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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Weltkrieges" geschrieben.^ Wie der Weber, dem die Fäden von jedem Punkt
des weitgespannten Nahmens in die Hände laufen, entwirft er mit der Ruhe und
Sicherheit des Kenners und Körners das bunte Muster der europäischen Politik
vor der Welttragödie. Er greift weit aus. Der Krieg ist eben nicht das Ergebnis
weniger Tage. Ganz allmählich ist das Unwetter von allen Seiten zusammen¬
gezogen.

Die russische Politik, die letzten Endes zum Weltkriege führte, bedeutet kein
schroffes Abbiegen von Jahrzehnte lang begangenen Pfaden. Sie wurzelt vielmehr
in einer Zeit, auf der in den Augen vieler Deutscher noch der ungetrübte Sonnen-
glanz russischer Freundschaft liegt. Kein anderer als Bismarck hat sie, wie sie
sich bis zum Jahr 1870 darstellte, in einer Instruktion vom 27. Februar 1879 an
Busch zu einem Artikel für "Die Grenzboten" folgendermaßen gekennzeichnet:
"1813 hat uns Nußland geholfen, aber in seinem Interesse. 1815 war die
russische Politik im allgemeinen schädlich für uns: sie hintertrieb eine bessere
Gestaltung Deutschlands, die nicht zu den Plänen patzte, nach denen Kaiser
Alerander die Welt ordnen wollte, und dann wurden unsere Entschädigungsansprüche
von den Nüssen nur lau unterstützt. Zuletzt war ihr Gewinn größer als der
unsere, und wir hatten doch mehr eingesetzt, geopfert und geleistet. 1828, da
wissen Sie, daß wir ihnen während des Türkenlrieges gute Dienste geleistet haben,
Müfftings Sendung z. B., die ihnen aus einer großen Verlegenheit half. 1830
wollten sie uns in Gemeinschaft mit Frankreich anfallen, dem sie das linke Rhein-
ufer verschaffen wollten, und die Sacke kam nur nicht zustande, iveil die Juli-
Neoolution ausbrach. Kurz vor der Februar" Revolution war ein ähnlicher Plan
in der Entwicklung. 1847 schlugen wir auch im russischen Interesse den Aufstand
im Polnischen nieder. Während des ersten Krieges mit Dänemark traten sie uns
in den Weg. Was dann 1850 in Warschau geschah, als die Union ins Auge
gesaßt war, wissen sie ja. Den Gang nach Olmütz verdanken wir zum großen
Teil dem Kaiser Nikolaus. 1854. während des Krnn-Krieges, beobachteten wir,
die kurz vorher schlecht behandelten, Neutralität, während das gut behandelte
Osterreich sich den Westmächten anschloß, und 1863, wo in Polen die große
Insurrektion ausbrach, und Österreich sie mit den Westmächten durch Noten
unterstützte, stellten wir uns auf die russische Seite, und die diplomatische Jnter-
vention mißlang -- 1866 und 1870 hat uns Rußland nicht angegriffen, im
Gegenteil. Aber das war doch auch im russischen Interesse. Prcutzeu war 1866
der ErMitor des russischen Zornes auf Osterreich und 1870 war's auch nur
gesunde Politik, wenn sie für uns waren; denn es war auch für die Russen
nicht wünschenswert, daß Österreich sich am Kriege gegen uns beteiligte, und daß
ein siegreiches österreichisch-französisches Heer sich den Grenzen Polens näherte,
das von Paris her traditionell, von Wien aus. wenigstens in den letzten Jahren,
auf Kosten Rußlands unterstützt worden war. Und wenn wir ihnen dennoch
Dank schuldeicn, so haben wir ihn 1870 abgetragen, in London. Wir haben
ihnen die Freiheit des Schwarzen Meeres verschafft, ohne uns hätten sie das
von Frankreich und England nicht erlangt."

Im deutsch französischen Kriege war die öffentliche Meinung in Nußland
gegen uns und schon in den siebziger Jahren bahnte Gortschakow die Freund¬
schaft mit Frankreich an. Bismarck rechnete mit der Möglichkeit eines Zusammen-
stoßes mit Nußland und schloß das Bündnis mit Österreich. Dadurch erweiterte
sich die Kluft zwischen uns und Rußland, umsomehr als das Anschwellen des
Panslawismus den Gegensatz zu Österreich verschärfte. Unsere eigenen Interessen
im Orient wuchsen, was neue Keime der Zwietracht säte. Der Nückversicherungs-
vertrag deckte nur zeitweilig einen Ritz zwischen Petersburg und Berlin und
erfuhr auf dem Berliner Kvngretz eine schwere Belastungsprobe. Rußland glaubte
sich von Deutschland um die Früchte seines Sieges betrogen. Die antideutsche
Welle steigt. 1893 kennt der Jubel über das Bündnis mit Frankreich keine



^) Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1919. Preis 3.-- M.
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Weltkrieges" geschrieben.^ Wie der Weber, dem die Fäden von jedem Punkt
des weitgespannten Nahmens in die Hände laufen, entwirft er mit der Ruhe und
Sicherheit des Kenners und Körners das bunte Muster der europäischen Politik
vor der Welttragödie. Er greift weit aus. Der Krieg ist eben nicht das Ergebnis
weniger Tage. Ganz allmählich ist das Unwetter von allen Seiten zusammen¬
gezogen.

