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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.

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Der Name des gegenwärtigen Krieges

Die Freiheitskriege vor hundert Jahren -- die törichte Mode, sie Befreiungs¬
kriege zu nennen, ist ja wohl überwunden -- sind auch darin glücklich gewesen,
daß sie in der sittlichen Triebkraft, die die Völker gegen den Welteroberer siegen
ließ, zugleich den Ehrennamen für alle Zeit gefunden haben. Damit ist aber
zugleich jener Name für alle Zeit vorweggenommen und unmöglich für den
Krieg von 1914/16, obgleich er geführt wird, um die deutsche Freiheit zu behaupten,
die damals erkämpft ward. So ist es ein deutscher Krieg, den wir heute
führen, der herrlich vollenden soll, was damals angehoben war. Und wenn
unsere Feinde im Westen heute schau vom deutschen Krieg sprechen und damit
den von 1914/16 meinen, wohl auch dabei bleiben werden, je mehr sie die
deutsche Kraft zu spüren bekommen, so könnten wir ihnen in diesem einen Punkte
gern nachgeben, sind wir doch überzeugt, daß mit deutscher Größe, um deutsche
Größe dieser Krieg geführt wird, wie nur einer. Dann hieße der deutsche Krieg
nach seinen Helden, dem deutschen Volk. Aber, ganz abgesehen davon, daß
schon unsere österreichisch-ungarischen Bundesgenossen sich diesen Namen niemals
aneignen könnten, die Kriege unseres Volkes heißen nicht nach ihren Helden.
Die Kriege, die Friedrich der Große geführt hat, heißen die schlesischen und der
siebenjährige Krieg, obgleich doch in ihrem Mittelpunkt ein Held steht von einer
persönlichen Größe, wie niemals in einem Feldzug der Deutschen seit dem, den
Arminius gegen die Römer führte, der eben auch nicht nach feinem Helden
benannt ist.

Wiederum einen persönlichen Helden, der allein und ausschließlich im
Mittelpunkt stünde, hat der gegenwärtige Krieg nicht. Unser Volk, die Völker
führen ihn, und Völkerkrieg wäre zum Ende die treffendste Benennung. An
die Freiheitskriege knüpften wir dann mit dem gegenwärtigen Krieg auch in
diesem Sinn an. Vor hundert Jahren die Tore aufgestoßen zu einer deutschen
Zukunft, die 1871 ihr politisches Vorzeichen im nationalen Machtstaat empfing
-- jetzt das deutsche Menschheitsvolk an die Spitze der Erdenvölker berufen,
um eine neue Epoche der Weltgeschichte heraufzuführen. Damals der ganze
Seelenbesitz des innerlich reichsten Kulturvolks hineingeschmolzen in die deutschen
Waffen und ihren Sieg über den Erbfeind -- heule unser gesamtes geistiges
Sein aufgerufen zur Selbstbehauptung gegen eine Welt. Die Völkerschlacht an
der Schwelle der Zeiten, der Völkerkrieg in der Stunde der Erfüllung!




Der Name des gegenwärtigen Krieges

Die Freiheitskriege vor hundert Jahren — die törichte Mode, sie Befreiungs¬
kriege zu nennen, ist ja wohl überwunden — sind auch darin glücklich gewesen,
daß sie in der sittlichen Triebkraft, die die Völker gegen den Welteroberer siegen
ließ, zugleich den Ehrennamen für alle Zeit gefunden haben. Damit ist aber
zugleich jener Name für alle Zeit vorweggenommen und unmöglich für den
Krieg von 1914/16, obgleich er geführt wird, um die deutsche Freiheit zu behaupten,
die damals erkämpft ward. So ist es ein deutscher Krieg, den wir heute
führen, der herrlich vollenden soll, was damals angehoben war. Und wenn
unsere Feinde im Westen heute schau vom deutschen Krieg sprechen und damit
den von 1914/16 meinen, wohl auch dabei bleiben werden, je mehr sie die
deutsche Kraft zu spüren bekommen, so könnten wir ihnen in diesem einen Punkte
gern nachgeben, sind wir doch überzeugt, daß mit deutscher Größe, um deutsche
Größe dieser Krieg geführt wird, wie nur einer. Dann hieße der deutsche Krieg
nach seinen Helden, dem deutschen Volk. Aber, ganz abgesehen davon, daß
schon unsere österreichisch-ungarischen Bundesgenossen sich diesen Namen niemals
aneignen könnten, die Kriege unseres Volkes heißen nicht nach ihren Helden.
Die Kriege, die Friedrich der Große geführt hat, heißen die schlesischen und der
siebenjährige Krieg, obgleich doch in ihrem Mittelpunkt ein Held steht von einer
persönlichen Größe, wie niemals in einem Feldzug der Deutschen seit dem, den
Arminius gegen die Römer führte, der eben auch nicht nach feinem Helden
benannt ist.

