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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland

nahezu ein Zehntel derMenge der deutschen Spirituserzeugung gewonnen. So befaßte
sich die Landwirtschaft im Baltikumin erster Linie mit Futtergewiunung und Viehhaltung.

Die in früheren Jahren nicht unbedeutende Mast war aufgegeben, weil ihr
zahlungsfähige Märkte verschlossen waren, um Westen wegen der Seuchenschutz-
gesetze, im Osten wegen der starken Überschwemmung mit Erzeugnissen aus ^üd-
rußlcmd und Sibirien. Die Erzeugung an Milch war daher das Hauptziel der
Rindviehzucht. Diese Milch wurde zum geringen Teil an Ort und Stelle zu
Butter, Käse und anderen Molkereierzeugnissen verarbeitet. Der größere Teil wurde
als frische Vollmilch nach den Städten wie Libau, Riga, Petersburg abgeführt.
Es kamen daher für die baltische Landwirtschaft, außer den gut im Preise'stehen¬
den Erzeugnissen des Waldes, Milch, Spiritus und stellenweise noch Flachs und
Leinsaat als Einnahmequellen in Frage,

Die Rindviehhaltung im Jahre 1910 bezifferte sich auf rund 1137891 Stück,
von denen man den Bestand an Milchkühen auf mindestens 600 000 Stück an¬
nehmen muß. Neinzuchten von Angler- und Holländerschlägen, die trotz Vlut-
reiuheit mit der Zeit einen gewissen baltischen Typ erhielten, gaben der Rindvieh-
zucht des Landes den erwünschten züchterischen Einschlag. Zahlreiche Kontrollvereine
wußten dahin, die Zucht nach Leistung zu entwickeln.

Wie auch in anderen Ländern konnte die Schafzucht die Konkurrenz der
vom Ausland kommenden Wolle nicht bestehen. Die um 1841 auf verhältnis¬
mäßig hoher Stufe stehende Zucht (Merino) wurde daher bald "ach dieser Zeit
nieder aufgegeben. Das Haupiarbeitsgebiet wandte sich seitdem der Rindviehzucht,
dem Meiereiwesen und dein erforderlichen Futterbau zu.

Die eigene Pferdezucht, die ein ausgesprochenes Zuchtziel noch nicht erkennen
ließ, genügte in den letzten Jahre n nicht, um den fortschreitenden Eigenbedarf zu
decken. Es wurden immer mehr Pferde aus dem Innern Rußlands angekauft.

Sowohl auf dem Gebiet der Schweine-, wie Geflügel-, Fisch- und Bienen¬
zucht waren Anfänge zu züchtcrischem Aufbau und der damit verbundenen wirt-
scliaftlichen Hebung der betreffenden Zweige vorhanden. Alle Versuche und Arbeiten
blieben jedoch meist in den Anfängen stecken, da eine systematische Förderung der
Landwirtschaft durch den Staat fehlte.

Die Bedeutung der Wiesen und Weiden war den dortigen Landwirten
durch die von ihnen in den letzten Jahren vor Ausbruch des Krieges mit Erfolg
vorgenommene Kultivierung von Hoch- und Niederungsmoor, sowie Urlaub hin¬
länglich bekannt.

Vielfache Förderung erfuhr die baltische Landwirtschaft durch das Poly¬
technikum in Riga und die damit verbundenen Versuchsanstalten, durch die Lcmdes-
universüät und das Veterinä, Institut in Dorpat sowie durch die Ritterschaft und
die Kreditsozietäten der drei Provinzen, die die einzelnen ökonomischen Sozietäten
zur technischen Beratung aus ihren Reineinnahmen mit Geldmitteln versahen.

In ständigen Wachstum befand sich auch das landwirtschaftliche Vereins¬
wesen, in das aber nach Einsetzen der Nussifizierung bald ein nationaler Zwie¬
spalt getragen wurde, so daß sich überall Parallelgesellschaften und Vereine in den
lettischen und chemischen Kreisen bildeten. Bei der Eigenheit der Vesitzverhältnisse
im Baltikum waren in dem letztgegründeten vornehmlich der Mittel- und Klein¬
grundbesitz vertreten.

Zwischen dem Stande der Guts" und Vauernwirlschaften bestand ein wesent¬
licher Unterschied im Ackerbau nicht; daß die besser geführten und kapitalkräftigeren
Gutswirtschaften allen anderen voraus waren, lag in der Natur der Sache.




Wie überall, wurde auch die baltische Landwirtschaft während des .Krieges
vor besonders schwere Aufgaben gestellt. Während es zunächst galt, dem russischen
Staate landwirtschaftliche Erzeugnisse und Kriegsmaterial zuzuführen, änderte sich
die Lage wesentlich im Hnbst l915 durch die deutsche Besetzung Kurlands und
die dadurch bedingte Stärkung der russischen Front zum Schutze Petersburgs.


Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland

nahezu ein Zehntel derMenge der deutschen Spirituserzeugung gewonnen. So befaßte
sich die Landwirtschaft im Baltikumin erster Linie mit Futtergewiunung und Viehhaltung.

Die in früheren Jahren nicht unbedeutende Mast war aufgegeben, weil ihr
zahlungsfähige Märkte verschlossen waren, um Westen wegen der Seuchenschutz-
gesetze, im Osten wegen der starken Überschwemmung mit Erzeugnissen aus ^üd-
rußlcmd und Sibirien. Die Erzeugung an Milch war daher das Hauptziel der
Rindviehzucht. Diese Milch wurde zum geringen Teil an Ort und Stelle zu
Butter, Käse und anderen Molkereierzeugnissen verarbeitet. Der größere Teil wurde
als frische Vollmilch nach den Städten wie Libau, Riga, Petersburg abgeführt.
Es kamen daher für die baltische Landwirtschaft, außer den gut im Preise'stehen¬
den Erzeugnissen des Waldes, Milch, Spiritus und stellenweise noch Flachs und
Leinsaat als Einnahmequellen in Frage,

Die Rindviehhaltung im Jahre 1910 bezifferte sich auf rund 1137891 Stück,
von denen man den Bestand an Milchkühen auf mindestens 600 000 Stück an¬
nehmen muß. Neinzuchten von Angler- und Holländerschlägen, die trotz Vlut-
reiuheit mit der Zeit einen gewissen baltischen Typ erhielten, gaben der Rindvieh-
zucht des Landes den erwünschten züchterischen Einschlag. Zahlreiche Kontrollvereine
wußten dahin, die Zucht nach Leistung zu entwickeln.

Wie auch in anderen Ländern konnte die Schafzucht die Konkurrenz der
vom Ausland kommenden Wolle nicht bestehen. Die um 1841 auf verhältnis¬
mäßig hoher Stufe stehende Zucht (Merino) wurde daher bald »ach dieser Zeit
nieder aufgegeben. Das Haupiarbeitsgebiet wandte sich seitdem der Rindviehzucht,
dem Meiereiwesen und dein erforderlichen Futterbau zu.

Die eigene Pferdezucht, die ein ausgesprochenes Zuchtziel noch nicht erkennen
ließ, genügte in den letzten Jahre n nicht, um den fortschreitenden Eigenbedarf zu
decken. Es wurden immer mehr Pferde aus dem Innern Rußlands angekauft.

Sowohl auf dem Gebiet der Schweine-, wie Geflügel-, Fisch- und Bienen¬
zucht waren Anfänge zu züchtcrischem Aufbau und der damit verbundenen wirt-
scliaftlichen Hebung der betreffenden Zweige vorhanden. Alle Versuche und Arbeiten
blieben jedoch meist in den Anfängen stecken, da eine systematische Förderung der
Landwirtschaft durch den Staat fehlte.

Die Bedeutung der Wiesen und Weiden war den dortigen Landwirten
durch die von ihnen in den letzten Jahren vor Ausbruch des Krieges mit Erfolg
vorgenommene Kultivierung von Hoch- und Niederungsmoor, sowie Urlaub hin¬
länglich bekannt.

Vielfache Förderung erfuhr die baltische Landwirtschaft durch das Poly¬
technikum in Riga und die damit verbundenen Versuchsanstalten, durch die Lcmdes-
universüät und das Veterinä, Institut in Dorpat sowie durch die Ritterschaft und
die Kreditsozietäten der drei Provinzen, die die einzelnen ökonomischen Sozietäten
zur technischen Beratung aus ihren Reineinnahmen mit Geldmitteln versahen.

In ständigen Wachstum befand sich auch das landwirtschaftliche Vereins¬
wesen, in das aber nach Einsetzen der Nussifizierung bald ein nationaler Zwie¬
spalt getragen wurde, so daß sich überall Parallelgesellschaften und Vereine in den
lettischen und chemischen Kreisen bildeten. Bei der Eigenheit der Vesitzverhältnisse
im Baltikum waren in dem letztgegründeten vornehmlich der Mittel- und Klein¬
grundbesitz vertreten.

Zwischen dem Stande der Guts" und Vauernwirlschaften bestand ein wesent¬
licher Unterschied im Ackerbau nicht; daß die besser geführten und kapitalkräftigeren
Gutswirtschaften allen anderen voraus waren, lag in der Natur der Sache.




Wie überall, wurde auch die baltische Landwirtschaft während des .Krieges
vor besonders schwere Aufgaben gestellt. Während es zunächst galt, dem russischen
Staate landwirtschaftliche Erzeugnisse und Kriegsmaterial zuzuführen, änderte sich
die Lage wesentlich im Hnbst l915 durch die deutsche Besetzung Kurlands und
die dadurch bedingte Stärkung der russischen Front zum Schutze Petersburgs.


