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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Die Aufgaben der Museen in der neuen Zeit

gemessen wird. Solche Stücke gilt es jetzt wieder hervorzuholen und sie so aus¬
zutauschen, daß sie ihrer heimatlichen Umgebung wieder zugeführt werden. Auf
diesem Wege des Tausches läßt sich zum Nutzen für beide Teile manches wieder
gut machen, was die Vergangenheit falsch gemacht hat.

Die Museen werden diesen Weg in viel stärkerem Maße, als es bisher ge¬
schehen ist, zu beschreiten haben. Sie werden dabei wohl alle mit den Magazinen
anfangen, aber sie werden dabei nicht stehen bleiben. Auch die Schausamnilungen
werden sie durch gegenseitigen Austausch sicherer orientieren. Das innere Schwer¬
gewicht der Gegenstände drängt notwendigerweise- dahin, und die geräumigere
Aufstellung, zu der man sich entschließen muß, wird den Museumsverwaltungen
diesen Austausch erleichtern. Darin stimmen wir durchaus mit der von W. Valen-
üuer verfaßten Denkschrift überein, die unter dem Titel "Umgestaltung der
Museen im Sinne der neuen Zeit" (Berlin 1919) vor kurzem erschienen ist. Nur
muß der Austausch auf einem gegenseitigen Verständnis der Aufgaben der ver¬
schiedenen Museumsarten beruhen. Er darf nicht erzwungen werden dadurch, daß
Ulan die Matzstäbe nur von einer einzigen Museumsart nimmt und diese allen
anderen überordnet. Valentiner ist diesem Fehler nicht entgangen. Für ihn ist
die Rücksicht auf die Kunstsammlungen von vornherein das Entscheidende und
Übergeordnete, und wenn er zu deren Gunsten allerhand Abgaben von den
Völkerkundemuseen und den Antilcnsamnüungen fordert, so handelt es sich dabei
überhaupt nicht mehr um einen Tausch, sondern um eine zwangsweise Entnahme,
die den Aufgaben der davon betroffenen Mnseumsarten nicht gerecht wird.

Einen besonderen Abschnitt in diesem Zusammenhange bildet das von
Valentiner eingehend besprochene Verhältnis der Kunstsammlungen unter sich, der
Galerien, Skulpturensammlungen und Kunstgewerbemuseen. Hier hat man schon
seit Jahren mit gutem Erfolg angefangen zu mischen. Man hat zunächst stilgleiche
Bilder und Skulpturen zusammen ausgestellt, man hat dann Möbel aller Art dazu
getan, und es ist durchaus folgerichtig, wenn man dem nun auch noch Silber,
Porzellan, Fayencen, Gläser usw. in entsprechender Auswahl angliedern und damit
noch entschiedener auf das bisherige Arbeitsgebiet der Kunstgewerbemuseen
übergreifen will. Freilich kann das, wenn es geschieht, nur mit sehr, sehr großer
Zurückhaltung geschehen. Andererseits haben auch die Kunstgewerbemuseen schon
fut Jahren die Neigung gezeigt, ihre Sammlungen künstlerisch vorbildlicher
Gebrauchsgegenstände in Zusammenhang mit guten Bildern und Plastiker zu
bringen. Es ist jetzt schon etwa ein Jahrzehnt her, da sagte mir Justus Brinck-
wann, daß er es nur von seinen Anschaffungsmitteln abhängig mache, eines
schönen Tages z. B. einen Franz Hals in sein .Kunstgewerbemuseum zu hängen,
und daß er sich auch Lichtwarck gegenüber bereits in diesem Sinne aus¬
gesprochen habe.

Die früher mehr getrennt marschierenden Arten der Kunstsammlungen haben
sich demnach auf einem weiten Gebiete zu ähnlichen Absichten entwickelt, und es
wird die Aufgabe der Zukunft sein, in dieser Hinsicht endgültige Entscheidungen
Zu treffen. Valentiner geht in seinen Vorschlägen in dieser Beziehung so weit,
daß er geradezu eine Verschmelzung der Werke der freien und der angewandten
Künstein einereinzigen Gattung von Knnstsannnlungen fordert und daraus den Schluß
zieht, das Kunstgewerbemuseum müsse ein für allemal den Anspruch aufgeben,
als Qualitätsmuseum gelten zu wollen. Es müsse wieder zu dem gemacht
werden, was in seiner Linie von Anfang an liege, zu einer Typensammlung für
das Kunsthandwerk. Höchstens könne es daneben noch für gewisse Gebiete als
wissenschaftliches Studiemnuseum gelten. Aber schon die hieraus sich ergebende
Mischung hält er nicht mehr für glücklich.

Man sieht, wie weit hier die Forderungen gehen. Dennoch brauchte man
auch vor ihnen nicht zurückzuschrecken, wenn sie wirklich eine unanfechtbare Lösung
der hier angeschnittenen Fragen brächten. Letzteres ist aber mehr als zweifelhaft,
denn die von Valentiner geforderte Verschmelzung müßte entweder zu einer --
"an ihm selbst abgelehnten -- ungeheuren Ausdehnung der Kunstmuseen führen.


