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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Zur Rätefrcrze

raten, Bezirksarbeiterräten und einem Neichsarbe-iterrat. sozialpolitische und
wirtschaftspolitische Gesetzentwürfe von Bedeutung sollen vor ihrer Einbringung
beim Reichstage dem Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt werden.
Den Arbeiter- und Wirtschaftsräten können aus den , ihnen überwiesen"" Ge¬
bieten Kontroll- und Verwaltungsbefngnisse übertragen werden. Wie sich diese
neuen Rechte der Arbeiterklasse innerhalb der Betriebe gestalten werden, welche
technischen Grenzen ihnen gezogen .werden sollen, welche Rechte den Betriebs¬
leitern zugestanden werden, -- die Regelung all dieser Fragen hat man einem
besonderen Neichsgefetz vorbehalten. Zu diesem Gesetz, -welches bereits im Ent¬
wurf vorliegt, wird später Stellung genommen.

Diesem Artikel 34a, war von der Negierung eine Begründung beigegeben,
in der u. a. darauf hingewiesen wurde, daß das Räteshstem von einer doppel¬
ten Grundanschauung getragen ist: "Der Arbeiter (Arbeiter und Angestellte)
strebt als solcher nach unmittelbar initiativer Geltendmachung seiner Interessen
bei den Betrieben und der Öffentlichkeit; zugleich strebt er über die Arbeit¬
nehmersphäre hinaus nach Mitwirkung im Produktionsprozeß selbst, der bisher
einseitig von dem Unternehmer geleitet worden ist. Er fühlt sich nicht mehr nur
als Arbeiter an der Arbeitsstelle in gebundener Avbeits-aufgäbe, ohne Ausblick
auf das wirtschaftliche ganze Leben und Streben. Es drängt ihn, über die Ar¬
beitsstelle hinaus das -wirtschaftliche Ganze zu sehen, seine Sachkunde und Er¬
fahrungen dafür -fruchtbar zu machen und an der produktiven Entwicklung mit-
"uschaften. Alle Bestrebungen mischen sich mit neuen Lebenstrieben und führen
eine die gesamte Arbeiterschaft aufwühlende Bewegung herbei, deren Fruchtbar¬
keit von der Ge-setzgebung anerkannt werden muß. Würde die Gesetzgebung ihre
Aufgabe nicht erkennen, so ist zu befürchten, daß sich die Bewegung über alle
Form Humus gewalttätig und chaotisch Bahn brechen würde. Auf diesem
Grundgedanken, daß der Arbeiter nicht nur Arbeiter, sondern auch Produzent ist,
bauen sich die beiden sozialen Rechtsformen auf, welche die Gesetze der neuen
Bewegung zur Verfügung stellen wollen: "erstens die Arbeiterräte, zweitens die
Wirtschaftsräte."

Man muß nun sagen, daß diese Politik verhängnisvoll gewirkt
hat. Die deutschen Wirtschaftskreise, die in allen Angelegenheiten
nach sachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden gewohnt sind, blickten angesichts
dos Plötzlichen Stimmungs- und Meinungswechsels der Negierung mit den
ernstesten Besorgnissen in die Zukunft, zumal auch die Meinungen über den In¬
halt des Wortes "Räteshstem" in der Öffentlichkeit klaffend auseinandergingen.
Die einen (Berliner Vollzugsrat und Spartakusbund) dachten sich die Räte als
Organe, die "innerhalb jedes Großbetriebes der Direktion und dem Aufsichtsrat
mit Sitz und Stimme bei allen zu erledigenden -kaufmännischen und technischen
Angelegenheiten gleichberechtigt beigeordnet sein sollten", welche die "Produktion
ZU kontrollieren und schließlich die Betriebsleitung zu übernehmen hätten". Die
Borausfetzung der' gesunden Wirtschaftsführung, nämlich die beiden Faktoren:
rasche Entschlußkraft, frische Initiative und ungelenke Verantwortung kümmer¬
ten diese Kreise nicht. Nicht hineingewachsen in das wirklich Unternehmerhafte,
welches Arbeit als Selbstzweck bedeutet, sehen sie das Unternehmertum nur als
die von Profitgier und Erwerbssucht beherrschte und dem Streben zu einer be¬
haglich"" Lebenshaltung geleitete Gesellschaftsschicht -an, die auszurotten ist. Die
^cehrheitSsozialisten dagegen verlangten, daß die Räte "bei der Regelung der all¬
gemeinen Arbeiterverh-altnisse gleichberechtigt mitzureden hätten". Diese Auf¬
lassung ging von etwas schon Bestehendem, -den Arbeiterausschüssen, aus.

v n - demselben Augenblick nun, in dem die Negierung das Programm für
^ordnung der Arbeiterräte in die Verfassung bekannt gab, nahm der "Vor¬
worts", das Organ der führenden Regierungspartei, in unzweideutiger Weise
-age-gen Stellung. Was -er ausführte, ist alles andere als rückhaltlose Zu-


