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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Die amerikanische Organisation in China

und dem Chinesen Haui An Ku ins Englische übersetzt worden ist. Bezeichnend
ist, daß diese Schrift von dem nationalen Verteidigungsverein in Japan aus¬
geht. Dies ist eine sehr bedeutende Vereinigung, der zahlreiche Offiziere und
hohe Beamte angehören. Ihr gegenwärtiger Vorsitzender ist der Ministerpräsident
Graf Okuma. Der Inhalt der Schrift läßt sich allgemein dahin kennzeichnen,
daß sie den Angriffskrieg gegen die Vereinigten Staaten predigt, den, wie in
dem Buch behauptet wird, alle Japaner brennend ersehnen. Als Kriegsgrund
wird die widerrechtliche und inhumane Behandlung der japanischen Einwanderer
in die Vereinigten Staaten bezeichnet. Kalifornien wird als natürliches japanisches
Kolonialgebiet, Mexiko als der gegebene Bundesgenosse gegen Amerika angesehen.
Offen wird ausgesprochen, daß Japan bereits jetzt seine künftige amerikanische
Kriegspolitik vorbereite. Ausgebildete japanische Soldaten würden als Arbeiter
und Kaufleute nach den Philippinen und den Sandwichinseln gesandt, und wenn
sie auf den letzteren Bürger geworden seien, siedelten sie nach bestimmter
Zeit nach Kalifornien über. Auf den Inseln befänden sich bereits jetzt 80 000
Japaner, die ihre Pflicht und ihren Dienst kennten. Die Eroberung der Sand¬
wichs- wie der Philippineninseln wird als selbstverständlich und unumgänglich
bezeichnet, damit Japan später seine Hand auf die Pazisicküste legen könnte.
Der Panamakanal sei mit großer Leichtigkeit durch Sprengung zu sperren, und
ehe die amerikanische Kriegsflotte den langen Weg um Südamerika herum zurück¬
gelegt hätte, würden die Inseln, die die Brücken zum Angriffe auf die Ver¬
einigten Staaten bildete", längst in der Hand der Japaner sein. Amerika kenne
nur einen Gott, den des Goldes, nur eine Philosophie, die der Geldgier. Die
japanische Zivilisation sei die höhere und die Vereinigten Staaten müßten froh
sein, sie zu empfangen. Die Darlegungen laufen auf nachdrücklichste Empfehlung
unausgesetzter Vermehrung der japanischen Land- und Seestreitkräfte hinaus.
Jeder einzelne müsse sparen, sich in seiner Lebensführung bescheiden, jeder
Groschen, der zu erübrigen sei, müsse auf Rüstungen verwandt werden und in
deu Schulen müßten alle Lehrer ihren Schülern immer wieder fest einprägen,
daß die Vereinigten Staaten der Feind seien.

Man sieht, es ist, selbst wenn die deutsche Konkurrenz in China wirklich
schon tot und England, statt die zarten Keime der amerikanisch'chinesischen wirt¬
schaftlichen Annäherung brutal zu zertreten, bereit wäre, sie mit aller Liebe zu
hegen, dafür gesorgt, daß die amerikanischen Bäume nicht in den chinesischen
Himmel wachsen.




Die amerikanische Organisation in China

und dem Chinesen Haui An Ku ins Englische übersetzt worden ist. Bezeichnend
ist, daß diese Schrift von dem nationalen Verteidigungsverein in Japan aus¬
geht. Dies ist eine sehr bedeutende Vereinigung, der zahlreiche Offiziere und
hohe Beamte angehören. Ihr gegenwärtiger Vorsitzender ist der Ministerpräsident
Graf Okuma. Der Inhalt der Schrift läßt sich allgemein dahin kennzeichnen,
daß sie den Angriffskrieg gegen die Vereinigten Staaten predigt, den, wie in
dem Buch behauptet wird, alle Japaner brennend ersehnen. Als Kriegsgrund
wird die widerrechtliche und inhumane Behandlung der japanischen Einwanderer
in die Vereinigten Staaten bezeichnet. Kalifornien wird als natürliches japanisches
Kolonialgebiet, Mexiko als der gegebene Bundesgenosse gegen Amerika angesehen.
Offen wird ausgesprochen, daß Japan bereits jetzt seine künftige amerikanische
Kriegspolitik vorbereite. Ausgebildete japanische Soldaten würden als Arbeiter
und Kaufleute nach den Philippinen und den Sandwichinseln gesandt, und wenn
sie auf den letzteren Bürger geworden seien, siedelten sie nach bestimmter
Zeit nach Kalifornien über. Auf den Inseln befänden sich bereits jetzt 80 000
Japaner, die ihre Pflicht und ihren Dienst kennten. Die Eroberung der Sand¬
wichs- wie der Philippineninseln wird als selbstverständlich und unumgänglich
bezeichnet, damit Japan später seine Hand auf die Pazisicküste legen könnte.
Der Panamakanal sei mit großer Leichtigkeit durch Sprengung zu sperren, und
ehe die amerikanische Kriegsflotte den langen Weg um Südamerika herum zurück¬
gelegt hätte, würden die Inseln, die die Brücken zum Angriffe auf die Ver¬
einigten Staaten bildete«, längst in der Hand der Japaner sein. Amerika kenne
nur einen Gott, den des Goldes, nur eine Philosophie, die der Geldgier. Die
japanische Zivilisation sei die höhere und die Vereinigten Staaten müßten froh
sein, sie zu empfangen. Die Darlegungen laufen auf nachdrücklichste Empfehlung
unausgesetzter Vermehrung der japanischen Land- und Seestreitkräfte hinaus.
Jeder einzelne müsse sparen, sich in seiner Lebensführung bescheiden, jeder
Groschen, der zu erübrigen sei, müsse auf Rüstungen verwandt werden und in
deu Schulen müßten alle Lehrer ihren Schülern immer wieder fest einprägen,
daß die Vereinigten Staaten der Feind seien.

