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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Aleine Nachrichten

[Beginn Spaltensatz]

Bahn dem Leutnant Paszotta übertragen.
Wie sicher die Polen ihrer Sache sind, be¬
weist, daß der Oberbefehlshaber Pilsudski
in Warschau bereits einen Oberbefehlshaber
für Westpreußen bestimmt hat und auch
den Rechtsanwalt Wawrowski beauftragt
hat, das Militärgerichtswesen in Westpreußen
zu organisieren. (Kreuzztg. v. 25. Febr.)

Polnische Freigebigkeit mit Lebens-
mitteln. Unter Hinweis auf die schwere
Notlage ihres Landes haben sich die Polen
bekanntlich von der Entente Lebensmittel er¬
bettelt. Mit diesen betreiben sie nunmehr eine
recht seltsame Verwendung. Sie suchen, wie
uns aus zuverlässiger Quelle bekannt wird,
allenthalben an der Front die Moral unserer
Grenzschntztruppen zu untergraben, indem
sie sie mit Lebensmitteln bestechen und ihnen
sogar den Schmuggel mit Lebensmitteln zum
Zweck der Propaganda unter der Zivil"
bevölkerung diesseits der Demarkationslinie
erleichtern. Dieser unter Vernachlässigung
der eigenen Landsleute betriebene Mißbrauch
ist für die unsoziale Gesinnung der Polen
ebenso bezeichnend, wie für die Skrupel-
losigkeit, mit der sie auf deutschem Boden
auf' Bauernfängerei ausziehen.

Zwangsweise Enteignung der deutschen
Ansiedler in den polnischen Gebieten. Einer
uns zugegangenen zuverlässigen Privatnach¬
richt zufolge hat die polnische Regierung
einen bereits fertiggestellten Feldzugsplan,
um deutsche Ansiedler im deutsch polnischen
Gebiet, nicht nur von ihrer Scholle zu vor¬
treiben, sondern gleichzeitig auch völlig
mittellos zu machen. Sie will den Stand¬
punkt einnehmen, daß dem Ansiedler das Land
von der Ansiedlungskommission zu einem
unter dem realen Wert stehenden Preise
überlassen worden sei, ferner daß die quuten-
weise auf Jahre verteilte Amortisation-rente
bei etwaigem Uebergang des Landes in
Polnische Staatsoberho'heit gleich fällig Ware.
Der Ansiedler würde demnach die Differenz
zwischen Ucberlassungswert und realem Wert
schulden und müßte diese Schuld sofort be¬
gleichen. Einen Ausgleich würde die polnische
Negierung dem Ansiedler lassen: Er kann
verlaufend Aber der Verkaufspreis den er
erzielt, gehört wiederum dem Staat. Denn
das etwaige Plus des Verkaufspreises über
den seinerzeitigen Ueberlassungswert hinaus,
stellt nach polnischer Auffassung einen dem
Staat geschuldeten Differenzbetrag dar. Tat¬

[Spaltenumbruch]

sächlich bleibt der Ansiedler also, wenn er
verkauft, ohne Ar und Halm, ohne Geld
und Gut.

Die Ansiedlungsgesetzgebung war eine
Auswirkung nicht lediglich unserer Ostmarken¬
politik, sondern ebensosehr der sozialen
Richtung, die seit zwei Dezennien die
preußische Agrarpolitik beeinflußte. Aehnlich
wie das Rentengutgesetz für andere preußische
Provinzen kam das Ansiedlungsgesetz im
Osten- dem wirtschaftlich Tüchtigen aber
Schwachen, d. h. Unvermögenden zugute --
auf Kosten nicht nur des polnischen, sondern
auch des deutschen Großgrundbesitzers. All¬
deutscher Überlieferung gemäß, entgegen dem
römischen'Recht, das den Grund und Boden
nicht von der beweglichen Sache unterscheidet,
wurde hier dem kleinen Mann im Grund¬
besitz die "soziale Position" geschaffen. Weil
der Erwerber unvermögend war, wurde der
Kaufpreis zum größeren Teil gestundet; da¬
mit der Staalskredit nicht mißbraucht winde,
wurde nur der wirtschaftlich Tüchtige zuge¬
lassen, eine wahrhaft agrardemokralische Re¬
gelung, die Landarbeit durch Landeigen¬
tun? lohnt.

