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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

doch der Prozentsatz der Litauer und Weiß-
ruthenen verschwindend klein. . . .

Pilsudski hatte die Dreistigkeit, sich durch
die Tat dem gegenüber zu stellen, was
Dmowski in Paris auf dem Papier gemacht
hat. Dort hat man auch ein Stück vom
weißrnthenischen Lande als einen Polnischen
Teil Litauens anerkannt. Das Weißruthenische
Land sollte zwischen Polen und Rußland
geteilt werden, ein Stück desselben zusammen
mit einem Teil Litauens sollte an Polen
angegliedert werden. Und sollte das etwa
auf Grund einer Verständigung mit den
Weiszruthenen geschehen? NeinI Es war
überhaupt keine Rede von einer Verständigung
mit den Nachbarvölkern. . . . Ausschließlich
auf Grund eines fremden Befehls, auf Grund
der diplomatischen Siege in Paris sollte der
nordöstliche Teil des polnischen Gebäudes
fertiggestellt werden. ... Es zeigt sich, daß
unsere nationaldemokratischen Politiker mehr
cntentistisch als -- die Entente selbst waren.
Denn diese läßt heute einen großen Teil der
Ostaufgaben auf unseren Schultern und macht
das Resultat von unseren Anstrengungen und
unserem Willen abhängig. Sie will denjenigen
helfen, die selbst zu gehen verstehen. . . .

Gott sei Dank ist heute jemand in Polen
vorhanden, der uns zu einem selbständigen
Gang zwingt. . . .

Aber wir wollen zur Ostpolitik unserer
Staatsmänner aus der "Gazeta Warszawska"
und "Gazeta Peranna" zurückkehren.

Das ethnographische Litauen erhält auf
der Karte des Herrn Dmowski Autonomie.
Aber es gehört gleichfalls zu Polen, infolge
eines Befehls der Entente.

Wir wollen damit den Plan einer Teilung
der Ukraine zwischen Rußland und Polen
vergleichen, dann haben wir das deutlich
umnssene Bild des Systems unseres imperia¬
listischen Lagers in der auswärtigen Politik.
Sie unterscheidet sich von der preußischen
Wohl hauptsächlich dadurch, daß sie das Zer¬
schneiden und die Vergewaltigung der Völker
mittels fremder Kräfte durchführen will.

Die Annexionspolitik behauptet überall,
daß sie nur das will, was ihr rechtmäßig

[Spaltenumbruch]

gehört. Überall aber gehören ihr aus ver¬
schiedenen Gründen ganze Landstriche fremder
Völker, die man wünscht schleunigst zu ver¬
dauen. Die Politik der Union aber gliedert
die Völker gutwillig an. . . . Die Politik der
Union wünscht nicht einen Teil der Weiß-
ruthenen aufzufressen, sondern sie wünscht
das ganze Weißruthenenland im freien
Bunde anzugliedern.

Die Politik der Union wünscht aus den
Völkern Litauens, aus den Estländern und
Letten ein großes Schutzgebäude gegen
Rußland zu erbauen, anstatt sich mit den¬
selben in die Beute der kleinen Völker zu
teilen und die Sache als erledigt anzusehen,
wenn die Erlaubnis der Entente dafür zu
erlangen wäre.

Die Politik der Union läßt aus eigener
sittlicher Idee neue Polnische Kräfte erstehen,
Kräfte des Vertrauens, der Anhänglichkeit
bei fremden Völkern. Auf dieser Grundlage
erst kann sie die Position eines gleich¬
berechtigten Bundesgenossen bei der Entente
erreichen. . . .

So verstehen wir die tieferen Quellen,
aus denen die ersten Schritte Pilsudstis in
Litauen erstanden sind. Aber dies ist erst
der Anfang. Die Rolle Polens im Norden
und Osten wird mit jedem Tage wachsen
und wird die Ausfüllung großer Aufgaben
fordern.

Es ist notwendig, daß die breite polnische
Allgemeinheit den Scheideweg bemerken und
endgültig wägen wird. Wir zweifeln nicht
daran, welchen Weg sie wählen wird, aber Eile
ist notwendig. Der Geist der Volksmacht nach
innen und des brüderlichen Barsch nach
außen, der Achtung fremder Nationen, die
Idee einer Union gleichgestellter und freier
Völker. Es wird dies eine Kraft sein, die dem
Schwerte des Staatsoberhauptes einverleibt
wird, welches heute zusammen mit dem
polnischen Volke auch fremde Völker befreit
und den polnischen Marsch zu großen Auf¬
gaben unterstützen wird.

(Schöne Worte I Schade nur, daß die
Einsicht nicht auch nach dem Westen sich
richtet.) -

[Ende Spaltensatz]


Verlag: Vortag der Grenzvoten G, in. b. H,, Berlin SW le, Tempelhofer Ufer !Z5a.
Druck- "Der Reichsbote", Berlin SW 11.
Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

doch der Prozentsatz der Litauer und Weiß-
ruthenen verschwindend klein. . . .