Zur Rätefrcrze

raten, Bezirksarbeiterräten und einem Neichsarbe-iterrat. sozialpolitische und
wirtschaftspolitische Gesetzentwürfe von Bedeutung sollen vor ihrer Einbringung
beim Reichstage dem Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt werden.
Den Arbeiter- und Wirtschaftsräten können aus den , ihnen überwiesen«» Ge¬
bieten Kontroll- und Verwaltungsbefngnisse übertragen werden. Wie sich diese
neuen Rechte der Arbeiterklasse innerhalb der Betriebe gestalten werden, welche
technischen Grenzen ihnen gezogen .werden sollen, welche Rechte den Betriebs¬
leitern zugestanden werden, — die Regelung all dieser Fragen hat man einem
besonderen Neichsgefetz vorbehalten. Zu diesem Gesetz, -welches bereits im Ent¬
wurf vorliegt, wird später Stellung genommen.

Diesem Artikel 34a, war von der Negierung eine Begründung beigegeben,
in der u. a. darauf hingewiesen wurde, daß das Räteshstem von einer doppel¬
ten Grundanschauung getragen ist: „Der Arbeiter (Arbeiter und Angestellte)
strebt als solcher nach unmittelbar initiativer Geltendmachung seiner Interessen
bei den Betrieben und der Öffentlichkeit; zugleich strebt er über die Arbeit¬
nehmersphäre hinaus nach Mitwirkung im Produktionsprozeß selbst, der bisher
einseitig von dem Unternehmer geleitet worden ist. Er fühlt sich nicht mehr nur
als Arbeiter an der Arbeitsstelle in gebundener Avbeits-aufgäbe, ohne Ausblick
auf das wirtschaftliche ganze Leben und Streben. Es drängt ihn, über die Ar¬
beitsstelle hinaus das -wirtschaftliche Ganze zu sehen, seine Sachkunde und Er¬
fahrungen dafür -fruchtbar zu machen und an der produktiven Entwicklung mit-
»uschaften. Alle Bestrebungen mischen sich mit neuen Lebenstrieben und führen
eine die gesamte Arbeiterschaft aufwühlende Bewegung herbei, deren Fruchtbar¬
keit von der Ge-setzgebung anerkannt werden muß. Würde die Gesetzgebung ihre
Aufgabe nicht erkennen, so ist zu befürchten, daß sich die Bewegung über alle
Form Humus gewalttätig und chaotisch Bahn brechen würde. Auf diesem
Grundgedanken, daß der Arbeiter nicht nur Arbeiter, sondern auch Produzent ist,
bauen sich die beiden sozialen Rechtsformen auf, welche die Gesetze der neuen
Bewegung zur Verfügung stellen wollen: „erstens die Arbeiterräte, zweitens die
Wirtschaftsräte."

Man muß nun sagen, daß diese Politik verhängnisvoll gewirkt
hat. Die deutschen Wirtschaftskreise, die in allen Angelegenheiten
nach sachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden gewohnt sind, blickten angesichts
dos Plötzlichen Stimmungs- und Meinungswechsels der Negierung mit den
ernstesten Besorgnissen in die Zukunft, zumal auch die Meinungen über den In¬
halt des Wortes „Räteshstem" in der Öffentlichkeit klaffend auseinandergingen.
Die einen (Berliner Vollzugsrat und Spartakusbund) dachten sich die Räte als
Organe, die „innerhalb jedes Großbetriebes der Direktion und dem Aufsichtsrat
mit Sitz und Stimme bei allen zu erledigenden -kaufmännischen und technischen
Angelegenheiten gleichberechtigt beigeordnet sein sollten", welche die „Produktion
ZU kontrollieren und schließlich die Betriebsleitung zu übernehmen hätten". Die
Borausfetzung der' gesunden Wirtschaftsführung, nämlich die beiden Faktoren:
rasche Entschlußkraft, frische Initiative und ungelenke Verantwortung kümmer¬
ten diese Kreise nicht. Nicht hineingewachsen in das wirklich Unternehmerhafte,
welches Arbeit als Selbstzweck bedeutet, sehen sie das Unternehmertum nur als
die von Profitgier und Erwerbssucht beherrschte und dem Streben zu einer be¬
haglich«» Lebenshaltung geleitete Gesellschaftsschicht -an, die auszurotten ist. Die
^cehrheitSsozialisten dagegen verlangten, daß die Räte „bei der Regelung der all¬
gemeinen Arbeiterverh-altnisse gleichberechtigt mitzureden hätten". Diese Auf¬
lassung ging von etwas schon Bestehendem, -den Arbeiterausschüssen, aus.

v n - demselben Augenblick nun, in dem die Negierung das Programm für
^ordnung der Arbeiterräte in die Verfassung bekannt gab, nahm der „Vor¬
worts", das Organ der führenden Regierungspartei, in unzweideutiger Weise
-age-gen Stellung. Was -er ausführte, ist alles andere als rückhaltlose Zu-


