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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Englische Weltpolitik und Weltvcrkehrsfragen vor dem Kriege

gewiß am besten, wenn sie von dieser Kraft noch zehren*). Freilich hat der
jetzige Krieg die Verwirklichung des politischen Traumes eines British Empire
wieder in weite Ferne gerückt. Wie auch der Ausgang des großen Ringens
sein mag: die bisherige Vorherrschaft Englands auf dem Meere hat einen
gewaltigen Stoß erhalten, nicht zum mindesten durch deutsche Tatkraft!





*) Kjellön (Die Großmächte der Gegenwart, Seite 116/17) weist darauf hin, daß "die
Bereitwilligkeit der Kolonien zum Zusammenschluß in vieler Hinsicht ein Reflex von äußerem
Druck sei: auf Kanada seitens der Vereinigten Staaten, auf Australien seitens Japans, auf
das britische Südafrika seitens des burischen (und des deutschen)". Es ist aber immerhin
möglich, daß bei der jetzigen Schwächung Englands die starken Selbständigkeitsbestrebungen
der Großkolonien neue Nahrung erhalten, zumal ihre ganze Entwicklung sich mehr und nichr
>'on Europa abwendet. Besonders in Kanada, wie die Statistik für 1911/12 (Hofkalender,
Gotha, 1914) nachweist:
Unabhängiger vom Einfluß eines Nachbarlandes sind die Südafrikanische Union
und Australien. Keineswegs ist auf die Südafrikanische Union der Druck seitens des
burischcn (und des deutschen) Elementes oder der Japans auf Australien auch nur an¬
nähernd mit dem der Bereinigten Staaten auf Kanada zu vergleichen. In Südafrika ist
das vurische Element nach dem Eroberungskrieg so stark anglisiert, daß der Druck von Jahr
S" Jahr geringer wird. Australien ist in seiner Lage so weit nach Süden gerückt, daß der
Einfluß doch nur sehr gering ist und in Zukunft sich noch weniger fühlbar machen dürfte,
We Japan während des großen europäischen Krieges in China sich ein so ausgezeichnete.
Expansionsland zu sichern wußte, daß es kaum noch sein besonderes Augenmer nach
Australien richten wird. Aber die Lage der beiden GrosMonien Südafrika und Australien
drängt beide zu größerer Selbständigkeit und Freimachung vom englischen Zwang, zumal
ih'° reichen Hilfsquellen sich immer weiter entwickeln. Ihre Lage in der gemäßigten Zone,
ti- immer in der Geschichte der Menschheit Vorbedingung für die stete Aufwärtsentwicklung
°wes Kiilturstaates gewesen ist, das völlige Zurückdrängen des Eingeborenenelementes sind
'"ehe minder beachtenswert wie ihre geographische Isolierung in den Südozea.im die s.e zu
Wägern einer künftigen Vorherrschaft im südatlantischen, beziehungsweise ,in sudpazistschen
Ozean, gemeinsam im südindischen vorausbestimmt.
Englische Weltpolitik und Weltvcrkehrsfragen vor dem Kriege

gewiß am besten, wenn sie von dieser Kraft noch zehren*). Freilich hat der
jetzige Krieg die Verwirklichung des politischen Traumes eines British Empire
wieder in weite Ferne gerückt. Wie auch der Ausgang des großen Ringens
sein mag: die bisherige Vorherrschaft Englands auf dem Meere hat einen
gewaltigen Stoß erhalten, nicht zum mindesten durch deutsche Tatkraft!