Pilsudski hatte die Dreistigkeit, sich durch
die Tat dem gegenüber zu stellen, was
Dmowski in Paris auf dem Papier gemacht
hat. Dort hat man auch ein Stück vom
weißrnthenischen Lande als einen Polnischen
Teil Litauens anerkannt. Das Weißruthenische
Land sollte zwischen Polen und Rußland
geteilt werden, ein Stück desselben zusammen
mit einem Teil Litauens sollte an Polen
angegliedert werden. Und sollte das etwa
auf Grund einer Verständigung mit den
Weiszruthenen geschehen? NeinI Es war
überhaupt keine Rede von einer Verständigung
mit den Nachbarvölkern. . . . Ausschließlich
auf Grund eines fremden Befehls, auf Grund
der diplomatischen Siege in Paris sollte der
nordöstliche Teil des polnischen Gebäudes
fertiggestellt werden. ... Es zeigt sich, daß
unsere nationaldemokratischen Politiker mehr
cntentistisch als — die Entente selbst waren.
Denn diese läßt heute einen großen Teil der
Ostaufgaben auf unseren Schultern und macht
das Resultat von unseren Anstrengungen und
unserem Willen abhängig. Sie will denjenigen
helfen, die selbst zu gehen verstehen. . . .

Gott sei Dank ist heute jemand in Polen
vorhanden, der uns zu einem selbständigen
Gang zwingt. . . .

Aber wir wollen zur Ostpolitik unserer
Staatsmänner aus der „Gazeta Warszawska"
und „Gazeta Peranna" zurückkehren.

Das ethnographische Litauen erhält auf
der Karte des Herrn Dmowski Autonomie.
Aber es gehört gleichfalls zu Polen, infolge
eines Befehls der Entente.

Wir wollen damit den Plan einer Teilung
der Ukraine zwischen Rußland und Polen
vergleichen, dann haben wir das deutlich
umnssene Bild des Systems unseres imperia¬
listischen Lagers in der auswärtigen Politik.
Sie unterscheidet sich von der preußischen
Wohl hauptsächlich dadurch, daß sie das Zer¬
schneiden und die Vergewaltigung der Völker
mittels fremder Kräfte durchführen will.

Die Annexionspolitik behauptet überall,
daß sie nur das will, was ihr rechtmäßig

[Spaltenumbruch]

gehört. Überall aber gehören ihr aus ver¬
schiedenen Gründen ganze Landstriche fremder
Völker, die man wünscht schleunigst zu ver¬
dauen. Die Politik der Union aber gliedert
die Völker gutwillig an. . . . Die Politik der
Union wünscht nicht einen Teil der Weiß-
ruthenen aufzufressen, sondern sie wünscht
das ganze Weißruthenenland im freien
Bunde anzugliedern.

Die Politik der Union wünscht aus den
Völkern Litauens, aus den Estländern und
Letten ein großes Schutzgebäude gegen
Rußland zu erbauen, anstatt sich mit den¬
selben in die Beute der kleinen Völker zu
teilen und die Sache als erledigt anzusehen,
wenn die Erlaubnis der Entente dafür zu
erlangen wäre.

Die Politik der Union läßt aus eigener
sittlicher Idee neue Polnische Kräfte erstehen,
Kräfte des Vertrauens, der Anhänglichkeit
bei fremden Völkern. Auf dieser Grundlage
erst kann sie die Position eines gleich¬
berechtigten Bundesgenossen bei der Entente
erreichen. . . .

So verstehen wir die tieferen Quellen,
aus denen die ersten Schritte Pilsudstis in
Litauen erstanden sind. Aber dies ist erst
der Anfang. Die Rolle Polens im Norden
und Osten wird mit jedem Tage wachsen
und wird die Ausfüllung großer Aufgaben
fordern.

Es ist notwendig, daß die breite polnische
Allgemeinheit den Scheideweg bemerken und
endgültig wägen wird. Wir zweifeln nicht
daran, welchen Weg sie wählen wird, aber Eile
ist notwendig. Der Geist der Volksmacht nach
innen und des brüderlichen Barsch nach
außen, der Achtung fremder Nationen, die
Idee einer Union gleichgestellter und freier
Völker. Es wird dies eine Kraft sein, die dem
Schwerte des Staatsoberhauptes einverleibt
wird, welches heute zusammen mit dem
polnischen Volke auch fremde Völker befreit
und den polnischen Marsch zu großen Auf¬
gaben unterstützen wird.