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[0323] Zur Rätefrcrze raten, Bezirksarbeiterräten und einem Neichsarbe-iterrat. sozialpolitische und wirtschaftspolitische Gesetzentwürfe von Bedeutung sollen vor ihrer Einbringung beim Reichstage dem Reichswirtschaftsrat zur Begutachtung vorgelegt werden. Den Arbeiter- und Wirtschaftsräten können aus den , ihnen überwiesen«» Ge¬ bieten Kontroll- und Verwaltungsbefngnisse übertragen werden. Wie sich diese neuen Rechte der Arbeiterklasse innerhalb der Betriebe gestalten werden, welche technischen Grenzen ihnen gezogen .werden sollen, welche Rechte den Betriebs¬ leitern zugestanden werden, — die Regelung all dieser Fragen hat man einem besonderen Neichsgefetz vorbehalten. Zu diesem Gesetz, -welches bereits im Ent¬ wurf vorliegt, wird später Stellung genommen. Diesem Artikel 34a, war von der Negierung eine Begründung beigegeben, in der u. a. darauf hingewiesen wurde, daß das Räteshstem von einer doppel¬ ten Grundanschauung getragen ist: „Der Arbeiter (Arbeiter und Angestellte) strebt als solcher nach unmittelbar initiativer Geltendmachung seiner Interessen bei den Betrieben und der Öffentlichkeit; zugleich strebt er über die Arbeit¬ nehmersphäre hinaus nach Mitwirkung im Produktionsprozeß selbst, der bisher einseitig von dem Unternehmer geleitet worden ist. Er fühlt sich nicht mehr nur als Arbeiter an der Arbeitsstelle in gebundener Avbeits-aufgäbe, ohne Ausblick auf das wirtschaftliche ganze Leben und Streben. Es drängt ihn, über die Ar¬ beitsstelle hinaus das -wirtschaftliche Ganze zu sehen, seine Sachkunde und Er¬ fahrungen dafür -fruchtbar zu machen und an der produktiven Entwicklung mit- »uschaften. Alle Bestrebungen mischen sich mit neuen Lebenstrieben und führen eine die gesamte Arbeiterschaft aufwühlende Bewegung herbei, deren Fruchtbar¬ keit von der Ge-setzgebung anerkannt werden muß. Würde die Gesetzgebung ihre Aufgabe nicht erkennen, so ist zu befürchten, daß sich die Bewegung über alle Form Humus gewalttätig und chaotisch Bahn brechen würde. Auf diesem Grundgedanken, daß der Arbeiter nicht nur Arbeiter, sondern auch Produzent ist, bauen sich die beiden sozialen Rechtsformen auf, welche die Gesetze der neuen Bewegung zur Verfügung stellen wollen: „erstens die Arbeiterräte, zweitens die Wirtschaftsräte." Man muß nun sagen, daß diese Politik verhängnisvoll gewirkt hat. Die deutschen Wirtschaftskreise, die in allen Angelegenheiten nach sachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden gewohnt sind, blickten angesichts dos Plötzlichen Stimmungs- und Meinungswechsels der Negierung mit den ernstesten Besorgnissen in die Zukunft, zumal auch die Meinungen über den In¬ halt des Wortes „Räteshstem" in der Öffentlichkeit klaffend auseinandergingen. Die einen (Berliner Vollzugsrat und Spartakusbund) dachten sich die Räte als Organe, die „innerhalb jedes Großbetriebes der Direktion und dem Aufsichtsrat mit Sitz und Stimme bei allen zu erledigenden -kaufmännischen und technischen Angelegenheiten gleichberechtigt beigeordnet sein sollten", welche die „Produktion ZU kontrollieren und schließlich die Betriebsleitung zu übernehmen hätten". Die Borausfetzung der' gesunden Wirtschaftsführung, nämlich die beiden Faktoren: rasche Entschlußkraft, frische Initiative und ungelenke Verantwortung kümmer¬ ten diese Kreise nicht. Nicht hineingewachsen in das wirklich Unternehmerhafte, welches Arbeit als Selbstzweck bedeutet, sehen sie das Unternehmertum nur als die von Profitgier und Erwerbssucht beherrschte und dem Streben zu einer be¬ haglich«» Lebenshaltung geleitete Gesellschaftsschicht -an, die auszurotten ist. Die ^cehrheitSsozialisten dagegen verlangten, daß die Räte „bei der Regelung der all¬ gemeinen Arbeiterverh-altnisse gleichberechtigt mitzureden hätten". Diese Auf¬ lassung ging von etwas schon Bestehendem, -den Arbeiterausschüssen, aus. v n - demselben Augenblick nun, in dem die Negierung das Programm für ^ordnung der Arbeiterräte in die Verfassung bekannt gab, nahm der „Vor¬ worts", das Organ der führenden Regierungspartei, in unzweideutiger Weise -age-gen Stellung. Was -er ausführte, ist alles andere als rückhaltlose Zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/323>, abgerufen am 16.05.2024.