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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Das Banner Schwarz-Rot-Gold

schaft vom Jahre 1815 und später. Das alte deutsche Reich hat gar keine Farben
gehabt, es kannte nur das kaiserliche Banner mit dem Reichsadler, der selbst
wieder -- man denke an die Bezeichnung "Römisches Kaisertum" -- von dem
Kaiseradler der römischen Legionen herrührte. Ganz ohne mittelbaren Einfluß
auf die Bildung jener Trikolore blieb das kaiserliche Banner mit dem Reichsadler
allerdings nicht. Denn im Laufe der Jahrhunderte war es üblich geworden, den
schwarzen Adler im gelben (goldenen) Felde darzustellen und ihn zuweilen mit
roter Wehr (Schnabel und Klauen) zu zieren.

Die Trikolore Schwarz-rot-gold wurde von der Burschenschaft als etwas
Neues geschaffen. Dies geschah nicht gerade in absichtlicher Erfindung, sondern
durch eine Ausgestaltung bereits vorhandener Farbenkombinationen, die von der
burschenschaftlichen Bewegung angetroffen und aufgenommen wurden. Es ist
zunächst festzuhalten, daß die ursprüngliche Fassung der Couleur der jencuschen
Burschenschaft eigentlich nicht schwarz-rot-gold gewesen ist; sie war schwarz-rot
mit goldener Stickerei und Perkussion. Daraus hat sich das dreifarbige Schwarz-
rot-gold erst mit den nächsten Jahren der Ausbreitung des burschenschaftlichen
Geistes auf den Universitäten entwickelt. Die Urfarbe Schwarz rot mit Gold
wurde nun entweder der Uniform des Lützowschen Freikorps entnommen (schwarzes
Tuch mit roten Schnüren und gelben Knöpfen) oder der Couleur einer Lands¬
mannschaft Vondalia in Jena (schwarz-rot mit goldener Einfassung), die kurze
Zeit vor der Gründung der Burschenschaft bestanden und sich mit dieser Gründung
aufgelöst hatte. Diese Vandalcnfarben stammen aus dem mecklenburgischen
Wappen: schwarzer Stierkopf mit roter Krone auf goldenem Felde. Damals war es
nämlich in den studentischen Kreisen allgemein Sitte, beim Vandalennamen eine
landsmannschaftliche Beziehung zu Mecklenburg anzunehmen, die immerhin etwas
komisch ist und offenbar auf einem ethnologischen Irrtum beruht. Nebenbei
bemerkt läßt sich dieser Irrtum bis in die Zeit um 1500 zurückführen, und ver¬
mutlich hat ihm eine Nerwechslung von "Wandalen" mit "Wenden" zugrunde
gelegen. Auf der andern Seite ist es nichts weiter als eine Sage, wenn man
früher geglaubt hat, der Turnvater Jahr habe die Farbe Schwarz mit rotem und
goldenen Schmuck in einer schönen Erleuchtung seines Palriotischen Gefühls frei
entdeckt, um sie dem Lützowschen Korps und damit mittelbar auch der Burschen¬
schaft als vaterländisches Kennzeichen zu übergeben. Denn es steht nachweisbar
fest, daß man die schwarze Hauptfarbe der Lützowschen Uniform aus rein prak¬
tischen Gründen der Billigkeit und militärischen Brauchbarkeit wählte, und die
roten Schnüre und gelben Knöpfe entsprachen ohne weiteres dem Herkommen in
der preußischen Armee.