*) Kjellön (Die Großmächte der Gegenwart, Seite 116/17) weist darauf hin, daß „die
Bereitwilligkeit der Kolonien zum Zusammenschluß in vieler Hinsicht ein Reflex von äußerem
Druck sei: auf Kanada seitens der Vereinigten Staaten, auf Australien seitens Japans, auf
das britische Südafrika seitens des burischen (und des deutschen)". Es ist aber immerhin
möglich, daß bei der jetzigen Schwächung Englands die starken Selbständigkeitsbestrebungen
der Großkolonien neue Nahrung erhalten, zumal ihre ganze Entwicklung sich mehr und nichr
>'on Europa abwendet. Besonders in Kanada, wie die Statistik für 1911/12 (Hofkalender,
Gotha, 1914) nachweist:
Unabhängiger vom Einfluß eines Nachbarlandes sind die Südafrikanische Union
und Australien. Keineswegs ist auf die Südafrikanische Union der Druck seitens des
burischcn (und des deutschen) Elementes oder der Japans auf Australien auch nur an¬
nähernd mit dem der Bereinigten Staaten auf Kanada zu vergleichen. In Südafrika ist
das vurische Element nach dem Eroberungskrieg so stark anglisiert, daß der Druck von Jahr
S" Jahr geringer wird. Australien ist in seiner Lage so weit nach Süden gerückt, daß der
Einfluß doch nur sehr gering ist und in Zukunft sich noch weniger fühlbar machen dürfte,
We Japan während des großen europäischen Krieges in China sich ein so ausgezeichnete.
Expansionsland zu sichern wußte, daß es kaum noch sein besonderes Augenmer nach
Australien richten wird. Aber die Lage der beiden GrosMonien Südafrika und Australien
drängt beide zu größerer Selbständigkeit und Freimachung vom englischen Zwang, zumal
ih'° reichen Hilfsquellen sich immer weiter entwickeln. Ihre Lage in der gemäßigten Zone,
ti- immer in der Geschichte der Menschheit Vorbedingung für die stete Aufwärtsentwicklung
°wes Kiilturstaates gewesen ist, das völlige Zurückdrängen des Eingeborenenelementes sind
'"ehe minder beachtenswert wie ihre geographische Isolierung in den Südozea.im die s.e zu
Wägern einer künftigen Vorherrschaft im südatlantischen, beziehungsweise ,in sudpazistschen
Ozean, gemeinsam im südindischen vorausbestimmt.
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[0345] Englische Weltpolitik und Weltvcrkehrsfragen vor dem Kriege gewiß am besten, wenn sie von dieser Kraft noch zehren*). Freilich hat der jetzige Krieg die Verwirklichung des politischen Traumes eines British Empire wieder in weite Ferne gerückt. Wie auch der Ausgang des großen Ringens sein mag: die bisherige Vorherrschaft Englands auf dem Meere hat einen gewaltigen Stoß erhalten, nicht zum mindesten durch deutsche Tatkraft! *) Kjellön (Die Großmächte der Gegenwart, Seite 116/17) weist darauf hin, daß „die Bereitwilligkeit der Kolonien zum Zusammenschluß in vieler Hinsicht ein Reflex von äußerem Druck sei: auf Kanada seitens der Vereinigten Staaten, auf Australien seitens Japans, auf das britische Südafrika seitens des burischen (und des deutschen)". Es ist aber immerhin möglich, daß bei der jetzigen Schwächung Englands die starken Selbständigkeitsbestrebungen der Großkolonien neue Nahrung erhalten, zumal ihre ganze Entwicklung sich mehr und nichr >'on Europa abwendet. Besonders in Kanada, wie die Statistik für 1911/12 (Hofkalender, Gotha, 1914) nachweist: In Dollar EinfuhrinAusfuhrininsgesamtin MillionenProzentMillionenProzentMillionenProzent Gesamthandel . .660316876 Es entfielen auf: England . .1172116248 !26931 Europa134241666229934 bereinigte Staaten von Nord¬ amerika .363661213848956 Unabhängiger vom Einfluß eines Nachbarlandes sind die Südafrikanische Union und Australien. Keineswegs ist auf die Südafrikanische Union der Druck seitens des burischcn (und des deutschen) Elementes oder der Japans auf Australien auch nur an¬ nähernd mit dem der Bereinigten Staaten auf Kanada zu vergleichen. In Südafrika ist das vurische Element nach dem Eroberungskrieg so stark anglisiert, daß der Druck von Jahr S" Jahr geringer wird. Australien ist in seiner Lage so weit nach Süden gerückt, daß der Einfluß doch nur sehr gering ist und in Zukunft sich noch weniger fühlbar machen dürfte, We Japan während des großen europäischen Krieges in China sich ein so ausgezeichnete. Expansionsland zu sichern wußte, daß es kaum noch sein besonderes Augenmer nach Australien richten wird. Aber die Lage der beiden GrosMonien Südafrika und Australien drängt beide zu größerer Selbständigkeit und Freimachung vom englischen Zwang, zumal ih'° reichen Hilfsquellen sich immer weiter entwickeln. Ihre Lage in der gemäßigten Zone, ti- immer in der Geschichte der Menschheit Vorbedingung für die stete Aufwärtsentwicklung °wes Kiilturstaates gewesen ist, das völlige Zurückdrängen des Eingeborenenelementes sind '"ehe minder beachtenswert wie ihre geographische Isolierung in den Südozea.im die s.e zu Wägern einer künftigen Vorherrschaft im südatlantischen, beziehungsweise ,in sudpazistschen Ozean, gemeinsam im südindischen vorausbestimmt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/345>, abgerufen am 17.06.2024.