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[0250] Die Bedeutung der baltischen Landwirtschaft für Deutschland nahezu ein Zehntel derMenge der deutschen Spirituserzeugung gewonnen. So befaßte sich die Landwirtschaft im Baltikumin erster Linie mit Futtergewiunung und Viehhaltung. Die in früheren Jahren nicht unbedeutende Mast war aufgegeben, weil ihr zahlungsfähige Märkte verschlossen waren, um Westen wegen der Seuchenschutz- gesetze, im Osten wegen der starken Überschwemmung mit Erzeugnissen aus ^üd- rußlcmd und Sibirien. Die Erzeugung an Milch war daher das Hauptziel der Rindviehzucht. Diese Milch wurde zum geringen Teil an Ort und Stelle zu Butter, Käse und anderen Molkereierzeugnissen verarbeitet. Der größere Teil wurde als frische Vollmilch nach den Städten wie Libau, Riga, Petersburg abgeführt. Es kamen daher für die baltische Landwirtschaft, außer den gut im Preise'stehen¬ den Erzeugnissen des Waldes, Milch, Spiritus und stellenweise noch Flachs und Leinsaat als Einnahmequellen in Frage, Die Rindviehhaltung im Jahre 1910 bezifferte sich auf rund 1137891 Stück, von denen man den Bestand an Milchkühen auf mindestens 600 000 Stück an¬ nehmen muß. Neinzuchten von Angler- und Holländerschlägen, die trotz Vlut- reiuheit mit der Zeit einen gewissen baltischen Typ erhielten, gaben der Rindvieh- zucht des Landes den erwünschten züchterischen Einschlag. Zahlreiche Kontrollvereine wußten dahin, die Zucht nach Leistung zu entwickeln. Wie auch in anderen Ländern konnte die Schafzucht die Konkurrenz der vom Ausland kommenden Wolle nicht bestehen. Die um 1841 auf verhältnis¬ mäßig hoher Stufe stehende Zucht (Merino) wurde daher bald »ach dieser Zeit nieder aufgegeben. Das Haupiarbeitsgebiet wandte sich seitdem der Rindviehzucht, dem Meiereiwesen und dein erforderlichen Futterbau zu. Die eigene Pferdezucht, die ein ausgesprochenes Zuchtziel noch nicht erkennen ließ, genügte in den letzten Jahre n nicht, um den fortschreitenden Eigenbedarf zu decken. Es wurden immer mehr Pferde aus dem Innern Rußlands angekauft. Sowohl auf dem Gebiet der Schweine-, wie Geflügel-, Fisch- und Bienen¬ zucht waren Anfänge zu züchtcrischem Aufbau und der damit verbundenen wirt- scliaftlichen Hebung der betreffenden Zweige vorhanden. Alle Versuche und Arbeiten blieben jedoch meist in den Anfängen stecken, da eine systematische Förderung der Landwirtschaft durch den Staat fehlte. Die Bedeutung der Wiesen und Weiden war den dortigen Landwirten durch die von ihnen in den letzten Jahren vor Ausbruch des Krieges mit Erfolg vorgenommene Kultivierung von Hoch- und Niederungsmoor, sowie Urlaub hin¬ länglich bekannt. Vielfache Förderung erfuhr die baltische Landwirtschaft durch das Poly¬ technikum in Riga und die damit verbundenen Versuchsanstalten, durch die Lcmdes- universüät und das Veterinä, Institut in Dorpat sowie durch die Ritterschaft und die Kreditsozietäten der drei Provinzen, die die einzelnen ökonomischen Sozietäten zur technischen Beratung aus ihren Reineinnahmen mit Geldmitteln versahen. In ständigen Wachstum befand sich auch das landwirtschaftliche Vereins¬ wesen, in das aber nach Einsetzen der Nussifizierung bald ein nationaler Zwie¬ spalt getragen wurde, so daß sich überall Parallelgesellschaften und Vereine in den lettischen und chemischen Kreisen bildeten. Bei der Eigenheit der Vesitzverhältnisse im Baltikum waren in dem letztgegründeten vornehmlich der Mittel- und Klein¬ grundbesitz vertreten. Zwischen dem Stande der Guts" und Vauernwirlschaften bestand ein wesent¬ licher Unterschied im Ackerbau nicht; daß die besser geführten und kapitalkräftigeren Gutswirtschaften allen anderen voraus waren, lag in der Natur der Sache. Wie überall, wurde auch die baltische Landwirtschaft während des .Krieges vor besonders schwere Aufgaben gestellt. Während es zunächst galt, dem russischen Staate landwirtschaftliche Erzeugnisse und Kriegsmaterial zuzuführen, änderte sich die Lage wesentlich im Hnbst l915 durch die deutsche Besetzung Kurlands und die dadurch bedingte Stärkung der russischen Front zum Schutze Petersburgs.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/250>, abgerufen am 16.05.2024.