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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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kann, zugleich als Zustimmung zu einer ganz bestimmten Regierungsform gilt.
Das ist, rund heraus gesagt, mag es nun mit klarem Bewußtsein beabsichtigt
sein oder nicht, schlankweg 'ein Mißbrauch, der in rein parteipolitischer Richtung
mit guten deutschen Qberlieserungs- und Gefühlswerten getrieben wird. Besonders
für Kreise, die durch ihre eigentümliche Vergangenheit mit diesen Gefühlswerten
und Überlieferungen auf das engste verbunden sind und an ihnen innerlich hängen,
die aber andererseits weder demokratisch-revolutionäre Neigungen haben, noch
gegen die jüngere schwarz-weiß-rote Geschichte auch nur die geringste Spur eines
Gegensatzes empfinden, für solche Kreise liegt darin etwas hinterhältiges. Denn
es steigt der Verdacht auf, als ob durch ihr Einverständnis mit-der schwarz-rot¬
goldenen Tradition, -- das sich im Grunde von selber versteht, da ihre eigenen
Traditionen darin enthalten sind, -- der Anschein eines Einverständnisses mit
demokratisch-revolutionnren Parteistandpunkten erschlichen werden könnte. Zum
mindesten sehr beträchtliche Teile von ihnen und vermutlich sogar ihre schwer
überwiegenden Mehrheiten würden das glatt von der Hand weisen. Man mag
dabei an die burschenschaftlichen Kreise denken oder an andere, die ihnen von
früher verwandt sind.

Es wäre einigermaßen voreilig, wollte man diese Angelegenheit so obenhin
damit abtun, daß der Geschmack von Studenten in den Fragen der Politik denn
doch kaum ins Gewicht falle. Zunächst handelt es sich nicht bloß um Studenten.
Düse alten studentischen Verbande, deren Eigenarten von der Kulturen!Wicklung
eines ganzen Jahrhunderts angefüllt sind oder daraus hervorgingen, reichen mit
ihrer Organisation tief in das sogenannte bürgerliche Leben hinein und umfassen
Zehntausende und immer wieder Zehniausende akademisch gebildeter Männer.
Sie bieten dem Leben des einzelnen eine äußere und innere Sicherung dar, die
zu unterschätzen ein großer Fehler sein würde. Und was schließlich die jungen
Studenten selbst anbetrifft, so ist es schlechtweg unmöglich, sie in den Dingen der
Politik auf die Dauer ganz zu übersehen in einer Zeit, wo die jugendlichen
Ladenmädchen, Packer und Laufburschen der großstädtischen Kaufhäuser, um irgend
ein Beispiel zu nennen, mit den Wahlen zu ihren Betriebs- und Vollzugsräten
eine unerhörte Wichtigkeit bekommen haben. Die studentischen Verbände sind
durch die gesamte politische Sachlage, in die sie sich hineingestellt finden, not¬
wendig gezwungen, sich zu politisieren, und fühlen bereits, daß sie dazu gezwungen
sind. Es mag sein, daß mancherlei von der einstmaligen Studentenromantik
darüber verloren geht und in den Lebensäußerungen der alten Verbände, in ihrer
Orgnnisationsart und Vetätigungsweise, Verschiedenes sich ändert. Aber während
ihrer langen Geschichte haben sie sich schon öfter geändert, und die Gemeinschasts-
kraft ihres Daseins blieb lebendig und wuchs. Sie werden zwar nicht damit
anfangen, daß sie ein bestimmtes Parteiprogramm heraussuchen, dem sie sich
unterjochen, um dann auch "Räte" zu bilden und mit lautem Geschrei sich in
den Trubel der agitatorischen Kämpfe zu stürzen. Aber wer Gelegenheit hatte,
in diese Dinge einen Einblick zu tun, weiß darüber Bescheid, wie sehr sie sich
anschicken, eine langsame und zähe Innenarbeit politischer Selbsterziehung zu
leisten. Vielleicht machen sich die Ergebnisse davon erst in ein paar Jahren nach
außen bemerkbar. Aber sie werden zu merken heilt.

Bei den Burschenschaftern insbesondere dürste man schwerlich damit rechnen,
daß sie von der Frage der schwarz-rot-goldenen Farben irgendwie beirrt werden.
Unmöglich können sie sich von diesen Färben lossagen. Denn wollten sie es tun.
so müßten sie ihre eigene Geschichte, ihren Ursprung und ihr eigentümliches
Wesen preisgeben. Das wäre wider die Natur. In der neuen Reichsfahne
liegt eine gewisse Verführung, da sie indirekt eine Anerkennung des burschenschaft-
lichen Gedankens enthält. Diese vielleicht widerwillig" Huldigung kann die
Burschenschaft indessen unbesorgt hinnehmen, ohne daß sie damit die Sinnesart
ihres eigenen Wesens verfälscht. Denn mit Sicherheit bleibt sie sich der einwand¬
freien nationalen Haltung des burschenschaMchen Gedankens bewußt und ist ,
längst inne geworden, wie ihre Liebe für die schwarz-rot-goldenen Farben ein