Man sieht, es ist, selbst wenn die deutsche Konkurrenz in China wirklich
schon tot und England, statt die zarten Keime der amerikanisch'chinesischen wirt¬
schaftlichen Annäherung brutal zu zertreten, bereit wäre, sie mit aller Liebe zu
hegen, dafür gesorgt, daß die amerikanischen Bäume nicht in den chinesischen
Himmel wachsen.




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[0212] Die amerikanische Organisation in China und dem Chinesen Haui An Ku ins Englische übersetzt worden ist. Bezeichnend ist, daß diese Schrift von dem nationalen Verteidigungsverein in Japan aus¬ geht. Dies ist eine sehr bedeutende Vereinigung, der zahlreiche Offiziere und hohe Beamte angehören. Ihr gegenwärtiger Vorsitzender ist der Ministerpräsident Graf Okuma. Der Inhalt der Schrift läßt sich allgemein dahin kennzeichnen, daß sie den Angriffskrieg gegen die Vereinigten Staaten predigt, den, wie in dem Buch behauptet wird, alle Japaner brennend ersehnen. Als Kriegsgrund wird die widerrechtliche und inhumane Behandlung der japanischen Einwanderer in die Vereinigten Staaten bezeichnet. Kalifornien wird als natürliches japanisches Kolonialgebiet, Mexiko als der gegebene Bundesgenosse gegen Amerika angesehen. Offen wird ausgesprochen, daß Japan bereits jetzt seine künftige amerikanische Kriegspolitik vorbereite. Ausgebildete japanische Soldaten würden als Arbeiter und Kaufleute nach den Philippinen und den Sandwichinseln gesandt, und wenn sie auf den letzteren Bürger geworden seien, siedelten sie nach bestimmter Zeit nach Kalifornien über. Auf den Inseln befänden sich bereits jetzt 80 000 Japaner, die ihre Pflicht und ihren Dienst kennten. Die Eroberung der Sand¬ wichs- wie der Philippineninseln wird als selbstverständlich und unumgänglich bezeichnet, damit Japan später seine Hand auf die Pazisicküste legen könnte. Der Panamakanal sei mit großer Leichtigkeit durch Sprengung zu sperren, und ehe die amerikanische Kriegsflotte den langen Weg um Südamerika herum zurück¬ gelegt hätte, würden die Inseln, die die Brücken zum Angriffe auf die Ver¬ einigten Staaten bildete«, längst in der Hand der Japaner sein. Amerika kenne nur einen Gott, den des Goldes, nur eine Philosophie, die der Geldgier. Die japanische Zivilisation sei die höhere und die Vereinigten Staaten müßten froh sein, sie zu empfangen. Die Darlegungen laufen auf nachdrücklichste Empfehlung unausgesetzter Vermehrung der japanischen Land- und Seestreitkräfte hinaus. Jeder einzelne müsse sparen, sich in seiner Lebensführung bescheiden, jeder Groschen, der zu erübrigen sei, müsse auf Rüstungen verwandt werden und in deu Schulen müßten alle Lehrer ihren Schülern immer wieder fest einprägen, daß die Vereinigten Staaten der Feind seien. Man sieht, es ist, selbst wenn die deutsche Konkurrenz in China wirklich schon tot und England, statt die zarten Keime der amerikanisch'chinesischen wirt¬ schaftlichen Annäherung brutal zu zertreten, bereit wäre, sie mit aller Liebe zu hegen, dafür gesorgt, daß die amerikanischen Bäume nicht in den chinesischen Himmel wachsen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/212>, abgerufen am 21.05.2024.