Die russische Politik, die letzten Endes zum Weltkriege führte, bedeutet kein
schroffes Abbiegen von Jahrzehnte lang begangenen Pfaden. Sie wurzelt vielmehr
in einer Zeit, auf der in den Augen vieler Deutscher noch der ungetrübte Sonnen-
glanz russischer Freundschaft liegt. Kein anderer als Bismarck hat sie, wie sie
sich bis zum Jahr 1870 darstellte, in einer Instruktion vom 27. Februar 1879 an
Busch zu einem Artikel für „Die Grenzboten" folgendermaßen gekennzeichnet:
„1813 hat uns Nußland geholfen, aber in seinem Interesse. 1815 war die
russische Politik im allgemeinen schädlich für uns: sie hintertrieb eine bessere
Gestaltung Deutschlands, die nicht zu den Plänen patzte, nach denen Kaiser
Alerander die Welt ordnen wollte, und dann wurden unsere Entschädigungsansprüche
von den Nüssen nur lau unterstützt. Zuletzt war ihr Gewinn größer als der
unsere, und wir hatten doch mehr eingesetzt, geopfert und geleistet. 1828, da
wissen Sie, daß wir ihnen während des Türkenlrieges gute Dienste geleistet haben,
Müfftings Sendung z. B., die ihnen aus einer großen Verlegenheit half. 1830
wollten sie uns in Gemeinschaft mit Frankreich anfallen, dem sie das linke Rhein-
ufer verschaffen wollten, und die Sacke kam nur nicht zustande, iveil die Juli-
Neoolution ausbrach. Kurz vor der Februar« Revolution war ein ähnlicher Plan
in der Entwicklung. 1847 schlugen wir auch im russischen Interesse den Aufstand
im Polnischen nieder. Während des ersten Krieges mit Dänemark traten sie uns
in den Weg. Was dann 1850 in Warschau geschah, als die Union ins Auge
gesaßt war, wissen sie ja. Den Gang nach Olmütz verdanken wir zum großen
Teil dem Kaiser Nikolaus. 1854. während des Krnn-Krieges, beobachteten wir,
die kurz vorher schlecht behandelten, Neutralität, während das gut behandelte
Osterreich sich den Westmächten anschloß, und 1863, wo in Polen die große
Insurrektion ausbrach, und Österreich sie mit den Westmächten durch Noten
unterstützte, stellten wir uns auf die russische Seite, und die diplomatische Jnter-
vention mißlang — 1866 und 1870 hat uns Rußland nicht angegriffen, im
Gegenteil. Aber das war doch auch im russischen Interesse. Prcutzeu war 1866
der ErMitor des russischen Zornes auf Osterreich und 1870 war's auch nur
gesunde Politik, wenn sie für uns waren; denn es war auch für die Russen
nicht wünschenswert, daß Österreich sich am Kriege gegen uns beteiligte, und daß
ein siegreiches österreichisch-französisches Heer sich den Grenzen Polens näherte,
das von Paris her traditionell, von Wien aus. wenigstens in den letzten Jahren,
auf Kosten Rußlands unterstützt worden war. Und wenn wir ihnen dennoch
Dank schuldeicn, so haben wir ihn 1870 abgetragen, in London. Wir haben
ihnen die Freiheit des Schwarzen Meeres verschafft, ohne uns hätten sie das
von Frankreich und England nicht erlangt."

Im deutsch französischen Kriege war die öffentliche Meinung in Nußland
gegen uns und schon in den siebziger Jahren bahnte Gortschakow die Freund¬
schaft mit Frankreich an. Bismarck rechnete mit der Möglichkeit eines Zusammen-
stoßes mit Nußland und schloß das Bündnis mit Österreich. Dadurch erweiterte
sich die Kluft zwischen uns und Rußland, umsomehr als das Anschwellen des
Panslawismus den Gegensatz zu Österreich verschärfte. Unsere eigenen Interessen
im Orient wuchsen, was neue Keime der Zwietracht säte. Der Nückversicherungs-
vertrag deckte nur zeitweilig einen Ritz zwischen Petersburg und Berlin und
erfuhr auf dem Berliner Kvngretz eine schwere Belastungsprobe. Rußland glaubte
sich von Deutschland um die Früchte seines Sieges betrogen. Die antideutsche
Welle steigt. 1893 kennt der Jubel über das Bündnis mit Frankreich keine



^) Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1919. Preis 3.— M.
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[0238] G. von Jagow's Lues Weltkrieges" geschrieben.^ Wie der Weber, dem die Fäden von jedem Punkt des weitgespannten Nahmens in die Hände laufen, entwirft er mit der Ruhe und Sicherheit des Kenners und Körners das bunte Muster der europäischen Politik vor der Welttragödie. Er greift weit aus. Der Krieg ist eben nicht das Ergebnis weniger Tage. Ganz allmählich ist das Unwetter von allen Seiten zusammen¬ gezogen. Die russische Politik, die letzten Endes zum Weltkriege führte, bedeutet kein schroffes Abbiegen von Jahrzehnte lang begangenen Pfaden. Sie wurzelt vielmehr in einer Zeit, auf der in den Augen vieler Deutscher noch der ungetrübte Sonnen- glanz russischer Freundschaft liegt. Kein anderer als Bismarck hat sie, wie sie sich bis zum Jahr 1870 darstellte, in einer Instruktion vom 27. Februar 1879 an Busch zu einem Artikel für „Die Grenzboten" folgendermaßen gekennzeichnet: „1813 hat uns Nußland geholfen, aber in seinem Interesse. 1815 war die russische Politik im allgemeinen schädlich für uns: sie hintertrieb eine bessere Gestaltung Deutschlands, die nicht zu den Plänen patzte, nach denen Kaiser Alerander die Welt ordnen wollte, und dann wurden unsere Entschädigungsansprüche von den Nüssen nur lau unterstützt. Zuletzt war ihr Gewinn größer als der unsere, und wir hatten doch mehr eingesetzt, geopfert und geleistet. 1828, da wissen Sie, daß wir ihnen während des Türkenlrieges gute Dienste geleistet haben, Müfftings Sendung z. B., die ihnen aus einer großen Verlegenheit half. 1830 wollten sie uns in Gemeinschaft mit Frankreich anfallen, dem sie das linke Rhein- ufer verschaffen wollten, und die Sacke kam nur nicht zustande, iveil die Juli- Neoolution ausbrach. Kurz vor der Februar« Revolution war ein ähnlicher Plan in der Entwicklung. 1847 schlugen wir auch im russischen Interesse den Aufstand im Polnischen nieder. Während des ersten Krieges mit Dänemark traten sie uns in den Weg. Was dann 1850 in Warschau geschah, als die Union ins Auge gesaßt war, wissen sie ja. Den Gang nach Olmütz verdanken wir zum großen Teil dem Kaiser Nikolaus. 1854. während des Krnn-Krieges, beobachteten wir, die kurz vorher schlecht behandelten, Neutralität, während das gut behandelte Osterreich sich den Westmächten anschloß, und 1863, wo in Polen die große Insurrektion ausbrach, und Österreich sie mit den Westmächten durch Noten unterstützte, stellten wir uns auf die russische Seite, und die diplomatische Jnter- vention mißlang — 1866 und 1870 hat uns Rußland nicht angegriffen, im Gegenteil. Aber das war doch auch im russischen Interesse. Prcutzeu war 1866 der ErMitor des russischen Zornes auf Osterreich und 1870 war's auch nur gesunde Politik, wenn sie für uns waren; denn es war auch für die Russen nicht wünschenswert, daß Österreich sich am Kriege gegen uns beteiligte, und daß ein siegreiches österreichisch-französisches Heer sich den Grenzen Polens näherte, das von Paris her traditionell, von Wien aus. wenigstens in den letzten Jahren, auf Kosten Rußlands unterstützt worden war. Und wenn wir ihnen dennoch Dank schuldeicn, so haben wir ihn 1870 abgetragen, in London. Wir haben ihnen die Freiheit des Schwarzen Meeres verschafft, ohne uns hätten sie das von Frankreich und England nicht erlangt." Im deutsch französischen Kriege war die öffentliche Meinung in Nußland gegen uns und schon in den siebziger Jahren bahnte Gortschakow die Freund¬ schaft mit Frankreich an. Bismarck rechnete mit der Möglichkeit eines Zusammen- stoßes mit Nußland und schloß das Bündnis mit Österreich. Dadurch erweiterte sich die Kluft zwischen uns und Rußland, umsomehr als das Anschwellen des Panslawismus den Gegensatz zu Österreich verschärfte. Unsere eigenen Interessen im Orient wuchsen, was neue Keime der Zwietracht säte. Der Nückversicherungs- vertrag deckte nur zeitweilig einen Ritz zwischen Petersburg und Berlin und erfuhr auf dem Berliner Kvngretz eine schwere Belastungsprobe. Rußland glaubte sich von Deutschland um die Früchte seines Sieges betrogen. Die antideutsche Welle steigt. 1893 kennt der Jubel über das Bündnis mit Frankreich keine ^) Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1919. Preis 3.— M.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/238>, abgerufen am 16.05.2024.