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kann, zugleich als Zustimmung zu einer ganz bestimmten Regierungsform gilt.
Das ist, rund heraus gesagt, mag es nun mit klarem Bewußtsein beabsichtigt
sein oder nicht, schlankweg 'ein Mißbrauch, der in rein parteipolitischer Richtung
mit guten deutschen Qberlieserungs- und Gefühlswerten getrieben wird. Besonders
für Kreise, die durch ihre eigentümliche Vergangenheit mit diesen Gefühlswerten
und Überlieferungen auf das engste verbunden sind und an ihnen innerlich hängen,
die aber andererseits weder demokratisch-revolutionäre Neigungen haben, noch
gegen die jüngere schwarz-weiß-rote Geschichte auch nur die geringste Spur eines
Gegensatzes empfinden, für solche Kreise liegt darin etwas hinterhältiges. Denn
es steigt der Verdacht auf, als ob durch ihr Einverständnis mit-der schwarz-rot¬
goldenen Tradition, — das sich im Grunde von selber versteht, da ihre eigenen
Traditionen darin enthalten sind, — der Anschein eines Einverständnisses mit
demokratisch-revolutionnren Parteistandpunkten erschlichen werden könnte. Zum
mindesten sehr beträchtliche Teile von ihnen und vermutlich sogar ihre schwer
überwiegenden Mehrheiten würden das glatt von der Hand weisen. Man mag
dabei an die burschenschaftlichen Kreise denken oder an andere, die ihnen von
früher verwandt sind.

Es wäre einigermaßen voreilig, wollte man diese Angelegenheit so obenhin
damit abtun, daß der Geschmack von Studenten in den Fragen der Politik denn
doch kaum ins Gewicht falle. Zunächst handelt es sich nicht bloß um Studenten.
Düse alten studentischen Verbande, deren Eigenarten von der Kulturen!Wicklung
eines ganzen Jahrhunderts angefüllt sind oder daraus hervorgingen, reichen mit
ihrer Organisation tief in das sogenannte bürgerliche Leben hinein und umfassen
Zehntausende und immer wieder Zehniausende akademisch gebildeter Männer.
Sie bieten dem Leben des einzelnen eine äußere und innere Sicherung dar, die
zu unterschätzen ein großer Fehler sein würde. Und was schließlich die jungen
Studenten selbst anbetrifft, so ist es schlechtweg unmöglich, sie in den Dingen der
Politik auf die Dauer ganz zu übersehen in einer Zeit, wo die jugendlichen
Ladenmädchen, Packer und Laufburschen der großstädtischen Kaufhäuser, um irgend
ein Beispiel zu nennen, mit den Wahlen zu ihren Betriebs- und Vollzugsräten
eine unerhörte Wichtigkeit bekommen haben. Die studentischen Verbände sind
durch die gesamte politische Sachlage, in die sie sich hineingestellt finden, not¬
wendig gezwungen, sich zu politisieren, und fühlen bereits, daß sie dazu gezwungen
sind. Es mag sein, daß mancherlei von der einstmaligen Studentenromantik
darüber verloren geht und in den Lebensäußerungen der alten Verbände, in ihrer
Orgnnisationsart und Vetätigungsweise, Verschiedenes sich ändert. Aber während
ihrer langen Geschichte haben sie sich schon öfter geändert, und die Gemeinschasts-
kraft ihres Daseins blieb lebendig und wuchs. Sie werden zwar nicht damit
anfangen, daß sie ein bestimmtes Parteiprogramm heraussuchen, dem sie sich
unterjochen, um dann auch „Räte" zu bilden und mit lautem Geschrei sich in
den Trubel der agitatorischen Kämpfe zu stürzen. Aber wer Gelegenheit hatte,
in diese Dinge einen Einblick zu tun, weiß darüber Bescheid, wie sehr sie sich
anschicken, eine langsame und zähe Innenarbeit politischer Selbsterziehung zu
leisten. Vielleicht machen sich die Ergebnisse davon erst in ein paar Jahren nach
außen bemerkbar. Aber sie werden zu merken heilt.

Bei den Burschenschaftern insbesondere dürste man schwerlich damit rechnen,
daß sie von der Frage der schwarz-rot-goldenen Farben irgendwie beirrt werden.
Unmöglich können sie sich von diesen Färben lossagen. Denn wollten sie es tun.
so müßten sie ihre eigene Geschichte, ihren Ursprung und ihr eigentümliches
Wesen preisgeben. Das wäre wider die Natur. In der neuen Reichsfahne
liegt eine gewisse Verführung, da sie indirekt eine Anerkennung des burschenschaft-
lichen Gedankens enthält. Diese vielleicht widerwillig« Huldigung kann die
Burschenschaft indessen unbesorgt hinnehmen, ohne daß sie damit die Sinnesart
ihres eigenen Wesens verfälscht. Denn mit Sicherheit bleibt sie sich der einwand¬
freien nationalen Haltung des burschenschaMchen Gedankens bewußt und ist ,
längst inne geworden, wie ihre Liebe für die schwarz-rot-goldenen Farben ein