Die Aufgaben der Museen in der neuen Zeit

gemessen wird. Solche Stücke gilt es jetzt wieder hervorzuholen und sie so aus¬
zutauschen, daß sie ihrer heimatlichen Umgebung wieder zugeführt werden. Auf
diesem Wege des Tausches läßt sich zum Nutzen für beide Teile manches wieder
gut machen, was die Vergangenheit falsch gemacht hat.

Die Museen werden diesen Weg in viel stärkerem Maße, als es bisher ge¬
schehen ist, zu beschreiten haben. Sie werden dabei wohl alle mit den Magazinen
anfangen, aber sie werden dabei nicht stehen bleiben. Auch die Schausamnilungen
werden sie durch gegenseitigen Austausch sicherer orientieren. Das innere Schwer¬
gewicht der Gegenstände drängt notwendigerweise- dahin, und die geräumigere
Aufstellung, zu der man sich entschließen muß, wird den Museumsverwaltungen
diesen Austausch erleichtern. Darin stimmen wir durchaus mit der von W. Valen-
üuer verfaßten Denkschrift überein, die unter dem Titel „Umgestaltung der
Museen im Sinne der neuen Zeit" (Berlin 1919) vor kurzem erschienen ist. Nur
muß der Austausch auf einem gegenseitigen Verständnis der Aufgaben der ver¬
schiedenen Museumsarten beruhen. Er darf nicht erzwungen werden dadurch, daß
Ulan die Matzstäbe nur von einer einzigen Museumsart nimmt und diese allen
anderen überordnet. Valentiner ist diesem Fehler nicht entgangen. Für ihn ist
die Rücksicht auf die Kunstsammlungen von vornherein das Entscheidende und
Übergeordnete, und wenn er zu deren Gunsten allerhand Abgaben von den
Völkerkundemuseen und den Antilcnsamnüungen fordert, so handelt es sich dabei
überhaupt nicht mehr um einen Tausch, sondern um eine zwangsweise Entnahme,
die den Aufgaben der davon betroffenen Mnseumsarten nicht gerecht wird.

Einen besonderen Abschnitt in diesem Zusammenhange bildet das von
Valentiner eingehend besprochene Verhältnis der Kunstsammlungen unter sich, der
Galerien, Skulpturensammlungen und Kunstgewerbemuseen. Hier hat man schon
seit Jahren mit gutem Erfolg angefangen zu mischen. Man hat zunächst stilgleiche
Bilder und Skulpturen zusammen ausgestellt, man hat dann Möbel aller Art dazu
getan, und es ist durchaus folgerichtig, wenn man dem nun auch noch Silber,
Porzellan, Fayencen, Gläser usw. in entsprechender Auswahl angliedern und damit
noch entschiedener auf das bisherige Arbeitsgebiet der Kunstgewerbemuseen
übergreifen will. Freilich kann das, wenn es geschieht, nur mit sehr, sehr großer
Zurückhaltung geschehen. Andererseits haben auch die Kunstgewerbemuseen schon
fut Jahren die Neigung gezeigt, ihre Sammlungen künstlerisch vorbildlicher
Gebrauchsgegenstände in Zusammenhang mit guten Bildern und Plastiker zu
bringen. Es ist jetzt schon etwa ein Jahrzehnt her, da sagte mir Justus Brinck-
wann, daß er es nur von seinen Anschaffungsmitteln abhängig mache, eines
schönen Tages z. B. einen Franz Hals in sein .Kunstgewerbemuseum zu hängen,
und daß er sich auch Lichtwarck gegenüber bereits in diesem Sinne aus¬
gesprochen habe.

Die früher mehr getrennt marschierenden Arten der Kunstsammlungen haben
sich demnach auf einem weiten Gebiete zu ähnlichen Absichten entwickelt, und es
wird die Aufgabe der Zukunft sein, in dieser Hinsicht endgültige Entscheidungen
Zu treffen. Valentiner geht in seinen Vorschlägen in dieser Beziehung so weit,
daß er geradezu eine Verschmelzung der Werke der freien und der angewandten
Künstein einereinzigen Gattung von Knnstsannnlungen fordert und daraus den Schluß
zieht, das Kunstgewerbemuseum müsse ein für allemal den Anspruch aufgeben,
als Qualitätsmuseum gelten zu wollen. Es müsse wieder zu dem gemacht
werden, was in seiner Linie von Anfang an liege, zu einer Typensammlung für
das Kunsthandwerk. Höchstens könne es daneben noch für gewisse Gebiete als
wissenschaftliches Studiemnuseum gelten. Aber schon die hieraus sich ergebende
Mischung hält er nicht mehr für glücklich.

Man sieht, wie weit hier die Forderungen gehen. Dennoch brauchte man
auch vor ihnen nicht zurückzuschrecken, wenn sie wirklich eine unanfechtbare Lösung
der hier angeschnittenen Fragen brächten. Letzteres ist aber mehr als zweifelhaft,
denn die von Valentiner geforderte Verschmelzung müßte entweder zu einer —
"an ihm selbst abgelehnten — ungeheuren Ausdehnung der Kunstmuseen führen.