Unsere weltpolitischen Gegner spielen die
Rolle von Vorkämpfern für das "Selbst-
bestimmungsrecht": Der Schwache soll vom
Starken nicht vergewaltigt. Recht nicht von
Macht erdrückt werden. ' Der Gedanke ist
schön, doch nur die Tat Kulturerrungenschaft.
Die ostdeutschen Ansiedler sind wirtschaftlich
schutzbedürftige Existenzen; sie wären es noch
mehr im Rahmen eines Polnischen StantS-
wesens. Mit Wahl und Erwerb des Bodens,
mit Arbeit und Rentenzahlung haben sie
"Selbstbestimmung" geübt. -- Wird die
Entente dieses Recht der Selbstbestimmung
schützen, das ausgeübt, damit el warben,
verbrieft im heimatlichen Boden für die An¬
siedler eingetragen ist?


Wir erfahren hierzu, daß die Kommission
für die Demarkationslinie sich kaun, mit
dieser Frage beschäftigen dürfte, da sie in
großen Zügen nur die Frage der allgemeinen
Verwaltung und der speziellen Verwciltungs-
zwcige bearbeiten wird. Sich des Rechts
der deutschen Ansiedler anzunehmen, dürfte
also die Pflicht der Waffenstillstandskommission
und der späteren Friedensdelegation sein.

(v. Allg. Ztg. v. to. Z. ,9) [Ende Spaltensatz]


Drink; "Der Relchsbot", Berlin SW 11.
Aleine Nachrichten

[Beginn Spaltensatz]

Bahn dem Leutnant Paszotta übertragen.
Wie sicher die Polen ihrer Sache sind, be¬
weist, daß der Oberbefehlshaber Pilsudski
in Warschau bereits einen Oberbefehlshaber
für Westpreußen bestimmt hat und auch
den Rechtsanwalt Wawrowski beauftragt
hat, das Militärgerichtswesen in Westpreußen
zu organisieren. (Kreuzztg. v. 25. Febr.)

Polnische Freigebigkeit mit Lebens-
mitteln. Unter Hinweis auf die schwere
Notlage ihres Landes haben sich die Polen
bekanntlich von der Entente Lebensmittel er¬
bettelt. Mit diesen betreiben sie nunmehr eine
recht seltsame Verwendung. Sie suchen, wie
uns aus zuverlässiger Quelle bekannt wird,
allenthalben an der Front die Moral unserer
Grenzschntztruppen zu untergraben, indem
sie sie mit Lebensmitteln bestechen und ihnen
sogar den Schmuggel mit Lebensmitteln zum
Zweck der Propaganda unter der Zivil«
bevölkerung diesseits der Demarkationslinie
erleichtern. Dieser unter Vernachlässigung
der eigenen Landsleute betriebene Mißbrauch
ist für die unsoziale Gesinnung der Polen
ebenso bezeichnend, wie für die Skrupel-
losigkeit, mit der sie auf deutschem Boden
auf' Bauernfängerei ausziehen.

Zwangsweise Enteignung der deutschen
Ansiedler in den polnischen Gebieten. Einer
uns zugegangenen zuverlässigen Privatnach¬
richt zufolge hat die polnische Regierung
einen bereits fertiggestellten Feldzugsplan,
um deutsche Ansiedler im deutsch polnischen
Gebiet, nicht nur von ihrer Scholle zu vor¬
treiben, sondern gleichzeitig auch völlig
mittellos zu machen. Sie will den Stand¬
punkt einnehmen, daß dem Ansiedler das Land
von der Ansiedlungskommission zu einem
unter dem realen Wert stehenden Preise
überlassen worden sei, ferner daß die quuten-
weise auf Jahre verteilte Amortisation-rente
bei etwaigem Uebergang des Landes in
Polnische Staatsoberho'heit gleich fällig Ware.
Der Ansiedler würde demnach die Differenz
zwischen Ucberlassungswert und realem Wert
schulden und müßte diese Schuld sofort be¬
gleichen. Einen Ausgleich würde die polnische
Negierung dem Ansiedler lassen: Er kann
verlaufend Aber der Verkaufspreis den er
erzielt, gehört wiederum dem Staat. Denn
das etwaige Plus des Verkaufspreises über
den seinerzeitigen Ueberlassungswert hinaus,
stellt nach polnischer Auffassung einen dem
Staat geschuldeten Differenzbetrag dar. Tat¬

[Spaltenumbruch]

sächlich bleibt der Ansiedler also, wenn er
verkauft, ohne Ar und Halm, ohne Geld
und Gut.

