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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Die Wehrerziehung in Frankreich

kommt als dritter Pfeiler, auf denen das Gebäude der militärischen Vorbereitung
ruht, die bewußte Pflege der Idee einer historisch begründeten staatsbürgerlichen
Erziehung (öäucation civiqus) hinzu. Das jugendliche Verständnis in staatlichen
Angelegenheiten soll mit der wörtlichen Kenntnis der 17 Artikel umfassenden
Proklamation der Menschen- und Bürgerrechte durch die konstituierende Versamm¬
lung vom 6. August 1789 eingeleitet werden. Solcherlei Worte machen auf das
empfängliche Gemüt des Jünglings tiefen Eindruck, und er wird mit innerster
Begeisterung diesen frischen Hauch der nationalen Geschichte in sich aufnehmen als
einen heiligen Ansporn zur Erhaltung und Festigung dieser sturmumbrausten Ge-
danken seiner Ahnen. So wird eine in milderen Farben leuchtende Vergangenheit
sinnreich verknüpft mit den Forderungen des Tages, das geistige Schwert der
Jugend geschärft, die vaterländische Saite zum Klingen gebracht und der junge Fran¬
zose in den Verteidigungsdienst einer hehren Sache gestellt. Die mehr praktischen
Fragen über die Regierungsformen, die gesetzgebende Macht, die ausübende
Gewalt und die Gerichtsbarkeit werden in einer dem französischen Wesen
eigenen, klaren und lebhaften Darstellungsart für das Selbststudium zusammen¬
gestellt. Immer und überall der gleiche und starke Ausdruck der herrschenden
Staatsform und republikanischen Gesinnung. An die Betrachtung des Staats¬
lebens schließt sich die genaue Beschreibung der Heeresorganisation, der
Zusammensetzung der heimatlichen und kolonialen Streitkräfte, sowie des Ersatz¬
geschäftes an. Auch hier Weitsicht in Plan und Aufbau mit dem fernen,
dumpf, aber deutlich vernehmbaren Grollen des ()uancZ-nome.




Die Wehrerziehung in Frankreich

kommt als dritter Pfeiler, auf denen das Gebäude der militärischen Vorbereitung
ruht, die bewußte Pflege der Idee einer historisch begründeten staatsbürgerlichen
Erziehung (öäucation civiqus) hinzu. Das jugendliche Verständnis in staatlichen
Angelegenheiten soll mit der wörtlichen Kenntnis der 17 Artikel umfassenden
Proklamation der Menschen- und Bürgerrechte durch die konstituierende Versamm¬
lung vom 6. August 1789 eingeleitet werden. Solcherlei Worte machen auf das
empfängliche Gemüt des Jünglings tiefen Eindruck, und er wird mit innerster
Begeisterung diesen frischen Hauch der nationalen Geschichte in sich aufnehmen als
einen heiligen Ansporn zur Erhaltung und Festigung dieser sturmumbrausten Ge-
danken seiner Ahnen. So wird eine in milderen Farben leuchtende Vergangenheit
sinnreich verknüpft mit den Forderungen des Tages, das geistige Schwert der
Jugend geschärft, die vaterländische Saite zum Klingen gebracht und der junge Fran¬
zose in den Verteidigungsdienst einer hehren Sache gestellt. Die mehr praktischen
Fragen über die Regierungsformen, die gesetzgebende Macht, die ausübende
Gewalt und die Gerichtsbarkeit werden in einer dem französischen Wesen
eigenen, klaren und lebhaften Darstellungsart für das Selbststudium zusammen¬
gestellt. Immer und überall der gleiche und starke Ausdruck der herrschenden
Staatsform und republikanischen Gesinnung. An die Betrachtung des Staats¬
lebens schließt sich die genaue Beschreibung der Heeresorganisation, der
Zusammensetzung der heimatlichen und kolonialen Streitkräfte, sowie des Ersatz¬
geschäftes an. Auch hier Weitsicht in Plan und Aufbau mit dem fernen,
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[0357] Die Wehrerziehung in Frankreich kommt als dritter Pfeiler, auf denen das Gebäude der militärischen Vorbereitung ruht, die bewußte Pflege der Idee einer historisch begründeten staatsbürgerlichen Erziehung (öäucation civiqus) hinzu. Das jugendliche Verständnis in staatlichen Angelegenheiten soll mit der wörtlichen Kenntnis der 17 Artikel umfassenden Proklamation der Menschen- und Bürgerrechte durch die konstituierende Versamm¬ lung vom 6. August 1789 eingeleitet werden. Solcherlei Worte machen auf das empfängliche Gemüt des Jünglings tiefen Eindruck, und er wird mit innerster Begeisterung diesen frischen Hauch der nationalen Geschichte in sich aufnehmen als einen heiligen Ansporn zur Erhaltung und Festigung dieser sturmumbrausten Ge- danken seiner Ahnen. So wird eine in milderen Farben leuchtende Vergangenheit sinnreich verknüpft mit den Forderungen des Tages, das geistige Schwert der Jugend geschärft, die vaterländische Saite zum Klingen gebracht und der junge Fran¬ zose in den Verteidigungsdienst einer hehren Sache gestellt. Die mehr praktischen Fragen über die Regierungsformen, die gesetzgebende Macht, die ausübende Gewalt und die Gerichtsbarkeit werden in einer dem französischen Wesen eigenen, klaren und lebhaften Darstellungsart für das Selbststudium zusammen¬ gestellt. Immer und überall der gleiche und starke Ausdruck der herrschenden Staatsform und republikanischen Gesinnung. An die Betrachtung des Staats¬ lebens schließt sich die genaue Beschreibung der Heeresorganisation, der Zusammensetzung der heimatlichen und kolonialen Streitkräfte, sowie des Ersatz¬ geschäftes an. Auch hier Weitsicht in Plan und Aufbau mit dem fernen, dumpf, aber deutlich vernehmbaren Grollen des ()uancZ-nome.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/357>, abgerufen am 17.06.2024.