(Schöne Worte I Schade nur, daß die
Einsicht nicht auch nach dem Westen sich
richtet.) -

[Ende Spaltensatz]


Verlag: Vortag der Grenzvoten G, in. b. H,, Berlin SW le, Tempelhofer Ufer !Z5a.
Druck- „Der Reichsbote", Berlin SW 11.
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[0284] Pressestimmen doch der Prozentsatz der Litauer und Weiß- ruthenen verschwindend klein. . . . Pilsudski hatte die Dreistigkeit, sich durch die Tat dem gegenüber zu stellen, was Dmowski in Paris auf dem Papier gemacht hat. Dort hat man auch ein Stück vom weißrnthenischen Lande als einen Polnischen Teil Litauens anerkannt. Das Weißruthenische Land sollte zwischen Polen und Rußland geteilt werden, ein Stück desselben zusammen mit einem Teil Litauens sollte an Polen angegliedert werden. Und sollte das etwa auf Grund einer Verständigung mit den Weiszruthenen geschehen? NeinI Es war überhaupt keine Rede von einer Verständigung mit den Nachbarvölkern. . . . Ausschließlich auf Grund eines fremden Befehls, auf Grund der diplomatischen Siege in Paris sollte der nordöstliche Teil des polnischen Gebäudes fertiggestellt werden. ... Es zeigt sich, daß unsere nationaldemokratischen Politiker mehr cntentistisch als — die Entente selbst waren. Denn diese läßt heute einen großen Teil der Ostaufgaben auf unseren Schultern und macht das Resultat von unseren Anstrengungen und unserem Willen abhängig. Sie will denjenigen helfen, die selbst zu gehen verstehen. . . . Gott sei Dank ist heute jemand in Polen vorhanden, der uns zu einem selbständigen Gang zwingt. . . . Aber wir wollen zur Ostpolitik unserer Staatsmänner aus der „Gazeta Warszawska" und „Gazeta Peranna" zurückkehren. Das ethnographische Litauen erhält auf der Karte des Herrn Dmowski Autonomie. Aber es gehört gleichfalls zu Polen, infolge eines Befehls der Entente. Wir wollen damit den Plan einer Teilung der Ukraine zwischen Rußland und Polen vergleichen, dann haben wir das deutlich umnssene Bild des Systems unseres imperia¬ listischen Lagers in der auswärtigen Politik. Sie unterscheidet sich von der preußischen Wohl hauptsächlich dadurch, daß sie das Zer¬ schneiden und die Vergewaltigung der Völker mittels fremder Kräfte durchführen will. Die Annexionspolitik behauptet überall, daß sie nur das will, was ihr rechtmäßig gehört. Überall aber gehören ihr aus ver¬ schiedenen Gründen ganze Landstriche fremder Völker, die man wünscht schleunigst zu ver¬ dauen. Die Politik der Union aber gliedert die Völker gutwillig an. . . . Die Politik der Union wünscht nicht einen Teil der Weiß- ruthenen aufzufressen, sondern sie wünscht das ganze Weißruthenenland im freien Bunde anzugliedern. Die Politik der Union wünscht aus den Völkern Litauens, aus den Estländern und Letten ein großes Schutzgebäude gegen Rußland zu erbauen, anstatt sich mit den¬ selben in die Beute der kleinen Völker zu teilen und die Sache als erledigt anzusehen, wenn die Erlaubnis der Entente dafür zu erlangen wäre. Die Politik der Union läßt aus eigener sittlicher Idee neue Polnische Kräfte erstehen, Kräfte des Vertrauens, der Anhänglichkeit bei fremden Völkern. Auf dieser Grundlage erst kann sie die Position eines gleich¬ berechtigten Bundesgenossen bei der Entente erreichen. . . . So verstehen wir die tieferen Quellen, aus denen die ersten Schritte Pilsudstis in Litauen erstanden sind. Aber dies ist erst der Anfang. Die Rolle Polens im Norden und Osten wird mit jedem Tage wachsen und wird die Ausfüllung großer Aufgaben fordern. Es ist notwendig, daß die breite polnische Allgemeinheit den Scheideweg bemerken und endgültig wägen wird. Wir zweifeln nicht daran, welchen Weg sie wählen wird, aber Eile ist notwendig. Der Geist der Volksmacht nach innen und des brüderlichen Barsch nach außen, der Achtung fremder Nationen, die Idee einer Union gleichgestellter und freier Völker. Es wird dies eine Kraft sein, die dem Schwerte des Staatsoberhauptes einverleibt wird, welches heute zusammen mit dem polnischen Volke auch fremde Völker befreit und den polnischen Marsch zu großen Auf¬ gaben unterstützen wird. (Schöne Worte I Schade nur, daß die Einsicht nicht auch nach dem Westen sich richtet.) - Verlag: Vortag der Grenzvoten G, in. b. H,, Berlin SW le, Tempelhofer Ufer !Z5a. Druck- „Der Reichsbote", Berlin SW 11.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/284>, abgerufen am 15.05.2024.