Die Ansiedlungsgesetzgebung war eine
Auswirkung nicht lediglich unserer Ostmarken¬
politik, sondern ebensosehr der sozialen
Richtung, die seit zwei Dezennien die
preußische Agrarpolitik beeinflußte. Aehnlich
wie das Rentengutgesetz für andere preußische
Provinzen kam das Ansiedlungsgesetz im
Osten- dem wirtschaftlich Tüchtigen aber
Schwachen, d. h. Unvermögenden zugute —
auf Kosten nicht nur des polnischen, sondern
auch des deutschen Großgrundbesitzers. All¬
deutscher Überlieferung gemäß, entgegen dem
römischen'Recht, das den Grund und Boden
nicht von der beweglichen Sache unterscheidet,
wurde hier dem kleinen Mann im Grund¬
besitz die „soziale Position" geschaffen. Weil
der Erwerber unvermögend war, wurde der
Kaufpreis zum größeren Teil gestundet; da¬
mit der Staalskredit nicht mißbraucht winde,
wurde nur der wirtschaftlich Tüchtige zuge¬
lassen, eine wahrhaft agrardemokralische Re¬
gelung, die Landarbeit durch Landeigen¬
tun? lohnt.

Unsere weltpolitischen Gegner spielen die
Rolle von Vorkämpfern für das „Selbst-
bestimmungsrecht": Der Schwache soll vom
Starken nicht vergewaltigt. Recht nicht von
Macht erdrückt werden. ' Der Gedanke ist
schön, doch nur die Tat Kulturerrungenschaft.
Die ostdeutschen Ansiedler sind wirtschaftlich
schutzbedürftige Existenzen; sie wären es noch
mehr im Rahmen eines Polnischen StantS-
wesens. Mit Wahl und Erwerb des Bodens,
mit Arbeit und Rentenzahlung haben sie
„Selbstbestimmung" geübt. — Wird die
Entente dieses Recht der Selbstbestimmung
schützen, das ausgeübt, damit el warben,
verbrieft im heimatlichen Boden für die An¬
siedler eingetragen ist?


Wir erfahren hierzu, daß die Kommission
für die Demarkationslinie sich kaun, mit
dieser Frage beschäftigen dürfte, da sie in
großen Zügen nur die Frage der allgemeinen
Verwaltung und der speziellen Verwciltungs-
zwcige bearbeiten wird. Sich des Rechts
der deutschen Ansiedler anzunehmen, dürfte
also die Pflicht der Waffenstillstandskommission
und der späteren Friedensdelegation sein.

(v. Allg. Ztg. v. to. Z. ,9) [Ende Spaltensatz]