Nun ist, von außen betrachtet, die Entstehung der Burschenschaft zu Jena
in folgender Weise vor sich gegangen.^) Der altburschenschaftliche Gedanke, d. h.
der Gedanke eines allgemeinen Studentenbundes von korporativen Charakter, der
durch seine .Kraft der Vereinheitlichung und Überwindung landsmannschaftlicher
Sonderarten gleichzeitig die Einheit des Volkstums, die nationale Idee, wider¬
spiegelt und überhaupt diese Idee in die Studentenschaft hineintragen und in
ihr zur Entfaltung bringen möchte, war bereits in den Jahren der Fremd¬
herrschaft, mit seinen Keimen etwa seit 1808, in der akademischen Welt lebendig
oder wenigstens vorhanden gewesen. Am lebendigsten war er in Berlin unter
dem Einfluß der Kreise um Fichte und Jah". Dieser Einfluß hat sodann in
entschiedener Weise auf die Gesinnung einer Landsmannschaft Vandalia an der



1) Die alte Keilsche Darstellung ist subjektiv empfindsam und von der Forschung
längst überholt. Näheres vgl. in folgenden Abhmidluugen: Gustav Heinrich Schneider, Die
Gründung der deutschen Burschenschaft. (Burschenschnflliche Blätter, VIII. Jahrg., Sommer¬
halbjahr I3!I4 Ur. 1--K ) Dr. W. Fabricius, Die Gründung der jenaischen Burschenschaft
(ebenda, Ser. 6--9). Heinrich Bender, Die Farben der jenaischen Urburschenschaft (B. Bl.,
XI Jahrg., Sommerhalbjahr 1897, Ur. 10 11). Dr. W. Fabricius, Die Farben der jenaischen
Urburschenschaft, (ebenda Ur. 12). Dr. Dietz, Zu der Frage der Farben der Urburschen¬
schaft, (ebenda Ur. 12).
Das Banner Schwarz-Rot-Gold

schaft vom Jahre 1815 und später. Das alte deutsche Reich hat gar keine Farben
gehabt, es kannte nur das kaiserliche Banner mit dem Reichsadler, der selbst
wieder — man denke an die Bezeichnung „Römisches Kaisertum" — von dem
Kaiseradler der römischen Legionen herrührte. Ganz ohne mittelbaren Einfluß
auf die Bildung jener Trikolore blieb das kaiserliche Banner mit dem Reichsadler
allerdings nicht. Denn im Laufe der Jahrhunderte war es üblich geworden, den
schwarzen Adler im gelben (goldenen) Felde darzustellen und ihn zuweilen mit
roter Wehr (Schnabel und Klauen) zu zieren.

Die Trikolore Schwarz-rot-gold wurde von der Burschenschaft als etwas
Neues geschaffen. Dies geschah nicht gerade in absichtlicher Erfindung, sondern
durch eine Ausgestaltung bereits vorhandener Farbenkombinationen, die von der
burschenschaftlichen Bewegung angetroffen und aufgenommen wurden. Es ist
zunächst festzuhalten, daß die ursprüngliche Fassung der Couleur der jencuschen
Burschenschaft eigentlich nicht schwarz-rot-gold gewesen ist; sie war schwarz-rot
mit goldener Stickerei und Perkussion. Daraus hat sich das dreifarbige Schwarz-
rot-gold erst mit den nächsten Jahren der Ausbreitung des burschenschaftlichen
Geistes auf den Universitäten entwickelt. Die Urfarbe Schwarz rot mit Gold
wurde nun entweder der Uniform des Lützowschen Freikorps entnommen (schwarzes
Tuch mit roten Schnüren und gelben Knöpfen) oder der Couleur einer Lands¬
mannschaft Vondalia in Jena (schwarz-rot mit goldener Einfassung), die kurze
Zeit vor der Gründung der Burschenschaft bestanden und sich mit dieser Gründung
aufgelöst hatte. Diese Vandalcnfarben stammen aus dem mecklenburgischen
Wappen: schwarzer Stierkopf mit roter Krone auf goldenem Felde. Damals war es
nämlich in den studentischen Kreisen allgemein Sitte, beim Vandalennamen eine
landsmannschaftliche Beziehung zu Mecklenburg anzunehmen, die immerhin etwas
komisch ist und offenbar auf einem ethnologischen Irrtum beruht. Nebenbei
bemerkt läßt sich dieser Irrtum bis in die Zeit um 1500 zurückführen, und ver¬
mutlich hat ihm eine Nerwechslung von „Wandalen" mit „Wenden" zugrunde
gelegen. Auf der andern Seite ist es nichts weiter als eine Sage, wenn man
früher geglaubt hat, der Turnvater Jahr habe die Farbe Schwarz mit rotem und
goldenen Schmuck in einer schönen Erleuchtung seines Palriotischen Gefühls frei
entdeckt, um sie dem Lützowschen Korps und damit mittelbar auch der Burschen¬
schaft als vaterländisches Kennzeichen zu übergeben. Denn es steht nachweisbar
fest, daß man die schwarze Hauptfarbe der Lützowschen Uniform aus rein prak¬
tischen Gründen der Billigkeit und militärischen Brauchbarkeit wählte, und die
roten Schnüre und gelben Knöpfe entsprachen ohne weiteres dem Herkommen in
der preußischen Armee.

