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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Das Nationalitätsproblem

geschlossen, wenn eine ruhige Zukunft gewonnen werden soll. Überdies handelt
es sich in den meisten jetzt zu bereinigenden Fällen um Germanen als Minderheits¬
rasse, und es muß daher als eine Pflicht Deutschlands gelten, dem Germanentum,
wo es der Unterdrückung durch nicht germanische Rassen ausgesetzt ist, stützend zur
Seite zu stehen.

Es wurde jüngst von flämischer Seite betont, daß Deutschland früher mit
der von den Wallonen unterdrückten flämischen Rasse wenig Mitgefühl gehabt
habe. Von deutscher Seite wurde darauf erwidert: Deutschland sei ein frieden¬
liebendes Land und konnte sich zur Friedenszeit eine Einmischung in die An¬
gelegenheiten eines fremden Landes nicht erlauben. Jetzt lägen aber die Dinge
anders: wo das Germanentum bedroht ist, könne es der deutschen Hilfe sicher sein.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß, wenn der Friede einmal da ist, es ebenso schwer
wie vor dem Kriege sein wird, das in dieser Beziehung Unterlassene nachzuholen.
Daher darf jetzt, da alles noch möglich ist, nichts versäumt werden. Dies gilt
im höchsten Maße für die von den Russen befreiten Gebiete, wo in Kurland,
Litauen, Livland und Estland die deutschsprechenden Ballen und in Finnland die
schwedischsprechende Germanenbevölkerung Finnlands wieder der Unterdrückung
ausgesetzt werden könnten, sowie auch für Flandern, wo das ungeschützte flämische
Volk wieder den Wallonen zum Opfer fallen dürfte.

Mit dem hier befürworteten Schutze des Germanentums ist durchaus nicht
gemeint, daß den Germanen eine bevorzugte Stellung zukommen soll. Der Schutz
soll nur bezwecken, einer Entlassung und ganz besonders einer gewaltsamen Ent¬
lassung durch die Mehrheitsrasse vorzubeugen. Die Baltenländer, Finnland und
Flandern sind ja vom deutschen Schwert, durch Aufopferung von Germanen der
Erdrosselung entrissen worden, daher ist es jetzt, da das Gerüst der neuen Staaten
aufgebaut werden soll, nur Deutschlands Pflicht, darauf zu achten, daß die Stammes¬
genossen in diesen neuen Staaten erträgliche Lebensbedingungen erhalten.

Es wurde oben erwähnt, daß es um so schwerer ist die Reibung der ver¬
schiedenen Nassen zu beseitigen, je mehr diese voneinander abhängig sind. Je
mehr nun die Rassenelemente die Möglichkeit erhalten, sich zusammenzuschließen,
um so kleiner werden daher die Reibungsflächen.

Betrachten wir zuerst den gemischten Rassentypus, so kann ein politisches
Zusammenwirken der Rassen nur dann durchgeführt werden, wenn die politische
Wahl sich vom Wohnort unabhängig vollzieht, also keine Wahlkreiseinteilung
besteht. In diesen: Falle ist das Zusammenwirken möglich, aber nicht sichergestellt,
weil eine vom Wohnort unabhängige Verhältniswahl einen Mehrheitsdruck
in der Partei (der Nasse) nicht auszuschließen braucht. Nur wenn die ver¬
schiedenen Meinungen in der Rasse oder der Partei zur selben Zeit einen Ausdruck
und zwar einen der Stärke entsprechenden Ausdruck finden können, ist das
Zusammenwirken aller Rassenelemente einer Rasse möglich und gesichert.

Dieser Gedanke ist der Grundgedanke des politischen Wahlsystems Finnlands.
Die verschiedenen Gruppen einer Rasse, einer Partei stellen ihre eigene Kandidaten¬
liste auf. Ein jeder kann also für eine Liste stimmen, deren Kandidaten seinen An¬
schauungen entsprechen. Alle Listen, die derselben Rasse oder Partei zugehören,
können als verbündet erklärt werden, die Summe der auf diesen Listen vereinigten
Stimmen wirkt dann als Einheit in der Wahl. Proportional ihrer Stärke erhält
eine jede solche Einheit ihre Anzahl Abgeordnete und die Kandidaten der einzelnen
Listen werden dann im Verhältnis zur Stimmenzahl der Liste ernannt. Es hat
sich während mehr als einem Jahrzehnt in Finnland gezeigt, daß auf diese Weise
das Zusammenwirken der äußersten Linken und sehr konservativer Gruppen sehr
gut gelingt.

Haben wir ein Land mit einem gemischten Rassentypus, so kann die Mino¬
ritätsrasse nur dann einigermaßen geschützt werden, wenn, wie gesagt, das ganze
Land bei der Verhältniswahl einen einzigen Wahlkreis darstellt. Wird dieses durch¬
geführt und werden die sprachlichen Rechte hinsichtlich Erziehung, Bildung und
auch im öffentlichen Verkehr in der Verfassung sichergestellt, so werden schwerere


Das Nationalitätsproblem

geschlossen, wenn eine ruhige Zukunft gewonnen werden soll. Überdies handelt
es sich in den meisten jetzt zu bereinigenden Fällen um Germanen als Minderheits¬
rasse, und es muß daher als eine Pflicht Deutschlands gelten, dem Germanentum,
wo es der Unterdrückung durch nicht germanische Rassen ausgesetzt ist, stützend zur
Seite zu stehen.