Drink; «Der Relchsbot«, Berlin SW 11.
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[0360] Aleine Nachrichten Bahn dem Leutnant Paszotta übertragen. Wie sicher die Polen ihrer Sache sind, be¬ weist, daß der Oberbefehlshaber Pilsudski in Warschau bereits einen Oberbefehlshaber für Westpreußen bestimmt hat und auch den Rechtsanwalt Wawrowski beauftragt hat, das Militärgerichtswesen in Westpreußen zu organisieren. (Kreuzztg. v. 25. Febr.) Polnische Freigebigkeit mit Lebens- mitteln. Unter Hinweis auf die schwere Notlage ihres Landes haben sich die Polen bekanntlich von der Entente Lebensmittel er¬ bettelt. Mit diesen betreiben sie nunmehr eine recht seltsame Verwendung. Sie suchen, wie uns aus zuverlässiger Quelle bekannt wird, allenthalben an der Front die Moral unserer Grenzschntztruppen zu untergraben, indem sie sie mit Lebensmitteln bestechen und ihnen sogar den Schmuggel mit Lebensmitteln zum Zweck der Propaganda unter der Zivil« bevölkerung diesseits der Demarkationslinie erleichtern. Dieser unter Vernachlässigung der eigenen Landsleute betriebene Mißbrauch ist für die unsoziale Gesinnung der Polen ebenso bezeichnend, wie für die Skrupel- losigkeit, mit der sie auf deutschem Boden auf' Bauernfängerei ausziehen. Zwangsweise Enteignung der deutschen Ansiedler in den polnischen Gebieten. Einer uns zugegangenen zuverlässigen Privatnach¬ richt zufolge hat die polnische Regierung einen bereits fertiggestellten Feldzugsplan, um deutsche Ansiedler im deutsch polnischen Gebiet, nicht nur von ihrer Scholle zu vor¬ treiben, sondern gleichzeitig auch völlig mittellos zu machen. Sie will den Stand¬ punkt einnehmen, daß dem Ansiedler das Land von der Ansiedlungskommission zu einem unter dem realen Wert stehenden Preise überlassen worden sei, ferner daß die quuten- weise auf Jahre verteilte Amortisation-rente bei etwaigem Uebergang des Landes in Polnische Staatsoberho'heit gleich fällig Ware. Der Ansiedler würde demnach die Differenz zwischen Ucberlassungswert und realem Wert schulden und müßte diese Schuld sofort be¬ gleichen. Einen Ausgleich würde die polnische Negierung dem Ansiedler lassen: Er kann verlaufend Aber der Verkaufspreis den er erzielt, gehört wiederum dem Staat. Denn das etwaige Plus des Verkaufspreises über den seinerzeitigen Ueberlassungswert hinaus, stellt nach polnischer Auffassung einen dem Staat geschuldeten Differenzbetrag dar. Tat¬ sächlich bleibt der Ansiedler also, wenn er verkauft, ohne Ar und Halm, ohne Geld und Gut. Die Ansiedlungsgesetzgebung war eine Auswirkung nicht lediglich unserer Ostmarken¬ politik, sondern ebensosehr der sozialen Richtung, die seit zwei Dezennien die preußische Agrarpolitik beeinflußte. Aehnlich wie das Rentengutgesetz für andere preußische Provinzen kam das Ansiedlungsgesetz im Osten- dem wirtschaftlich Tüchtigen aber Schwachen, d. h. Unvermögenden zugute — auf Kosten nicht nur des polnischen, sondern auch des deutschen Großgrundbesitzers. All¬ deutscher Überlieferung gemäß, entgegen dem römischen'Recht, das den Grund und Boden nicht von der beweglichen Sache unterscheidet, wurde hier dem kleinen Mann im Grund¬ besitz die „soziale Position" geschaffen. Weil der Erwerber unvermögend war, wurde der Kaufpreis zum größeren Teil gestundet; da¬ mit der Staalskredit nicht mißbraucht winde, wurde nur der wirtschaftlich Tüchtige zuge¬ lassen, eine wahrhaft agrardemokralische Re¬ gelung, die Landarbeit durch Landeigen¬ tun? lohnt. Unsere weltpolitischen Gegner spielen die Rolle von Vorkämpfern für das „Selbst- bestimmungsrecht": Der Schwache soll vom Starken nicht vergewaltigt. Recht nicht von Macht erdrückt werden. ' Der Gedanke ist schön, doch nur die Tat Kulturerrungenschaft. Die ostdeutschen Ansiedler sind wirtschaftlich schutzbedürftige Existenzen; sie wären es noch mehr im Rahmen eines Polnischen StantS- wesens. Mit Wahl und Erwerb des Bodens, mit Arbeit und Rentenzahlung haben sie „Selbstbestimmung" geübt. — Wird die Entente dieses Recht der Selbstbestimmung schützen, das ausgeübt, damit el warben, verbrieft im heimatlichen Boden für die An¬ siedler eingetragen ist? Wir erfahren hierzu, daß die Kommission für die Demarkationslinie sich kaun, mit dieser Frage beschäftigen dürfte, da sie in großen Zügen nur die Frage der allgemeinen Verwaltung und der speziellen Verwciltungs- zwcige bearbeiten wird. Sich des Rechts der deutschen Ansiedler anzunehmen, dürfte also die Pflicht der Waffenstillstandskommission und der späteren Friedensdelegation sein. (v. Allg. Ztg. v. to. Z. ,9) Drink; «Der Relchsbot«, Berlin SW 11.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/360>, abgerufen am 16.05.2024.