Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.Akademische Rriegsliteratur einer pflichtbewußten seelsorgerischen Treue gegenüber dem lebenden Geschlecht Der zweite Kreis, der in Frage kommt, ist nicht konfessionell begrenzt. Auch die übrigen Sammlungen bieten an vielen Stellen guten, stimmungs¬ Akademische Rriegsliteratur einer pflichtbewußten seelsorgerischen Treue gegenüber dem lebenden Geschlecht Der zweite Kreis, der in Frage kommt, ist nicht konfessionell begrenzt. Auch die übrigen Sammlungen bieten an vielen Stellen guten, stimmungs¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0419" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330957"/> <fw type="header" place="top"> Akademische Rriegsliteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1339" prev="#ID_1338"> einer pflichtbewußten seelsorgerischen Treue gegenüber dem lebenden Geschlecht<lb/> innig verbindet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1340"> Der zweite Kreis, der in Frage kommt, ist nicht konfessionell begrenzt.<lb/> Von ihm stammt das großartig ausgestattete Unternehmen der „Liebesgaben<lb/> deutscher Hochschüler", die in dem äußerst rührigen Furche-Verlag (Kassel) er¬<lb/> schienen sind. Ursprünglich hervorgegangen aus den von Dr. Gerhard Nieder¬<lb/> meyer zu hoher Bedeutung entwickelten Bestrebungen des Deutschen Christlichen<lb/> Studentenbundes, hat diese Bewegung, die jetzt durch den allgemeinen „Deutschen<lb/> Studentendienst" dargestellt wird, auf die gesamte Bildungsschicht der Zukunft<lb/> zweifelslos einen tiefgehenden Einfluß. Über den ausgedehnten Wirkungskreis,<lb/> der auch die deutschen und die fremden Kriegsgefangenen umfaßt, und über die<lb/> vielseitige, mühevolle Arbeit, die immer noch zunimmt, gibt ein kurzer gedruckter<lb/> Bericht Dr. Niedermeyers lehrreiche Aufschlüsse. Die auf seine Anregungen ent¬<lb/> standenen „Liebesgaben", von denen bisher neun erschienen sind, wollen auf<lb/> der einen Seite die künstlerisch-religiöse Erbauung fördern, auf der anderen die<lb/> allgemeine und wissenschaftliche Belehrung. Jenem Zwecke dient in erster Linie<lb/> die mit Steinhausens Bildern geschmückte Neuausgabe des Johannes-Evangeliums,<lb/> die Professor Seeberg für alle vier Fakultäten verständlich bevorwortet hat.<lb/> ferner der Neudruck von Simrocks Heliand-Übersetzung, zu dem Jda Stroever<lb/> (Bremen) künstlerisch eigenartigen, durch seine Strichtechnik kraftvoll, aber auch<lb/> herb wirkenden Buchschmuck beigesteuert, außerdem die mit reizvollen Nachbildungen<lb/> feiner Handzeichnungen geschmückte Ludwig-Richter-Mappe und endlich die<lb/> Röthigsche Sammlung von vierzig wertvollen Kirchengesängen, welche altdeutsche<lb/> Lieder zu neuem Leben weckt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1341" next="#ID_1342"> Auch die übrigen Sammlungen bieten an vielen Stellen guten, stimmungs¬<lb/> vollen Buchschmuck, dagegen darf man die im „Deutschen März" in faksimilierter<lb/> Nachbildung gebrachten Grüße der deutschen Universttüts- und Hochschulrektoren<lb/> nicht vom künstlerischen Standpunkt aus werten. Sie wirken aber anheimelnd<lb/> auf den Leser als schönes Zeichen akademischen Gemeinschaftsgefühls. Soweit<lb/> nun diese Liebesgaben nicht Neudrucke älterer Kunst und Dichtung find, ent¬<lb/> halten sie ausnahmslos Beiträge aus der gegenwärtigen Ideenwelt, wobei<lb/> Wiederholungen einander ähnlicher Gedanken naturgemäß nicht selten vorkommen.<lb/> In ihnen gelangt die ernste Geistesarbeit unserer Zeit zum Ausdruck. Mancher<lb/> Hochschullehrer hält in diesen fast durchweg vollwertigen Aufsätzen belehrenden<lb/> Inhalts ein hochschulpädagogisches Privatissimum mit den fernweilenden Musen¬<lb/> söhnen ab und liefert den Beweis, daß er nicht nur Verbreiter und Vertreter<lb/> seiner Fachwissenschaft ist, sondern auch ein warmfühlender Berater der ihm<lb/> anvertrauten Hochschuljugend, dem es daran liegt, seinen Jüngern beim<lb/> Erarbeiten einer eigenen Weltanschauung helfend und fördernd zur Seite zu<lb/> stehen. Neben den Hochschullehrern kommen zahlreiche bedeutende Männer des<lb/> öffentlichen Lebens, Staatsmänner, hohe Beamte und Geistliche zu Wort —<lb/> alles „Stimmen aus dem geistigen Hauptquartier", wie ein Student urteilt —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0419]
Akademische Rriegsliteratur
einer pflichtbewußten seelsorgerischen Treue gegenüber dem lebenden Geschlecht
innig verbindet.