Nun ist, von außen betrachtet, die Entstehung der Burschenschaft zu Jena
in folgender Weise vor sich gegangen.^) Der altburschenschaftliche Gedanke, d. h.
der Gedanke eines allgemeinen Studentenbundes von korporativen Charakter, der
durch seine .Kraft der Vereinheitlichung und Überwindung landsmannschaftlicher
Sonderarten gleichzeitig die Einheit des Volkstums, die nationale Idee, wider¬
spiegelt und überhaupt diese Idee in die Studentenschaft hineintragen und in
ihr zur Entfaltung bringen möchte, war bereits in den Jahren der Fremd¬
herrschaft, mit seinen Keimen etwa seit 1808, in der akademischen Welt lebendig
oder wenigstens vorhanden gewesen. Am lebendigsten war er in Berlin unter
dem Einfluß der Kreise um Fichte und Jah». Dieser Einfluß hat sodann in
entschiedener Weise auf die Gesinnung einer Landsmannschaft Vandalia an der



1) Die alte Keilsche Darstellung ist subjektiv empfindsam und von der Forschung
längst überholt. Näheres vgl. in folgenden Abhmidluugen: Gustav Heinrich Schneider, Die
Gründung der deutschen Burschenschaft. (Burschenschnflliche Blätter, VIII. Jahrg., Sommer¬
halbjahr I3!I4 Ur. 1—K ) Dr. W. Fabricius, Die Gründung der jenaischen Burschenschaft
(ebenda, Ser. 6—9). Heinrich Bender, Die Farben der jenaischen Urburschenschaft (B. Bl.,
XI Jahrg., Sommerhalbjahr 1897, Ur. 10 11). Dr. W. Fabricius, Die Farben der jenaischen
Urburschenschaft, (ebenda Ur. 12). Dr. Dietz, Zu der Frage der Farben der Urburschen¬
schaft, (ebenda Ur. 12).
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[0286] Das Banner Schwarz-Rot-Gold schaft vom Jahre 1815 und später. Das alte deutsche Reich hat gar keine Farben gehabt, es kannte nur das kaiserliche Banner mit dem Reichsadler, der selbst wieder — man denke an die Bezeichnung „Römisches Kaisertum" — von dem Kaiseradler der römischen Legionen herrührte. Ganz ohne mittelbaren Einfluß auf die Bildung jener Trikolore blieb das kaiserliche Banner mit dem Reichsadler allerdings nicht. Denn im Laufe der Jahrhunderte war es üblich geworden, den schwarzen Adler im gelben (goldenen) Felde darzustellen und ihn zuweilen mit roter Wehr (Schnabel und Klauen) zu zieren. Die Trikolore Schwarz-rot-gold wurde von der Burschenschaft als etwas Neues geschaffen. Dies geschah nicht gerade in absichtlicher Erfindung, sondern durch eine Ausgestaltung bereits vorhandener Farbenkombinationen, die von der burschenschaftlichen Bewegung angetroffen und aufgenommen wurden. Es ist zunächst festzuhalten, daß die ursprüngliche Fassung der Couleur der jencuschen Burschenschaft eigentlich nicht schwarz-rot-gold gewesen ist; sie war schwarz-rot mit goldener Stickerei und Perkussion. Daraus hat sich das dreifarbige Schwarz- rot-gold erst mit den nächsten Jahren der Ausbreitung des burschenschaftlichen Geistes auf den Universitäten entwickelt. Die Urfarbe Schwarz rot mit Gold wurde nun entweder der Uniform des Lützowschen Freikorps entnommen (schwarzes Tuch mit roten