Wiederum einen persönlichen Helden, der allein und ausschließlich im
Mittelpunkt stünde, hat der gegenwärtige Krieg nicht. Unser Volk, die Völker
führen ihn, und Völkerkrieg wäre zum Ende die treffendste Benennung. An
die Freiheitskriege knüpften wir dann mit dem gegenwärtigen Krieg auch in
diesem Sinn an. Vor hundert Jahren die Tore aufgestoßen zu einer deutschen
Zukunft, die 1871 ihr politisches Vorzeichen im nationalen Machtstaat empfing
— jetzt das deutsche Menschheitsvolk an die Spitze der Erdenvölker berufen,
um eine neue Epoche der Weltgeschichte heraufzuführen. Damals der ganze
Seelenbesitz des innerlich reichsten Kulturvolks hineingeschmolzen in die deutschen
Waffen und ihren Sieg über den Erbfeind — heule unser gesamtes geistiges
Sein aufgerufen zur Selbstbehauptung gegen eine Welt. Die Völkerschlacht an
der Schwelle der Zeiten, der Völkerkrieg in der Stunde der Erfüllung!




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[0032] Der Name des gegenwärtigen Krieges Die Freiheitskriege vor hundert Jahren — die törichte Mode, sie Befreiungs¬ kriege zu nennen, ist ja wohl überwunden — sind auch darin glücklich gewesen, daß sie in der sittlichen Triebkraft, die die Völker gegen den Welteroberer siegen ließ, zugleich den Ehrennamen für alle Zeit gefunden haben. Damit ist aber zugleich jener Name für alle Zeit vorweggenommen und unmöglich für den Krieg von 1914/16, obgleich er geführt wird, um die deutsche Freiheit zu behaupten, die damals erkämpft ward. So ist es ein deutscher Krieg, den wir heute führen, der herrlich vollenden soll, was damals angehoben war. Und wenn unsere Feinde im Westen heute schau vom deutschen Krieg sprechen und damit den von 1914/16 meinen, wohl auch dabei bleiben werden, je mehr sie die deutsche Kraft zu spüren bekommen, so könnten wir ihnen in diesem einen Punkte gern nachgeben, sind wir doch überzeugt, daß mit deutscher Größe, um deutsche Größe dieser Krieg geführt wird, wie nur einer. Dann hieße der deutsche Krieg nach seinen Helden, dem deutschen Volk. Aber, ganz abgesehen davon, daß schon unsere österreichisch-ungarischen Bundesgenossen sich diesen Namen niemals aneignen könnten, die Kriege unseres Volkes heißen nicht nach ihren Helden. Die Kriege, die Friedrich der Große geführt hat, heißen die schlesischen und der siebenjährige Krieg, obgleich doch in ihrem Mittelpunkt ein Held steht von einer persönlichen Größe, wie niemals in einem Feldzug der Deutschen seit dem, den Arminius gegen die Römer führte, der eben auch nicht nach feinem Helden benannt ist. Wiederum einen persönlichen Helden, der allein und ausschließlich im Mittelpunkt stünde, hat der gegenwärtige Krieg nicht. Unser Volk, die Völker führen ihn, und Völkerkrieg wäre zum Ende die treffendste Benennung. An die Freiheitskriege knüpften wir dann mit dem gegenwärtigen Krieg auch in diesem Sinn an. Vor hundert Jahren die Tore aufgestoßen zu einer deutschen Zukunft, die 1871 ihr politisches Vorzeichen im nationalen Machtstaat empfing — jetzt das deutsche Menschheitsvolk an die Spitze der Erdenvölker berufen, um eine neue Epoche der Weltgeschichte heraufzuführen. Damals der ganze Seelenbesitz des innerlich reichsten Kulturvolks hineingeschmolzen in die deutschen Waffen und ihren Sieg über den Erbfeind — heule unser gesamtes geistiges Sein aufgerufen zur Selbstbehauptung gegen eine Welt. Die Völkerschlacht an der Schwelle der Zeiten, der Völkerkrieg in der Stunde der Erfüllung!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330971/32>, abgerufen am 12.05.2024.