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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Friedensziele der Elektrotechnik

Auch die Galizische Erdölindustrie bedarf dringend der Auffrischung und
der Verbesserung der Gewinnungsmethoden. Die gesamten Betriebsverhältnisse
müssen durch die Einführung der elektrischen Betriebskraft eine gründliche Neu¬
orientierung nach der wirtschaftlichen Seite hin erfahren. Ich habe bereits
wiederholt, zuletzt in der Nummer 12, Jahrgang XI der Zeitschrift "Petroleum"
Gelegenheit genommen, auf die weitgehenden Vorteile der elektrischen Betriebs¬
kraft gegenüber anderen Betriebsarten in der Erdölindustrie hinzuweisen. Die
Elektrizität soll uns zu einer intensiverer Erdölwirtschaft verhelfen. Das
deutsche Kapital hat in der letzten Zeit bereits bedeutende Anlagen in gali-
zischen Petroleum-Objekten vorgenommen. Möge es sein Augenmerk auf die
unter ähnlichen Voraussetzungen arbeitenden rumänischen und amerikanischen
Erdölwerke lenken, und durch die Errichtung von Elektrizitätswerken und die
Elektrifizierung der Betriebe für günstigere Betriebsverhältnisse Sorge tragen.

Wenden wir unsere Blicke weiter nach dem Osten, so erreichen wir in
wenigen Tagen unter Benützung des Balkan-Expreß und der Bagdad-Bahn
das "gesegnete Land": Mesopotamien. Dort, wo die beiden Flüsse, der
Tigris und der Euphrat, ihre Fluten gegen den Persischen Golf wälzen, liegt
das Zukunftsland deutscher Unternehmungslust. Wieviel wertvolle Schätze liegen
da verborgen in und unter der Erdoberfläche! Den Türken, unseren treuen
Verbündeten, wird es sicherlich willkommen sein, wenn die deutschen Pioniere
der Arbeit unter Inanspruchnahme des deutschen Kapitales unter Wahrung
der türkischen Interessen die intensive Bewirtschaftung dieser Gebiete und den
Abbau der unermeßlichen Bodenschätze, zu denen noch diejenigen in Klein-
Asien und im Kaukasus hinzukommen, in die Wege leiten werden. Ein An¬
lauf hierzu ist von deutschem Kapital bereits wiederholt gemacht worden, zuletzt
im Jahre 1914, kurz vor dem Kriegsausbruch, als sich der politische und
wirtschaftliche Wettstreit Deutschlands und Englands in jenen Gegenden stark
zugespitzt hatte und eine endgültige Regelung erforderte. Diese sollte in der
Weise erfolgen, daß sich gleichzeitig deutsche und englische Banken an den Erd-
ölkonzesstonen beteiligen. Der Krieg hat einen gewaltigen Strich durch diese
Rechnung gezogen und dank unserer Waffenerfolge und derjenigen unserer
Verbündeten die Angelegenheit zu unseren Gunsten entschieden.

Die Frage der Erschließung der mesopotamisehen Erdölfelder ist interessant
und wichtig genug, daß wir uns an dieser Stelle etwas eingehender damit
beschäftigen. Der bekannte Petroleumforscher Professor v. Höfer in Leoben hat
in der Zeitschrift "Petroleum" im Jahre 1906 über die geologischen Verhält¬
nisse von Mesopotamien, soweit sie das Erdölvorkommen betreffen, geschrieben.
Die wichtigsten Ergebnisse jener Darstellung sind, daß es sich in Mesopotamien
und auch in Persien um ein Erdölvorkommen von ganz ungewöhnlicher Länge der
Öllinien handelt und daß in der über 1000 Kilometer langen Zone reiche
Öllagerstätten vorhanden sind. Die wiederholten Versuche in Mesopotamien
eine Erdölindustrie auf neuzeitlicher Grundlage zu errichten, scheiterten Haupt-