Schnüren und gelben Knöpfen) oder der Couleur einer Lands¬ mannschaft Vondalia in Jena (schwarz-rot mit goldener Einfassung), die kurze Zeit vor der Gründung der Burschenschaft bestanden und sich mit dieser Gründung aufgelöst hatte. Diese Vandalcnfarben stammen aus dem mecklenburgischen Wappen: schwarzer Stierkopf mit roter Krone auf goldenem Felde. Damals war es nämlich in den studentischen Kreisen allgemein Sitte, beim Vandalennamen eine landsmannschaftliche Beziehung zu Mecklenburg anzunehmen, die immerhin etwas komisch ist und offenbar auf einem ethnologischen Irrtum beruht. Nebenbei bemerkt läßt sich dieser Irrtum bis in die Zeit um 1500 zurückführen, und ver¬ mutlich hat ihm eine Nerwechslung von „Wandalen" mit „Wenden" zugrunde gelegen. Auf der andern Seite ist es nichts weiter als eine Sage, wenn man früher geglaubt hat, der Turnvater Jahr habe die Farbe Schwarz mit rotem und goldenen Schmuck in einer schönen Erleuchtung seines Palriotischen Gefühls frei entdeckt, um sie dem Lützowschen Korps und damit mittelbar auch der Burschen¬ schaft als vaterländisches Kennzeichen zu übergeben. Denn es steht nachweisbar fest, daß man die schwarze Hauptfarbe der Lützowschen Uniform aus rein prak¬ tischen Gründen der Billigkeit und militärischen Brauchbarkeit wählte, und die roten Schnüre und gelben Knöpfe entsprachen ohne weiteres dem Herkommen in der preußischen Armee. Nun ist, von außen betrachtet, die Entstehung der Burschenschaft zu Jena in folgender Weise vor sich gegangen.^) Der altburschenschaftliche Gedanke, d. h. der Gedanke eines allgemeinen Studentenbundes von korporativen Charakter, der durch seine .Kraft der Vereinheitlichung und Überwindung landsmannschaftlicher Sonderarten gleichzeitig die Einheit des Volkstums, die nationale Idee, wider¬ spiegelt und überhaupt diese Idee in die Studentenschaft hineintragen und in ihr zur Entfaltung bringen möchte, war bereits in den Jahren der Fremd¬ herrschaft, mit seinen Keimen etwa seit 1808, in der akademischen Welt lebendig oder wenigstens vorhanden gewesen. Am lebendigsten war er in Berlin unter dem Einfluß der Kreise um Fichte und Jah». Dieser Einfluß hat sodann in entschiedener Weise auf die Gesinnung einer Landsmannschaft Vandalia an der 1) Die alte Keilsche Darstellung ist subjektiv empfindsam und von der Forschung längst überholt. Näheres vgl. in folgenden Abhmidluugen: Gustav Heinrich Schneider, Die Gründung der deutschen Burschenschaft. (Burschenschnflliche Blätter, VIII. Jahrg., Sommer¬ halbjahr I3!I4 Ur. 1—K ) Dr. W. Fabricius, Die Gründung der jenaischen Burschenschaft (ebenda, Ser. 6—9). Heinrich Bender, Die Farben der jenaischen Urburschenschaft (B. Bl., XI Jahrg., Sommerhalbjahr 1897, Ur. 10 11). Dr. W. Fabricius, Die Farben der jenaischen Urburschenschaft, (ebenda Ur. 12). Dr. Dietz, Zu der Frage der Farben der Urburschen¬ schaft, (ebenda Ur. 12).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/286>, abgerufen am 15.05.2024.