Der zweite Kreis, der in Frage kommt, ist nicht konfessionell begrenzt.
Von ihm stammt das großartig ausgestattete Unternehmen der „Liebesgaben
deutscher Hochschüler", die in dem äußerst rührigen Furche-Verlag (Kassel) er¬
schienen sind. Ursprünglich hervorgegangen aus den von Dr. Gerhard Nieder¬
meyer zu hoher Bedeutung entwickelten Bestrebungen des Deutschen Christlichen
Studentenbundes, hat diese Bewegung, die jetzt durch den allgemeinen „Deutschen
Studentendienst" dargestellt wird, auf die gesamte Bildungsschicht der Zukunft
zweifelslos einen tiefgehenden Einfluß. Über den ausgedehnten Wirkungskreis,
der auch die deutschen und die fremden Kriegsgefangenen umfaßt, und über die
vielseitige, mühevolle Arbeit, die immer noch zunimmt, gibt ein kurzer gedruckter
Bericht Dr. Niedermeyers lehrreiche Aufschlüsse. Die auf seine Anregungen ent¬
standenen „Liebesgaben", von denen bisher neun erschienen sind, wollen auf
der einen Seite die künstlerisch-religiöse Erbauung fördern, auf der anderen die
allgemeine und wissenschaftliche Belehrung. Jenem Zwecke dient in erster Linie
die mit Steinhausens Bildern geschmückte Neuausgabe des Johannes-Evangeliums,
die Professor Seeberg für alle vier Fakultäten verständlich bevorwortet hat.
ferner der Neudruck von Simrocks Heliand-Übersetzung, zu dem Jda Stroever
(Bremen) künstlerisch eigenartigen, durch seine Strichtechnik kraftvoll, aber auch
herb wirkenden Buchschmuck beigesteuert, außerdem die mit reizvollen Nachbildungen
feiner Handzeichnungen geschmückte Ludwig-Richter-Mappe und endlich die
Röthigsche Sammlung von vierzig wertvollen Kirchengesängen, welche altdeutsche
Lieder zu neuem Leben weckt.
Auch die übrigen Sammlungen bieten an vielen Stellen guten, stimmungs¬
vollen Buchschmuck, dagegen darf man die im „Deutschen März" in faksimilierter
Nachbildung gebrachten Grüße der deutschen Universttüts- und Hochschulrektoren
nicht vom künstlerischen Standpunkt aus werten. Sie wirken aber anheimelnd
auf den Leser als schönes Zeichen akademischen Gemeinschaftsgefühls. Soweit
nun diese Liebesgaben nicht Neudrucke älterer Kunst und Dichtung find, ent¬
halten sie ausnahmslos Beiträge aus der gegenwärtigen Ideenwelt, wobei
Wiederholungen einander ähnlicher Gedanken naturgemäß nicht selten vorkommen.
In ihnen gelangt die ernste Geistesarbeit unserer Zeit zum Ausdruck. Mancher
Hochschullehrer hält in diesen fast durchweg vollwertigen Aufsätzen belehrenden
Inhalts ein hochschulpädagogisches Privatissimum mit den fernweilenden Musen¬
söhnen ab und liefert den Beweis, daß er nicht nur Verbreiter und Vertreter
seiner Fachwissenschaft ist, sondern auch ein warmfühlender Berater der ihm
anvertrauten Hochschuljugend, dem es daran liegt, seinen Jüngern beim
Erarbeiten einer eigenen Weltanschauung helfend und fördernd zur Seite zu
stehen. Neben den Hochschullehrern kommen zahlreiche bedeutende Männer des
öffentlichen Lebens, Staatsmänner, hohe Beamte und Geistliche zu Wort —
alles „Stimmen aus dem geistigen Hauptquartier", wie ein Student urteilt —
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