unter der Voraussetzung einstimmiger Annahme geneigt worden.<lb/>
Die Vereinigten Staaten von Amerika und Österreich-Ungarn bekannten sich<lb/>
letzt offen als Gegner des Vorschlages, desgleichen Spanien und Portugal.<lb/>
Außer Rußland enthielten sich noch Serbien und die Schweiz, also zwei Binnen¬<lb/>
staaten, der Abstimmung. Der Antrag wurde demnach als endgültig gescheitert<lb/>
angesehen. Auf der zweiten Haager Konferenz von 1907 kam die Rüstungs-<lb/>
srage infolge des deutschen Widerspruchs nicht zur Beratung.  Selbst wenn es<lb/>
der Fall gewesen, so würde man den Vorschlag des Verbotes dieser Kriegswaffe<lb/>
kaum erneuert haben. Die meisten Mariner hatten sich inzwischen eingehend<lb/>
mit dem Tauchbootproblem befaßt, Deutschland mit am spätesten.  Es ist<lb/>
bekannt, daß noch vor dem Kriege über die Bedeutung dieses Zerstörungsmittels<lb/>
große Meinungsverschiedenheiten bestanden. Im Oktoberheft 1910 (Seite 12 ff.)<lb/>
der Deutschen Revue veröffentlichte Konteradmiral a. D. Kalau vom Hofe einen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0165] versuche zur Beseitigung des Unterseebootkrieges sich um ein besonderes Schutzmittel für die schwachen Staaten. Außer diesen Mächten lehnten nur noch Frankreich und die Türkei den Antrag mit der Begründung ab, die Unterseeboote seien zur Verteidigung nicht zu entbehren. Dagegen stimmte Deutschland für ein Verbot der Tauchboote, aber unter der ausdrücklichen Bedingung, daß alle anderen Mächte sich in derselben Weise verpflichteten. Übereinstimmend äußerten sich die Vertreter von Italien, Japan, Rußland und Dänemark. Auch England hatte nichts gegen ein Verbot, und machte sogar nur die Bedingung, daß alle Großmächte auf die Tauchboote verzichteten. Einige andere Staaten erhielten sich der Stimme, so die Vereinigten Staaten von Amerika, Österreich-Ungarn und Siam. Der österreichisch¬ ungarische Bevollmächtigte führte aus. seine Marine habe zwar noch keine Unterseebote, denn diese entbehrten noch der zur praktischen Indienststellung notwendigen Vollendung. In Österreich beschränke man sich im Augenblick darauf, die Fortschritte auf diesem Gebiete mit ernsthafter Aufmerksamkeit zu verfolgen. Bei der Verteidigung der Häfen und Reeber könnten sie sehr wertvolle Dienste leisten. Auch Siam meinte, Tauchboote seien vielleicht zur Verteidigung der Kleinstaaten notwendig. Andere Staaten waren in der Unterkommission nicht vertreten. Schon nach dieser vorläufigen Meinungsäußerung war es klar, daß ein Resultat kaum zu erzielen sei. Als daher der deutsche Kapitän zur See, spätere Admiral Siegel anfragte, ob es noch nötig sei, zur Frage der Unter¬ seeboote weitere Informationen einzuholen, verneinte der Präsident diese Frage. Bei der endgültigen Abstimmung der Kommission am 23. Juni war das Stimmen¬ verhältnis noch ungünstiger. Siam stimmte allerdings jetzt bedingungslos mit „ja"; desgleichen gaben Griechenland und Persien ihre vorbehaltlose Zustimmung. Aber schon von den Mächten, die. unter der Voraussetzung der Einstimmigkeit dem Verbote hatten zustimmen wollen, waren einige umgefallen. Rußland enthielt sich, obwohl es selbst den Antrag eingebracht hatte, nunmehr der Stimme, Dänemark war jetzt ein Gegner geworden. Statt dessen war nur Rumänien dem Antrage unter der Voraussetzung einstimmiger Annahme geneigt worden. Die Vereinigten Staaten von Amerika und Österreich-Ungarn bekannten sich letzt offen als Gegner des Vorschlages, desgleichen Spanien und Portugal. Außer Rußland enthielten sich noch Serbien und die Schweiz, also zwei Binnen¬ staaten, der Abstimmung. Der Antrag wurde demnach als endgültig gescheitert angesehen. Auf der zweiten Haager Konferenz von 1907 kam die Rüstungs- srage infolge des deutschen Widerspruchs nicht zur Beratung. Selbst wenn es der Fall gewesen, so würde man den Vorschlag des Verbotes dieser Kriegswaffe kaum erneuert haben. Die meisten Mariner hatten sich inzwischen eingehend mit dem Tauchbootproblem befaßt, Deutschland mit am spätesten. Es ist bekannt, daß noch vor dem Kriege über die Bedeutung dieses Zerstörungsmittels große Meinungsverschiedenheiten bestanden. Im Oktoberheft 1910 (Seite 12 ff.) der Deutschen Revue veröffentlichte Konteradmiral a. D. Kalau vom Hofe einen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/165
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/165>, abgerufen am 10.06.2024.