Es wurde jüngst von flämischer Seite betont, daß Deutschland früher mit
der von den Wallonen unterdrückten flämischen Rasse wenig Mitgefühl gehabt
habe. Von deutscher Seite wurde darauf erwidert: Deutschland sei ein frieden¬
liebendes Land und konnte sich zur Friedenszeit eine Einmischung in die An¬
gelegenheiten eines fremden Landes nicht erlauben. Jetzt lägen aber die Dinge
anders: wo das Germanentum bedroht ist, könne es der deutschen Hilfe sicher sein.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß, wenn der Friede einmal da ist, es ebenso schwer
wie vor dem Kriege sein wird, das in dieser Beziehung Unterlassene nachzuholen.
Daher darf jetzt, da alles noch möglich ist, nichts versäumt werden. Dies gilt
im höchsten Maße für die von den Russen befreiten Gebiete, wo in Kurland,
Litauen, Livland und Estland die deutschsprechenden Ballen und in Finnland die
schwedischsprechende Germanenbevölkerung Finnlands wieder der Unterdrückung
ausgesetzt werden könnten, sowie auch für Flandern, wo das ungeschützte flämische
Volk wieder den Wallonen zum Opfer fallen dürfte.

Mit dem hier befürworteten Schutze des Germanentums ist durchaus nicht
gemeint, daß den Germanen eine bevorzugte Stellung zukommen soll. Der Schutz
soll nur bezwecken, einer Entlassung und ganz besonders einer gewaltsamen Ent¬
lassung durch die Mehrheitsrasse vorzubeugen. Die Baltenländer, Finnland und
Flandern sind ja vom deutschen Schwert, durch Aufopferung von Germanen der
Erdrosselung entrissen worden, daher ist es jetzt, da das Gerüst der neuen Staaten
aufgebaut werden soll, nur Deutschlands Pflicht, darauf zu achten, daß die Stammes¬
genossen in diesen neuen Staaten erträgliche Lebensbedingungen erhalten.

Es wurde oben erwähnt, daß es um so schwerer ist die Reibung der ver¬
schiedenen Nassen zu beseitigen, je mehr diese voneinander abhängig sind. Je
mehr nun die Rassenelemente die Möglichkeit erhalten, sich zusammenzuschließen,
um so kleiner werden daher die Reibungsflächen.

Betrachten wir zuerst den gemischten Rassentypus, so kann ein politisches
Zusammenwirken der Rassen nur dann durchgeführt werden, wenn die politische
Wahl sich vom Wohnort unabhängig vollzieht, also keine Wahlkreiseinteilung
besteht. In diesen: Falle ist das Zusammenwirken möglich, aber nicht sichergestellt,
weil eine vom Wohnort unabhängige Verhältniswahl einen Mehrheitsdruck
in der Partei (der Nasse) nicht auszuschließen braucht. Nur wenn die ver¬
schiedenen Meinungen in der Rasse oder der Partei zur selben Zeit einen Ausdruck
und zwar einen der Stärke entsprechenden Ausdruck finden können, ist das
Zusammenwirken aller Rassenelemente einer Rasse möglich und gesichert.

Dieser Gedanke ist der Grundgedanke des politischen Wahlsystems Finnlands.
Die verschiedenen Gruppen einer Rasse, einer Partei stellen ihre eigene Kandidaten¬
liste auf. Ein jeder kann also für eine Liste stimmen, deren Kandidaten seinen An¬
schauungen entsprechen. Alle Listen, die derselben Rasse oder Partei zugehören,
können als verbündet erklärt werden, die Summe der auf diesen Listen vereinigten
Stimmen wirkt dann als Einheit in der Wahl. Proportional ihrer Stärke erhält
eine jede solche Einheit ihre Anzahl Abgeordnete und die Kandidaten der einzelnen
Listen werden dann im Verhältnis zur Stimmenzahl der Liste ernannt. Es hat
sich während mehr als einem Jahrzehnt in Finnland gezeigt, daß auf diese Weise
das Zusammenwirken der äußersten Linken und sehr konservativer Gruppen sehr
gut gelingt.

