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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Ariegsliteratur

bereits erreicht; es hat unter dem Donner der Kanonen in Europa den ersten
Schritt getan, im Reiche der Mitte festen Fuß zu fassen und den Einfluß der
Europäer zu beseitigen. Einem weiteren Vordringen der Japaner muß Deutsch¬
land, nach Besiegung seiner Feinde in Europa, mit allen Mitteln entgegen¬
treten und China gegen die Belästigungen durch seine Nachbarn und deren
ewig wiederkehrende Begehrlichkeiten schützen.

Ein ausgezeichnetes Buch über China und das ostasiatische Problem, ein
Buch, das allen denen auf das wärmste empfohlen werden kann, die sich für
diese für uns höchst wichtige Frage interessieren, ist das im Verlage der
I. G. Cottaschen Buchhandlung (Stuttgart) erschienene Werk des bekannten
politischen Schriftstellers Dr. L. B. Freiherr von Mackay: "China, die Republik
der Mitte." Der Verfasser, der mit den ostasiatischen Verhältnissen aus¬
gezeichnet vertraut ist. gibt dem Leser einen außerordentlichen interessanten
Einblick in die wirtschaftliche, geistige und politische Entwicklung des asiatischen
Millionenreiches während der letzten Jahre, er zeigt uns die Quellen der
gewaltigen Umsturzbewegung, die keineswegs lediglich "als ein Werk des
unreifen, auf abendländischen Hochschulen herangebildeten und dem Radikalismus
verfallenen Studenten- und Literatentums" hingestellt werden dürfe; "die Keime
der heute aufgegangenen Umsturzsaat hat niemand anders als Europa in
Chinas Boden gesenkt." Als eine der wichtigsten Aufgaben, die die junge
Republik zu lösen hat, bezeichnet Mackay die Agrarfrage, deren Lösung aller¬
dings in China auf fast übermenschliche Schwierigkeiten stoßen dürste. Ähnliche
schwere Aufgaben harren der Regierung in Peking bei der Frage der industriellen
Zukunft des Reiches, bei der Lösung der sozialen Frage usw. Viele schwere
Aufgaben und Kämpfe sind es. die der jungen Republik bevorstehen, die noch
erschwert werden durch die eigennützigen Absichten der lieben Nachbarn, vor
allem Rußlands und Japans. Mit Recht hebt der Verfasser hervor, daß
China außer Deutschland keinen wahren Freund sein eigen nennen kann, nach¬
dem die "politisch undurchsichtige, schwankende, im wesentlichen nur auf den
Geschäftsgewinn gerichtete Taktik" der Vereinigten Staaten von Amerika in der
letzten Zeit besonders scharf zutage getreten ist. als es hieß, nicht nur mit
Papier, sondern mit der Tat seine Freundschaft zu beweisen. Es muß deshalb
Deutschlands Streben und Trachten nach dem Frieden dahin gehen, China in
jeglicher Weise mit Rat und Tat zu unterstützen und ihm emporzuhelfen zur
asiatischen Weltmacht als Gegengewicht gegen den umsichgreifenden japanischen
Imperialismus. Unermeßliche Hilfsquellen harren noch in China der Aus-
nutzung; Industrie und Landwirtschaft sind so gut wie ganz unentwickelt. An
diesen Aufgaben mitzuarbeiten ist Deutschland vor allen anderen Ländern
berufen; denn Englands Stern, der bisher immer noch am hellsten am
ostasiatischen Himmel glänzte, ist im Sinken begriffen, während das deutsche
Ansehen immer mehr wächst. -- Diese Gedanken entwickelt auch Professor
O. Franke in einem Vortrage: "Deutschland und China, vor. in und nach


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bereits erreicht; es hat unter dem Donner der Kanonen in Europa den ersten
Schritt getan, im Reiche der Mitte festen Fuß zu fassen und den Einfluß der
Europäer zu beseitigen. Einem weiteren Vordringen der Japaner muß Deutsch¬
land, nach Besiegung seiner Feinde in Europa, mit allen Mitteln entgegen¬
treten und China gegen die Belästigungen durch seine Nachbarn und deren
ewig wiederkehrende Begehrlichkeiten schützen.

Ein ausgezeichnetes Buch über China und das ostasiatische Problem, ein
Buch, das allen denen auf das wärmste empfohlen werden kann, die sich für
diese für uns höchst wichtige Frage interessieren, ist das im Verlage der
I. G. Cottaschen Buchhandlung (Stuttgart) erschienene Werk des bekannten
politischen Schriftstellers Dr. L. B. Freiherr von Mackay: „China, die Republik
der Mitte." Der Verfasser, der mit den ostasiatischen Verhältnissen aus¬
gezeichnet vertraut ist. gibt dem Leser einen außerordentlichen interessanten
Einblick in die wirtschaftliche, geistige und politische Entwicklung des asiatischen
Millionenreiches während der letzten Jahre, er zeigt uns die Quellen der
gewaltigen Umsturzbewegung, die keineswegs lediglich „als ein Werk des
unreifen, auf abendländischen Hochschulen herangebildeten und dem Radikalismus
verfallenen Studenten- und Literatentums" hingestellt werden dürfe; „die Keime
der heute aufgegangenen Umsturzsaat hat niemand anders als Europa in
Chinas Boden gesenkt." Als eine der wichtigsten Aufgaben, die die junge
Republik zu lösen hat, bezeichnet Mackay die Agrarfrage, deren Lösung aller¬
dings in China auf fast übermenschliche Schwierigkeiten stoßen dürste. Ähnliche
schwere Aufgaben harren der Regierung in Peking bei der Frage der industriellen
Zukunft des Reiches, bei der Lösung der sozialen Frage usw. Viele schwere
Aufgaben und Kämpfe sind es. die der jungen Republik bevorstehen, die noch
erschwert werden durch die eigennützigen Absichten der lieben Nachbarn, vor
allem Rußlands und Japans. Mit Recht hebt der Verfasser hervor, daß
China außer Deutschland keinen wahren Freund sein eigen nennen kann, nach¬
dem die „politisch undurchsichtige, schwankende, im wesentlichen nur auf den
Geschäftsgewinn gerichtete Taktik" der Vereinigten Staaten von Amerika in der
letzten Zeit besonders scharf zutage getreten ist. als es hieß, nicht nur mit
Papier, sondern mit der Tat seine Freundschaft zu beweisen. Es muß deshalb
Deutschlands Streben und Trachten nach dem Frieden dahin gehen, China in
jeglicher Weise mit Rat und Tat zu unterstützen und ihm emporzuhelfen zur
asiatischen Weltmacht als Gegengewicht gegen den umsichgreifenden japanischen
Imperialismus. Unermeßliche Hilfsquellen harren noch in China der Aus-
nutzung; Industrie und Landwirtschaft sind so gut wie ganz unentwickelt. An
diesen Aufgaben mitzuarbeiten ist Deutschland vor allen anderen Ländern
berufen; denn Englands Stern, der bisher immer noch am hellsten am
ostasiatischen Himmel glänzte, ist im Sinken begriffen, während das deutsche
Ansehen immer mehr wächst. — Diese Gedanken entwickelt auch Professor
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/199>, abgerufen am 09.06.2024.