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[0255] Die Aufgaben der Museen in der neuen Zeit gemessen wird. Solche Stücke gilt es jetzt wieder hervorzuholen und sie so aus¬ zutauschen, daß sie ihrer heimatlichen Umgebung wieder zugeführt werden. Auf diesem Wege des Tausches läßt sich zum Nutzen für beide Teile manches wieder gut machen, was die Vergangenheit falsch gemacht hat. Die Museen werden diesen Weg in viel stärkerem Maße, als es bisher ge¬ schehen ist, zu beschreiten haben. Sie werden dabei wohl alle mit den Magazinen anfangen, aber sie werden dabei nicht stehen bleiben. Auch die Schausamnilungen werden sie durch gegenseitigen Austausch sicherer orientieren. Das innere Schwer¬ gewicht der Gegenstände drängt notwendigerweise- dahin, und die geräumigere Aufstellung, zu der man sich entschließen muß, wird den Museumsverwaltungen diesen Austausch erleichtern. Darin stimmen wir durchaus mit der von W. Valen- üuer verfaßten Denkschrift überein, die unter dem Titel „Umgestaltung der Museen im Sinne der neuen Zeit" (Berlin 1919) vor kurzem erschienen ist. Nur muß der Austausch auf einem gegenseitigen Verständnis der Aufgaben der ver¬ schiedenen Museumsarten beruhen. Er darf nicht erzwungen werden dadurch, daß Ulan die Matzstäbe nur von einer einzigen Museumsart nimmt und diese allen anderen überordnet. Valentiner ist diesem Fehler nicht entgangen. Für ihn ist die Rücksicht auf die Kunstsammlungen von vornherein das Entscheidende und Übergeordnete, und wenn er zu deren Gunsten allerhand Abgaben von den Völkerkundemuseen und den Antilcnsamnüungen fordert, so handelt es sich dabei überhaupt nicht mehr um einen Tausch, sondern um eine zwangsweise Entnahme, die den Aufgaben der davon betroffenen Mnseumsarten nicht gerecht wird. Einen besonderen Abschnitt in diesem Zusammenhange bildet das von Valentiner eingehend besprochene Verhältnis der Kunstsammlungen unter sich, der Galerien, Skulpturensammlungen und Kunstgewerbemuseen. Hier hat man schon seit Jahren mit gutem Erfolg angefangen zu mischen. Man hat zunächst stilgleiche Bilder und Skulpturen zusammen ausgestellt, man hat dann Möbel aller Art dazu getan, und es ist durchaus folgerichtig, wenn man dem nun auch noch Silber, Porzellan, Fayencen, Gläser usw. in entsprechender Auswahl angliedern und damit noch entschiedener auf das bisherige Arbeitsgebiet der Kunstgewerbemuseen übergreifen will. Freilich kann das, wenn es geschieht, nur mit sehr, sehr großer Zurückhaltung geschehen. Andererseits haben auch die Kunstgewerbemuseen schon fut Jahren die Neigung gezeigt, ihre Sammlungen künstlerisch vorbildlicher Gebrauchsgegenstände in Zusammenhang mit guten Bildern und Plastiker zu bringen. Es ist jetzt schon etwa ein Jahrzehnt her, da sagte mir Justus Brinck- wann, daß er es nur von seinen Anschaffungsmitteln abhängig mache, eines schönen Tages z. B. einen Franz Hals in sein .Kunstgewerbemuseum zu hängen, und daß er sich auch Lichtwarck gegenüber bereits in diesem Sinne aus¬ gesprochen habe. Die früher mehr getrennt marschierenden Arten der Kunstsammlungen haben sich demnach auf einem weiten Gebiete zu ähnlichen Absichten entwickelt, und es wird die Aufgabe der Zukunft sein, in dieser Hinsicht endgültige Entscheidungen Zu treffen. Valentiner geht in seinen Vorschlägen in dieser Beziehung so weit, daß er geradezu eine Verschmelzung der Werke der freien und der angewandten Künstein einereinzigen Gattung von Knnstsannnlungen fordert und daraus den Schluß zieht, das Kunstgewerbemuseum müsse ein für allemal den Anspruch aufgeben, als Qualitätsmuseum gelten zu wollen. Es müsse wieder zu dem gemacht werden, was in seiner Linie von Anfang an liege, zu einer Typensammlung für das Kunsthandwerk. Höchstens könne es daneben noch für gewisse Gebiete als wissenschaftliches Studiemnuseum gelten. Aber schon die hieraus sich ergebende Mischung hält er nicht mehr für glücklich. Man sieht, wie weit hier die Forderungen gehen. Dennoch brauchte man auch vor ihnen nicht zurückzuschrecken, wenn sie wirklich eine unanfechtbare Lösung der hier angeschnittenen Fragen brächten. Letzteres ist aber mehr als zweifelhaft, denn die von Valentiner geforderte Verschmelzung müßte entweder zu einer — "an ihm selbst abgelehnten — ungeheuren Ausdehnung der Kunstmuseen führen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/255>, abgerufen am 31.05.2024.