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[0291] Das Banner Schwarz-Rot-Gold kann, zugleich als Zustimmung zu einer ganz bestimmten Regierungsform gilt. Das ist, rund heraus gesagt, mag es nun mit klarem Bewußtsein beabsichtigt sein oder nicht, schlankweg 'ein Mißbrauch, der in rein parteipolitischer Richtung mit guten deutschen Qberlieserungs- und Gefühlswerten getrieben wird. Besonders für Kreise, die durch ihre eigentümliche Vergangenheit mit diesen Gefühlswerten und Überlieferungen auf das engste verbunden sind und an ihnen innerlich hängen, die aber andererseits weder demokratisch-revolutionäre Neigungen haben, noch gegen die jüngere schwarz-weiß-rote Geschichte auch nur die geringste Spur eines Gegensatzes empfinden, für solche Kreise liegt darin etwas hinterhältiges. Denn es steigt der Verdacht auf, als ob durch ihr Einverständnis mit-der schwarz-rot¬ goldenen Tradition, — das sich im Grunde von selber versteht, da ihre eigenen Traditionen darin enthalten sind, — der Anschein eines Einverständnisses mit demokratisch-revolutionnren Parteistandpunkten erschlichen werden könnte. Zum mindesten sehr beträchtliche Teile von ihnen und vermutlich sogar ihre schwer überwiegenden Mehrheiten würden das glatt von der Hand weisen. Man mag dabei an die burschenschaftlichen Kreise denken oder an andere, die ihnen von früher verwandt sind. Es wäre einigermaßen voreilig, wollte man diese Angelegenheit so obenhin damit abtun, daß der Geschmack von Studenten in den Fragen der Politik denn doch kaum ins Gewicht falle. Zunächst handelt es sich nicht bloß um Studenten. Düse alten studentischen Verbande, deren Eigenarten von der Kulturen!Wicklung eines ganzen Jahrhunderts angefüllt sind oder daraus hervorgingen, reichen mit ihrer Organisation tief in das sogenannte bürgerliche Leben hinein und umfassen Zehntausende und immer wieder Zehniausende akademisch gebildeter Männer. Sie bieten dem Leben des einzelnen eine äußere und innere Sicherung dar, die zu unterschätzen ein großer Fehler sein würde. Und was schließlich die jungen Studenten selbst anbetrifft, so ist es schlechtweg unmöglich, sie in den Dingen der Politik auf die Dauer ganz zu übersehen in einer Zeit, wo die jugendlichen Ladenmädchen, Packer und Laufburschen der großstädtischen Kaufhäuser, um irgend ein Beispiel zu nennen, mit den Wahlen zu ihren Betriebs- und Vollzugsräten eine unerhörte Wichtigkeit bekommen haben. Die studentischen Verbände sind durch die gesamte politische Sachlage, in die sie sich hineingestellt finden, not¬ wendig gezwungen, sich zu politisieren, und fühlen bereits, daß sie dazu gezwungen sind. Es mag sein, daß mancherlei von der einstmaligen Studentenromantik darüber verloren geht und in den Lebensäußerungen der alten Verbände, in ihrer Orgnnisationsart und Vetätigungsweise, Verschiedenes sich ändert. Aber während ihrer langen Geschichte haben sie sich schon öfter geändert, und die Gemeinschasts- kraft ihres Daseins blieb lebendig und wuchs. Sie werden zwar nicht damit anfangen, daß sie ein bestimmtes Parteiprogramm heraussuchen, dem sie sich unterjochen, um dann auch „Räte" zu bilden und mit lautem Geschrei sich in den Trubel der agitatorischen Kämpfe zu stürzen. Aber wer Gelegenheit hatte, in diese Dinge einen Einblick zu tun, weiß darüber Bescheid, wie sehr sie sich anschicken, eine langsame und zähe Innenarbeit politischer Selbsterziehung zu leisten. Vielleicht machen sich die Ergebnisse davon erst in ein paar Jahren nach außen bemerkbar. Aber sie werden zu merken heilt. Bei den Burschenschaftern insbesondere dürste man schwerlich damit rechnen, daß sie von der Frage der schwarz-rot-goldenen Farben irgendwie beirrt werden. Unmöglich können sie sich von diesen Färben lossagen. Denn wollten sie es tun. so müßten sie ihre eigene Geschichte, ihren Ursprung und ihr eigentümliches Wesen preisgeben. Das wäre wider die Natur. In der neuen Reichsfahne liegt eine gewisse Verführung, da sie indirekt eine Anerkennung des burschenschaft- lichen Gedankens enthält. Diese vielleicht widerwillig« Huldigung kann die Burschenschaft indessen unbesorgt hinnehmen, ohne daß sie damit die Sinnesart ihres eigenen Wesens verfälscht. Denn mit Sicherheit bleibt sie sich der einwand¬ freien nationalen Haltung des burschenschaMchen Gedankens bewußt und ist , längst inne geworden, wie ihre Liebe für die schwarz-rot-goldenen Farben ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/291>, abgerufen am 16.05.2024.