Haben wir ein Land mit einem gemischten Rassentypus, so kann die Mino¬
ritätsrasse nur dann einigermaßen geschützt werden, wenn, wie gesagt, das ganze
Land bei der Verhältniswahl einen einzigen Wahlkreis darstellt. Wird dieses durch¬
geführt und werden die sprachlichen Rechte hinsichtlich Erziehung, Bildung und
auch im öffentlichen Verkehr in der Verfassung sichergestellt, so werden schwerere


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[0084] Das Nationalitätsproblem geschlossen, wenn eine ruhige Zukunft gewonnen werden soll. Überdies handelt es sich in den meisten jetzt zu bereinigenden Fällen um Germanen als Minderheits¬ rasse, und es muß daher als eine Pflicht Deutschlands gelten, dem Germanentum, wo es der Unterdrückung durch nicht germanische Rassen ausgesetzt ist, stützend zur Seite zu stehen. Es wurde jüngst von flämischer Seite betont, daß Deutschland früher mit der von den Wallonen unterdrückten flämischen Rasse wenig Mitgefühl gehabt habe. Von deutscher Seite wurde darauf erwidert: Deutschland sei ein frieden¬ liebendes Land und konnte sich zur Friedenszeit eine Einmischung in die An¬ gelegenheiten eines fremden Landes nicht erlauben. Jetzt lägen aber die Dinge anders: wo das Germanentum bedroht ist, könne es der deutschen Hilfe sicher sein. Es ist sehr wahrscheinlich, daß, wenn der Friede einmal da ist, es ebenso schwer wie vor dem Kriege sein wird, das in dieser Beziehung Unterlassene nachzuholen. Daher darf jetzt, da alles noch möglich ist, nichts versäumt werden. Dies gilt im höchsten Maße für die von den Russen befreiten Gebiete, wo in Kurland, Litauen, Livland und Estland die deutschsprechenden Ballen und in Finnland die schwedischsprechende Germanenbevölkerung Finnlands wieder der Unterdrückung ausgesetzt werden könnten, sowie auch für Flandern, wo das ungeschützte flämische Volk wieder den Wallonen zum Opfer fallen dürfte. Mit dem hier befürworteten Schutze des Germanentums ist durchaus nicht gemeint, daß den Germanen eine bevorzugte Stellung zukommen soll. Der Schutz soll nur bezwecken, einer Entlassung und ganz besonders einer gewaltsamen Ent¬ lassung durch die Mehrheitsrasse vorzubeugen. Die Baltenländer, Finnland und Flandern sind ja vom deutschen Schwert, durch Aufopferung von Germanen der Erdrosselung entrissen worden, daher ist es jetzt, da das Gerüst der neuen Staaten aufgebaut werden soll, nur Deutschlands Pflicht, darauf zu achten, daß die Stammes¬ genossen in diesen neuen Staaten erträgliche Lebensbedingungen erhalten. Es wurde oben erwähnt, daß es um so schwerer ist die Reibung der ver¬ schiedenen Nassen zu beseitigen, je mehr diese voneinander abhängig sind. Je mehr nun die Rassenelemente die Möglichkeit erhalten, sich zusammenzuschließen, um so kleiner werden daher die Reibungsflächen. Betrachten wir zuerst den gemischten Rassentypus, so kann ein politisches Zusammenwirken der Rassen nur dann durchgeführt werden, wenn die politische Wahl sich vom Wohnort unabhängig vollzieht, also keine Wahlkreiseinteilung besteht. In diesen: Falle ist das Zusammenwirken möglich, aber nicht sichergestellt, weil eine vom Wohnort unabhängige Verhältniswahl einen Mehrheitsdruck in der Partei (der Nasse) nicht auszuschließen braucht. Nur wenn die ver¬ schiedenen Meinungen in der Rasse oder der Partei zur selben Zeit einen Ausdruck und zwar einen der Stärke entsprechenden Ausdruck finden können, ist das Zusammenwirken aller Rassenelemente einer Rasse möglich und gesichert. Dieser Gedanke ist der Grundgedanke des politischen Wahlsystems Finnlands. Die verschiedenen Gruppen einer Rasse, einer Partei stellen ihre eigene Kandidaten¬ liste auf. Ein jeder kann also für eine Liste stimmen, deren Kandidaten seinen An¬ schauungen entsprechen. Alle Listen, die derselben Rasse oder Partei zugehören, können als verbündet erklärt werden, die Summe der auf diesen Listen vereinigten Stimmen wirkt dann als Einheit in der Wahl. Proportional ihrer Stärke erhält eine jede solche Einheit ihre Anzahl Abgeordnete und die Kandidaten der einzelnen Listen werden dann im Verhältnis zur Stimmenzahl der Liste ernannt. Es hat sich während mehr als einem Jahrzehnt in Finnland gezeigt, daß auf diese Weise das Zusammenwirken der äußersten Linken und sehr konservativer Gruppen sehr gut gelingt. Haben wir ein Land mit einem gemischten Rassentypus, so kann die Mino¬ ritätsrasse nur dann einigermaßen geschützt werden, wenn, wie gesagt, das ganze Land bei der Verhältniswahl einen einzigen Wahlkreis darstellt. Wird dieses durch¬ geführt und werden die sprachlichen Rechte hinsichtlich Erziehung, Bildung und auch im öffentlichen Verkehr in der Verfassung sichergestellt, so werden schwerere

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/84>, abgerufen am 18.05.2024.