Friedensziele der Elektrotechnik

Auch die Galizische Erdölindustrie bedarf dringend der Auffrischung und
der Verbesserung der Gewinnungsmethoden. Die gesamten Betriebsverhältnisse
müssen durch die Einführung der elektrischen Betriebskraft eine gründliche Neu¬
orientierung nach der wirtschaftlichen Seite hin erfahren. Ich habe bereits
wiederholt, zuletzt in der Nummer 12, Jahrgang XI der Zeitschrift „Petroleum"
Gelegenheit genommen, auf die weitgehenden Vorteile der elektrischen Betriebs¬
kraft gegenüber anderen Betriebsarten in der Erdölindustrie hinzuweisen. Die
Elektrizität soll uns zu einer intensiverer Erdölwirtschaft verhelfen. Das
deutsche Kapital hat in der letzten Zeit bereits bedeutende Anlagen in gali-
zischen Petroleum-Objekten vorgenommen. Möge es sein Augenmerk auf die
unter ähnlichen Voraussetzungen arbeitenden rumänischen und amerikanischen
Erdölwerke lenken, und durch die Errichtung von Elektrizitätswerken und die
Elektrifizierung der Betriebe für günstigere Betriebsverhältnisse Sorge tragen.

Wenden wir unsere Blicke weiter nach dem Osten, so erreichen wir in
wenigen Tagen unter Benützung des Balkan-Expreß und der Bagdad-Bahn
das „gesegnete Land": Mesopotamien. Dort, wo die beiden Flüsse, der
Tigris und der Euphrat, ihre Fluten gegen den Persischen Golf wälzen, liegt
das Zukunftsland deutscher Unternehmungslust. Wieviel wertvolle Schätze liegen
da verborgen in und unter der Erdoberfläche! Den Türken, unseren treuen
Verbündeten, wird es sicherlich willkommen sein, wenn die deutschen Pioniere
der Arbeit unter Inanspruchnahme des deutschen Kapitales unter Wahrung
der türkischen Interessen die intensive Bewirtschaftung dieser Gebiete und den
Abbau der unermeßlichen Bodenschätze, zu denen noch diejenigen in Klein-
Asien und im Kaukasus hinzukommen, in die Wege leiten werden. Ein An¬
lauf hierzu ist von deutschem Kapital bereits wiederholt gemacht worden, zuletzt
im Jahre 1914, kurz vor dem Kriegsausbruch, als sich der politische und
wirtschaftliche Wettstreit Deutschlands und Englands in jenen Gegenden stark
zugespitzt hatte und eine endgültige Regelung erforderte. Diese sollte in der
Weise erfolgen, daß sich gleichzeitig deutsche und englische Banken an den Erd-
ölkonzesstonen beteiligen. Der Krieg hat einen gewaltigen Strich durch diese
Rechnung gezogen und dank unserer Waffenerfolge und derjenigen unserer
Verbündeten die Angelegenheit zu unseren Gunsten entschieden.

Die Frage der Erschließung der mesopotamisehen Erdölfelder ist interessant
und wichtig genug, daß wir uns an dieser Stelle etwas eingehender damit
beschäftigen. Der bekannte Petroleumforscher Professor v. Höfer in Leoben hat
in der Zeitschrift „Petroleum" im Jahre 1906 über die geologischen Verhält¬
nisse von Mesopotamien, soweit sie das Erdölvorkommen betreffen, geschrieben.
Die wichtigsten Ergebnisse jener Darstellung sind, daß es sich in Mesopotamien
und auch in Persien um ein Erdölvorkommen von ganz ungewöhnlicher Länge der
Öllinien handelt und daß in der über 1000 Kilometer langen Zone reiche
Öllagerstätten vorhanden sind. Die wiederholten Versuche in Mesopotamien
eine Erdölindustrie auf neuzeitlicher Grundlage zu errichten, scheiterten Haupt-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/65>, abgerufen am 14.06.2024.